Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Antrag der beklagten und gefährdeten Partei, ihrem Gegner sofort aufzutragen, das Haus ***** H*****, zu verlassen und/oder zu verbieten, sich in dessen unmittelbarer Umgebung aufzuhalten; weiters ihm zu verbieten, die eheliche Wohnung zu betreten, abgewiesen wird.
Die beklagte und gefährdete Partei ist schuldig, der klagenden Partei und Gegner der gefährdeten Partei die mit 1.580,04 EUR (darin 263,43 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Provisorialverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Streitteile haben am 8. April 1999 die jeweils zweite Ehe geschlossen. Während des seit 11. Juli 2000 anhängigen Scheidungsverfahrens beantragte die beklagte und gefährdete Partei (in der Folge nur Beklagte) die Erlassung der aus dem Spruch ersichtlichen einstweiligen Verfügung gemäß § 382b EO.
Das Erstgericht erließ nach Anhörung der klagenden Partei und Gegners der gefährdeten Partei (in der Folge nur Kläger) ihm gegenüber ein Verbot der Rückkehr in die Wohnung in Schwechat und deren unmittelbare Umgebung, das sei die Straße, in der sich die eheliche Wohnung befinde. Weiters erließ es Anordnungen über den Vollzug, begrenzte die Geltungsdauer mit der Dauer des Scheidungsverfahrens und nahm von ihr den Vollzug eines Beschlusses vom 23. August 2001 in einem Pflegschaftsverfahren desselben Gerichts aus.
Die Beklagte hatte im Wesentlichen vorgebracht, der Kläger - der schon in der über ein Jahr vor dem Sicherungsantrag eingebrachten Klage eine als vorübergehend bezeichnete Wiener Adresse angegeben hatte - sei in den letzten Tagen, insbesondere in der Woche ab dem 30. Juli 2001 immer wieder unangemeldet in das Haus mit der ehelichen Wohnung eingedrungen und es sei zu auf die außerordentliche Aggression des Klägers zurückzuführende gefährlichen Drohungen, Auseinandersetzungen, gekommen. Er habe sie immer wieder mit den Worten "Ich bring' dich um oder ins Gefängnis" bedroht. Zwischen 30. Juli und 3. August 2001 habe wiederholt die Polizei einschreiten müssen, um den Kläger zu beruhigen und von Tätlichkeiten, die er ihr angedroht habe, abzuhalten. Am 3. August 2001 sei er wieder in das Haus eingedrungen und habe neuerlich ihr gegenüber Morddrohungen ausgesprochen. Aufgrund der außerordentlichen Aggressivität des Klägers fürchte sie auch um das Leben der gemeinsamen Tochter. Am 3. August 2001 habe er sich geweigert, das Haus zu verlassen, weshalb sie aus Furcht um ihr eigenes Leben vorübergehend mit der Tochter in ein Hotel habe ziehen müssen. Das aggressive Verhalten des Klägers lasse befürchten, dass er sie tatsächlich schwer körperlich misshandle.
Der Kläger sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Die Beklagte habe ihn am 28. Juli 2001 durch spöttische Bemerkungen und Beleidigungen planmäßig und zielgerichtet zu provozieren versucht. Sie habe in seinem Auto nach Papieren auf der Rückbank gegriffen. In der Folge habe sie ihm am linken Handrücken drei blutende Wunden durch Kratzen zugefügt. Beim Zurückbringen der Tochter sei er von ihr wieder angegriffen, in den rechten Oberarm gebissen und auch in die Hoden gezwickt worden. Sie habe sich außerordentlich hysterisch gebärdet, habe Gleichgewichtsprobleme gehabt und nach Alkohol gerochen. Gefährliche Drohungen habe er nie geäußert. Am 2. August 2001 habe sie versucht, ihm ein in der Brusttasche getragenes Tonband wegzunehmen und dabei sein Hemd zerrissen. Am 3. August 2001 habe sie ihm im Haus durch Öffnen des Fotoapparats einen bereits belichteten Film zerstört und in verleumderischer Art und Weise die Polizei gerufen. Sie habe ihn wahrheitswidrig des Diebstahls von Schlüsseln und Dokumenten bezichtigt. Sie könne sich vor ihm nicht gefürchtet haben, weil sie ihn bereits am 4. August 2001 mehrfach als Feigling verspottet habe. Sie habe auch eine weitere Wohnmöglichkeit in Wien.
Das Erstgericht nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Im Haus mit der Ehewohnung lebte die Beklagte zuletzt zusammen mit ihrer aus der Ehe mit dem Kläger stammenden Tochter und ihrem minderjährigen Sohn aus erster Ehe. Die minderjährige Tochter aus erster Ehe wohnt nicht mehr dort, über Wunsch des Klägers hatte ihr die Beklagte eine Wohnung gesucht, was eine erste Voraussetzung für eine allfällige Versöhnung der Streitteile gewesen wäre. Es handelt sich bei der gemieteten Wohnung um eine Singlewohnung. Über eine andere Wohnmöglichkeit verfügt die Beklagte nicht. Der Kläger wohnt nunmehr in Wiener Neustadt. Im letzten Jahr suchte der Kläger die Ehewohnung nur auf, wenn er die mj Tochter zu einem Besuchstag abholte bzw wenn er "andere persönliche Gegenstände" benötigte.
Besonders in der Woche ab dem 30. Juli 2001 kam es immer wieder vor, dass er unabhängig von den vereinbarten Besuchstagen die Ehewohnung aufsuchte. Einschreitenden Polizeibeamten gegenüber sprach er davon, dass er dies tue, weil er das Recht dazu habe, er sei Miteigentümer und verfüge auch über den Wohnungsschlüssel. Andererseits betonte er ihnen gegenüber immer wieder, dass er nicht hier wohnhaft sei, dass es keine Hausgemeinschaft gebe, dies offenbar zur Verhinderung eines Einschreitens nach § 38a SPG. Bei Gericht sprach er davon, dass er dies tue, um Besitzstörungen und allfällige Sachbeschädigungen zu dokumentieren. Aus diesem Grund hatte er auch einen Fotoapparat mit, um diverse Gegenstände zu fotografieren. Er führt immer ein Tonbandgerät mit sich, um sämtliche Gespräche mit der Beklagten aufzunehmen und ließ diese mehrfach durch einen Privatdetektiv sowohl vor dem Haus als auch bei anderen Gelegenheiten beobachten. Das Zusammenleben der Streitteile war auch schon in der Vergangenheit immer sehr unharmonisch, es kam zu Streitereien, in deren Verlauf auch die Polizei immer wieder gerufen wurde; mehrfach wurden auch schon Wegweisungen ausgesprochen. Beim Erstgericht gingen auch schon mehrfach Anzeigen gegen die Streitteile ein. Auch ab dem 28. Juli 2001 wurde regelmäßig die Polizei geholt, so am 28. Juli, am 2., 3. und am 4. August 2001. Die Beklagte fühlt sich vom Kläger provoziert, wenn sich dieser mit einem laufenden Tonbandgerät nähert, einen Fotoapparat mit hat, um nötigenfalls sie oder "andere Gegenstände" in der Ehewohnung zu fotografieren. Er seinerseits fühlt sich provoziert durch, wie er sagt, das hysterische Verhalten der Beklagten und wirft ihr auch vor, übermäßig dem Alkohol zuzusprechen. Beim Zusammentreffen kommt es in letzter Zeit praktisch immer zu wörtlichen Auseinandersetzungen. Am 2. August 2001 ließ sich die Beklagte, nachdem sie sich über das laufende Tonbandgerät geärgert hatte, dazu hinreißen, nach diesem zu greifen und zerriss dabei das Hemd des Klägers. Am 3. August 2001 ärgerte sie sich auch darüber, dass er im Haus ihre Dokumente durchstöberte und dabei auch fotografierte. Aus diesem Grund nahm sie den Film aus dem Fotoapparat und zerstörte ihn dadurch. Weil sie einen Geldbetrag vermisste, erstattete sie am 3. August 2001 Anzeige wegen Diebstahls gegen unbekannte Täter. Eine vom Kläger angebotene Durchsuchung seiner Gegenstände und seiner Person brachte kein Ergebnis. Der Kläger erstattete wiederum wegen des zerrissenen Kleidungsstücks und des Films gegen die Beklagte Anzeige.
