OGH 2Ob187/01s

OGH2Ob187/01s8.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** Deutschlands a. G. B*****, vertreten durch Dr. Ludwig Franckenstein, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei A***** AG, ***** vertreten durch Dr. Hansjörg Schweinester und Dr. Rudolf Kathrein, Rechtsanwälte in Innsbruck und der der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten 1. ***** S***** AG, ***** 2. St*****AG, ***** und

3. I*****, ***** alle vertreten durch Dr. Heinz Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 103.840,33 (= S 1,428.874,14) und Feststellung (Gesamtstreitwert EUR 118.374,90 = S 1,628.874,14) infolge außerordentlicher Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 31. Mai 2001, GZ 4 R 76/01k-50, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. Dezember 2000, GZ 57 Cg 22/98s-39, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR

4.690,38 (= S 64.541,-) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens, in

denen EUR 1.926 (= S 26.510,-) Barauslagen und EUR 460,64 (= S

6.338,50,-) USt enthalten sind sowie die mit EUR 2.464,48 (= S

33.912,-) darin EUR 410,75 (= S 5.652) USt bestimmten Kosten des

Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 1. 10. 1994 lenkte Paul K***** seinen bei der klagenden Partei zu diesem Zeitpunkt haftpflichtversicherten PKW auf der B***** Autobahn auf der Richtungsfahrbahn Süden und hielt eine Geschwindigkeit von etwa 100 bis 110 km/h ein. Beim Übergang von einer leichten Rechtskurve in eine leichte Linkskurve wollte er auf der dort zweispurigen Fahrbahn einen PKW überholen. Im Zuge des Überholmanövers bemerkte er, dass sich in seinem toten Winkel bereits ein Fahrzeug auf der linken Fahrspur befand, worauf er das Fahrzeug zurückverriss. Kurz darauf brach das Heck des PKWs aus und prallte nach einer Schleuderung mit circa 70 bis 80 km/h gegen die Leitschiene. Am Beifahrersitz befand sich seine hochschwangere Ehefrau Carmela K*****. Durch den Anprall des PKWs auf die Mittelleitschiene wurde die mit nur einer Schraube befestigte Verbindung auseinandergerissen, wobei eine Mittelleitschiene auf der Beifahrerseite in das Fahrzeuginnere drang. Dadurch wurde Carmela K***** das rechte Bein im Bereich des Oberschenkels fast abgetrennt und musste in der Folge amputiert werden. Zudem musste durch den Blutverlust die künstliche Geburt mittels Kaiserschnitts vorgenommen werden. Folgeschäden sind infolge der Oberschenkelamputation und der prothetischen Versorgung zu erwarten und können nicht ausgeschlossen werden. Die notfallsmäßig durch Kaiserschnitt am 1. 10. 1994 erfolgte Geburt der Stefanie K***** fand in der 29. Schwangerschaftswoche statt. Die Neugeborene musste sofort wiederbelebt und über eine eingeführte Sonde beatmet werden. Es entwickelten sich sehr rasch Lungenkomplikationen sowie eine Erweiterung der Hirninnenräume und sonografische Befunde wie bei einem Zustand nach Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff. Das Kind ist in mehrfacher Hinsicht stark behindert und es liegt ein erheblicher Entwicklungsrückstand vor. Es ist umfassend auf fremde Hilfe angewiesen und benötigt ständige Aufsicht. Der körperliche und geistige Zustand von Stefanie K***** entspricht einer hundertprozentigen Invalidität.

