Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 399,76 (darin enthalten EUR 66,24 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte beauftragte als Masseverwalterin in einem Konkursverfahren mit Schreiben vom 30. 1. 1997 die klagende Steuerberatungsgesellschaft zur Abgabe von Steuererklärungen für den Gemeinschuldner. Die Klägerin bestätigte im Schreiben vom folgenden Tag den Auftrag und wies darauf hin, dass die Akontozahlung von S 17.000,-- ihre Leistungen nicht abdecken werde. In weiterer Folge legte sie verschiedene Honorarnoten an den Gemeinschuldner in der Gesamthöhe von über S 70.000,--, die jedoch nicht bezahlt wurden. In der Rechnungslegungstagsatzung vom 12. 11. 1997 wurde bereits ausgeführt, dass diese Forderungen - wenn überhaupt - nur als Masseforderungen dritter Kategorie einzustufen wären, sodass die Klägerin bereits Kenntnis von dem möglichen Schaden hatte. Der Konkurs wurde mit Beschluss vom 12. 2. 1998 mangels kostendeckendem Vermögens aufgehoben.
Die vorliegende Klage über S 71.201,13 wurde am 14. 10. 1998 eingebracht und im Wesentlichen nur darauf gestützt, dass die Beklagte die offenen Honorarnoten nicht bezahlt habe. Nachdem zwischendurch eine nicht am Verfahren Beteiligte einen Schriftsatz einbrachte, wurde über Auftrag des Gerichtes vom 14. 4. 1999 die Präzisierung der Ansprüche gegen die Beklagte erst mit einem am 22. 1. 2001 bei Gericht eingelangten Schriftsatz vorgenommen. Die Klägerin stützte nunmehr ihr Klagebegehren darauf, dass sich bereits aus dem Protokoll der Rechnungslegungstagsatzung vom 12. 11. 1997 ergebe, dass ihre Honorarforderungen als Masseforderungen nicht mehr zum Zug kommen würden. Die Beklagte habe auch nicht nachweisen können, dass die Leistungen der Klägerin nur gegen Entlohnung durch Dritte erbracht werden sollten. Die Beklagte habe es unterlassen, für eine entsprechende Bedeckung des Honorars der Klägerin als aus dem Massevermögen Sorge zu tragen. Der Anspruch der Klägerin werde auf § 81 Abs 3 KO gestützt. Dieser Anspruch könne bereits während des Konkursverfahrens geltend gemacht werden, auch wenn die Abhilfemöglichkeit nach § 124 Abs 3 KO bestehe. Eine allfällige Verjährung sei jedoch im Hinblick auf diese Abhilfemöglichkeit nicht gegeben, da die Verjährungsfrist frühestens mit Aufhebung des Konkurses beginne.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass von vornherein vereinbart gewesen sei, dass die Honorare von dritter Seite geleistet werden und sie stets auf die mangelnden Mitteln der Masse hingewiesen habe. Jedenfalls seien die Ansprüche der Klägerin verjährt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es folgerte rechtlich, dass allfällige Ansprüche der Klägerin verjährt seien. Eine Abhilfe des Konkursgerichtes sei bereits in der Rechnungslegungstagsatzung nicht mehr zu erwarten gewesen. Der Beginn der Verjährungsfrist könne nicht bis zur Aufhebung des Konkurses hinausgezögert werden. Die bereits im Jahre 1998 eingebrachte Klage sei nicht ordnungsgemäß fortgesetzt worden, da die Klägerin dem Auftrag vom 14. 4. 1999 erst mit Schriftsatz vom 22. 1. 2001 entsprochen habe.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge. Es schloss sich im Wesentlichen der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes an und ging ebenfalls von einer Verjährung allfälliger Schadenersatzforderungen gegen die Beklagte aus. Bis zur Aufhebung des Konkurses könnten zwar im Rahmen des Rechnungslegungsverfahrens nach den §§ 121 ff KO Ansprüche aus der pflichtwidrigen Führung des Amtes des Masseverwalters hinsichtlich des Befriedigungsfonds aller Gläubiger geltend gemacht werden, danach im ordentlichen Rechtsweg. Dies gelte aber nicht, wenn es - wie hier - nicht um den gemeinsamen Befriedigungsfonds aller Gläubiger gehe, sondern um einen Individualanspruch. Insoweit stehe auch bereits während des Konkursverfahrens der streitige Rechtsweg offen. Da hier bereits in der Rechnungslegungstagsatzung vom 12. 11. 1997 der Sachverhalt klar gewesen sei und die ursprünglich eingebrachte Klage nicht gehörig fortgesetzt worden sei, sei die Verjährungsfrist abgelaufen. Allfällige Beweisschwierigkeiten rechtfertigten die Untätigkeit der Klägerin nicht.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht mangels Vorliegens einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Beginn der Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche eines Massegläubigers gegen den Masseverwalter wegen Ablehnung der Bezahlung von Masseforderungen im Konkursverfahren als zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Klägerin ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.
Im Zusammenhang mit den Regelungen über die Verteilung der Masse im
7. Abschnitt wird im § 124 Abs 1 KO angeordnet, dass die Massegläubiger ohne Rücksicht auf den Stand des Verfahrens zu befriedigen sind, sobald ihre Ansprüche feststehen und fällig sind. Zufolge Abs 2 dieser Bestimmung hat der Masseverwalter auch dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Beträge rechtzeitig verfügbar sind. Abs 3 des § 124 KO legt fest, dass bei Verweigerung oder Verzögerung der Leistung die Massegläubiger sich an das Konkursgericht um Abhilfe wenden oder ihre Ansprüche mit Klage gegen den Masseverwalter geltend machen können.
Schon im zweiten Hauptstück im Rahmen der Regelung der Ansprüche im Konkurs bestimmt nun § 47 KO, dass aus der Konkursmasse vor allem die Masseforderungen, und zwar aus der Masse, auf die sie sich beziehen, zu berichtigen sind. Abs 2 des § 47 bestimmt dass dann, wenn die Masseforderungen nicht vollständig befriedigt werden können, sie in einer bestimmten im Gesetz dargestellten Reihenfolge befriedigt werden müssen.
Im Rahmen der Regelungen über die Stellung des Masseverwalters legt § 81 Abs 1 KO fest, dass der Masseverwalter die durch den Gegenstand seiner Geschäftsführung gebotene Sorgfalt anzuwenden und über seine Verwaltung genaue Rechnung zu legen hat. Entsprechend Abs 3 dieser Bestimmung ist er allen Beteiligten für Vermögensnachteile, die sie durch rechtswidriges Führen seines Amtes erleiden, verantwortlich. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch wird nun auf die zuletzt genannte Bestimmung gestützt.
Bei den Ansprüchen gegen den Masseverwalter aus der pflichtwidrigen Führung seines Amtes wird zwischen jenen unterschieden, die den Befriedigungsfonds aller Konkursgläubiger schädigen (den sogenannten Gemeinschaftsschäden) und jenen, die nur einen einzelnen Geschädigten betreffen (Einzel- oder Individualschäden; vgl allgemein Hierzenberger/Riel in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzes §§ 80, 81a KO Rz 30 ff; Dellinger/Oberhammer, Insolvenzrecht, Rz 132; Chalupsky/Duursma-Kepplinger in Bartsch/Pollak, Österreichisches Insolvenzrecht3 §§ 81 Rz 208 ff; RIS-Justiz RS0045964 mwN insb EvBl 1992/86 sowie OGH 18. 5. 1999, 8 Ob 300/98w). Während die sogenannten Gemeinschaftsschäden während des Konkursverfahrens nur im Rechnungslegungsverfahren im Sinne des §§ 121 ff KO oder durch einen neuen Masseverwalter geltend gemacht werden können, können die Einzelschäden bereits während des Konkurses unmittelbar im streitigen Rechtsweg geltend zu machen (vgl RIS-Justiz RS0045964 insb EvBl 1992/86, OGH 18. 5. 1999, 8 Ob 300/98w; Chalupsky/Duursma-Kepplinger aaO, Rz 211 ff; Hirtzenberger/Riel aaO Rz 30 ff; Petschek/Reimer/Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht, 172; vgl ferner dazu, dass derartige Schadenersatzansprüche als Masseforderungen gelten RIS-Justiz RS0064949 und dazu, dass Masseforderungen keiner Anmeldungspflicht unterliegen RIS-Justiz RS0064792 jeweils mwN).
Ausgehend von den maßgeblichen Prozessbehauptungen macht die Klägerin hier aber im Kern geltend, dass die Beklagte die Klägerin nicht beauftragen hätte dürfen, weil die Masse nicht über ein ausreichendes Vermögen verfügt habe und die Klägerin dadurch geschädigt gewesen sei, dass sich in der Rechnungslegungstagsatzung herausgestellt habe, dass ihre Masseforderungen nicht befriedigt werden. Damit macht sie aber einen Einzelschaden und keinen Gemeinschaftsschaden geltend. Dementsprechend konnte sie diese Forderungen auch bereits während des aufrechten Konkursverfahrens erheben.
Die Dauer der Verjährungsfrist für die Ansprüche beträgt nun sowohl für Einzel- als auch Gemeinschaftsschäden drei Jahre (vgl Chalupsky/Duursma-Kepplinger aaO Rz 225 mwN). Handelt es sich dabei doch um einen Schadenersatzanspruch, bei dem die allgemeine Regelung des § 1489 ABGB anzuwenden ist.
Da der hier maßgebliche Individualschaden aber auch während des Konkurses geltend gemacht werden konnte, beginnt entsprechend § 1489 ABGB die dreijährige Verjährungsfrist mit Kenntnis des Schadens und des Schädigers, somit nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin mit der Rechnungslegungstagsatzung am 12. 11. 1997.
Die Klägerin hat ihr Begehren auf Leistung von Schadenersatz jedoch erst in dem am 22. 1. 2001 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz erstattet, während sie sich davor nur auf die Honorarvereinbarung stützte. Damit hat sie aber ihr Begehren erst nach Ablauf der Verjährungsfrist auf die hier maßgeblichen behaupteten Pflichtverletzungen gestützt. Diese nach Ablauf der Verjährungsfrist vorgenommene Klagsänderung erfolgte sohin verspätet (vgl auch MGA ABGB35 E 133 mwN etwa ZVR 1979/301).
Soweit sich die Klägerin auf die Entscheidung des erkennenden Senates vom 27. 11. 1997 zu 8 Ob 2287/96y (= EvBl 1998/79) stützt, in der ausgeführt wurde, dass ein Individualanspruch auch bereits während des Konkursverfahrens geltend gemacht werden kann, der Beteiligte aber nicht verpflichtet sei, während des anhängigen Konkursverfahrens beim Konkursgericht Abhilfe zu suchen oder seine Masseforderung einzuklagen, ist darauf hinzuweisen, dass es in diesem Fall nur um die Frage der Rechtmäßigkeit des Handelns des Masseverwalters und eine allfälliges "Mitverschulden" des Massegläubigers wegen der unterlassenen Antragstellung nach § 124 Abs 3 KO ging, nicht aber um die Frage des Beginns der Verjährungsfrist.
Insgesamt ist der Revision der Klägerin ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.
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