OGH 10ObS200/02p

OGH10ObS200/02p18.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Eveline Umgeher (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Alfred Klair (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Hans Martin R*****, vertreten durch Dr. Peter Pfarl, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Josefstädterstraße 80, 1081 Wien, vertreten durch Dr. Hans Houska,

Rechtsanwalt in Wien, wegen S 10.694 = EUR 777,16

(Revisionsstreitwert: EUR 438,87 = S 6.039 sA), über die Revision der

klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Februar 2002, GZ 7 Rs 291/01w-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. Juni 2001, GZ 22 Cgs 84/01k-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 1. 3. 2001 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten einer Vasektomie gemäß § 52 Z 2 iVm § 62 Abs 2 B-KUVG mit der Begründung ab, dass dies keine notwendige Krankenbehandlung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne sei. Mit der dagegen erhobenen Klage begehrt der Kläger - neben bereits rechtskräftig zurückgewiesenen Fahrtkosten - Kostenerstattung von S 6.039 = EUR 438,87 für die bei ihm durchgeführte Vasektomie. Bei einer Untersuchung habe sich herausgestellt, für den Tod eines noch im Geburtsjahr verstorbenen Sohnes des Klägers und seiner Gattin seien Disharmonien zwischen den genetischen Werten der Eltern verantwortlich. Nach diesem Befund betrage das Risiko, dass diese Disharmonien bei weiteren Kindern negativ in Erscheinung treten, ca 25 %, wobei in 75 % der Erkrankungsfälle ein schwerer Verlauf zu befürchten sei. Dass der regelwidrige Körperzustand sich durch das Zusammenspiel der Gene zweier Ehepartner ergebe, könne an der "Definition des Begriffs der Krankheit" nichts ändern. Man könne es sicher als regelwidrig bezeichnen, wenn eine 25 %ige Wahrscheinlichkeit bestehe, dass jemand mit seiner Ehepartnerin erbkranke Kinder zeugen werde. Der Umkehrschluss aus der Beurteilung, wonach medizinisch nicht indizierte Sterilisationen keinen Leistungsanspruch aus der sozialen Krankenversicherung begründeten, ergebe, dass bei der hier vorliegenden medizinisch indizierten Sterilisation ein Leistungsanspruch gegeben sei.

Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung und hielt an dem im Bescheid vertretenen Standpunkt fest.

Das Erstgericht wies das Kostenerstattungsbegehren ab und traf dazu - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - folgende Feststellungen:

Nachdem ein im Jahr 1974 geborenes Kind des Klägers im selben Jahr an einer nicht eindeutig geklärten Krankheit verstorben war und die Gattin des Klägers insgesamt vier Fehlgeburten erlitten hatte, unterzogen sich die Eltern einer genetischen Beratung. Dabei stellte sich heraus, dass für den Tod des Kindes Disharmonien zwischen den genetischen Werten der Eltern verantwortlich waren, wobei das Risiko, dass die Disharmonien bei weiteren Kindern negativ in Erscheinung treten, nach diesem Befund ca 25 % beträgt und dabei bei 75 % der Erkrankungsfälle ein schwerer Verlauf zu befürchten ist. Nachdem ein weiteres Kind des Klägers starb und zu befürchten war, dass das genetische Risiko mit zunehmenden Alter größer werde, entschloss sich der Kläger eine Vasektomie vornehmen zu lassen, weil bei der Zeugung eines Kindes womöglich nur entweder die Austragung eines erbkranken Kindes oder eine Abtreibung denkbar gewesen wären. Letztere Variante kam für den Kläger aus ethischen Gründen nicht in Frage. Die Entscheidung, die Vasektomie beim Kläger durchzuführen und nicht eine Sterilisation seiner Gattin, beruht auf der durch die Fehlgeburten und die Kindestode gegebenen bereits vorhandenen psychischen Belastung seiner Gattin.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass zwar auch die Sterilisation Krankenbehandlung sein könne, aber nur dann, wenn vorher ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand vorgelegen habe. Dies sei weder beim Kläger noch bei seiner Gattin der Fall. Das medizinische Problem, das in der Disharmonie zweier "regelrechter" Körperzustände liege, könne nicht nur durch Vasektomie, sondern auch durch normale Verhütung gelöst werden, die wesentlich günstiger sei und denselben Zweck erfülle. Die Vasektomie übersteige damit das Maß des Notwendigen erheblich und sei daher weder unentbehrlich noch unvermeidbar, weshalb kein Ersatzanspruch bestehe.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Weder beim Kläger noch bei seiner Frau liege ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand vor, der eine Krankenbehandlung durch Sterilisation des Klägers notwendig mache. Es werde auch nicht behauptet, dass der Kläger oder seine Frau, die [nach seinen eigenen Berufungsausführungen] schon vier Fehlgeburten und sechs Geburten hinter sich gebracht habe, durch eine weitere Empfängnis und Geburt an sich in ihrem geistigen oder körperlichen Gesundheitszustand gefährdet wären, sondern dass die Gefährdung im Risiko der Geburt eines kranken Kindes, das bei 25 % liege, bestehe. Auch wenn die Geburt eines kranken Kindes für die Eltern jedenfalls eine psychische Belastung darstelle, komme ein Ersatz der Kosten der Vasektomie des Klägers nicht in Frage. Es mangle nämlich am Erfordernis der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Krankheit bzw der Notwendigkeit einer späteren ärztlichen Behandlung beim Kläger. Die Vasektomie eines potentiellen Vaters als "Krankenbehandlung" seiner Ehefrau bzw zur Hintanhaltung der psychischen Belastung für sie durch die Geburt weiterer Kinder sei im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht vorgesehen.