Die in den Fahrgastraum eingedrungene Leitschiene war für die schwerste Verletzung des Oberschenkels und gleichzeitig auch für die schwere Verletzung im Bereich des Beckens der Carmela K***** verantwortlich. Die Knochenbruchkombinationen sprechen für eine massive Gewalteinwirkung von rechts seitlich im Oberschenkel-Beckenbereich, offensichtlich eher kleinflächig und damit umschrieben und örtlich besonders verletzungswirksam. Für diese Verletzungsgruppe war jedenfalls die in den PKW eindringende Leitschiene entscheidend. Die übrigen von Carmela K***** erlittenen Verletzungen, nämlich die Gehirnerschütterung sowie die Verstauchung des linken Sprunggelenks, welche folgenlos abheilten, hätten auch dann entstehen können, wenn die Leitschiene nicht in das Fahrzeug eingedrungen wäre. Möglicherweise wäre auch eine Prellung der Oberschenkel-Beckenregion eingetreten, sonst aber wahrscheinlich keine relevanten Verletzungen. Beim Unfallsablauf wären lediglich Kontaktverletzungen zu erwarten gewesen durch flächigen Kontakt zu den rechten seitlichen Körperpartien. Insgesamt wären bescheidene Verletzungen zu erwarten gewesen, möglicherweise eine Schädelprellung, vielleicht auch eine leichte Hirnerschütterung, unter Umständen auch eine Schleuderzerrung der Halswirbelsäule, gegebenen falls eine Prellung der rechten Schulter und der rechten Becken-Oberschenkelregion. Jedenfalls kann nicht ausgeschlossen werden, dass Carmela K*****, wäre die Leitschiene nicht in den Fahrgastraum eingedrungen, völlig unverletzt geblieben wäre. Es kann aber ausgeschlossen werden, dass derartig schwere und massive Verletzungen entstanden wären. Die Frühgeburt der Stefanie K***** im Zuge einer Notfallssection bei Trauma und Schock der Mutter ist auf die ihrer Mutter durch das Eindringen der Leitschiene verursachten Verletzungen zurückzuführen.

Die klagende Partei erbrachte an Carmela und Stefanie K***** unfallkausal Leistungen von umgerechnet S 1,428.874,14, wobei darin kein Schmerzengeld enthalten ist, sondern Kostenersatz für Haushaltshilfe und sogenannte vermehrte Bedürfnisse sowie Verdienstentgang Carmela K*****. Die Deckungssumme laut Vertrag beträgt DM 7,5 Millionen pro Person. Im Umfang der erbrachten Leistungen wurden die Ansprüche der Carmela und der Stefanie K***** gegenüber der beklagten Partei der die klagende Partei abgetreten. Bei dem an der Unfallstelle montierten Metallleitschienensystem handelt es sich um eine Konstruktion aus dem Jahre 1970. Zum Unfallszeitpunkt gab es zwei Verbindungssysteme zwischen Leitschienenelementen. Beim einen System wurden die Leitschienen mit 7 Flachrundschrauben der Dimension M 16 x 35 verbunden. In jenen Bereichen, wo beispielsweise baustellenbedingt Überleitungen von einer Richtungsfahrbahn in die andere getätigt werden müssen, gab es ein Schnellverschlusssystem mit einem Bolzen von 18 mm Durchmesser. Kollidiert ein Fahrzeug mit einer Leitschiene, so wird diese die auf sie einwirkenden Kräfte auf die Mittelsteher übertragen. Diese Mittelsteher sind einerseits von nur geringer Festigkeit, andererseits ist die Verbindung zum Leitschienenband nicht sehr stabil. Es besteht eine Verbindung mit nur 2 Stück Flachrundschrauben mit deutlich kleinerer Diemension von M 10 x 25. Dies führt dazu, dass sehr häufig - wie auch beim gegenständlichen Unfall - die Verbindung des Leitschienenbandes mit dem Steher getrennt wird. Es kommt häufig zum Umbiegen der Leitschienenständer, was konstruktionstechnisch gewollt ist. Die Rückhaltefunktion der Leitschiene wird nicht primär durch die Leitschiene bedingt, sondern durch die Zugbandwirkung des Leitschienensystems. Die Leitschiene verformt sich nämlich durch diese Eigenschaft nicht nur an der direkten Anprallstelle, sondern auch in der näheren Umgebung, was dazu führt, dass von der Leitschiene mehr Energie aufgenommen werden kann und die Kräfte auf das Kraftfahrzeug und damit auf die Insassen geringer werden. Erforderlich für diese Zugbandwirkung ist, dass der Leitschienenverband nicht reißt. Ziel derartiger Verbindungen ist es, deren Festigkeit ähnlich hoch zu gestalten wie das Zugband selbst. Die Verbindung mit 7 Schrauben ist nicht nur eine Herstellervorschrift, zumal bei Verwendung nur einer Schraube eine wesentliche Verbilligung gegeben wäre, sondern auch aus technischer Sicht sinnvoll und erforderlich. Sieben Schrauben können auch eine siebenmal größere Kraft als eine Schraube von einem Leitschienenende in das andere übertragen. Bei schweren Leitschienenkollisionen kann der Mittelsteher umgebogen werden und das Leitschienenzugband die Verbindung mit diesem verlieren, doch bleibt die Zugbandwirkung der Leitschiene erhalten.

