OGH 10ObS260/02m

OGH10ObS260/02m27.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Walter Benesch (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Karin N*****, ohne Beschäftigung, ***** vertreten durch Dr. Georg Grießer ua Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. April 2002, GZ 10 Rs 82/02f-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 11. Dezember 2001, GZ 8 Cgs 180/01w-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, dass die Klägerin als zahnärztliche Assistentin die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension nicht erfüllt, ist zutreffend, weshalb gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO auf die Richtigkeit dieser Ausführungen verwiesen werden kann.

Den Revisionsausführungen ist noch Folgendes entgegenzuhalten:

Unter dem allein geltend gemachten Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bringt die Revisionswerberin vor, das Gutachten des dermatologischen Sachverständigen sei widersprüchlich und daher als Beweisgrundlage nicht geeignet. Die Frage, ob ein eingeholtes Sachverständigengutachten die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen rechtfertigt, gehört ebenso in das Gebiet der Beweiswürdigung wie jene, ob ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden soll (MGA, ZPO15 ENr 88 f zu § 503 mwN uva; RIS-Justiz RS0043320 ua). Eine Anfechtung der Ergebnisse von Sachverständigengutachten, die die Vorinstanzen ihren Entscheidungen zu Grunde legten, wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung ist nach ständiger Rechtsprechung nur insoweit möglich, als dabei ein Verstoß gegen zwingende Denkgesetze unterlaufen ist oder erkennbar ist, dass der Sachverständige erheblichen Verhandlungsstoff außer Acht gelassen hat und dies die Unrichtigkeit des Gutachtens zur Folge hat (SSV-NF 2/14; 2/74 uva; MGA aaO ENr 164 zu § 503 mwN). Einen solchen Widerspruch in dem in seiner Gesamtheit zu beurteilenden Gutachten des dermatologischen Sachverständigen zeigt die Revisionswerberin aber nicht auf, wenn sie in den Angaben des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten und in seinen diese Angaben präzisierenden Ausführungen in der mündlichen Gutachtenserörterung einen Widerspruch zu erblicken versucht. Soweit die Revisionswerberin die vom Sachverständigen auf Grund seiner Berufserfahrung angewandten Erfahrungssätze in Zweifel zu ziehen versucht, ist sie darauf hinzuweisen, dass der Sachverständigenbeweis gerade der Vermittlung solcher dem Gericht nicht bekannter Erfahrungssätze dient, die das Gericht nur im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu überprüfen hat. Wenn die Vorinstanzen - wie hier - an der Richtigkeit der Erfahrungssätze des Sachverständigen keine Zweifel hatten, für die Überprüfung ein zweites Gutachten nicht für erforderlich hielten und dem gefundenen Ergebnis nicht schon die Logik und allgemeine Denkgesetze entgegenstehen, gehören die Grundlagen des Gutachtens zum nicht revisiblen Tatsachenbereich. Wie die Revisionswerberin in ihren weiteren Ausführungen selbst einräumt, bestehen für den von ihr ausgeübten Beruf einer zahnärztlichen Assistentin bzw Ordinationshilfe bei Fachärzten für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und Dentisten weder im Rahmen des nunmehrigen Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) oder des verbliebenen Anwendungsbereiches des bisherigen Krankenpflegegesetzes noch im Rahmen einer Verordnung im Sinne des § 7 BAG allgemein geltende Bestimmungen für diesen Beruf und seine Ausbildung und es steht auch den Kollektivvertragsparteien die Befugnis zur Schaffung von Ausbildungsregelungen nicht zu. Die Frage, welche Voraussetzungen für die Ausübung dieses Berufes erforderlich sind und mit welchen Anforderungen dieser Beruf verbunden ist, ist daher eine Tatfrage (vgl SSV-NF 6/105 ua), die von den Tatsacheninstanzen im vorliegenden Fall unter Beiziehung eines berufskundlichen Sachverständigen geklärt wurde. Nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen erfolgt die Ausbildung zur zahnärztlichen Assistentin im Zeitraum von ungefähr einem Jahr durch praktische Schulungen am Arbeitsplatz durch den Zahnarzt und durch berufsbegleitende theoretische Schulungen in der Dauer von ca 100 bis 150 Unterrichtsstunden.

Ausgehend von diesen Tatsachenfeststellungen, an die der Oberste Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, gebunden ist, haben die Vorinstanzen die Berufsunfähigkeit der Klägerin zutreffend verneint, wobei es im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben kann, ob die Berufsunfähigkeit der Klägerin inhaltlich nach § 255 ASVG oder nach § 273 ASVG zu beurteilen ist. Geht man nämlich von einer grundsätzlichen Ausbildungsdauer für den Beruf der zahnärztlichen Assistentin von einem Jahr (praktische und theoretische Ausbildung) aus, liegt ein berufsschutzbegründender qualifizierter Beruf nicht vor. So ist nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates auch beispielsweise die geminderte Arbeitsfähigkeit eines Pflegehelfers (nach ebenfalls einjähriger Ausbildung und Absolvierung einer Abschlussprüfung) nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen, weil es sich dabei weder um einen erlernten noch um einen angelernten Beruf im Sinn des § 255 Abs 1 ASVG handelt (RIS-Justiz RS0084962; RS0084778; RS0113674; SSV-NF 12/6; zuletzt 10 ObS 154/02y). Begründet wurde dies vor allem damit, dass die Dauer der Lehrzeit in einem erlernten Beruf in der Regel mindestens 3 Jahre beträgt und die mindestens dreijährige Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege viel weitergehendere Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt. An dieser Auffassung hat der erkennende Senat auch in der Entscheidung 10 ObS 357/00y vom 30. 1. 2001 ausdrücklich festgehalten, wobei in dieser Entscheidung jedoch der Berufsschutz einer als Alten- und Pflegehelferin tätig gewesenen Versicherten, die im Rahmen einer insgesamt zweijährigen (theoretischen und praktischen) Ausbildung über die Ausbildung als Pflegehelferin hinausgehende und für ihre spezielle Tätigkeit erforderliche zusätzliche qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten in einem erheblichen Umfang erworben hatte, bejaht wurde. Es liegt aber auf der Hand, dass in einer - wie im vorliegenden Fall - einjährigen Ausbildung ein einem Lehrberuf vergleichbares Ausbildungsniveau nicht erreicht werden kann. Dieser Umstand zeigt sich auch darin, dass sich die Mithilfe einer zahnärztlichen Assistentin ausschließlich auf die Unterstützung des Arztes zu beziehen hat und ihre Tätigkeit keinen integrierenden Bestandteil der ärztlichen Behandlung bilden darf (vgl SSV-NF 9/A 1 mwN). Eine Vergleichbarkeit mit der besonders qualifizierten Tätigkeit einer Operationsschwester ist entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht gegeben (vgl dazu nunmehr §§ 13 ff, 69 GuKG; zur früheren Rechtslage: SSV-NF 9/5).

Dass die Klägerin noch die von den Vorinstanzen angeführten Verweisungstätigeiten nach § 273 ASVG bzw § 255 Abs 3 ASVG verrichten kann, wird auch in den Revisionsausführungen nicht in Zweifel gezogen. Eine Berufsunfähigkeit der Klägerin liegt somit nicht vor. Der Revsion war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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