OGH 3Ob137/02x

OGH3Ob137/02x23.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Wolfgang Strasser, Rechtsanwalt, St. Valentin, Hauptplatz 11, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der G***** GmbH Nfg. KEG, ***** wider die beklagte Partei Edith F*****, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, wegen Unzulässigkeit der Exekution (Streitwert 27.252,31 EUR = 375.000 S sA), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom 26. Februar 2002, GZ 1 R 351/01p-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Enns vom 16. Juli 2001, GZ 1 C 879/00z-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Am 1. Februar 1995 erwarb die Beklagte rechtsgeschäftlich 25 % der Geschäftsanteile einer am 26. Mai 1994 gegründeten GmbH, zahlte ihre gesamte Stammeinlage ein und gewährte der Gesellschaft ein bares Gesellschafterdarlehen von 375.000 S (vollstreckbarer Notariatsakt). Mit Gesellschafterbeschluss vom 24. September 1995 wurde die GmbH gemäß §§ 1 ff UmwG in eine KEG umgewandelt und die Beklagte Kommanditistin dieser KEG. Spätestens Ende 1995 wurde die Gesellschaft kreditunwürdig. Zur Hereinbringung der Darlehensforderung wurde der Beklagten am 31. März 2000 aufgrund des vollstreckbaren Notariatsakts die Fahrnis- und Rechteexekution (durch Pfändung und Zwangsverwaltung des von der KEG betriebenen Handelsgewerbes samt der Gewerbeberechtigung) bewilligt und am 14. Juli 2000 über das Vermögen der KEG der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt.

Die Vorinstanzen wiesen das auf die Behauptung, das von der Beklagten gewährte Darlehen sei als eigenkapitalersetzende Gesellschaftereinlage zu qualifizieren, gestützte Klagebegehren, den Darlehensrückforderungsanspruch der Beklagten als erloschen festzustellen und die Exekution als unzulässig zu erklären, ab, weil die Erstreckung des Eigenkapitalersatzrechts auf alle Rechtsformen mit unbeschränkter persönlicher Haftung schon mangels Geltung des bei juristischen Personen bestehenden Trennungsprinzips abzulehnen sei. Das Berufungsgericht sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliege.

Der Oberste Gerichtshof stellte der Beklagten mit Beschluss vom 18. Juli 2002 gemäß § 508a Abs 2 erster Satz ZPO die Beantwortung der außerordentlichen Revision der klagenden Partei zur Klärung der als erheblich angesehene Rechtsfrage zu, ob das Eigenkapitalersatzrecht auch auf Personenhandelsgesellschaften und im Besonderen auf Kommanditisten anzuwenden ist. Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist aus folgenden Erwägungen nicht zulässig:

a) Aktenkundig ist: Die Streitteile schlossen einen, am 19. Juni 2002 konkursgerichtlich genehmigten außergerichtlichen Vergleich folgenden Inhalts ab:

"I. ... [hier Beklagte] zieht die von ihr im Konkursverfahren ... vorgenommenen Forderungsanmeldungen zurück und erklärt ausdrücklich, in diesem Konkursverfahren weder eine Konkursforderung noch eine Masseforderung geltend zu machen.

... [hier Beklagte] erklärt, auch nach Aufhebung dieses Konkursverfahrens an die ... [gemeinschuldnerische KEG] keine Forderungen zu stellen.

II. ... [hier Beklagte] erteilt ihre ausdrückliche Zustimmung zur Einstellung des Exekutionsverfahrens ... gemäß § 39 (6) EO und erklärt ihre ausdrückliche Zustimmung, dass der gesamte Erlös dieses Zwangsverwaltungsverfahrens - abzüglich berechtigter Forderungen der Zwangsverwalterin ... und der übrigen berechtigten Aufwendungen für dieses Verfahren - an den Masseverwalter ... ausgefolgt werden kann.

Die Kosten, die für dieses Verfahren der ... [hier Beklagten] und dem ... [Masseverwalter] aufliefen, werden gegenseitig aufgehoben.

III. .... [Parteien des vorliegenden Oppositionsverfahrens] erklären, dass in den beiden Verfahren ... bei gegenseitiger Kostenaufhebung ewiges Ruhen eintritt.

IV. Im Verfahren ... [vorliegendes Oppositionsverfahrens] wurde von ... [Masseverwalter] eine außerordentliche Revision gegen das Berufungsurteil ... erhoben.

... [Parteien des vorliegenden Oppositionsverfahrens] kommen überein, dass in diesem Verfahren eine gerichtliche Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof ergehen soll.

Diese Entscheidung soll allerdings vereinbarungsgemäß keinen Einfluss auf den Inhalt dieses Vergleiches haben, sondern lediglich über die Rechtslage Auskunft geben.

... [Masseverwalter] hat an ... [Beklagtenvertreter] Euro 4.523,50 an Kosten für die Verfahren ... [vorliegendes Oppositionsverfahren erster und zweiter Instanz] bezahlt.

... [hier Beklagte] verpflichtet sich, hievon binnen 14 Tagen nach Rechtswirksamkeit dieses Vergleichs Euro 2.000,-- an ... [Masseverwalter] zu refundieren.

V. Dieser Vergleich wird nur rechtswirksam, wenn er vom Landesgericht Steyr konkursbehördlich genehmigt wird."

Die Beklagte erteilte im Exekutionsverfahren mit Schriftsatz vom 28. Juni 2002 ON 88 ihre ausdrückliche Einwilligung zur Einstellung dieses Exekutionsverfahrens gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO. Das Exekutionsgericht stellte mit Beschluss vom 9. August 2002 über Antrag der betreibenden und hier beklagten Partei unter Aufhebung aller bisher vollzogenen Exekutionsakte gemäß § 39 Abs 1 Z 1 EO die Exekution ein.

Daraus folgt: Nach stRsp (E. Kodek in Rechberger 2, vor § 461 ZPO Rz 9 mwN) setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus. Die Beschwer muss sowohl bei Einlangen des Rechtsmittels als auch im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung vorliegen; fällt sie nach dem Einlangen des Rechtsmittels weg, dann ist das ursprünglich zulässige Rechtsmittel zurückzuweisen. Das bloße Interesse des Rechtsmittelwerbers an der Klärung einer Rechtsfrage begründet aber keine Beschwer. Aufgabe der (Rechtsmittel-)Gerichte ist die Entscheidung über konkrete, an sie herangetragene Fälle, nicht aber die Lösung rein theoretischer Fragen (E. Kodek aaO).

Hier haben die Parteien einen außergerichtlichen, konkursbehördlich geschlossenen Vergleich geschlossen und ausdrücklich festgehalten, dass die vom Masseverwalter beantragte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs keinen Einfluss auf den Inhalt dieses Vergleichs haben soll, sondern nur "über die Rechtslage Auskunft geben" soll. In einem solchen Fall fehlt jedoch das auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Obersten Gerichtshof vorausgesetzte Anfechtungsinteresse; hier würde gerade der Fall vorliegen, dass nur eine rein theoretische Frage zu entscheiden ist.

b) Nach § 50 Abs 2 ZPO idFd EO-Novelle 1991 ist zwar bei einem nachträglichen - somit zwischen Einbringung des Rechtsmittels und der Entscheidung darüber - Wegfall des Rechtsschutzinteresses dies bei der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht zu berücksichtigen. Hier haben die Parteien jedoch bereits in ihrem Vergleich auch eine Vereinbarung über die Tragung aller Verfahrenskosten getroffen, auf deren Gültigkeit und Inhalt eine gemäß § 50 Abs 2 ZPO ergehende Kostenentscheidung des Obersten Gerichtshofs keinen Einfluss hätte.

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