OGH 4Ob255/03h

OGH4Ob255/03h20.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Georg S. Mayer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Werner Masser und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 34.000 EUR; Revisionsrekursinteresse 21.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 24. Oktober 2003, GZ 2 R 128/03p-11, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, wie Arzneimittelwerbung und allgemeine Gesundheitsinformation voneinander abzugrenzen seien. Die Abgrenzung werde um so schwieriger, je mehr sich die Berichterstattung am aktuellen Stand der Forschung orientiere und damit mehr oder weniger zwangsläufig die Auswirkungen neuerer Präparate neben die von solchen stelle, die bereits länger am Markt seien. Schlichtweg jede Information über die Therapierbarkeit von Beschwerden zu verbieten, könne nicht Absicht der derzeitigen Rechtsprechung sein, wonach "jede Maßnahme, die der Absatzförderung dient" als Werbung zu qualifizieren sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte bezieht sich damit auf die Entscheidungen 4 Ob 250/98p (= ecolex 1999/46 [Schanda] - Eurim-Pharm I) und 4 Ob 236/98d (= ÖBl 1999, 77 - Ma-Tabletten). Danach ist Werbung im Sinne des § 51 AMG bei richtlinienkonformer Auslegung jede Maßnahme, die der Absatzförderung dient; und zwar unabhängig davon, in welchem Medium sie erfolgt. Damit ist entgegen der Behauptung der Beklagten nicht jede Information über die Behandlung von Beschwerden verboten, sondern nur Information, die sich auf ein bestimmtes Arzneimittel bezieht und damit dessen Absatz fördert.

Das trifft nach dem festgestellten Sachverhalt für die von der Beklagten in Druckschriften und auf ihren Internetseiten verbreiteten Informationen zu. Sie streicht darin die Vorzüge ihres Arzneimittels heraus, wobei dessen Name, soweit er nicht ohnehin angegeben ist, durch entsprechende Verweise leicht in Erfahrung gebracht werden kann. Dass dies der Absatzförderung dient (und wohl auch dienen soll), ist offenkundig.

Als weitere erhebliche Rechtsfrage macht die Beklagte geltend, dass Rechtsprechung zu den Besonderheiten der Internetwerbung und der Werbung und Informationsvermittlung auf Homepages fehle. Dieser Umstand sei insofern relevant, "als insbesondere hinsichtlich des Aufmerksamkeitsgrades des Besuchers einer Homepage andere Maßstäbe anzulegen sind, als etwa bei bloßer Plakat- oder Prospektwerbung". Was die Beklagte daraus ableiten will, bleibt offen. Nach dem festgestellten Inhalt ihres Internetauftritts muss der Nutzer, und zwar unabhängig davon, ob er den Text aufmerksam oder flüchtig studiert, den Eindruck gewinnen, mit dem Arzneimittel der Beklagten seine Potenzprobleme lösen zu können. Dass die Informationen damit der Absatzförderung dienen, bedarf keiner weiteren Begründung.

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