Die Verbindung der Leitschiene im gegenständlichen Fall mit nur einer Schraube entsprach nicht den Herstellervorschriften. In der im Jahre 1993 überarbeiteten Richtlinie der Forschungsgesellschaft für das Verkehrs- und Straßenwesen wird vermerkt, dass die montierbaren Leitschienen- und Sonderkunstruktionen das gleiche Rückhaltevermögen wie die anschließenden festen Konstruktionen aufweisen müssen und mit diesen kraftschlüssig zu verbinden sind.

Bei dem gegenständlichen Leitschienenbereich handelt es sich um eine sogenannte Mittelstreifenüberfahrt, die bereits im Zuge von Baumaßnahmen 1992 durch den damaligen Auftragnehmer der beklagten Partei, eine ARGE, geöffnet worden war, d.h. die Leitschiene wurde entfernt, um eine Durchfahrt zu ermöglichen. Wenn ein bestimmter Autobahnbereich im Zusammenhang mit einem Baulos an einen Auftragnehmer übergeben wird, übernimmt dieser auch die Verantwortung für die Leitschienen. Hier war die Firma R***** für die Verkehrsleiteinrichtungen verantwortlich. Die Baustelle, im Zuge derer das streitgegenständliche Überleitungsstück geöffnet worden war, war zum Unfallszeitpunkt sowohl tatsächlich als auch formell beendet und bereits wieder an die beklagte Partei übergeben. Die klagende Partei begehrt unter Berufung auf die erfolgte Abtretung den Ersatz von insgesamt S 428.874,14 sA an erbrachten Leistungen an Carmela und Stefanie K*****. Der Fahrzeuglenker sei aus ungeklärter Ursache ins Schleudern geraten und gegen die Mitteleitschiene geprallt. Beim Anprall sei diese auseinander gerissen worden und in das Fahrzeug eingedrungen, wodurch die schwersten Verletzungen entstanden seien, aufgrund derer die klagende Partei die eingeklagten Leistungen erbringen habe müssen. Ein Fehlverhalten des Lenkers liege nicht vor. Die bei Carmela und Stefanie K***** entstandenen Verletzungen seinen ausschließlich auf die grob fahrlässige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der beklagten Partei zurückzuführen, die für eine sach- und fachgerechte Befestigung der Leitschiene verantwortlich sei.

Die beklagte Partei wendete dagegen im Wesentlichen ein, dass den Fahrzeuglenker infolge seiner unaufmerksamen Fahrweise beim Überholen das Alleinverschulden treffe. Bestritten werde, dass die Leitschienen nicht sach- und fachgerecht befestigt gewesen seien und dass die Verletzungen von Carmela und Stefanie K***** dem Eindringen der Leitschiene zuzuordnen sei. Für eine allenfalls mangelhafte Befestigung der Leitschiene hafte nicht die beklagte Partei, sondern die ARGE L*****, die während der Durchführung der Sanierungsarbeiten zur Absicherung der Baustelle verpflichtet gewesen wäre. Die beklagte Partei verkündete den Nebenintervenienten den Streit, die darauf auf ihrer Seite dem Rechtsstreit beitraten. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren ausgehend von den wiedergegebenen Feststellungen zur Gänze statt.

Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass Paul K***** ganz offensichtlich zu unaufmerksam einen Überholvorgang gestartet und diesen dann zu hastig abgebrochen habe, wodurch sein Fahrzeug ins Schleudern geraten und in der Folge mit der Mittelleitschiene kollidiert sei.. Er habe sich vor Beginn seines Überholmanövers nicht in ausreichendem Maße überzeugt, dass niemand bereits zum Überholen angesetzt habe. Das Verreissen des Fahrzeuges auf den rechten Fahrstreifen sei in Anbetracht der eingehaltenen Geschwindigkeit zu ruckartig gewesen. Dieses Verhalten sei ursächlich für die Kollision des Fahrzeuges mit der Mittelleitschiene gewesen. Durch die Bezahlung einer Maut zwischen dem Lenker des Fahrzeuges und der beklagten Partei sei ein privatrechtlicher Benützungsvertrag abgeschlossen worden. Aufgrund dessen sei die beklagte Partei verpflichtet gewesen, eine verkehrssichere Straße zur Verfügung zu stellen. Die beklagte Partei hafte für ein Verschulden der Personen, der sie sich zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen bedient habe, gemäß § 1313a ABGB wie für ihr eigenes. Sie hätte daher dafür Sorge tragen müssen, dass sämtliche Mittelleitschienen ordnungsgemäß montiert seien. Dies habe sie offensichtlich unterlassen und sei somit ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Bei sach- und fachgerechter Montage der Mittelleitschiene im Unfallsbereich wären allfällige Verletzungen Carmela und Stefanie K***** im Vergleich zu den tatsächlich erlittenen vernachlässigbar klein gewesen. Auch das fahrtechnische Fehlverhalten des Lenkers entbinde die beklagte Partei nicht von ihrer Haftung dem Fahrzeuglenker und seinen Beifahrerinnen gegenüber. Sie hätte beweisen müssen, dass die eingetretenen Verletzungen auch dann erfolgt wären, wenn die Mittelleitschiene ordnungsgemäß befestigt gewesen wäre. Da die drastischen Verletzungen ausschließlich auf das Eindringen der unsachgemäß angebrachten Mittelleitschiene in den Fahrgastraum zurückzuführen seien, sei die Haftung der beklagten Partei gegeben. Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht gab ihrer Berufung teilweise Folge und verpflichtete die beklagte Partei zur Zahlung von S 714.437,07 sA und wies ein Mehrbegehren von S 714.437,07 ab. Dem Feststellungsbegehren gab es zur Hälfte statt und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, zum Zeitpunkte des Unfalls sei das Bundesgesetz betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften (BGBl 1992/826) in Kraft gestanden. § 15 dieses Gesetzes sei zwar durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. 3. 1997 mit Ablauf des 30. 6. 1998 als verfassungswidrig aufgehoben worden, doch sei der gegenständliche Unfall nicht Anlass für die Aufhebung der zitierten Bestimmung gewesen. Nach dieser Gesetzesstelle seien die Bestimmungen des § 1319a ABGB uneingeschränkt auch auf Bundesstraßen anzuwenden, bei welchen die Erhaltung den Gesellschaften (§§ 1 und 3 leg cit) übertragen worden sei. Die beklagte Partei sei aufgrund der Bestimmung des § 3 Abs 1 leg cit gegründet worden.

Daraus folge, dass sich die beklagte Partei auf das in § 1319a ABGB normierte Haftungsprivileg berufen könne und daher nur Ersatz für jene Schäden zu leisten habe, die von ihr und ihren Leuten vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet worden seien. An den übrigen Grundsätzen und Auswirkungen einer Vertragshaftung ändere sich dadurch jedoch nichts.

