OGH 3Ob78/02w

OGH3Ob78/02w27.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1. F***** GmbH, 2. Mag. Florian K*****, und 3. Nina W*****, alle *****, alle vertreten durch Dr. Georg Freimüller und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Dr. Jörg H*****, vertreten durch Mag. Huberta Gheneff-Fürst, Rechtsanwältin in Wien, wegen Erwirkung von Handlungen, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 8. Jänner 2002, GZ 1 R 351/01i-17, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 19. Oktober 2001, GZ 7 E 215/01y-6, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Urteil des Handelsgerichts Wien vom 31. Juli 2000 wurde der Verpflichtete dazu verhalten, eine bestimmte Behauptung zu unterlassen, diese Behauptung gegenüber den Sehern/Seherinnen der ORF-Sendung "ZiB 2" als unwahr zu widerrufen und diesen Widerruf in einer Ausgabe der Sendung "ZiB 2" in ORF 2 zu veröffentlichen. Das Oberlandesgericht Wien gab der dagegen erhobenen Berufung des nunmehr Verpflichteten nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 52.000 S, nicht aber 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Nach den Entscheidungsgründen folgte dabei das Berufungsgericht der von den klagenden (und nun betreibenden) Parteien vorgenommenen Bewertung, der auch der nunmehrige Verpflichtete nicht entgegengetreten sei. Den von ihm gestellten Antrag, den Unzulässigkeitsausspruch abzuändern, wies das Berufungsgericht ebenso wie die gleichzeitig erhobene Revision mit Beschluss vom 28. Juni 2001 zurück.

Das Erstgericht bewilligte den betreibenden Parteien zur Erwirkung ihres Anspruchs auf Widerruf und dessen Veröffentlichung die Exekution und trugen dem Verpflichteten auf, seine Behauptung gegenüber den Sehern/Seherinnen der ORF-Sendung "ZiB 2" binnen 14 Tagen als unwahr zu widerrufen, widrigens über ihn eine Geldstrafe von 100.000 S über Antrag der betreibenden Parteien verhängt werde, und ermächtigte die betreibenden Parteien zur Erwirkung der Veröffentlichung des Widerrufs, diesen in einer Ausgabe der genannten Sendung auf Kosten des Verpflichteten veröffentlichen zu lassen. Den Antrag, dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten der Durchführung der geschuldeten Handlung aufzuerlegen, stellte das Erstgericht den betreibenden Parteien zur Verbesserung zurück. Das Rekursgericht wies über Rekurs des Verpflichteten den gesamten Hauptantrag nach § 354 EO und den hilfsweise gestellten Exekutionsantrag nach § 353 EO ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands - abweichend vom Titelverfahren - insgesamt 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Die zweite Instanz qualifizierte die zu erzwingende Handlung als solche nach § 354 EO, die nicht ausschließlich vom Willen des Verpflichteten abhänge. Die betreibenden Parteien hätten weder behauptet noch bescheinigt, dass der ORF freiwillig bereit wäre, eine Widerrufserklärung laut Exekutionstitel in der Sendung "ZiB 2" zu senden.

Wie infolge der Form des Widerrufs und der nachträglichen Berichterstattung in der österreichischen Presse allgemein bekannt ist, und die betreibenden Parteien über Aufforderung des erkennenden Senats zugestanden haben, widerrief der Verpflichtete in der ORF-Sendung "ZiB 2" vom 10. April 2002 die ihm verbotene Behauptung. Die Entscheidung des Rekursgerichts bekämpfen die betreibenden Parteien mit außerordentlichem Revisionsrekurs, mit dem sie in erster Linie die Bewilligung der Exekution gemäß § 341 (gemeint: 354) EO, hilfsweise nach § 353 EO begehren.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist indes wegen Wegfalls der Beschwer nunmehr unzulässig.

Wie sich aus dem Exekutionstitel ergibt, war der Verpflichtete zu einer einmaligen Handlung verpflichtet. Dieser Verpflichtung ist er im Laufe des vorliegenden Verfahrens - allerdings zu einem Zeitpunkt, als die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung durch die Rekursentscheidung beseitigt war - zur Gänze nachgekommen. Damit wurde aber das anhängige Exekutionsverfahren beendet. Nach stRsp liegt Beendigung der Exekution vor, wenn der Betreibende durch den Exekutionsvollzug gänzlich befriedigt wurde (Rebernig in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 39 Rz 50; Jakusch in Angst, EO, § 39 Rz 2 je mN). Dagegen wurde ausgeführt, dass die "freiwillige" Zahlung des Verpflichteten außerhalb des Exekutionsverfahrens nicht zur Beendigung führe (SZ 53/112 = JBl 1981, 330). Diese müsste (allenfalls mit Klage nach § 35 EO) zur Einstellung der Exekution führen. Bei der hier vorliegenden Exekution zur Erwirkung von unvertretbaren Handlungen nach § 354 EO ist aber eine klare Trennung zwischen durch Vollzugsmaßnahmen bewirkter und freiwilliger Erfüllung nicht möglich. Nach § 354 Abs 1 EO wird ein Anspruch auf eine unvertretbare Handlung dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete auf Antrag vom Exekutionsgericht durch Geldstrafen oder durch Haft zur Vornahme der Handlung angehalten wird. Die Exekution beginnt nach Abs 2 leg cit mit Androhung einer Strafe. Es kann nicht gesagt werden, der Verpflichtete habe die ihm obliegende Handlung unter dem Druck des Exekutionsverfahrens und damit auch durch die Vollzugsmaßnahmen vorgenommen, erfolgte sie doch zu einem Zeitpunkt, als die zweite Instanz die Exekutionsbewilligung, wenngleich noch nicht rechtskräftig, aufgehoben hatte. Demnach ist aber im vorliegenden Fall von einer Beendigung der Exekution auszugehen. Dies führt aber nach der Rsp zum Wegfall der Beschwer und des Rechtsschutzinteresses an der Wiederherstellung der Exekutionsbewilligung des betreibenden Gläubigers (MietSlg 31.795, 34.827). Daran ist ungeachtet der Kritik von Jakusch (aaO § 65 Rz 14) festzuhalten, weil das Kosteninteresse nicht geeignet ist, eine Beschwer in der Hauptsache zu begründen. Die Kosten der Veröffentlichung des Widerrufs sind nicht vom Exekutionstitel erfasst.

Nicht anders wäre die Rechtslage, ginge man davon aus, dass die Exekution nicht beendet wäre. In diesem Fall läge der Einstellungsgrund des § 40 EO vor, desgleichen eine unbedenkliche Urkunde in Form der Erklärung der betreibenden Parteien gegenüber den Obersten Gerichtshof. Ist aber ein Einstellungsgrund aktenkundig, ist die Beschwer nicht mehr gegeben, selbst wenn die Exekution noch nicht eingestellt ist (3 Ob 234/00h; weitere Nachweise siehe Jakusch aaO § 65 Rz 14).

Wenn das ursprünglich noch gegebene Rechtsschutzinteresse nach dem Einlangen des Rechtsmittels wegfällt, ist das ursprünglich zulässige Rechtsmittel zurückzuweisen (3 Ob 234/00h). Gemäß § 78 EO iVm § 50 Abs 2 ZPO ist aber in einem derartigen Fall bei der Kostenentscheidung der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses nicht zu berücksichtigen. Die Ausführungen im außerordentlichen Rechtsmittel sind nicht geeignet, eine unrichtige Beurteilung der zweiten Instanz und damit die Berechtigung des Exekutionsantrages darzulegen. Zunächst kann kein Zweifel bestehen, dass die vom Verpflichteten nach dem Titel vorzunehmende Handlung (Widerruf einer bestimmten Äußerung) durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann, somit ein Fall des § 354 EO vorliegt. Demnach hält sich die Entscheidung der zweiten Instanz im Rahmen der stRsp, wonach eine Handlung, die, wie hier evidentermaßen, der Mitwirkung eines Dritten (des Fernsehunternehmens, in dessen Sendung der Widerruf erfolgen muss) bedarf, nach § 354 EO nicht vollstreckt werden kann, selbst wenn die Mitwirkung allenfalls im Prozessweg erzwungen werden könnte (Nachweise bei Klicka in Angst, EO, § 354 Rz 1, 2). Ein Kostenzuspruch an die betreibenden Parteien würde eine Änderung der Rsp voraussetzen (wie sie auch etwa von Klicka aaO Rz 3 und Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 354 Rz 17 vorgeschlagen wurde). Allerdings steht dem entgegen, dass bei Anwendung des § 50 ZPO die Prüfung des hypothetischen Rechtsmittelerfolges nicht streng zu erfolgen hat, vielmehr bei unverhältnismäßigem Verfahrensaufwand zur Klärung von Tatsachen über den Kostenersatz nach freier Überzeugung zu entscheiden ist, demnach auch eine Kostenteilung im Verhältnis der Erfolgschancen vorgenommen werden kann (Mayr in Rechberger2 § 50 ZPO Rz 2 unter Berufung auf Graff in ecolex 1991, 761). Die Chance der Änderung einer seit Jahrzehnten bestehenden Rsp ist aber doch als so gravierend einzuschätzen, dass ein Erastzanspruch der betreibenden Parteien hier jedenfalls bejaht werden könnte.

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