OGH 13Os117/02

OGH13Os117/0216.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Oktober 2002 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Traar als Schriftführer, in der Strafsache gegen Josef G***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und anderer Straftaten über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. Mai 2002, GZ 042 Hv 32/02k-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Josef G***** wurde (neben einem rechtlich verfehlten Subsumtionsfreispruch vom Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB - richtig:) jeweils einer unbestimmten Anzahl gleichartiger Vergehen der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (1), Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (2) und Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (3) schuldig erkannt. Danach hat er dadurch, dass er von ca 1995 bis Anfang September 2001 mehrmals pro Woche mit seinem Geschlechtsteil in die Scheide seiner am 24. September 1985 geborenen Tochter Edith G***** eindrang "bzw auch einen Analverkehr durchführte",

  1. 1. mit einer in gerader Linie Verwandten den Beischlaf vollzogen,
  2. 2. sein minderjähriges Kind zur Unzucht missbraucht und
  3. 3. bis zum 24. September 1999 mit einer unmündigen Person den Beischlaf "bzw eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen."

Rechtliche Beurteilung

Die aus Z 4 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Im Antrag auf Vernehmung der Hermine G***** (S 291) wurde nicht behauptet, dass Edith G***** sen sie zu einer Falschaussage veranlassen habe wollen; die Glaubwürdigkeit G*****s wird durch das Beweisthema somit nicht in Frage gestellt. Selbst wenn Gertrude N*****, die Mutter des Angeklagten, entgegen den Angaben Edith G*****s sen bestätigt hätte, dass dieser ihr gegenüber "die Tat" nicht gestanden hat, wäre dieser Umstand mit Blick auf die bereits vorliegenden Beweisergebnisse nicht in der Lage gewesen, die zur Feststellung entscheidender Tatsachen anzustellende Beweiswürdigung maßgeblich zu beeinflussen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 341), weil Edith G***** dazu ohnehin nur die Beobachtung beigetragen hat, dass ihre Tochter "immer wieder mit Bauchschmerzen im Bett lag, wenn sie nachhause kam" (US 10 f).

Erhebliche Bedenken gegen die Feststellung, wonach der Angeklagte mit seinem Geschlechtsteil - wenngleich nicht vollständig (vgl Schick in WK2 § 211 Rz 9) - in die Vagina seiner Tochter eindrang, werden durch einen gynäkologischen Befund über die Intaktheit des, indes als sehr dehnbar bezeichneten, Hymen nicht geweckt (Z 5a).

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet auf § 390a StPO. Bleibt anzumerken, dass bis zum Inkrafttreten des StRÄG 1998 Analpenetrationen, also dem Beischlaf bloß gleichzusetzende Handlungen (seither § 206 Abs 1 zweiter Fall StGB), dem § 207 Abs 1 aF StGB zu subsumieren waren, was das Erstgericht unerwähnt ließ (§ 61 StGB). Zu einer Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bestand jedoch kein Anlass, weil angesichts der im Sinn einer sog gleichartigen Verbrechensmenge bloß pauschal individualisierten gleichartigen Straftaten die Schuldsprüche wegen § 206 Abs 1 StGB dadurch nicht in Frage gestellt werden (aaO § 281 Rz 33, 291, 576).

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