Aufgrund des zwischen dem Lenker und der beklagten Partei abgeschlossenen Vertrags über die Benützung der Autobahn, sei die beklagte Partei verpflichtet, für einen sicheren Zustand der Autobahn und eine gefahrlose Benutzbarkeit zu sorgen; diese Verpflichtung beziehe sich auch auf den Zustand der Leitplanken. Im vorliegenden Fall stehe fest, dass nach Beendigung der Arbeiten im Jahr 1992 entgegen der Herstellervorschriften und dem technischen Erfordernis die Befestigung der Mittelleitschiene nur mit einer anstelle der vorgesehenen sieben Schrauben erfolgt sei. Die beklagte Partei habe zwar während der Durchführung der Bauarbeiten die Verantwortung für die Verkehrsleiteinrichtungen einer von ihr beauftragten Firma übertragen, doch wäre es ihre Sache gewesen, die ordnungsgemäße und mängelfreie Beendigung der seinerzeitigen Arbeiten einschließlich der ordnungsgemäßen Wiederherstellung der Mittelleitschiene zu überprüfen. Die offenbar unterlassene Überprüfung der Arbeiten der Auftragnehmer sowie die in der Folge unterlassene regelmäßige Überprüfung und Wartung der Leit- und Sicherheitseinrichtungen in diesem Bereich stelle eine auffallende Sorglosigkeit dar, die einen Schadenseintritt im Fall eines Fahrzeuganpralls geradezu wahrscheinlich gemacht habe, weshalb das Vorliegen grober Fahrlässigkeit und die grundsätzliche Haftung der beklagten Partei zu bejahen sei.

Berechtigt sei aber der Einwand, den Lenker des Unfallfahrzeuges treffe ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls, das sich die klagende Partei anrechnen lassen müsse. Dem Lenker sei ein Verstoß gegen § 11 StVO vorzuwerfen, weil er sich vor Beginn seines Überholmanövers nicht überzeugt habe, ob dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich sei. Der bei Carmela und Stefanie K***** eingetretene Schaden sei auch keine inadäquate Folge des durch das schuldhafte Fehlverhalten des Fahrers ausgelösten Schleudervorgangs. Dies führe zu einer Haftungsteilung zwischen den schuldhaften Verursachern, da sowohl die beklagte Partei als auch der PKW-Lenker jeweils eine schuldhafte Urasche für die schweren Verletzungen der Carmela und der Stefanie K***** gesetzt hätten, wobei von einem gleichteiligen Verschulden auszugehen sei. Das Mitverschulden des Fahrzeuglenkers müsse sich die klagende Partei als dessen Haftpflichtversicherers anrechnen lassen, weshalb sie für die von ihr aufgrund des Unfalls erbrachten Leistungen an die beiden geschädigten Mitfahrerinnen von der beklagten Partei nur die Hälfte ersetzt begehren könne.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für nicht zulässig, weil die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten als grob fahrlässig anzusehen sei, Einzelfallcharakter aufweise. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richten sich die außerordentlichen Revision beider Parteien.

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wurde bereits zurückgewiesen.

Die klagende Partei beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass "vom Alleinverschulden der beklagten Partei auszugehen sei". Hilfsweise wird Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revisison der klagenden Partei zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist aus den Gründen der Rechtssicherheit zulässig und berechtigt.

Die klagende Partei bekämpft zwar nicht ausdrücklich die Rechtsansicht, dass sich die verletzte Beifahrerin das Verschulden des Lenkers als Mitverschulden anrechnen lassen muss, wendet sich aber mit Recht gegen die Schadensteilung von 1 : 1, weil bloß leichter Fahrlässigkeit des Lenkers grobe Fahrlässigkeit der beklagten Partei gegenübersteht. Weiters bekämpft sie die Adäquitat des Verhaltens des Lenkers zu den eingetretenen Unfallfolgen, weil die Verletzungsfolgen auch eingetreten wären, wenn der Schleudervorgang ohne Verschulden des Lenkers etwa wegen eines geplatzten Reifens ausgelöst worden wäre.

