OGH 10ObS420/02s

OGH10ObS420/02s18.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Georg Eberl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gerald R*****, ohne Beschäftigung, ***** vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. März 2000, GZ 8 Rs 60/00b-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 25. November 1999, GZ 25 Cgs 205/98i-16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das mit Beschluss vom 5. 9. 2000 gemäß § 74 ASGG unterbrochene Revisionsverfahren wird von Amts wegen wieder aufgenommen. Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass es insgesamt zu lauten hat:

"1. Der Anspruch des Klägers auf vorläufige Versehrtenrente für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 24. 11. 1997 besteht ab dem 25. 2. 1998 dem Grunde nach im Ausmaß von 20 vH der Vollrente zu Recht.

2. Der beklagten Partei wird aufgetragen, dem Kläger vom 25. 2. 1998 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von 50 EUR monatlich zu erbringen, und zwar die bis zur Zustellung dieses Urteiles fälligen vorläufigen Zahlungen binnen 14 Tagen, die weiteren jeweils am Ersten eines Monats im Nachhinein."

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen die mit 263,80 EUR (darin enthalten 43,88 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war im November 1997 beim Arbeitsmarktservice (AMS) als arbeitslos gemeldet. Für den 24. 11. 1997 hatte er mit dem Ehepaar W***** als den Betreibern eines Marktfahrerunternehmens einen Vorstellungstermin vereinbart: Er sollte auf einem Verkaufsstand beim Eingang zu einem Möbelhaus gebratene Maroni und verschiedene ländliche Produkte verkaufen. Am Nachmittag des 24. 11. 1997 suchte er seine künftigen Arbeitgeber direkt am Verkaufsstand auf. Dort wurde der Beginn des Arbeitsverhältnisses mit 25. 11. 1997 vereinbart; der Kläger sollte mit seiner Arbeit um 9.00 Uhr beginnen. Damit er jedoch gleich einsatzfähig sei, wurden ihm noch am selben Nachmittag, also im Zuge des Vorstellungsgesprächs, im Wege einer etwa zweieinhalb Stunden dauernden Einschulung das Warensortiment, die Funktion der Waage, die Art des Geldkassierens, die Verpackung der Ware und ähnliche Dinge erklärt. Nach dem Schließen des Verkaufsstandes ging der Kläger mit dem Ehepaar W***** mit in deren Wohnung, wo er bis etwa 20.00 Uhr blieb und das Maronischneiden übte. Auf dem direkten Heimweg erlitt er einen Verkehrsunfall mit einer Verletzung des linken Beines. Durch diesen Unfall kam das Arbeitsverhältnis nicht zustande.

Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt lehnte mit Bescheid vom 3. 11. 1998 den Anspruch des Klägers auf Entschädigung aus Anlass dieses Unfalls ab, weil am Unfallstag noch kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe und deshalb kein Arbeitsunfall im Sinne des § 175 ASVG vorliege. Es liege auch kein Arbeitsunfall nach § 176 Abs 1 Z 8 ASVG vor, weil der Kläger die Arbeitsstelle nicht auf Veranlassung des Arbeitsmarktservice aufgesucht habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Klage mit dem Begehren auf Zahlung einer Versehrtenrente und (oder) Feststellung, dass die Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls sei. Zur Begründung führt der Kläger an, der Unfall habe sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignet. Im Übrigen sei er als Arbeitsloser verpflichtet, auch aus eigenem Antrieb Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Ein unter Versicherungsschutz stehender Arbeitswegunfall liege nicht vor. Vor Beginn eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bestehe nur dann Versicherungsschutz, wenn der künftige Dienstnehmer auf dem Weg zur erstmaligen Aufnahme der ab einem bestimmten Tag vereinbarten Arbeitstätigkeit einen Unfall erleide, durch den er an der Arbeitsaufnahme gehindert worden sei. Der Weg sei auch nicht auf Veranlassung des AMS zurückgelegt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren dahin statt, dass es dem Kläger ab 25. 2. 1998 eine vorläufige Versehrtenrente von 20 vH der Vollrente zuerkannte. Die Pflichtversicherung beginne gemäß § 10 Abs 1 ASVG grundsätzlich mit dem Tag des Beginns der Beschäftigung, und zwar mit der tatsächlichen Arbeitsaufnahme. Der Kläger habe die Arbeit bereits am Unfallstag aufgenommen und sei daher auf dem Heimweg unter Versicherungsschutz gestanden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage 20 vH.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass es das gesamte Klagebegehren abwies. Der Unfall habe sich weder auf dem Weg zur erstmaligen Aufnahme der für einen bestimmten Tag mit den künftigen Arbeitgebern vereinbarten Arbeitstätigkeit noch auf einem vom AMS veranlassten Weg zu oder von einer Arbeits- oder Ausbildungsstelle ereignet. In der Demonstration des Warensortiments, der Waage und des Inkassovorganges durch den künftigen Arbeitgeber sei noch nicht die Aufnahme der vereinbarten Arbeitstätigkeit zu erblicken; auch das Üben des Maronischneidens - ohne Entgelt - sei lediglich eine Vorbereitung für die am folgenden Tag beginnende Arbeitstätigkeit gewesen und habe nur dem Erwerb von "Basiskenntnissen" gedient. Tatsächlich habe nach dem Willen beider Vertragsteile die Verkaufstätigkeit des Klägers erst um 9.00 Uhr des folgenden Tages beginnen sollen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Er beantragt die Abänderung im Sinne einer Stattgebung seines Klagebegehrens und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Der Oberste Gerichtshof fasste am 29. 3. 2000 zu 10 ObS 228/00b den Beschluss, das Revisionsverfahren zu unterbrechen, bis über die strittige Vorfrage des Beginnes der Versicherung des Klägers in der Unfallversicherung als Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen rechtskräftig entschieden worden sei, dies einschließlich eines allenfalls anhängig gewordenen Verwaltungsgerichtshofverfahrens. Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse stellte daraufhin mit dem in der Folge in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 1. 8. 2001, Zl VA/B-5745/8-00.S/Go, fest, dass der Kläger im Rahmen seiner Arbeitssuche beim Ehepaar W***** vorgesprochen hat und eine Pflichtversicherung nach dem ASVG für den 24. 11. 1997 nicht gegeben ist.

