OGH 1Ob43/03k

OGH1Ob43/03k28.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach Rafalla El K*****, vertreten durch Dr. Karl Bollmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. Elfriede S*****, 2. Dr. Sabine K*****, und 3. Mag. Martin S*****, sämtliche vertreten durch Dr. Gerhard Daxböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen 342.532,50 EUR sA und Feststellung (Streitwert 6.366,36 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 11. Dezember 2002, GZ 11 R 208/02t, 11 R 209/02i-48, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Strittig ist hier lediglich die vom Berufungsgericht verneinte Aktivlegitimation der klagenden Partei.

Rechtliche Beurteilung

Die Abhandlungspflege obliegt den libyschen Behörden, weil der Verstorbene keinen Wohnsitz in Österreich hatte. Dies ergibt sich eindeutig aus § 23 Abs 2 AußStrG. Der Begriff des Wohnsitzes richtet sich nach § 66 JN. Dass dem so ist, ist schon deshalb einleuchtend, weil auch zur Klärung des Begriffs der Niederlassung (im § 23 Abs 2 AußStrG) die entsprechende Bestimmung der JN herangezogen wird (zu all dem ZfRV 2001, 150; ZfRV 1997, 35; 1 Ob 524/92; SZ 37/152). Ein im Krankenhaus befindlicher, noch dazu komatöser Kranker - wie der hier Verstorbene - begründet durch diesen (Krankenhaus-)Aufenthalt keinen Wohnsitz (Mayr in Rechberger, ZPO2 Rz 2 zu § 66 JN), was von der klagenden Partei auch nicht in Zweifel gezogen wird.

Eine Erörterung des libyschen Rechts war nicht nötig, weil die festgestellte Entscheidung des libyschen Amtsgerichts (siehe S 6 des Berufungsurteils) in Österreich bindende Kraft entfaltet (SZ 37/152). Danach steht aber die Erbeneigenschaft der im Parallelverfahren auftretenden sechs Kläger fest.

Die "verbindliche Erklärung des Bundesministers für Justiz" über das Verhalten des libyschen Staats kann sich schon nach dem Wortlaut des § 23 Abs 4 AußStrG ("Verhalten des ausländischen Staats") nur auf die Frage der Gegenseitigkeit beziehen, keinesfalls aber auf die Tat- und Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Bestehen eines Wohnsitzes im Inland. Der Bundesminister für Justiz ging in seiner Erklärung aber von der (unrichtigen) Annahme eines Wohnsitzes des Verstorbenen in Österreich aus; insoweit kann diese Erklärung keineswegs Bindungswirkung entfalten. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob § 23 Abs 4 AußStrG mit Art 94 B-VG unvereinbar ist (vgl JBl 1972, 37), und daher ist auch eine Anrufung des Verfassungsgerichtshofs wegen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der genannten Gesetzesbestimmung nicht nötig.

Welche Verfahrensschritte im "österreichischen Verlassenschaftsverfahren" gesetzt wurden, insbesondere ob bereits die Abgabe von Erbserklärungen erfolgte, ist bedeutungslos, weil die Abhandlungspflege - wie oben ausgeführt - den libyschen Behörden obliegt.

Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 528a und § 510 Abs 3 ZPO).

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