OGH 9Ob164/02m

OGH9Ob164/02m10.7.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hradil, Dr. Hopf, Dr. Schramm sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Bank ***** AG, *****, vertreten durch Dr. Werner Mäntler und Dr. Michael Mäntler, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Stefan S*****, Geschäftsführer, *****, vertreten durch Dr. Michl Münzker, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 36.337,21 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16. April 2002, GZ 13 R 13/02f-19, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Beklagte hält im Revisionsverfahren nur mehr den Einwand der Sittenwidrigkeit des Kreditvertrages, nicht aber auch denjenigen des Willensmangels aufrecht. Eine solche Sittenwidrigkeit wurde vom Berufungsgericht zutreffend verneint:

Rechtliche Beurteilung

Im Anschluss an die Leitentscheidung 1 Ob 87/98w (= SZ 71/117 = ÖBA

1998, 967 [Graf] = JBl 1998, 778 ua) wurden von der Rechtsprechung (8

Ob 253/99k = ÖBA 2001, 170 = EvBl 2000/197 = RdW 2001, 16; 6 Ob

184/00b = JBl 2001, 715) in Anlehnung an Graf (ÖBA 1995, 776, 778 ff)

die Kriterien für die Annahme einer Sittenwidrigkeit bei Interzessionsverträgen dahin konkretisiert, dass im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses - wenn auch in möglicher unterschiedlicher Gewichtung - drei Systemelemente vorhanden sein müssen, nämlich 1. die inhaltliche Missbilligung des Interzessionsvertrages, 2. die Missbilligung der Umstände des Zustandekommens infolge verdünnter Entscheidungsfreiheit sowie 3. die Kenntnis bzw fahrlässige Unkenntnis dieser Faktoren durch den Kreditgeber.

Das Erstgericht konnte ausdrücklich "nicht feststellen", dass der Vertreter der klagenden Partei über eine "Strohmanneigenschaft" des als verantwortlicher Unternehmer auftretenden Beklagten informiert war, noch, dass er über eine durch Selbstmorddrohungen des Vaters des Beklagten herbeigeführte verdünnte Entscheidungsfreiheit Bescheid wusste. Desgleichen vermochte das Erstgericht - wie aus der Beweiswürdigung (AS 103) eindeutig hervorgeht, auf Grund der dafür nicht ausreichenden Beweisergebnisse - keine Umstände festzustellen, aus denen der beim Abschluss des Kreditvertrages für die Kreditgeberin einschreitende Mitarbeiter auf das Vorliegen eines Interzessionsverhältnisses und einer verdünnten Entscheidungsfreiheit beim Beklagten hätte schließen können. Damit ist aber den Vorinstanzen auch kein rechtlicher Feststellungsmangel unterlaufen, sondern es fehlt schlicht an den von der Rechtsprechung aufgezeigten, für eine erfolgreiche Anfechtung notwendigen Voraussetzungen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte