OGH 6Ob139/02p

OGH6Ob139/02p20.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anita P*****, vertreten durch Dr. Alfred Lind, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei S***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes Liebmann, Rechtsanwalt in Gleisdorf, wegen 109.009.25 EUR und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 4. April 2002, GZ 2 R 42/02t-48, womit das Zwischen- und Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 3. Jänner 2002, GZ 13 Cg 20/00z-41, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist es, wenn keine Komplikationen während der Operation auftreten (wovon hier auszugehen ist) möglich, so zu operieren, dass die Recurrensnerven nicht beeinträchtigt werden. Während der Operation bewegt sich der Chirurg operativ-technisch nicht im Bereich der freigelegten Recurrensnerven. Es ist dem Operateur auch möglich, die Hakensetzungen und Hakenhaltungen während der Operation zu korrigieren. Der Operateur merkt ein zu starkes, das Gewebe belastendes Ziehen etwa daran, dass das Gewebe stärker blutet als durchschnittlich und kann dann dem Assistenten, der die Haken hält, entsprechende Anweisungen geben. Bei einer mechanisch vorsichtigen Einwirkung kann keine Schädigung auftreten. Im vorliegenden Fall haben aber die gesetzten Haken längere Zeit hindurch mechanisch auf die freigelegten Recurrensnerven eingewirkt. In der Beurteilung der Vorinstanzen, dass wegen der zu massiven mechanischen (direkten oder indirekten) Einwirkung auf die Recurrensnerven ein Behandlungsfehler vorliegt, kann eine zu korrigierende Fehlbeurteilung dieses Einzelfalles nicht erblickt werden. Hat der den Schadenersatz begehrende Kläger das Vorliegen oder doch einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines ärztlichen Kunstfehlers bewiesen, liegt es am Krankenanstaltsträger als Vertragspartner des geschädigten Klägers, die Schuldlosigkeit des Operateurs und der behandelnden Ärzte zu beweisen (RIS-Justiz RS0026412). Diesen Beweis hat die Beklagte im vorliegenden Fall aber nicht erbracht, sodass die Vorinstanzen schon aus diesem Grund die Haftung der Beklagten für die bei der Klägerin eingetretenen gesundheitsschädigenden Folgen der Operation bejaht haben. Auf die Frage, ob die Beklagte auch wegen Verletzung der Aufklärungspflicht haftet und welche Partei die Beweislast dafür trifft, ob der Patient auch bei ausreichender Aufklärung die Zustimmung zur Operation erteilt hätte, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.

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