OGH 1Ob14/03w

OGH1Ob14/03w28.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hannes L*****, derzeit *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Ulm, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 2,116.477,26 EUR sA und Feststellung (Streitwert 95.275,32 EUR) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 15. November 2002, GZ 14 R 70/02w-33, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass der Geschädigte bei Verletzung einer Schutznorm - auch im Fall einer rechtswidrigen Unterlassung als behaupteter Schadensursache - den Eintritt des Schadens, dessen Höhe und die Normverletzung zu beweisen hat. Wegen der Vermutung der Kausalität der Pflichtwidrigkeit bedarf es hingegen von seiner Seite keines strikten Nachweises des Kausalzusammenhangs. Steht die Übertretung des Schutzgesetzes fest, so kann sich der Ersatzpflichtige von seiner Haftung nur dadurch befreien, dass er mangelndes Verschulden seiner Organe nachweist oder die Kausalität der Pflichtwidrigkeit ernstlich zweifelhaft macht (SZ 72/4; EvBl 1996/18; SZ 66/77).

2. Der Kläger beruft sich auf die soeben referierte Rechtsprechung und verficht offenkundig nach wie vor den Standpunkt, hätte das Landesgericht St. Pölten seinen Enthaftungsantrag vom 1. 2. 1999 entgegen § 181 StPO nicht unerledigt gelassen, so wäre es ihm, da der geklagte Rechtsträger die Kausalität der Pflichtwidrigkeit nicht ernstlich zweifelhaft gemacht habe, gelungen, mit den Buchhaltungsunterlagen, die bei Unterbleiben der erörterten Pflichtwidrigkeit nicht unwiederbringlich verloren gegangen wären, eingeklagte zivilrechtliche Ansprüche durchzusetzen oder abzuwehren, in einem Zivilprozess so rechtzeitig vor dem Eintritt der Insolvenz des Beklagten zu obsiegen, um den titulierten Anspruch noch vollstrecken zu können, überdies hätte er die Vorschreibung ungerechtfertigter Sozialversicherungsbeiträge und Steuern vermeiden, die Feststellung eines Steuerguthabens erwirken sowie die Verschrottung eigener Kraftfahrzeuge, den Entgang lukrativer Aufträge und den Verlust bereits getätigter Investitionen hintanhalten können. Der Kläger übergeht jedoch, dass er den Schaden, der durch die nach Ansicht des Berufungsgerichts erwiesene rechtswidrige Unterlassung in Vollziehung des § 181 StPO eingetreten sein soll, zunächst schlüssig behaupten und dann auch beweisen hätte müssen. Es wäre daher am Kläger gelegen, die nach seiner Erinnerung maßgebenden Kerninhalte der angeblich endgültig verlorenen Buchhaltungen "seiner Firmen" - Gesellschaftsunternehmen, die Forderungen, soweit sie diesen zustünden, an ihn abgetreten hätten - darzulegen und so wenigstens rudimentär plausibel zu machen, dass die erörterten Urkunden tatsächlich die ihnen vom Revisionswerber zugeschriebene Eignung als Beweismittel entfaltet hätten, also der eingeklagte Gesamtschaden nur durch deren Verlust eingetreten sei. Auch vor dem Hintergrund der die Revisionsausführungen tragenden pflichtwidrigen Unterlassung in Vollziehung des § 181 StPO war es somit nicht Aufgabe des in Anspruch genommenen Rechtsträgers, den Negativbeweis anzubieten und zu führen, die angeblich abhanden gekommenen Urkunden wären für den Schadensnachweis ungeeignet gewesen.

Der Kläger rügte weder in der Berufung noch in der Revision einen Verfahrensmangel dahin, das Erst- oder das Berufungsgericht habe es unterlassen, ihn in Erfüllung der materiellen Prozessleitungspflicht zur schlüssigen Begründung des Klageanspruchs in der aufgezeigten Weise anzuleiten. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob eine solche Anleitungspflicht überhaupt bestanden hätte. Das Klagebegehren musste somit schon an der erörterten Unschlüssigkeit scheitern. Die Entscheidung hängt demnach nicht von der Lösung der in der außerordentlichen Revision aufgeworfenen Frage ab, ob der Kläger, wie das Berufungsgericht unter Berufung auf Mader (in Schwimann, ABGB² § 1 AHG Rz 45 bis 47) erläuterte, "überwiegende Gründe für die Wahrscheinlichkeit der Schadensverursachung" durch die Behauptung von Tatsachen für den Wegfall der Haftgründe, die deshalb wahrscheinliche Enthaftung nach Durchführung einer Haftprüfungsverhandlung und das Unterbleiben des Verlustes der Buchhaltungsunterlagen hätte dartun müssen.

3. Die außerordentliche Revision ist somit nach allen bisherigen Erwägungen gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte