OGH 5Ob233/02d

OGH5Ob233/02d5.11.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rechtsanwälte-Partnerschaft D***** KEG, *****, gegen die beklagten Parteien 1. S*****gesellschaft mbH, *****, und 2. Martina S*****, beide vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte, 1010 Wien, Falkestraße 6, wegen Leistung (EUR 32.000,--), über den Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 21. August 2002, GZ 1 R 143/02k-5, mit dem der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 2. Juli 2002, GZ 13 Cg 133/02i-2, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und in Abänderung der angefochtenen Entscheidung der Beschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt von der Erstbeklagten unter anderem die Einwilligung in die Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 24a Abs 2 WEG 1975 an den 15.863/25.450 Anteilen der Erstbeklagten an der Liegenschaft EZ *****, bestehend aus dem Grundstück Nr. 1193/16, hinsichtlich der voraussichtlichen 39/25.450 Mindestanteile, mit welchen Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr. 1/6/2, und der voraussichtlichen 41/25.450 Mindestanteile, mit welchen Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr. 1/6/3 untrennbar verbunden werden soll, sowie von der Zweitbeklagten die Einwilligung in die Löschung der zu ihren Gunsten betreffend diese Wohnungen eingetragenen Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 24a Abs 2 WEG.

Die Klägerin habe mit der Erstbeklagten bereits am 24. 9. 2001 einen rechtswirksamen Kaufvertrag über diese Wohnungen abgeschlossen. Entgegen der zustandegekommenen Willensübereinkunft habe die Erstbeklagte am 5. 10. 2001 mitgeteilt, dass die Wohnungen leider schon verkauft seien. Die von der Klägerin erworbenen Objekte seien an die Zweitbeklagte ein weiteres Mal veräußert worden. Für diese habe die Erstbeklagte am 11. 10. 2001 die Erklärung über die Einwilligung in die Zusage der Wohnungseigentumsbegründung gemäß § 24a Abs 2 WEG unterfertigt, worauf diese Anmerkung zu Gunsten der Beklagten zu TZ 11480/01 unter der Laufzahl "l-du" auch grundbücherlich durchgeführt worden sei. Die Erstbeklagte sei zur Vertragserfüllung gegenüber der Klägerin verpflichtet und habe den Erwerb des Eigentumsrechts der Klägerin, die Wohnungseigentumsbewerberin sei, dadurch zu sichern, dass sie in die Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts gemäß § 24a Abs 2 WEG einwillige. Die Zweitbeklagte habe den Vertrag in Kenntnis des bereits perfektionierten Kaufvertrages abgeschlossen und sei daher schlechtgläubig. Als Wohnungseigentumsbewerberin begehre die Klägerin in analoger Anwendung des § 25 Abs 3 WEG die Anmerkung des Streits im Grundbuch.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Streitanmerkung mit der Begründung ab, dass hiefür eine gesetzliche Grundlage fehle. Die Streitanmerkung nach § 25 Abs 3 WEG setze eine - hier nicht vorliegende - Klage des Wohnungseigentumsbewerbers gegen den Liegenschaftseigentümer auf Einwilligung in die Einverleibung seines Eigentumsrechts am Mindestanteil und seines Wohnungseigentums aus den in § 25 Abs 1 WEG genannten Gründen voraus. Die Streitanmerkung nach § 25 Abs 3 WEG sei in einem solchen Fall zulässig, wenn die Klagsbehauptungen und das Urteilsbegehren - rein abstrakt betrachtet - einen Anspruch des Klägers nach § 25 WEG begründen könnten. Eine analoge Streitanmerkung nach § 25 Abs 3 WEG sei lediglich für eine Klage des Wohnungseigentumsbewerbers gegen den Wohnungseigentumsorganisator zugelassen worden, die auf Einwilligung in die Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum mit der Begründung gerichtet ist, dass letzterer seine Unterschrift auf der Zusage iSd § 23 Abs 1 WEG nicht gerichtlich oder notariell beglaubigte. Auch dieser Fall liege nicht vor.

Das Rekursgericht bewilligte die begehrte Streitanmerkung. Es ging dabei von folgenden Erwägungen aus:

Es entspreche ständiger Rechtsprechung, dass Klagsanmerkungen nur zulässig sind, soweit sie das Grundbuchsgesetz oder ein anderes Gesetz, das auch deren Rechtswirkungen festlegt, vorsieht (NZ 1996, 347). Über die Bewilligung der Streitanmerkung sei allein auf Grund des Klagsvorbringens und des Urteilsantrags des Klägers zu entscheiden. Die Streitanmerkung sei nur zulässig, wenn auf Grund einer Klage eine bücherliche Einverleibung als ungültig bestritten, wenn die Löschung eines einverleibten Rechts aus dem Grund der Verjährung oder die Zuerkennung eines dinglichen Rechts aus dem Grund der Ersitzung begehrt wird. Die infolge einer Löschungsklage zu ergehende Streitanmerkung habe zur Voraussetzung, dass für den Kläger, der die Streitanmerkung begehrt, ein dingliches Recht im Grundbuch einverleibt war oder ist, dass sein dingliches Recht durch die angefochtene Eintragung verletzt wurde (SZ 44/38), die Einverleibung wegen angeblicher Ungültigkeit (SZ 43/75) im Prozessweg bestritten und die Wiederherstellung des früheren Buchstandes begehrt wird (NZ 1980, 54). Der Kläger sei also derjenige, der im Grundbuch schon eingetragen war und durch eine nachfolgende rechtswidrige Eintragung aus dem Grundbuch verdrängt wurde, also, soweit Eigentum in Betracht kommt, nur der frühere Eigentümer, sonst nur der dinglich Berechtigte, der schon bücherliche Rechte besessen hat. Ein schuldrechtlicher Anspruch lasse eine Streitanmerkung nicht zu (Feil, Liegenschaftsrecht II, 1602 f mwN).

Um der besonderen Situation des Wohnungseigentumsbewerbers (§ 23 Abs 1 WEG) gerecht zu werden, gebe es die Möglichkeit, auf Antrag des Wohnungseigentumsbewerbers die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts im Grundbuch anzumerken (Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 24a Abs 2 WEG) und die Streitanmerkung gemäß § 25 Abs 3 WEG, wenn der Wohnungseigentumsbewerber den Liegenschaftseigentümer auf Einwilligung in die Einverleibung seines Eigentumsrechts am Mindestanteil und seines Wohnungseigentums klagt.

Von dieser Rechtslage ausgehend habe die klagende Partei die vom Erstgericht (implizite) zur Begründung der Abweisung des Antrages herangezogene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 26. 3. 1985, 5 Ob 18/85 (NZ 1985/48) als nicht sachgerecht und dem teleologischen Zweck des § 25 WEG 1975 iVm § 23 Abs 1a und § 24a Abs 2 WEG widersprechend kritisiert. Tenor der erwähnten Entscheidung sei, dass der Wohnungseigentumsorganisator, wenn er die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts iSd § 23 Abs 1 WEG schriftlich gemacht hat, von Gesetzes wegen verpflichtet sei, seine Unterschrift auf dieser Zusage (oder auf einer Bestätigung über die schon erteilte Zusage) auf Verlangen des Wohnungseigentumsbewerbers gerichtlich oder notariell beglaubigen zu lassen, da dies für die Anmerkung nach § 24a Abs 2 WEG im Grundbuch erforderlich sei. Muss diese Verpflichtung im Klageweg erzwungen werden (Klage auf Einwilligung des Eigentümers in die Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum), sei eine solche Klage auf Verlangen des Wohnungseigentumsbewerbers in analoger Anwendung des § 25 Abs 3 WEG im Grundbuch anzumerken; diese Streitanmerkung biete keinen geringeren Schutz als die Anmerkung nach § 24a Abs 2 WEG.

Das Erstgericht habe zutreffend erkannt, dass für die begehrte Streitanmerkung eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage fehlt. Demgegenüber habe aber die klagende Partei anhand der die besondere Situation des Wohnungseigentumsbewerbers schützenden Bestimmungen des WEG überzeugend aufgezeigt, dass es nach teleologischer Auslegung des Gesetzes sowohl in dem der zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zugrundeliegenden als auch im gegenständlichen Ziel der Klage sei, die Einwilligung in die Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum zu erwirken. Es könne daher trotz der Formstrenge des Grundbuchsrechts keinen Unterschied machen, ob die grundbücherliche Sicherung der Rechtsposition des klagenden Wohnungseigentumsbewerbers durch die Beglaubigung einer Unterschrift oder aber - wie hier - durch einen Urteilsspruch, der gemäß § 367 EO die Abgabe der begehrten Willenserklärung ersetzt, begehrt wird. Demzufolge erscheine unter analoger Anwendung des § 25 Abs 3 WEG auch im gegenständlichen Fall die Streitanmerkung zulässig. Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur entscheidungswesentlichen Rechtsfrage noch keine oberstgerichtliche Judikatur vorliege. Mit dem nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs streben die beklagten Parteien die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses an. Sie vertreten im Wesentlichen den Rechtsstandpunkt, dass dem vom Rekursgericht aus § 25 Abs 3 WEG iVm § 23 Abs 1a und § 24a Abs 2 WEG gezogenen Analogieschluss die Grundlage fehle, weil die klagende Partei mangels schriftlicher Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gar nicht Wohnungseigentumsbewerberin iSd bezogenen Gesetzesstellen sei. Der geltend gemachte Anspruch auf Zuhaltung einer angeblichen Verkaufszusage (die vehement bestritten werde, weil die klagende Partei - wie anderen Kaufinteressenten - lediglich zu Informationszwecken einen Vertragsentwurf erhalten habe) sei rein obligatorischer Natur und erfülle damit nicht die von der Judikatur geforderten Voraussetzungen einer Streitanmerkung.

Die klagende Partei hat dazu eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet und darin die kostenpflichtige Bestätigung der zweitinstanzlichen Entscheidung beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekursbeanwortung ist unzulässig.

Ein Antrag auf grundbücherliche Streitanmerkung ist nach den Verfahrensvorschriften des Grundbuchsrechts zu behandeln, auch wenn er beim Prozessgericht gestellt wird (RIS-Justiz RS0060701). Das Rechtsmittelverfahren ist demnach einseitig (SZ 67/44 uva; zuletzt 5 Ob 163/02k); eine Rechtsmittelbeantwortung ist zurückzuweisen. Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Zutreffend weisen die Revisionsrekurswerber darauf hin, dass es die Grenzen der analogen Rechtsanwendung sprengen würde, die dem Wohnungseigentumsbewerber in § 25 Abs 3 WEG eingeräumte Möglichkeit der Streitanmerkung über den in SZ 58/49 (NZ 1985, 155/48 = MietSlg 37/16) behandelten Klagetypus hinaus auch noch auf den Fall auszudehnen, dass ein Liegenschaftseigentümer auf Grund eines angeblich mündlich abgeschlossenen Kaufvertrages über eine angebotene Eigentumswohnung auf Abgabe einer schriftlichen Wohnungseigentums-Zusage geklagt wird. Die in § 25 WEG zur Überwindung von Widerständen oder Säumnissen des Wohnungseigentumsorganisators vorgesehene Klage auf Einverleibung des Eigentumsrechts mit der Möglichkeit einer Streitanmerkung nach Abs 3 leg cit steht nämlich nur dem Wohnungseigentumsbewerber zu. In diese Rechtsposition gelangt ein Kaufinteressent erst dann, wenn ihm die Einräumung von Wohnungseigentum schriftlich zugesagt wurde (§ 23 Abs 1 WEG), wofür im bisherigen Klagsvorbringen jeglicher Anhaltspunkt fehlt. Auch die rangwahrende Anmerkung einer solchen Zusage im Grundbuch ist dem Wohnungseigentumsbewerber vorbehalten. Er hat dazu eine grundbuchstaugliche Urkunde vorzulegen, die zwar - da es nur um die Sicherung und nicht den bücherlichen Erwerb des zugesagten Wohnungseigentums geht - keinen Rechtsgrund enthalten muss, aber allen sonstigen Anforderungen zu entsprechen hat, wie sie etwa § 26 Abs 1 und § 27 GBG normieren (5 Ob 26/01m = RPflSlgG 2733 = immolex 2001/187 = AGS 524 mit Anm von Hoyer; so schon Hoyer in der Anm zu NZ 1997, 193/384). Einer auf Abgabe der schriftlichen Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gerichteten Klage fehlt daher die für eine analoge Anwendung des § 25 Abs 3 WEG notwendige Rechtsähnlichkeit der Klage desjenigen, der gemäß § 25 WEG die ihm bereits gemachte schriftliche Zusage von Wohnungseigentum gegen den säumigen Vertragspartner durchsetzt.

In diesem Sinn hat der Obersten Gerichtshof bereits entschieden, dass eine Zusage, die nicht den Inhalts- und Formerfordernissen des § 23 Abs 1 WEG entspricht, nicht als Grundlage einer Klage nach § 25 WEG dienen kann, weshalb zur Sicherung einer solchen Vertragszuhaltungsklage auch die Streitanmerkung nach Abs 3 leg cit nicht in Frage kommt (3 Ob 567, 568/77 = MietSlg 29.526 = RPflSlgG 1812). Davon abzugehen besteht auch unter dem Aspekt der besonderen Schutzwürdigkeit der Käufer von Eigentumswohnungen kein Anlass. Wenn der Gesetzgeber Schriftlichkeit der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts fordert, um in die Rechtsposition eines Wohnungseigentumsbewerbes zu gelangen, und eben diesem Wohnungseigentumsbewerber besondere Sicherungsmittel zur Erlangung des Wohnungseigentums bereitgestellt werden, dann ist auch die Einhaltung der Schriftform für eine solche Zusage unabdingbare Voraussetzung, um in den Genuss dieser Sicherungsmittel zu gelangen. Eine solche Urkunde, die - wie erwähnt - auch den Erfordernissen der §§ 26 Abs 1 und § 27 GBG entsprechen müsste, hat die klagende Partei nicht vorgelegt.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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