OGH 2Ob151/02y

OGH2Ob151/02y20.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Josef L*****, vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei A***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Kraft & Winternitz, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, wegen EUR 7.303,62 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 19. Februar 2002, GZ 1 R 477/01w-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 14. August 2001, GZ 13 C 1906/99-22, bestätigt wurde, sowie über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 29. April 2002, GZ 1 R 477/01w-31, womit über Antrag der klagenden Partei der Ausspruch im oben angeführten Berufungsurteil vom 19. Februar 2002, GZ 1 R 477/01w-28 über die Unzulässigkeit der Revision abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei und der Rekurs der beklagte Partei werden als unzulässig zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 499,39 (darin enthalten Umsatzsteuer von EUR 83,23, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei der Zurückweisung einer Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Der Kläger begehrt Schadenersatz von der beklagten Partei mit der Begründung, er habe sich nach Beratung durch die beklagte Partei an einer in der Folge insolvent gewordenen GmbH mit einer Einlage von S 100.000 beteiligt. Die beklagte Partei habe wesentliche und entscheidungsrelevante Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten verletzt. Die beklagte Partei bestritt die Verletzung einer Aufklärungspflicht. Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Sie vertraten die Ansicht, die beklagte Partei habe die ihr obliegenden Aufklärungspflichten erfüllt, das Berufungsgericht legte auch noch dar, auch aus § 7 KMG ergebe sich, dass eine Aufklärungspflicht des Beraters über anhängige Gerichtsverfahren des Emmitenten im konkreten Fall nicht bestanden habe, weil der Kläger nicht danach gefragt habe und weder vorgebracht worden sei, dass die Wichtigkeit von Gerichtsverfahren für den Anlageberater erkennbar gewesen sei, noch Umstände vorgebracht worden seien, wonach das Gerichtsverfahren einen erheblichen Einfluss auf die Finanzlage des Emmitenten gehabt habe. Die klagende Partei beantragte gemäß § 508 Abs 1 ZPO, den Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision dahingehend abzuändern, dass diese doch für zulässig erklärt werde; es führte mit demselben Schriftsatz die ordentliche Revision aus. Mit Beschluss vom 29. April 2002 änderte das Berufungsgericht seinen Ausspruch über die ordentliche Revision dahin ab, dass diese für zulässig erklärt wurde, der beklagten Partei wurde die Beantwortung der Revision freigestellt.

Dagegen erhob die klagende Partei Rekurs und erstattete Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der klagenden Partei ist unzulässig und deshalb zurückzuweisen. Beim nachträglichen Ausspruch eines Berufungsgerichtes über die Zulassung der ordentlichen Revision handelt es sich um einen Ausspruch im Sinne des § 500 Abs 2 Z 3 ZPO. Die Unrichtigkeit eines solchen Ausspruches kann nach § 500 Abs 4 zweiter Satz ZPO nur von der entscheidungsbeschwerten Partei in einem Antrag nach § 508 ZPO oder in einer außerordentlichen Revision nach § 505 Abs 4 ZPO bzw in der Beantwortung einer ordentlichen Revision geltend gemacht werden (EvBl 2001/210).

Das Berufungsgericht begründete die Zulässigkeit der ordentlichen Revision damit, dass der Kläger glaubhaft dargelegt habe, es seien vergleichbare stille Beteiligungen in großer Zahl begründet bzw vergleichbare Finanzanlagen getätigt worden; bei den Rechtsträgern, bei denen die Beteiligungen begründet worden seien, seien zahlreiche Gerichtsverfahren mit hohen Streitwerten anhängig bzw könnten anhängig sein. Es sei keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ersichtlich, ob und gegebenenfalls in welchen Fällen bzw unter welchen Umständen eine Aufklärungspflicht über anhängige Gerichtsverfahren bestehe, an denen der Emmitent beteiligt sei und zwar dann, wenn der Ratsuchende danach speziell nicht frage. Mit diesen Ausführungen wird aber eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht dargetan. Bei der Frage, ob und in welchem Umfang eine Aufklärungspflicht besteht, handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine solche des Einzelfalles (ecolex 1996, 740; ÖBA 2001, 723; 8 Ob 284/01z). Es hängt daher auch von den Umständen des Einzelfalles ab, ob eine Aufklärungspflicht über ein gegen den Emmitenten anhängiges Gerichtsverfahren besteht. Die Entscheidungen der Vorinstanzen halten sich im Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht, eine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende Verkennung der Rechtslage ist nicht gegeben.

Auch sonst werden in der Revision des Klägers keine erheblichen Rechtsfragen dargetan. Auch wenn § 7 KMG zum Zeitpunkte der hier relevanten Anlageberatung nicht in Kraft gewesen ist, ändert dies nichts an der Unzulässigkeit der Revision, weil das Berufungsgericht ohnehin keine Verletzung dieser Bestimmung angenommen hat. Das Rechtsmittel des Klägers war deshalb zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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