OGH 4Ob198/02z

OGH4Ob198/02z5.11.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Ö*****, vertreten durch Mag. Dr. Margit Kaufmann, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 38.516,60 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 16. Mai 2002, GZ 2 R 238/01m-10, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 1. Oktober 2001, GZ 17 Cg 45/01a-3, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - einschließlich des bestätigten Teils - insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs des Klägers gegen den Beklagten wird diesem für die Dauer dieses Rechtsstreits im geschäftlichen Verkehr verboten,

1. für Einträge in einem privaten Verzeichnis, insbesondere in das 'ÖHG Öffentliches Handels- und Gewerberegister' oder ein ähnliches, insbesondere im Internet stehendes Verzeichnis bzw Branchenbuch, durch Übersendung von Zahlscheinen, Firmenbucheintragungsformularen oder ähnlichem zu werben, ohne unmissverständlich und auch graphisch deutlich klarzustellen, dass es sich lediglich um ein bloß unverbindliches Vertragsangebot für eine Eintragung in einem privaten Verzeichnis, welches in keinerlei Beziehung zu einer im Zuge der Eintragung im Firmenbuch vorzunehmenden Bekanntmachung und/oder zum Firmenbuch oder zum Gewerberegister der Bezirksverwaltungsbehörden steht, handelt, welches man durch Bezahlung annehmen soll;

2. Personen gegenüber, welche aufgrund einer Handlungsweise, wie sie oben gemäß Punkt 1 zu unterlassen ist, irrtümlich eine Einzahlung getätigt haben, auf Bezahlung zu bestehen und/oder (weiter) durchzusetzen;

3. für ein privates Verzeichnis eines nicht protokollierten Kleinunternehmens, insbesondere für ein im Internet stehendes privates Branchenbuch, irreführend mit der Bezeichnung 'Öffentliches Handels- und Gewerberegister' oder sinnähnlich zu werben, wenn in Wahrheit keinerlei Beziehung zu einer im Zuge von Firmenbucheintragungen vorzunehmenden Bekanntmachung und/oder zu den von den Gewerbebehörden geführten Gewerberegistern besteht.

Der Beklagte hat seine Äußerungskosten selbst zu tragen."

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; der Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Zweck des klagenden Verbands ist es (ua), unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen. Der Beklagte betreibt unter der Bezeichnung "ÖHG Öffentliches Handels- und Gewerberegister" ein Internet-Branchenverzeichnis.

Der Beklagte wirbt um Einschaltaufträge mit einem Schreiben, das er an Unternehmen versendet, mit denen er vorher in keiner Geschäftsverbindung stand. Das Schreiben ist wie folgt gestaltet:

Der Beklagte versendet das Schreiben (auch) an Unternehmen, die neu im Firmenbuch eingetragen sind. Der Geschäftsführer eines dieser Unternehmen zahlte den geforderten Betrag ein, weil er annahm, die Einschaltung sei gesetzlich vorgeschrieben. Nach Aufklärung seines Irrtums ersuchte er um Rückerstattung des Betrags. Der Beklagte kam seinem Ersuchen nicht nach.

Zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt änderte der Beklagte das Werbeschreiben dahin ab, dass er die Überschrift "Ihre Firmenbuch - Eintragung" durch "Ihre Eintragung laut Firmenbuch" und die weitere Überschrift "Einschaltoffert Veröffentlichung der Eintragung Ihrer Firmenbuch-Eintragung" durch "Einschaltoffert Veröffentlichung Ihres Firmenbuchauszuges" ersetzte. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob das Werbeschreiben nunmehr nur noch in der geänderten oder auch noch in der ursprünglichen Fassung verwendet wird.

