Spruch:
Der Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Parteien wird zurückgewiesen.
Die klagenden und gefährdeten Parteien sind schuldig, der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Parteien die mit EUR 1.929,74 (darin enthalten EUR 321,62 USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerinnen sind Enkelinnen und die Beklagte Tochter des am 2. 3. 1974 verstorbenen Dr. Karl F*****. Dieser hinterließ ein Testament vom 31. 3. 1971, das nachstehende wesentliche Bedingungen enthält:
"2.a Zur Universalerbin meines gesamten wo immer Namen habenden und wo immer sich befindlichen beweglichen und unbeweglichen Vermögens berufe ich meine Gattin Gertraud."
In Punkt 3b vermachte Dr. Karl F***** seiner Ehefrau Gertraud das lebenslängliche, unentgeltliche und grundbücherlich erstrangig sicherzustellende Fruchtgenussrecht an seinem Eigentumsanteil an der Liegenschaft Wien 1, *****, den er gemäß Punkt 4b seiner Tochter Edith vermachte.
In Punkt 4. dieses Testaments findet sich folgender Absatz:
"Alle jeweiligen Erben meines hier genannten Grundbesitzes sind verpflichtet, diesen mit Ausnahme der hier genannten Reparaturdarlehen unbelastet zu halten, sofern nicht der Fruchtgenussberechtigte mit einer weiteren hypothekarischen Belastung einverstanden ist. Auch darf der Grundbesitz nur mit Zustimmung des Fruchtgenussberechtigten verkauft werden, so lange ein Fruchtgenussrecht daran besteht."
Die Ehefrau des Erblassers Dr. Karl F***** (die Fruchgenussberechtigte des Testaments) ist verstorben.
Die Klägerinnen begehren von der Beklagten die Unterlassung jeder entgeltlichen oder unentgeltlichen Veräußerung, Verfügung, Übertragung oder Belastung der ihr gehörenden 1002/2387tel Liegenschaftsanteile an der EZ ***** Grundbuch 01004 Innere Stadt und stellen zugleich einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 381 Z 1 EO, weil zu befürchten sei, dass die Beklagte die Liegenschaft veräußere, übertrage oder belaste. Mit dem - oben teilweise wiedergegebenen - Testament vom 31. 3. 1971 habe der Erblasser zugunsten seiner Enkelinnen eine fideikommissiarische Substitution angeordnet, die auch grundbücherlich einverleibt worden sei. Die Beklagte sei der Ansicht, dass eine Substitution auf den Überrest vorliege und beabsichtige eine Veräußerung ihres Liegenschaftsanteils, wodurch die Klägerinnen unwiederbringlicher Schaden entstehe.
Die Beklagte entgegnete, es liege eine befreite Nacherbschaft vor; sie habe mit Punktation ihre Liegenschaftsanteile verkauft. Eine Veräußerung der Anteile sei ohne verlassenschaftsbehördliche Genehmigung ohnedies nicht möglich.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab.
Es ging vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt aus und stellte überdies noch fest:
Die Beklagte war 1997 Alleineigentümerin des Hauses 1010 Wien, *****. Sie hielt 435/1728tel Anteile der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch 01004 Innere Stadt Wien unbelastet, 725/1728tel Anteile belastet mit der (prozessgegenständlichen) fideikommissarischen Substitution gemäß Punkt 4. des Testament vom 31. 3. 1971, 588/1728tel Anteile hielt sie, belastet mit einer Substitution auf den Überrest zu Gunsten der Klägerinnen. Mit Schenkungsvertrag vom 21. 8., 1. 9., 21. 9. 1997 übertrug die Beklagte das Dachgeschoß (346/1728tel Anteile) an die Klägerinnen zum Zwecke des Dachbodenausbaus. Seither hält die Beklagte 1932/2837tel Anteile dieser Liegenschaft, nämlich 601/2387 unbelastet, 1002/2387tel Anteile (die streitgegenständlichen) belastet mit der fideikommissarischen Substitution und 329/2387tel Anteile belastet mit der befreiten Nacherbschaft zu Gunsten der Klägerinnen.