Nach rechtskräftiger Entscheidung der Vorfrage der Versicherungspflicht des Klägers war das gemäß § 74 ASGG unterbrochene Revisionsverfahren von Amts wegen wieder aufzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist berechtigt.

Der Kläger verweist in seinen Revisionsausführungen an sich zutreffend darauf, dass die Pflichtversicherung der Dienstnehmer gemäß § 10 Abs 1 ASVG unabhängig von der Erstattung einer Anmeldung mit dem Tag des Beginnes der Beschäftigung beginnt. Dabei komme es grundsätzlich nicht auf den vereinbarten Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an, sondern auf die tatsächliche Arbeitsaufnahme. Da der Kläger tatsächlich bereits am 24. 11. 1997 seine Arbeit aufgenommen habe, unterliege der von ihm auf dem Rückweg zu seiner Wohnung erlittene Unfall dem Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass die Anerkennung des gegenständlichen Unfalls als Arbeitsunfall im Sinn des § 175 Abs 1 ASVG voraussetzen würde, dass er sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignet hätte. Durch die rechtskräftige Entscheidung im Verwaltungsverfahren ist aber bindend davon auszugehen, dass der Kläger im Zusammenhang mit seiner Vorsprache bei den Ehegatten W***** am 24. 11. 1997 nicht der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung unterlag. Da somit ein die Unfallversicherung begründendes Beschäftigungsverhältnis nicht bestand, befand sich der Kläger im Unfallszeitpunkt nicht auf einem mit der Beschäftigung nach § 175 Abs 1 ASVG zusammenhängenden Weg, sodass ein Versicherungsschutz nach dieser Gesetzesstelle nicht in Betracht kommt.

Es ist daher zu prüfen, ob der Unfall des Klägers nach § 176 Abs 1 Z 8 ASVG geschützt ist. Nach dieser mit der 29. ASVG-Novelle, BGBl 1973/31, neu in das Gesetz aufgenommenen Bestimmung waren Unfälle geschützt, die sich ereignen bei der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1958 oder dem Arbeitsmarktförderungsgesetz sowie in den Fällen, in denen Personen auf Veranlassung von Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle aufsuchen oder sich einer Eignungsuntersuchung oder Eignungsprüfung unterziehen. Nach den Gesetzesmaterialien (404 BlgNR 13. GP 96) soll damit der Katalog der den Arbeitsunfällen gleichgestellten Unfälle nach einer vom österreichischen Arbeiterkammertag an das Bundesministerium für soziale Verwaltung herangetragenen Anregung erweitert werden, und zwar soll der Unfallversicherungsschutz auf Tätigkeiten ausgedehnt werden, die sich bei der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem AlVG 1958 oder dem Arbeitsmarktförderungsgesetz sowie in den Fällen ereignen, in denen Arbeitssuchende in Befolgung einer im Zusammenhang mit der Durchführung der Arbeitsvermittlung ergehenden Aufforderung einer Dienststelle der Arbeitsmarktverwaltung eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle aufsuchen oder sich einer Eignungsuntersuchung oder Eignungsprüfung unterziehen.