Am 4. August 2001 eskalierte die Situation beim Zurückbringen der mj. Tochter nach einem Besuch am Samstag neuerlich. Die Beklagte war verärgert, weil der Kläger die Tochter weit später als vereinbart nach Hause gebracht hatte. Der wegen früherer Vorfälle sehr vorsichtig gewordene Kläger wittert hinter jedem Verhalten der Beklagten eine strafbare Handlung. Aus diesem Grund forderte er sie, als sie sofort nach seinem Eintreffen ihr Kind aus dem Fahrzeug holen wollte, auf, zurückzutreten, damit er in Ruhe das Fahrzeug öffnen könne. Als dies die Beklagte nicht tat, war er noch weniger bereit, das Fahrzeug zu öffnen, was sie noch mehr verärgerte. Sie klopfte ein paar Mal auf das Autodach und stellte sich dann vor das Fahrzeug, nachdem der Kläger wieder eingestiegen war. Er rief die Polizei. Die Beklagte wollte verhindern, dass er zusammen mit der Tochter wieder wegfahre. Als sie dann auf der Motorhaube lag, um das Wegfahren zu verhindern, ging der Scheibenwischer in Bewegung und sie wurde dadurch an der linken Hand verletzt. Es werde wohl ein umfangreiches Strafverfahren zu ermitteln haben, ob der Scheibenwischer vom Kläger in Verletzungsabsicht eingeschaltet wurde oder sich tatsächlich von selbst auslöste.
Nach Eintreffen der Polizeibeamten, die ihn aufforderten, sich zur Deeskalation der Angelegenheit zu entfernen, tat er dies zunächst nicht, sondern provozierte die Beklagte weiterhin dadurch, dass er mit dem Tonband in ihre Richtung weiter gestikulierend hantierte.
Diesen Vorfall nahm der Kläger zum Anlass, die zweieinhalbjährige Tochter weder an diesem Abend noch zu einem späteren Zeitpunkt der Beklagten zurückzubringen, obwohl die Eltern bis dahin eine Vereinbarung getroffen hatten, nach der dem Kläger ein Besuchsrecht zusteht, "woraus sich zwangsläufig ergibt", dass die Beklagte sich um die Pflege und Erziehung in der restlichen Zeit zu kümmern habe. Nach der Verletzung der Beklagten durch den Scheibenwischer verbog sie diesen in weiterer Folge.
Bei der polizeiärztlichen Untersuchung der Beklagten am 6. August 2001 wurde ein Befund erstellt: Man sah im Bereich beider oberer Extremitäten zahlreiche bis fingerendgliedgroße blau-graue Verfärbungen der Haut, teilweise war die umgebende Region schmerzhaft. Im Bereich des linken Handrückens bestand eine deutliche Schwellung und blau-graue Verfärbungen der Haut, ausgehend etwa zwei QF oberhalb des Radiusgelenks; die Bewegung im Handgelenk schmerzhaft eingeschränkt, Faustschluss nur unter starken Schmerzen möglich, RR: 151/97, Puls 116. Als Diagnose wurden multiple Hämatome und Prellungen beider oberer Extremitäten, großflächiges Hämatom und Prellung der linken Hand angegeben. Die Verletzungen wurden als leichte Körperverletzung mit Gesundheitsschädigungen von mehr als dreitägiger, jedoch von nicht mehr als 14-tägiger Dauer bezeichnet.
Die multiplen Hämatome und Prellungen an den oberen Extremitäten hat die Beklagte bei einem der Besuche des Klägers ab dem 28. Juli 2001 erlitten, als er sie während der Streitereien packte und schüttelte, wann genau, steht nicht fest.
Beide Parteien finden das Zusammenleben bzw das Zusammentreffen mit dem jeweils anderen unerträglich. Es ist zu befürchten, dass es in der Begegnung der Streitteile zu keiner Beruhigung der Situation kommen wird, nicht zuletzt wegen des anhängigen Scheidungsverfahrens, Unterhalts- und Besitzstörungsverfahrens, wegen der anhängigen Strafverfahren aber besonders in Bezug auf das "heftig" geführte Pflegschaftsverfahren. Bei weiterem Zusammentreffen wären wohl weitere Polizeieinsätze mit wechselseitigen Vorwürfen und weiteren Anzeigen die Folge.
In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht die Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382b Abs 1 und 2 EO. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beklagte in der für die Tochter angemieteten Singlewohnung mit ihren weiteren Kindern einziehen könnte. Die Verhaltensweisen des Klägers, nämlich die Liegenschaft nur deshalb aufzusuchen, um dort seine Rechte als Miteigentümer auszuüben, Besitzstörungen und allfällige Sachbeschädigungen zu dokumentieren, jede Zusammenkunft mit der Beklagten auf Tonbandgerät aufzunehmen, allenfalls diese zu fotografieren, von einem Privatdetektiv überwachen zu lassen, sei in Summe als psychischer Angriff gegen die Beklagte zu werten. Nicht zu vergessen sei auch das Verursachen von Hämatomen an ihren Oberarmen. Die einstweilige Verfügung solle in weiterer Folge auch verhindern, dass der Kläger die Beklagte durch seine Provokationen in einen Zustand versetzte, wodurch sie sich dann hinreißen lassen, ihn zu attackieren, wo es dann auch mitunter zu leichten körperlichen Beeinträchtigungen und/oder Sachbeschädigungen kommen könne. Selbst wenn die Handlungen der Beklagten gleich schwer zu werten wären wie die des Klägers, müsste im Sinne einer Billigkeit die Beklagte in der schon vor ihrer Ehe mit dem Kläger in ihrem Eigentum stehenden Ehewohnung wohnen bleiben können, weil sie für insgesamt drei Kinder obsorgeberechtigt sei, wovon zwei nicht aus der Ehe mit dem Kläger stammten. Auch habe wohl der Kläger zwischenzeitig seinen Lebensmittelpunkt offenbar in Wiener Neustadt gefunden.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem dagegen erhobenen Rekurs des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Das Rekursgericht verneinte die behauptete Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens und führte insbesondere aus, dass es auf die Frage einer Alkoholisierung der Beklagten am Abend des 4. August 2001 und ihre hochgradige Aggressivität, worauf sich der Kläger berufen habe, für die vorliegende Entscheidung nicht ankomme.
In rechtlicher Hinsicht sah die zweite Instanz die Gründe für die Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens iSd § 382b Abs 1 EO als verschuldensunabhängig an. Es komme zwar im gewissen Umfang der Provokation durch den Angegriffenen oder Bedrohten bei der Entscheidung nach § 382b EO durchaus Bedeutung zu, wobei allerdings ein vorangegangenes "provozierendes" Verhalten des Gewaltopfers diesem nicht den Schutz der einstweiligen Verfügung gegen Gewalt in der Familie nehme. Es sei auch auf die künftig zu gewärtigende Situation abzustellen, weshalb das bisherige Verhalten des gewalttätigen Familienmitglieds und der gegenwärtige Zustand festgestellt und gewürdigt werden müsse. Im vorliegenden Fall habe zunächst der im Zeitpunkt der zu beurteilenden Vorfälle bereits seit eineinhalb Jahren aus der Ehewohnung ausgezogene Kläger durch seine im Zeitraum vom 30. Juli bis 4. August 2001 gehäufte Anwesenheit in Gegenwart der Beklagten den Anstoß zur Auseinandersetzungen gegeben. Das Rekursgericht verkenne nicht, dass sich die Beklagte offensichtlich wegen ihrer aktenkundigen zeitweiligen Neigung zu übermäßigem Alkoholkonsum beim Zusammentreffen mit dem Kläger teilweise zu einem Verhalten hinreißen lasse, das letztlich in Tätigkeiten münde, die zu Körperverletzungen des Klägers führten. Trotz Kenntnis dieses Umstandes suche er doch immer wieder ihre Wohnung auf, was ständig zu Eskalationen in der Form führe, die regelmäßig ein Einschreiten der Sicherheitsbehörden erfordere. Damit sei aber die Voraussetzung der Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens erfüllt, zumal bei objektiv und umfassender Interessenabwägung ein weiteres Zusammentreffen der Streitteile verhindert werden müsse. Es sei unerheblich, dass sich die Vorfälle nicht in, sondern vor der ehemaligen Ehewohnung ereignet hätten. Von Intention und Text dieser Bestimmung sei auch die unmittelbare Umgebung der Wohnung umfasst. Zusammenfassend sei das weitere Zusammenleben der Streitteile - worunter auch deren Zusammentreffen zu verstehen sei - aufgrund der Vorgangsweise des Klägers, der im genannten Zeitraum der Beklagten auch eine Körperverletzung zugefügt habe, unzumutbar, weshalb seine Wegweisung in Form des Ausspruchs eines Rückkehrverbots gerechtfertigt sei, zumal schon diese einmalige Gewalttätigkeit im Zusammenhang mit seinen Provokationen die Voraussetzungen erfülle.
Eine erhebliche Rechtsfrage liege nicht vor, weil einerseits von der stRsp nicht abgewichen worden sei, andererseits eine Entscheidung im Einzelfall vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig und berechtigt.
Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich bereits daraus, dass sie mit den teilweise vergleichbare Sachverhalte beurteilenden Entscheidungen 1 Ob 90/98m = SZ 71/118 und 1 Ob 244/01s nicht in Einklang steht.
Zu prüfen ist vorerst allerdings, ob überhaupt zwischen den Parteien eine Angehörigeneigenschaft iSd § 382b Abs 3 EO noch besteht. Demnach gelten als nahe Angehörige iSd Abs 1 und 2 dieser Bestimmung nur solche im Einzelnen aufgezählte Personen, wenn sie mit dem Antragsgegner in häuslicher Gemeinschaft leben oder innerhalb der letzten drei Monate vor Antragstellung gelebt haben. Eine einstweilige Verfügung nach dieser Bestimmung kann daher nur erlassen werden, wenn Antragsteller(in) und Antragsgegner(in) bei Einlangen des Sicherungsantrags entweder noch in häuslicher Gemeinschaft leben oder innerhalb der letzten drei Monate davor gelebt haben (Zechner, EV, § 382b Rz 2; König, EV² Rz 2/155; Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 382b Rz 3; ebenso 10 Ob 103/98i = SZ 71/52 = EvBl 1998/138 = JBl 1998, 593 = EFSlg 88.390). Andererseits wird in der Rsp im Anschluss an die Materialien auch ausgeführt, dass, da nicht jedes frühere Zusammenleben die Maßnahmen nach § 382b EO rechtfertigen könnten, der letzte Zeitraum des Zusammenlebens nicht länger als drei Monate, vor dem die einstweilige Verfügung auslösenden Verhalten liegen dürfe (10 Ob 103/98i, insoweit veröffentlicht auch in EFSlg 88.382; 2 Ob 161/99m = EFSlg 91.336).
Das Bestehen einer aktuellen oder zumindest nicht länger als drei Monate aufgehobenen häuslichen Gemeinschaft hat die Beklagte hier niemals behauptet. Vielmehr gab sie in ihrem am 3. August 2001 beim Erstgericht eingebrachten Sicherungsantrag dieselbe Adresse des Klägers an, unter der dieser nach seinen Behauptungen in der mehr als ein Jahr früher eingebrachten Scheidungsklage "vorübergehend" wohnhaft sei. Dem entspricht auch die vom Erstgericht in seiner Provisorialentscheidung getroffene Feststellung, der Kläger habe "im letzten Jahr" die frühere Ehewohnung nur aufgesucht, um die minderjährige Tochter zu einem Besuchstag abzuholen oder wenn er persönliche Gegenstände benötigte.
Der erkennende Senat hat allerdings in der Entscheidung 3 Ob 293/99f = EvBl 2000/98 = EFSlg 91.330f das bloße Getrenntleben von Ehegatten noch nicht als Aufhebung der Haushaltsgemeinschaft gewertet. Im Anschluss an die Entscheidung 10 Ob 103/98i sah er im Allgemeinen schon gemeinsames Wohnen in einem Haus oder in einer Wohnung als eine Art familiären Zusammenlebens als ausreichend an. Es sei daher eine häusliche Gemeinschaft naher Angehöriger iSd § 382b Abs 2 EO schon bei Vorliegen eines räumlichen Naheverhältnisses, das Gewalt in der Familie gewöhnlich ermöglicht, zu bejahen, ohne dass der Wille des Gewalttäters oder seines Opfers von Bedeutung wäre, ein solches Naheverhältnis endgültig zu beenden, auf Dauer weiterhin aufrechtzuerhalten oder nach einer temporären Unterbrechung dauerhaft wiederherzustellen. Das Fehlen eines räumlichen Naheverhältnisses für einen bestimmten, wenn auch längeren Zeitraum, weil sich einer der Partner in Krankenhäusern und Rehabilitationszentren notwendigen Therapien unterziehe, bewirke weder faktisch noch rechtlich eine Trennung der Lebensbereiche der Ehegatten, die einander gemäß § 90 ABGB zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft, so insbesondere zum gemeinsamen Wohnen, verpflichtet seien. Danach habe der vorübergehend abwesende Partner ein familienrechtliches Rückkehrrecht, das nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge auch ausgeübt werde. Solange ein solches Recht bestehe und nicht feststehe, dass es aus bestimmten tatsächlichen, nicht unbedingt nur willensbezogenen Gründen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in Anspruch genommen werde, sei die Wiederherstellung der Wohngemeinschaft und damit auch die eines räumlichen Naheverhältnisses der Ehegatten möglich, das familiärer Gewalt als Nährboden dienen könne. Demgemäß sei die häusliche Gemeinschaft von Ehegatten iSd § 382b Abs 3 EO solange nicht aufgehoben, als deren Lebensbereiche faktisch noch nicht durch eine weitgehende Beendigung der Haushalts- oder Wirtschaftsgemeinschaft getrennt seien und der vorübergehend abwesende Partner nach Belieben in ein räumliches Naheverhältnis mit einem Ehegatten zurückkehren könne und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge auch zurückkehren werde. Unter solchen Voraussetzungen genüge also zur Aufrechterhaltung der Angehörigeneigenschaft nach § 382b Abs 3 EO schon ein potentielles räumliches Naheverhältnis der Ehegatten.