Rechtlich erörterte das Erstgericht, durch den Tod der Fruchtgenussberechtigten Gertraud F***** sei die testamentarische Beschränkung weggefallen, weshalb eine befreite Nacherbschaft vorliege und der Beklagten die freie Verfügungsmöglichkeit zukomme. Es fehle an einem zu sichernden Anspruch, weshalb der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abzuweisen sei.
Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerinnen nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 281 Z 1 EO - wie von den Klägerinnen beantragt - setzt die Bescheinigung der behaupteten Gefährdung voraus. Ob den streitgegenständlichen Anteilen sei die fideikommissarische Substitution gemäß Punkt 4. des Testaments vom 31. 3. 1971 grundbücherlich eingetragen. Daraus folge, dass ohne verlassenschaftsbehördliche Genehmigung eine Veräußerung, Belastung oder Verfügung der Beklagten über diese Anteile nicht möglich sei. Alle Verfügungen, die der Vorerbe ohne Genehmigung der Substitutionsbehörde treffe, seien, soweit es sich um dingliche Verfügungen handle, die die Rechte des Nacherben beeinträchtigen, nichtig. Es bedürfe der ausdrücklichen Zustimmung des Verlassenschaftsgerichtes. Zur Sicherung der Nacherbschaft der Klägerinnen sei die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht erforderlich. Durch das von der Beklagten allenfalls bloß obligatorisch wirkende Verfügungsgeschäft durch den Verkauf der Liegenschaft könne in den dinglich gesicherten Anspruch der Klägerinnen nicht eingegriffen werden.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil aus der einen anderen Sachverhalt betreffenden Entscheidung SZ 38/58 gefolgert werden könne, eine einstweilige Verfügung durch Veräußerungs- und Belastungsverbot bei grundbücherlicher Anmerkung des Substitutionsbandes könne auch bei ausstehender Genehmigung der Substitionsbehhörde erlassen werden.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes liegt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vor.
Die vom Rekursgericht zur Begründung der Zulassung des Revisionsrekurses angeführte Entscheidung lässt sich schon vom Sachverhalt mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichen.
Auszugehen ist davon, dass nach der ständigen Rechtsprechung die Voraussetzungen des § 381 Z 2 EO, wenn auf Grund eines bloß bescheinigten Sachverhaltes der Prozesserfolg vorweggenommen werden soll, streng auszulegen sind (RIS-Justiz RS0005300 mwN).
Entgegen den Behauptungen in der Klage wurde aber das Vorliegen einer unbeschränkten (vollen) fideikommissarischen Substitution nach der Aktenlage nicht bescheinigt. Das Testament enthält folgende Anordnung: "... Es ist mein ausdrücklicher Wille, dass meine Tochter Edith, falls sie keine eigenen Kinder haben sollte, allen von mir ererbten Grundbesitz nach ihrem Tode an meine lebenden Enkel weiter vererbt, ..." und "... alle jeweiligen Erben meines hier genannten Grundbesitzes sind verpflichtet, diesen mit Ausnahme der hier genannten Reparaturdarlehen unbelastet zu halten, sofern nicht der Fruchtgenussberechtigte auch mit einer weiteren hypothekarischen Belastung einverstanden ist. Auch darf der Grundbesitz nur mit Zustimmung des Fruchtgenussberechtigten verkauft werden, solange ein Fruchtgenussrecht daran besteht." Damit wurde der Beklagten das Recht eingeräumt, unter bestimmten Voraussetzungen über ihre Anteile zu verfügen. Da die Fruchtgenussberechtigte bereits verstorben ist, kann die Beklagte über ihre Anteile verfügen. Ein zu sichernder Anspruch ist demnach nicht bescheinigt.
In diesem Sinne hat auch das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien in einer Rekursentscheidung (45 R 1091/97t) auch der Rechtsmeinung der nunmehrigen Klägerinnen folgend festgehalten, bei der genannten Bestimmung des Testaments handle es sich nach dem Tod der Fruchtgenussberechtigten um eine "befreite" Nacherbschaft.
Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung war daher - wie sich aus der eine Frage des Einzelfalles bildenden Auslegung des Testaments ergibt - bereits mangels Bescheinigung des zu sichernden Anspruchs abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 50 ZPO, weil die Beklagte auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat.
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