In der in SSV-NF 6/92 veröffentlichten Entscheidung 10 ObS 199/92 hat der Oberste Gerichtshof in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass dieser gemäß § 176 Abs 1 Z 8 ASVG bestehende Unfallversicherungsschutz während des Aufsuchens einer Arbeits- oder Ausbildungsstelle auf Veranlassung von Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung nicht analog auf Fälle ausgedehnt werden könne, in denen der Weg zur Vorstellung bei einem möglichen künftigen Arbeitgeber aus eigenem Antrieb angetreten werde. In der in Frage stehenden Gesetzesbestimmung werde als Voraussetzung für den Bestand des Versicherungsschutzes gefordert, dass das Aufsuchen unter anderem einer Arbeitsstelle auf Veranlassung von Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung erfolge. Hiefür möge maßgeblich gewesen sein, dass in diesem Fall eine Einbindung in die Arbeitsmarktfürsorge bestehe und der Bestand des Versicherungsschutzes auch leichter überprüfbar sei, weil aufgrund der Veranlassung des Arbeitsamtes feststehe, welcher Weg im Rahmen des Aufsuchens eines Arbeitsplatzes zurückzulegen sei. Begebe sich jemand von sich aus, ohne dass dies von einer Dienststelle der Arbeitsmarktverwaltung veranlasst worden wäre, auf die Suche nach einem Arbeitsplatz, so lägen gänzlich andere Voraussetzungen vor. Dadurch, dass der Gesetzgeber die Veranlassung des Aufsuchens eines Arbeitsplatzes durch die Arbeitsmarktverwaltung fordere, bringe er zum Ausdruck, dass dann, wenn der Weg zum Aufsuchen eines Arbeitsplatzes ohne diese Voraussetzung angetreten werde, der Versicherungsschutz nicht bestehe. Es sei daher unzulässig, die Bestimmung des § 176 Abs 1 Z 8 ASVG im Weg der Analogie auf den dort vorliegenden Fall anzuwenden, in dem der Kläger den Weg zur Vorstellung bei einem Arbeitgeber aus eigenem Antrieb angetreten habe.

Nach § 7 Abs 1 AlVG ist unter anderem Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld, dass der Anspruchswerber der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist (§ 7 Abs 2 AlVG). Die zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SSV NF 6/92 ist noch vor dem Hintergrund zu sehen, dass nach der damals geltenden Rechtslage Arbeitswilligkeit (§ 9 AlVG) als eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld gegeben war, wenn der Arbeitslose bereit war, eine durch das Arbeitsamt vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- und umschulen zu lassen oder von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen (vgl § 9 Abs 1 AlVG in der vor der Änderung durch die Beschäftigungssicherungsnovelle 1993 in Geltung gestandenen Fassung). Seit der Beschäftigungssicherungsnovelle 1993 (BGBl 1993/502) gilt ein Arbeitsloser nach § 9 Abs 1 AlVG nur dann als arbeitswillig, wenn er darüber hinaus auch bereit ist, auch sonst alle gebotenen Anstrengungen von sich aus zu unternehmen, eine Beschäftigung zu erlangen, soweit ihm dies nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist. Mit dieser Neuregelung wurde klargestellt, dass sich der Arbeitslose nicht nur den gerechtfertigten Anordnungen des Arbeitsmarktservice zu unterwerfen hat, sondern auch von sich aus alle Anstrengungen aufzubieten hat, um eine Beschäftigung zu erlangen, soweit ihm dies nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist (vgl Dirschmied, AlVG³ 4. Erg-Lfg 87).

