OGH 9Ob245/02y

OGH9Ob245/02y4.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eva B*****, Therapeutin, ***** vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger ua, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei Dr. Brigitte S*****, Rechtsanwältin, ***** vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert EUR 21.801,85), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 17. September 2002, GZ 12 R 57/02v-13, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob und in welchem Umfang ein Rechtsanwalt zur Aufklärung gegenüber seinem Mandanten (hier: zu den pensionsrechtlichen Auswirkungen einer Ehescheidung nach § 49 oder § 55 EheG) verpflichtet ist, kann immer nur im Einzelfall beurteilt werden und ist daher nicht erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dass im konkreten Fall zur Vermeidung möglicher Schäden für die Klägerin deren Aufklärung durch die Beklagte erforderlich gewesen wäre, ist jedenfalls vertretbar. Die Feststellungsklage dient der vorbeugenden Klärung eines aktuell strittigen Rechtsverhältnisses zwischen jenen Parteien, zwischen denen das Bestehen oder Nichtbestehen des betreffenden Rechtsverhältnisses (hier: eines Schadenersatzanspruches) strittig ist. Das erforderliche rechtliche Interesse ist dann gegeben, wenn infolge Verhaltens des Beklagten eine erhebliche objektive Ungewissheit über den Bestand des Rechtes eingetreten ist und durch die Feststellung die Unsicherheit für das Rechtsverhältnis beseitigt und künftige Rechtsstreitigkeiten verhindert werden (SZ 70/186). Soweit das Berufungsgericht diese Voraussetzungen hier als gegeben erachtete, gibt dies keinen Anlass zu Zweifeln: Die Beklagte bestreitet einen Schadenersatzanspruch nicht zuletzt mit dem Einwand, dass eine "Umdeutung" der nach § 49 EheG ausgesprochenen Scheidung in eine solche nach § 55 EheG möglich und somit der höhere Versorgungsbezug der Klägerin nicht gefährdet sei. Darüber hinaus ist die Aktualität aber auch daraus abzuleiten, dass der Fall des § 19 Pensionsgesetz 1965 jederzeit eintreten kann.

Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung auch den Verzicht auf einen Verjährungseinwand als für den Wegfall des rechtlichen Interesses unzureichend angesehen, weil die Feststellungsklage nicht nur dem Ausschluss der Gefahr der Verjährung, sondern auch der Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten und der Klarstellung der Haftungsfrage dem Grunde und dem Umfang nach dient (SZ 71/5).

Letztlich zeigt die Revisionswerberin auch mit der nach ihrer Ansicht vorzunehmenden "Umdeutung" des Scheidungsurteils keine erhebliche Rechtsfrage auf: Abgesehen von der Rechtskraftwirkung des ausdrücklich nur auf § 49 EheG gestützten Scheidungsurteils muss eine Umdeutung durch die an die zwingenden Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965 (§ 19 Abs 4, 4a) gebundene pensionsauszahlende Stelle als äußerst unwahrscheinlich gelten: Nach den dem Scheidungsurteil zugrundegelegten Feststellungen erfolgte die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft am 8. 11. 1991, während die Scheidung bereits vor Ablauf von drei Jahren, nämlich am 24. 3. 1994 wirksam wurde.

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