Der Antragsgegner in jenem Verfahren hatte mit einer auf dem Schwarzmarkt besorgten Schusswaffe einen Selbstmordversuch unternommen und litt danach an einem schweren durch den Kopfschuss verursachten Schädel-Hirntrauma und einem organischen Psychosyndrom. Vor dem Selbstmordversuch hatte er die Antragstellerin, seine Ehefrau, mit dem Tod bedroht und auch noch in der Rekonvaleszenzphase auf die Äußerung der Antragstellerin, sie könne mit ihm nicht mehr leben, geantwortet, er werde "alles auslöschen".
Die in der zitierten Entscheidung im Lichte der Umstände des besonderen Falls dargelegten Grundsätze dürfen nun allerdings nicht dahin ausgelegt werden, dass eine weitgehende Trennung der Lebensbereiche von Ehegatten ohne Bedeutung wäre, sofern nur der abwesende Partner "nach Belieben in ein räumliches Naheverhältnis mit einem Ehegatten zurückkehren könne und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge auch zurückkehren werde". Schon die Formulierungen in der zitierten Entscheidung lassen deutlich erkennen, dass bei einer weitgehenden Beendigung der Haushalts- oder Wirtschaftsgemeinschaft auch die häusliche Gemeinschaft iSd § 382b Abs 3 EO aufgehoben ist. Nur wenn dies nicht der Fall ist und die Rückkehr des Abwesenden zu erwarten ist, könnte demnach von einer Fortdauer dieser Gemeinschaft gesprochen werden. Die bloße Rückkehrprognose reicht daher im Allgemeinen für die Annahme einer fortdauernden häuslichen Gemeinschaft nicht aus.
Anders als im Fall der Entscheidung 3 Ob 293/99f gibt es im vorliegenden keinen Anhaltspunkt dafür, dass die räumliche Trennung der Ehegatten durch krankheitsbedingte Abwesenheiten hervorgerufen worden wäre. Vielmehr geht auch das Rekursgericht davon aus, dass im Zeitpunkt der zu beurteilenden Vorfälle der Kläger bereits mehr als eineinhalb Jahre aus der Ehewohnung ausgezogen war. Irgendwelche Anhaltspunkte, dass noch eine Wirtschaftsgemeinschaft bestünde, sind aus den Entscheidungen der Vorinstanzen nicht abzuleiten.
Daraus folgt aber, dass die Vorinstanzen schon wegen des Fehlens der Voraussetzungen des § 382b Abs 3 EO den Sicherungsantrag hätten abweisen müssen.
Demnach ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben und in Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen der Sicherungsantrag nach § 382b EO abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 2 EO iVm §§ 50, 41 ZPO (entgegen der Ansicht der zweiten Instanz kommt daher im Verfahren nach § 382b EO ein Ausspruch, die gefährdete Partei habe ihre Kosten vorläufig selbst zu tragen, nicht in Betracht, ist doch § 393 Abs 2 EO als lex specialis zu Abs 1 dieser Bestimmung anzusehen).
Da die einstweilige Verfügung im Rahmen eines Ehescheidungsverfahrens beantragt wurde und in einem solchen nach § 382b Abs 4 EO auch eine drei Monate übersteigende Sicherungsmaßnahme getroffen werden kann, erscheint es gerechtfertigt, nach § 10 Z 4 RATG von einem Streitwert von nunmehr 4.360 EUR auszugehen.
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