Wenn der Arbeitslose auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung glaubhaft zu machen, verliert er gemäß § 10 Abs 1 AlVG für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. In den Gesetzesmaterialien zur Beschäftigungssicherungs- novelle 1993 (auszugsweise wiedergegeben in Dirschmied aaO 108 f) wird zur Sanktionierung der mangelnden Eigeninitiative des Arbeitslosen ausgeführt, dass eine Bewerbung pro Woche sicher das Minimum an zu erwartender Anstrengung darstelle. Dabei sei allerdings nach der konkreten Lage des Einzelfalles auf die Situation auf dem Arbeitsmarkt und die Möglichkeiten einer Beschäftigung Bedacht zu nehmen. In jenen konkreten Fällen, in denen nach Auffassung des Beraters vom Arbeitslosen nicht die entsprechende Eigeninitiative zur Erlangung einer Beschäftigung gesetzt werde, solle das Arbeitsmarktservice den Arbeitslosen auffordern, eine bestimmte Zeit eine vorgegebene Zahl von Bewerbungen anhand von Unterlagen nachzuweisen. Sofern der Arbeitslose nicht bereit sei, dieser Aufforderung des Arbeitsmarktservice zu entsprechen, solle er für vier Wochen (im Wiederholungsfall für sechs bzw acht Wochen) den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe verlieren. Wenn ein seit Jahren Arbeitsloser behauptet, sich seit Beginn der Arbeitslosigkeit auf Arbeitssuche zu befinden, ist es auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durchaus zulässig, wenn das Arbeitsmarktservice nach einiger Zeit aufgrund der nunmehr geltenden Gesetzeslage (Beschäftigungssicherungsnovelle 1993) entsprechende Nachweise für diese Aktivitäten verlangt und ihn auffordert, in einer Zeit von drei Wochen zumindest zwei Bewerbungen bzw Vorstellungen zu belegen (VwGH 23. 4. 1996, 94/08/0069 = ASok 1997, 8).

Der Revisionswerber verweist in seinen Ausführungen auch darauf, dass eine beim Arbeitsmarktservice als arbeitssuchend gemeldete Person überdies eine Niederschrift unterfertigen müsse, in der vom Sachbearbeiter des Arbeitsmarktservice verbindliche Vorgaben hinsichtlich Umfang und Form der Eigeninitiative zur Erlangung einer Beschäftigung gemacht werden und sie damit zur Kenntnis nehme, dass bei Nichteinhaltung dieser Vorgaben zur Eigeninitiative der Leistungsanspruch gemäß § 10 AlVG für den Zeitraum von mindestens vier Wochen verloren gehe. Damit dem Arbeitsuchenden die Einhaltung dieser Vorgaben leichter möglich werde, biete das Arbeitsmarktservice Unterstützung an, indem umfangreiche Stellenlisten zur freien Entnahme aufgelegt werden oder auch die Arbeitssuche mittels Computer angeboten werde. Es dürfe vor diesem Hintergrund hinsichtlich des Unfallversicherungsschutzes keinen Unterschied machen, ob der Arbeitsuchende eine Arbeitgeberadresse direkt vom Betreuer ausgehändigt bekomme oder in Erfüllung der Vorgaben durch das Arbeitsmarktservice Kontakt mit einem Arbeitgeber aufnehme. Dieser Auffassung ist beizupflichten. Da der Arbeitsuchende aufgrund der nunmehr geltenden Gesetzeslage (Beschäftigungssicherungsnovelle 1993) auch zur selbständigen Arbeitsuche verpflichtet ist, ist der Unfallversicherungsschutz auch dann zu bejahen, wenn der Arbeitssuchende beweisen kann, dass sich der Unfall bei der (selbständigen) Arbeitssuche ereignete. Auch in diesen Fällen hat der Betreffende im Sinne des § 176 Abs 1 Z 8 ASVG "auf Veranlassung des Arbeitsmarktservice" eine Arbeitsstelle aufgesucht (vgl auch Tomandl in Tomandl [Hrsg], SV-System 13. Erg-Lfg 295 Anm 1). Es bedarf daher nach der nunmehr geltenden Gesetzeslage auch nicht mehr der in der Entscheidung SSV-NF 6/92 abgelehnten Ausdehnung des Unfallversicherungsschutzes im Wege der Analogie.

Da auch bei Unfällen im Zusammenhang mit einer im § 176 Abs 1 ASVG genannten Tätigkeit die Bestimmungen des § 175 Abs 2 Z 1 ASVG über Wegunfälle entsprechend anzuwenden sind (vgl SSV-NF 9/94 ua), stand der Kläger auf der unmittelbaren und direkten Heimfahrt von dem vorher vereinbarten Vorstellungsgespräch unter Unfallversicherungsschutz. Nach der von der beklagten Partei in ihrer Berufung nicht durch eine gesetzmäßige Beweisrüge bekämpften Tatsachenfeststellung des Erstgerichtes beträgt die medizinische Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers ab 25. 2. 1998 20 vH. In Stattgebung der Revision des Klägers war daher die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern, wobei der beklagten Partei unter sinngemäßer Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO auch die Erbringung einer vorläufigen Zahlung in Höhe von monatlich 50 EUR aufzutragen war.

Der Zuspruch der vom Kläger im Revisionsverfahren verzeichneten Kosten beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte