OGH 11Os184/01 (11Os185/01)

OGH11Os184/01 (11Os185/01)1.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Oktober 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Teffer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Günther S***** wegen des Verbrechens der versuchten betrügerischen Krida nach §§ 15, 156 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 8. Oktober 2001, GZ 24 Hv 1009/01 (= 24 Vr 929/01)-25, sowie über seine Beschwerde gegen den zugleich gemäß § 494a Abs 6 StPO gefassten Beschluss nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, des Angeklagten sowie seines Verteidigers Dr. Ainedter

1) zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung gegen den Strafausspruch wird dahin Folge gegeben, dass die Freiheitsstrafe auf neun Monate herabgesetzt und hievon ein Teil von sechs Monaten gemäß § 43a Abs 3 StPO bedingt nachgesehen wird. Der Berufung gegen das Adhäsionserkenntnis wird nicht Folge gegeben. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

2) den Beschluss gefasst:

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Beschluss, mit welchem die zum AZ 24 Hv 5/97 des Landesgerichtes Linz bestimmte Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Günther S***** des Verbrechens der versuchten betrügerischen Krida nach §§ 15, 156 Abs 1, begangen als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB (Punkt I des Urteilssatzes) und des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat er

(zu I) im Oktober 2000 in Linz Helmut S***** und Ingrid S***** (die strafbefreiend von der Tatausführung zurückgetreten sind) dazu bestimmt, zu versuchen, durch Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes zu Gunsten ihres Sohnes Manuel S***** ob der ihnen je zur Hälfte gehörenden Liegenschaft EZ 686 GB 45012 Hartheim, einen Bestandteil ihres Vermögens beiseite zu schaffen und dadurch die Befriedigung der Raiffeisenbank Eferding-Alkoven-Wilhering (zu deren Gunsten eine auf Helmut S***** umgeschuldete Kreditverbindlichkeit in Höhe von 350.000 S sowie ein bestehender Kontokorrentkredit in der Höhe von 400.000 S vereinbarungsgemäß auf der genannten Liegenschaft grundbücherlich sichergestellt werden sollten) - zu ergänzen: zu vereiteln;

(zu II) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Helmut S***** durch die Erklärung, er sei mit seiner Firma ***** in der Lage, ihn innerhalb von acht Wochen gegen Zahlung einer Quote von 20 % zu entschulden, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur Bezahlung eines Pauschalhonorars von 180.000 S inklusive Umsatzsteuer verleitet, somit zu einer Handlung, die diesen mit einem 25.000 S übersteigenden Betrag an seinem Vermögen schädigte.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch und das Adhäsionserkenntnis ficht er mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Zum Schuldspruchfaktum I

Der vom Beschwerdeführer monierte (vermeintliche) Widerspruch (Z 5) zwischen den Urteilsannahmen, er habe zum einen darauf abgezielt, einen Teil des Vermögens des Helmut S***** durch Beiseiteschaffen dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen und zum anderen durch die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes zu Gunsten des Manuel S***** bezweckt, das Befriedigungsrecht (nur) eines (einzigen) Gläubigers, nämlich der Raiffeisenkasse Eferding-Alkoven-Wilhering zu vereiteln (US 5 und 7), liegt nicht vor. Die Absicht (arg "bezweckt"), durch die Verringerung des Vermögens des Gesamtschuldners einen (bestimmten) Gläubiger zu schädigen, schließt die dadurch zumindest bedingt vorsätzliche Schädigung (auch) anderer Gläubiger keineswegs aus, ganz abgesehen davon, dass im Hinblick auf die nach § 156 StGB genügende Benachteiligung eines einzigen Gläubigers der behauptete Widerspruch keine entscheidende Tatsache betrifft.

Entgegen dem Beschwerdestandpunkt war Helmut S***** auch Schuldner mehrerer, dh mindestens zweier Gläubiger. Als Gläubiger iSd § 156 StGB kommen nach dem Sinn des Gesetzes zwar nur solche in Betracht, welche durch das Täterverhalten zumindest abstrakt einen Nachteil erleiden könnten, wobei es in weiterer Folge genügt, dass nur einer von ihnen geschädigt werden kann, weshalb Hypothekargläubiger, deren Forderung im Rang vor einem (hier inkriminierten) Belastungs- und Veräußerungsverbot grundbücherlich sichergestellt sind, aus dem Kreis der für die Mehrheitsbildung in Betracht kommenden Gläubiger ausscheiden. Doch enthält das erstgerichtliche Urteil durch die Feststellung, dass das Friseurunternehmen S***** "überschuldet" war (US 8) in Verbindung mit der weiteren Konstatierung, dass sich das Ausmaß der Überschuldung aus der Beilage ./B (richtig: ./J) ergäbe (US 11), hinreichend deutliche Feststellungen zur Gläubigermehrheit. Denn die zitierte Beilage weist den Schuldenstand S*****s zum Stichtag 31. Dezember 2000 aus und enthält ua auch grundbücherlich nicht sichergestellte "Lieferantenschulden" (121.852,02 S) und "sonstige Verbindlichkeiten" (325.534,90 S), welche im Wesentlichen daher bereits zum Zeitpunkt der Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes bestanden haben und woraus sich zusammen mit der Raiffeisenkasse Eferding, welcher gegenüber aus einem Kontokorrentkredit S*****s eine Schuld von ca 400.000 S bestand (US 5), die erforderliche Mehrzahl von Gläubigern ergibt. Damit erledigen sich vorweg auch gleichartige Einwendungen im Rahmen der Rechts- und Subsumtionsrüge (Z 9 lit a und Z 10), mit denen der Beschwerdeführer - nach dem Gesagten sowohl rechtlich verfehlt als auch urteilsfremd - das Fehlen von Feststellungen über eine Mehrheit von Gläubigern behauptet.

Auch die Tatsachenrüge (Z 5a) versagt.

Die in der Beschwerde an sich zu Recht bemängelte Bewertung der tatgegenständlichen Liegenschaft durch das Schöffengericht, das sich dabei über ein vorgelegtes und verlesenes (S 214/II) Schätzungsgutachten (Blg B zum Hauptverhandlungsprotokoll ON 24) unter Anmaßung eigenen, in keiner Weise verifizierten Fachwissens, somit mit völlig unzureichender Begründung hinwegsetzte (US 9), muss außer Betracht bleiben, weil im vorliegenden Fall der Wert der Liegenschaft keine entscheidungswesentliche Bedeutung besitzt. Die Belastung einer Liegenschaft schon vor der Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes mit Pfandrechten für offene Ansprüche, deren Gesamthöhe den Liegenschaftswert überschreitet, bedeutet, soweit (wie hier) ein tatsächlicher Befriedigungsausfall infolge der betreffenden Einverleibung unterblieben ist, in rechtlicher Hinsicht lediglich, dass die Tat nach § 156 StGB nicht über das Versuchsstadium hinausgelangt ist (vgl insbesondere EvBl 2000/28). Mit seiner Kritik an dem ihm einen solchen Tatversuch anlastenden Schuldspruch reklamiert der Beschwerdeführer der Sache nach die absolute Untauglichkeit dieses Versuches, die freilich voraussetzt, dass der Eintritt des durch das tatbestandsmäßige Verhalten angestrebten Erfolges mangels persönlicher Eigenschaften oder Verhältnisse, die das Gesetz beim Handelnden voraussetzt, oder nach der Art der Handlung oder des Gegenstandes, an dem die Tat begangen wurde, unter keinen Umständen möglich war (§ 15 Abs 3 StGB) und daher die mit vorrangigen Pfandrechten belastete Liegenschaft - bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise - von vornherein nicht als Befriedigungsobjekt anderer Gläubiger in Frage kam. Dies ist jedoch - anders als in dem vom Beschwerdeführer relevierten Fall (vgl 12 Os 87/97) - hier im Hinblick auf den vom Schätzungsgutachten mit rund 2,3 Mio S veranschlagten Wert der Liegenschaft und auf die vorrangigen Hypotheken in der Gesamthöhe von rund 3,3 Mio S, welche Anfang Oktober 2000 mit ca, 2,5 Mio S ausgenützt waren (US 6), nicht der Fall. Waren doch selbst bei gänzlicher Ausschöpfung der durch die Höchstbetragshypotheken gesicherten Kreditrahmen die Erzielung eines die Pfandbelastungen übersteigenden Meistbots, die teilweise Befriedigung oder ein Exekutionsverzicht bevorrangter Gläubiger und damit (durch das in Rede stehende Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht realisierbare) Zugriffsmöglichkeiten auch für nicht vorrangig pfandberechtigte Gläubiger durchaus denkbar. Eine vom Tätervorsatz umfasste und durch die Eintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes bewirkte Gläubigerschädigung war demnach nicht für alle Fälle von vornherein ausgeschlossen (vgl hiezu den Grundbuchs- und Schuldenstand, insbesondere S 205 f/I sowie Blg./J zum HV-Protokoll ON 24).

