OGH 2Ob6/03a

OGH2Ob6/03a16.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Istvan H*****, vertreten durch Mag. Helmut W. Seitz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Johannes J*****, als zu 3 S ***** des Handelsgerichtes Wien bestellter Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dr. Johann L*****, wegen Nichtigerklärung der im Verfahren 5 C 2053/99z des Bezirksgerichtes Donaustadt ergangenen Entscheidungen erster, zweiter und dritter Instanz, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsklage wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 16. Oktober 2001 wurde ein gegen den Beklagten (und Kläger dieses Verfahrens) gerichtetes Begehren auf Räumung der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch ***** Kagran in 1220 Wien, D***** stattgegeben und der Beklagte zur Räumung des Objekts samt Zubehör verpflichtet. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 19. März 2002, GZ 41 R 392/01b-117, nicht Folge gegeben. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 20. Juni 2002, 2 Ob 155/02m, gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Kläger bekämpft die im Vorverfahren ergangenen Entscheidungen des Erstgerichtes, des Berufungsgerichtes und des Obersten Gerichtshofes mit Nichtigkeitsklage aus dem Grunde des § 529 Abs 1 Z 2 ZPO mit der Begründung, nicht gesetzlich vertreten gewesen zu sein, weil sein (damaliger) Sachwalter und Vertreter Dr. Olaf B***** seit dem 29. Juni 2001 "befangen" gewesen sei. Der Kläger habe Dr. B***** an diesem Tag mit dem "Tode bedroht", was dem Pflegschaftsgericht am 28. August 2002 bekannt gegeben worden sei. Aus diesem Grund sei der (damalige) Sachwalter mit Beschluss des Pflegschaftsgerichtes vom 6. September 2002 wegen Befangenheit enthoben und der nunmehrige Vertreter zum Sachwalter bestellt worden.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsklage ist nicht auf einen gesetzlichen Anfechtungsgrund gestützt.

Gemäß § 529 Abs 1 ZPO kann eine rechtskräftige Entscheidung, durch welche eine Sache erledigt ist, durch Nichtigkeitsklage angefochten werden. Die Sache "erledigen" Urteile und ihnen gleichgestellte Entscheidungen, die abschließend über ein Rechtsschutzbegehren absprechen. Darunter fallen alle in Beschlussform ergehenden Sachentscheidungen, aber auch Beschlüsse, die das Verfahren abschließend beenden (Rechberger/Simotta, Grundriss des österr. Zivilprozesses5, Rz 899 mwN; Kodek in Rechberger2, ZPO, § 532 Rz 4, 2 Ob 147/97z; aA 6 Ob 263/97p = RZ 1998/55 = EF 85.363), sohin auch der Beschluss des Obersten Gerichtshofes auf Zurückweisung einer außerordentlichen Revision gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO. Es ist die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes zur Entscheidung über die vorliegende Nichtigkeitsklage im Sinne des § 532 ZPO zu bejahen, weil der Vorprozess eine Endentscheidung gefällt hat, die (auch) mit der vorliegenden Nichtigkeitsklage bekämpft wird (2 Ob 147/97z).

Die erhobene Nichtigkeitsklage ist aber gemäß § 538 ZPO im Vorprüfungsverfahren zurückzuweisen.

Nach § 529 Abs 1 Z 2 ZPO kann eine rechtskräftige Entscheidung, durch welche eine Sache erledigt ist, durch Nichtigkeitsklage angefochten werden, wenn eine Partei in dem Verfahren gar nicht, oder falls sie eines gesetzlichen Vertreters bedarf, nicht durch einen solchen vertreten war.

Der Kläger macht geltend, dass sein bisheriger Sachwalter wegen "Befangenheit" enthoben worden wäre, weil er vom Kläger in der Verhandlung vom 29. Juni 2001 (in welcher über das Räumungsbegehren verhandelt wurde) mit dem Tode bedroht worden sei. Ein befangener gesetzlicher Vertreter könne aber die rechtmäßig gesetzliche Vertretung nicht mehr gewährleisten.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass Dr. B***** - entgegen dem Vorbringen in der Nichtigkeitsklage - nicht wegen Befangenheit von seinem Amt als Sachwalter des Klägers enthoben wurde. Nach dem Beschluss des Pflegschaftsgerichtes vom 6. September 2002 (GZ 4 P 3354/95f-1216) hat der bisherige Sachwalter seit seiner Bestellung am 9. August 1983 durch beinahe 20 Jahre sein Amt trotz zahlreicher Anzeigen und Klagen durch den Kläger in "großer Geduld" ausgeübt. Eine Umbestellung in der Person des Sachwalters erschien dem Pflegschaftsgericht deshalb sinnvoll, weil nunmehr eine Interessenskollision zu entstehen drohte. Der Sachwalter müsse nämlich in einem gegen den Kläger anhängigen Strafverfahren wegen gefährlicher Drohung möglicherweise als Zeuge aussagen. Jedenfalls aber war der Sachwalter bis zur Enthebung berechtigt und verpflichtet, den Kläger im Vorverfahren zu vertreten, weil der Beschluss über die Enthebung des Sachwalters grundsätzlich konstitutiv wirkt (s Stabentheiner in Rummel ABGB3 Rz 1 zu §§ 253 bis 258 ABGB; Schlemmer in Schwimann ABGB2 Rz 2 zu § 283; Maurer/Tschugguel, Das österr. Sachwalterrecht in der Praxis2 § 283 ABGB Rz 5).

Somit ist bereits dem Vorbringen in der Nichtigkeitsklage, der Sachwalter sei "wegen Befangenheit enthoben worden", bzw der Kläger sei nicht vertreten gewesen, der Boden entzogen. Der Kläger war nämlich nach seinem eigenen Vorbringen durch einen Rechtsanwalt, nämlich seinen Sachwalter vertreten, der im Vorverfahren sowohl die Berufung als auch die außerordentliche Revision erhoben hatte.

Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden gesetzlichen Vertretung liegt daher nicht vor.

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