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung im geschäftlichen Verkehr zu untersagen,

1. für Einträge in einem privaten Verzeichnis, insbesondere in das "ÖHG Öffentliches Handels- und Gewerberegister" oder ein ähnliches, insbesondere im Internet stehendes Verzeichnis bzw Branchenbuch, durch Übersendung von Zahlscheinen, Firmenbucheintragungsformularen oder ähnlichem zu werben, ohne unmissverständlich und auch graphisch deutlich klarzustellen, dass es sich lediglich um ein bloßes unverbindliches Vertragsangebot für eine Eintragung in einem privaten Verzeichnis, welches in keinerlei Beziehung zu einer im Zuge der Eintragung im Firmenbuch vorzunehmenden Bekanntmachung und/oder zum Firmenbuch oder zum Gewerberegister der Bezirksverwaltungsbehörden steht, handelt, welches man durch Bezahlung annehmen soll;

2. Personen gegenüber, welche aufgrund einer Handlungsweise, wie sie oben gemäß Punkt 1 zu unterlassen ist, irrtümlich eine Einzahlung getätigt haben, auf Bezahlung zu bestehen und/oder (weiter) durchzusetzen;

3. für ein privates Verzeichnis eines nicht protokollierten Kleinunternehmens, insbesondere für ein im Internet stehendes privates Branchenbuch, irreführend mit der Bezeichnung "Öffentliches Handels- und Gewerberegister" oder sinnähnlich zu werben, wenn in Wahrheit keinerlei Beziehung zu einer im Zuge von Firmenbucheintragungen vorzunehmenden Bekanntmachung und/oder zu den von den Gewerbebehörden geführten Gewerberegistern besteht.

Der Beklagte versende in großem Umfang Werbeschreiben für Einschaltungen in seinem Branchenverzeichnis. Die Werbeschreiben erweckten den unzutreffenden Eindruck, es handle sich um eine Pflichtveröffentlichung. Der Beklagte verletze damit seine Aufklärungs- und Offenlegungspflicht. Das Durchsetzen von Zahlungsansprüchen sei eine sittenwidrige Fruchtziehung aus wettbewerbswidrigem Verhalten.

Der Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Aus dem Werbeschreiben gehe deutlich hervor, dass es sich um ein Einschaltoffert handle. Das treffe für die nunmehr verwendete Fassung noch eindeutiger zu. Er wende daher vorsichtshalber Verjährung ein.

Das Erstgericht gab dem Begehren zu Punkt 1 statt und wies das Mehrbegehren ab. Das Werbeschreiben sei sowohl in der alten als auch in der neuen Fassung zur Irreführung geeignet. Beide Schreiben erweckten den unzutreffenden Eindruck, dass es sich beim Beklagten um eine öffentliche Institution handle. Das Begehren zu Punkt 2 sei kein zulässiges Beseitigungsbegehren; das Begehren zu Punkt 3 finde im stattgebenden Teil Deckung.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung zu Punkt 1 und 3, bestätigte die Abweisung des Begehrens zu Punkt 2 und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Werbeschreiben genüge den von Gesetz und Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen nicht. Es fehle der unmissverständliche Hinweis, dass es sich lediglich um ein Vertragsangebot handle. Das Begehren zu Punkt 1 sei daher berechtigt. Das Begehren zu Punkt 2 sei kein zulässiges Beseitigungsbegehren, weil der Beklagte mit der Erlagscheinwerbung nicht versuche, Entgelte doppelt einzutreiben. Der gesetzwidrige Zustand bestehe darin, dass das Bestellformblatt und der Erlagschein zur Irreführung geeignete Angaben enthielten. Um diesen Zustand zu beseitigen, müssten nicht Doppelzahlungen vermieden werden. Das Begehren zu Punkt 3 sei hingegen berechtigt. Mit der Verwendung der Bezeichnung "Öffentliches Handels- und Gewerberegister" erwecke der Beklagte den irreführenden Eindruck, dass es sich dabei um ein von einer Behörde geführtes Register handle.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Bestätigung der Abweisung des zu Punkt 2 erhobenen Begehrens gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung insoweit der Rechtsprechung widerspricht; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Der Kläger verweist auf die Entscheidung 4 Ob 1/02d. In dieser Entscheidung hat der erkennende Senat ein im Wesentlichen inhaltsgleiches Begehren nach § 1 UWG beurteilt und für berechtigt erkannt. Dem wettbewerbswidrig Handelnden dürften keine Früchte seines unlauteren Verhaltens verbleiben. Wer systematisch und fortlaufend Verträge durchführe, die durch wettbewerbswidriges Verhalten zustande gekommen seien, handle sittenwidrig. Daran ist festzuhalten.

Nach dem festgestellten Sachverhalt wirbt der Beklagte in großem Umfang mit irreführend gestalteten Aussendungen für Einschaltungen in seinem Internet-Branchenverzeichnis. Wird der geforderte Betrag eingezahlt, so wird damit gleichzeitig das Einschaltangebot angenommen. In diesem Fall ist es für den Beklagten zwar tatsächlich nicht notwendig, Zahlungsansprüche geltend zu machen oder durchzusetzen; daraus folgt aber entgegen seiner Auffassung nicht, dass sein Verhalten den vom Begehren zu Punkt 2 erfassten Tatbestand nicht erfüllte.

Der Kläger begehrt, dem Beklagten zu untersagen, "Personen gegenüber, welche ... irrtümlich eine Einzahlung getätigt haben, auf Bezahlung zu bestehen und/oder (weiter) durchzusetzen". Dieser - sprachlich nicht ganz richtig formulierte - Tatbestand kann entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur dadurch erfüllt werden, dass - wie bei Annahme des Angebots durch Einzahlung des geforderten Betrags auch gar nicht notwendig - der Beklagte Klagen auf Zuhaltung des durch die Annahme seines Angebots zustandegekommenen Rechtsgeschäfts einbringt. Tatbestandsmäßig wird vielmehr auch dann gehandelt, wenn Ansprüche auf Rückzahlung nicht erfüllt oder Ansprüche aus einem verlängerten Vertrag durchgesetzt werden. Auch in diesen Fällen besteht der Beklagte insoweit auf Zahlung, als er seinen Zahlungsanspruch aufrecht erhält, indem er die Rückzahlung verweigert oder aufgrund eines verlängerten Vertrags das Entgelt fordert.

Dass der Beklagte Rückzahlungsforderungen nicht erfüllt, ist festgestellt; die gegenteiligen Ausführungen in der Revisionsrekursbeantwortung sind eine unbeachtliche Neuerung. Nach dem Text des vom Erstgericht festgestellten Werbeschreibens verlängert sich der Auftrag zu den gleichen Bedingungen um weitere 12 Monate, wenn er nicht drei Monate vor Ablauf des Eintragungszeitraums schriftlich gekündigt wird. Unterlässt der Kunde die Kündigung, weil er nach wie vor irrtümlich annimmt, zur Einschaltung verpflichtet zu sein, so kann der Beklagte das Entgelt nur erhalten, wenn er seinen Anspruch durchsetzt, indem er das Entgelt zumindest einfordert. Das bestreitet der Beklagte auch nicht. Sein Einwand, durch die Kündigung des Kunden werde das Rechtsverhältnis beendet, ist nicht zielführend, weil der Irrtum nicht in jedem Fall rechtzeitig aufgeklärt wird, so dass nicht jeder irregeführte Kunde den Vertrag aufkündigen wird. Dass der Beklagte in diesen Fällen das Entgelt fordert oder jedenfalls fordern wird, zeigt sein festgestelltes Verhalten. Wenn der Beklagte nicht bereit ist, den vom Kunden irrtümlich eingezahlten Betrag zurückzuzahlen, so ist davon auszugehen, dass er auch nicht bereit ist, bei aufrechtem Vertrag auf das Entgelt zu verzichten.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung bezüglich des Beklagten beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 iVm §§ 40, 50 ZPO, jene über die Kosten des Klägers auf § 393 Abs 1 EO.

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