Aus dem Umstand, dass die Zeugin Ingrid S***** über Einzelheiten des Tatgeschehens und damit auch über den Tatbeitrag des Beschwerdeführers keine verlässlichen Angaben machen konnte (S 204 f/II), lässt sich für den Standpunkt des Letztgenannten nichts gewinnen. Seinem Vorbringen zuwider wurde er im Vorverfahren zudem sehr wohl vom Zeugen Manuel S***** als Urheber der inkriminierten Malversation bezeichnet (S 55 und 57/II). Ob aber Bedenken gegen die betreffende Vorgangsweise von Helmut S***** selbst ausgingen oder ob dieser erst im Zuge einer Rechtsberatung auf die Problematik seines vorangegangenen Verhaltens hingewiesen worden ist, ist nicht entscheidungsrelevant.

Das Beschwerdevorbringen ist somit insgesamt nicht geeignet, zu erheblichen Bedenken gegen die bekämpften Urteilskonstatierungen Anlass zu geben.

Mit seinen Ausführungen zur Rechts- und Subsumtionsrüge (Z 9 lit a und 10) ist der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf die Erledigung seiner Mängel- und Tatsachenrüge zu verweisen. Ergänzend ist noch festzuhalten, dass von einer verfehlten Beurteilung der "Haftung" des Manuel S***** (für einen Kredit von 340.000 S bzw 350.000 S) als Bestandteil des Vermögens des Helmut S***** nicht die Rede sein kann. Wurde doch dieser ursprünglich Manuel S***** gewährte Kredit durch "Umschuldung" auf die Person des Helmut S***** übertragen. Die noch vor der vereinbarten bücherlichen Besicherung des Kredites in seiner neuen Form (tätergewollt) veranlasste Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes zu Gunsten des Manuel S***** auf der zur Hälfte Helmut S***** gehörenden, gegenständlichen Liegenschaft bewirkte daher sehr wohl eine tatbildmäßige Reduktion der Befriedigungsmöglichkeiten der kreditgewährenden Bank, aber auch der pfandrechtlich nicht sichergestellten Gläubiger.

Den Eintritt eines 500.000 S übersteigenden Schadens hat das Erstgericht ausdrücklich ausgeschlossen, weshalb der Angeklagte durch die diesbezüglichen Urteilsausführungen nicht beschwert ist. Zum Schuldspruchfaktum II

Der allein aus § 281 Abs 1 Z 5a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Der Beschwerde zuwider handelt es sich nach Lage des Falles bei der Umschuldung im Wege der Übernahme des ursprünglichen Kredites des Manuel S*****, für welchen allerdings Helmut S***** als Bürge und Zahler haftete - einschließlich der damit in Zusammenhang stehenden Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes zu Gunsten des Erstgenannten - unzweifelhaft um eine der tätergewollten (angeblichen) Sanierungsmaßnahmen. Wenn der Beschwerdeführer unter Berufung auf seine Verantwortung in der Hauptverhandlung (insbesondere S 198 ff/I) das von ihm angeratene Vorgehen nunmehr anders verstanden wissen will und zudem ins Treffen führt, an der Fortsetzung nicht binnen kurzer Zeit wirksam werdender sonstiger Sanierungsmaßnahmen durch die Aufkündigung der erteilten Vollmacht gehindert worden zu sein, erschöpft sich sein Vorbringen im Versuch, durch Umdeutung seines Verhaltens zu für ihn günstigeren Schlussfolgerungen als das - den belastenden Angaben des Helmut S***** folgende - Erstgericht zu gelangen (vgl hiezu insbesondere US 8 iVm S 47 ff und 201 ff/II sowie S 185 ff - 293 ff/I). Nicht anders argumentiert der Beschwerdeführer auch insoferne, als er die Richtigkeit der auf der aktenkundigen Wiedergabe der finanziellen Situation des Helmut S***** beruhende Einschätzung der zugesagten, von der Beschwerde gar nicht in Abrede gestellten Entschuldung (zu 80 %: Nichtigkeitsbeschwerde S 10) beruhenden Einschätzung durch das Erstgericht als aussichtslos (insbesondere US 5 und 6) in Zweifel zu ziehen trachtet, wird solcherart doch bloß - unter dem relevierten Nichtigkeitsgrund unzulässigerweise - die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer Schuldberufung bekämpft.

Der Beschwerdeführer vermag sohin keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des dem Schuldspruch wegen des Vergehens des Betruges zu Grunde liegende entscheidungswesentliche Tatsachensubstrat zu erwecken. Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit zu verwerfen.

Der Berufung des Angeklagten gegen den Strafausspruch kommt im Ergebnis Berechtigung insoweit zu, als hinsichtlich des Kridadeliktes der Eintritt eines Schadens zwar nicht ausgeschlossen, jedoch wenig wahrscheinlich war, weshalb dem Umstand, dass die Tat bloß versucht wurde, größeres Gewicht beizumessen ist. Demzufolge ist eine Reduzierung des Strafmaßes auf neun Monate, aber auch die Gewährung einer teilbedingten Strafnachsicht gerechtfertigt.

Dagegen reichen die Ergebnisse des Verfahrens in Übereinstimmung mit dem Schuldspruch zum Faktum II zur Zuerkennung des vollen Ersatzanspruches hin, sodass der auf eine Verweisung des Privatbeteiligten Helmut S***** auf den Zivilrechtsweg gerichteten Berufung gegen das Adhäsionserkenntnis keine Folge zu geben war. Der Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss, mit welchem aus Anlass der Verurteilung vom Widerruf der zum AZ 24 Hv 5/97 des Landesgerichtes Linz gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen, die Probezeit jedoch auf fünf Jahre verlängert wurde, kommt indes Berechtigung zu:

Im angeführten Verfahren wurde über den Angeklagten mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 7. Oktober 1997 eine unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von neun Monaten verhängt, welche in der Folge auf sechs Monate herabgesetzt wurde.

Voraussetzung einer Widerrufsentscheidung, damit auch einer Verlängerung der Probezeit ist ua die Begehung einer Straftat innerhalb der Probezeit (§ 55 StGB); zudem muss die Entscheidung innerhalb von sechs Monaten nach Ende der Probezeit gefällt werden, sofern das Strafverfahren nicht schon vor Ablauf der Probezeit gerichtsanhängig war. Zumindest die letztgenannte Voraussetzung lag angesichts der erst am 8. November 2000 gesetzten ersten gerichtlichen Verfolgungshandlung (S 3 verso) nicht vor, weshalb die Verlängerung der Probezeit unzulässig, der Beschwerde Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden war.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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