Die Revision berührt hier aus den aufgezeigten Grund eine erhebliche Rechtsfrage, wenngleich allgemein Fragen der Verschuldensteilung keine erhebliche Bedeutung zukommt. Bei der umfassenden Prüfung der Lösung der Rechtsfrage ist dann aber auch wahrzunehmen, dass das Berufungsgericht die auf die klagende Partei übergegangenen Ansprüche der Verletzten zu Unrecht wegen des Mitverschuldens des Lenkers des Fahrzeuges, in dem sie sich befunden haben gekürzt hat. Nach ständiger Rechtsprechung und Lehre muss sich der verletzte Fahrgast das Verschulden des Lenkers nicht auf seine Ansprüche gegen den Unfallgegner anrechnen lassen (JBl 1956,621; ZVR 1987/14; ZVR 1995/125; Apathy EKHG § 7 Rz 2; Schauer in Schwimann ABGB2 EKHG § 7 Rz 27), weshalb dieses Verschulden nicht als (eigenes) Verschulden des Geschädigten anzusehen ist. Ein eigenes Mitverschulden des geschädigten Fahrgastes wurde etwa dann angenommen, wenn der Fahrgast die Alkoholisierung des Lenkers erkennen konnte (SZ 52/84) oder wenn ein Beifahrer, der sein Kraftfahrzeug einem anderen Lenker überließ, ohne dessen Lenkerberechtigung zu überprüfen (JBl 1967, 36), zu weiteren Fällen eigenen Mitverschuldens des Fahrgastes siehe die Judikaturaufstellung in Apathy aaO Rz 55-67 zu § 7 EKHG). Dabei wurde aber das Fahrverhalten des Lenkers nicht zusätzlich als weiteres Verschulden des Beifahrers gewertet (vgl auch Harrer in Schwimann ABGB2 § 1304 Rz 61). Ein nach diesen Grundsätzen im Sinne des § 1304 ABGB zu berücksichtigendes Mitverschulden der geschädigten Beifahrerin aber von der hiefür behauptungspflichtigen beklagten Partei nicht eingewendet und ist auch nicht ersichtlich. Der Verweis auf das Verschulden des Lenkers ist aber nicht zielführend. Zwar wird für den Bereich des EKHG in Lehre (Grassl - Palten, JBl 1992,506; Kletecka, Mitverschulden durch Gehilfenverhalten (1991) 13,15,) und Rechtsprechung (RZ 1963, 33; ZVR 1965/65; SZ 42/139; 2 Ob 2136/96 = ecolex 1996, 742) übereinstimmend die Ansicht vertreten, dass der Halter durch analoge Anwendung des § 19 Abs 2 EKHG bei seinen eigenen Ersatzansprüchen das Verschulden der von ihm beim Betrieb des Fahrzeuges eingesetzten Personen zu vertreten hat. Daraus folgt aber nicht, dass das Verhaltens des Lenkers als "Gehilfenverhalten" dem Beifahrer zuzurechnen wäre (vgl dazu Koziol Haftpflichtrecht I 3 Rz 12/66, derselbe, Die Zurechnung des Gehilfenverhaltens im Rahmen des § 1304 ABGB, JBl 1997, 201), weil Gehilfe des Geschädigten nur der sein kann, der von ihm zur Wahrung von dessen Rechtsgütern eingesetzt wurde (Dullinger; Mitverschulden von Gehilfen JBl 1990, 20 und 91 ff; Koziol, Die Zurechnung des Gehilfenverhaltens im Rahmen des § 1304 ABGB, Jbl 1997, 201).Der Lenker eines Fahrzeuges ist aber nicht "Gehilfe" des von ihm unentgeltlich beförderten Fahrgasts.

Damit erfolgte die Zurechnung eines allfälligen Fehlverhaltens des Lenkers auf den in dieser Sicht schuldlosen Beifahrer zu Unrecht. In Stattgebung der Revision der klagenden Partei war daher das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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