Ob die Vasektomie das Maß des Notwendigen überschreite könne daher ebenso auf sich beruhen, wie die Frage, ob es Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sei, einem Versicherten mit genetischem Risiko mit seiner Frau erbkranke Kinder zu zeugen, durch Bezahlung einer Sterilisation ein ungestörtes Sexualleben ohne Verhütungsmittel oder Enthaltsamkeit in kritischen Zeiten (die freilich nicht lebenslang, sondern nur während der Empfängnisfähigkeit der Ehefrau erforderlich wäre) zu ermöglichen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Kostentragung einer Vasektomie bei der Gefahr der Geburt erbkranker Kinder nicht bestehe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Sie beantragt die Abänderung im klagsstattgebenden Sinne und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig aber nicht berechtigt.

Bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 1977 erklärte das Oberlandesgericht Wien als damals letzte Instanz in Leistungsstreitsachen, dass Sterilisation eine Krankenbehandlung sein könne. Es verlangte dazu jedoch das Vorliegen eines akuten regelwidrigen Zustandes; der bloße Wille der Verhütung einer Schwangerschaft reiche dazu noch nicht hin, möge die Frau auch bereits fünf Kinder geboren haben und nach einer Abtreibung unter starken Depressionen und hochgradiger Nervosität leiden, sodass ihr aus gesundheitlichen Gründen eine weitere Schwangerschaft nicht mehr zuzumuten sei. Es müsse geklärt werden, ob ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand vorliege, zu dessen Beseitigung oder Besserung die Sterilisation zumindest Erfolg versprechende Aussicht geboten hätte (SSV 17/140 zitiert in SSV-NF 10/45).

Diese Auffassung entsprach dem Standpunkt, dass die Fähigkeit einer Frau, ein Kind zur Welt zu bringen, niemals als ein regelwidriger Körperzustand angesehen werden könne, der einer Krankenbehandlung bedürfe. Bei der Sterilisation einer Frau handle es sich um die entgegengesetzte Maßnahme, das heißt es werde die Beseitigung der Empfängnis- und Gebärfähigkeit angestrebt. Es könne keinesfalls eine Aufgabe der Krankenversicherung sein, hiefür Kosten zu übernehmen, weil ja kein regelwidriger Körperzustand, also eine Krankheit in sozialversicherungsrechtlichem Sinne vorliege. Die Pillenunverträglichkeit könne nicht als medizinische Indikation für eine Sterilisation gewertet werden, da ja mit diesem medizinischen Eingriff nicht die Beseitigung eines Krankheitszustandes, sondern die Verhinderung einer künftigen Empfängnis angestrebt werde. Es sei allerdings denkbar, dass in manchen Fällen tatsächlich ein vorhandener krankhafter Zustand durch Sterilisation beseitigt oder gebessert werden könne: nur in einem solchen Ausnahmefall bestünde Anspruch auf eine Leistung aus der Krankenversicherung (SozSi 1980, 167 "Aus der Praxis" zitiert in SSV-NF 10/45).

Einer so engen Auslegung des Begriffes der Krankenbehandlung kann, wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner grundlegenden Entscheidung 10 ObS 269/88 = SSV-NF 2/115 = SZ 61/226 ausgesprochen hat, nicht gefolgt werden. Der Versicherungsfall der Krankheit gilt mit dem Beginn der Krankheit, das ist des regelwidrigen Körper- und Geisteszustandes, der die Krankenbehandlung notwendig macht, als eingetreten (§ 53 Abs 1 B-KUVG). Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Dienstfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wieder hergestellt, gefestigt oder gebessert werden (§ 62 Abs 2 B-KUVG).

Im damals entschiedenen Fall (10 ObS 269/88) lag bei der Frau ein regelwidriger Körperzustand vor, der im Fall einer neuerlichen Schwangerschaft eine Beckenvenenthrombose, in weiterer Folge eine Lungenembolie und eine Verschlechterung der Koxarthrose herbeiführen konnte. Es treffe zwar zu, dass der verfahrensgegenständliche Eingriff nicht unmittelbar eine Besserung des bestehenden Leidenszustandes zum Ziel habe, er bezwecke aber, die mit einer Schwangerschaft verbundene Verschlechterung zu verhindern und diene damit - wenn auch nicht durch unmittelbare Einwirkung auf den Leidenszustand - der Festigung der Gesundheit der Frau. Dass Maßnahmen zum Abbruch einer Schwangerschaft unter besonderen Voraussetzungen einen Leistungsanspruch im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung begründen, wenn sie nämlich im Einzelfall erforderlich seien, um von der betroffenen Frau die Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung des körperlichen oder geistigen Gesundheitszustandes abzuwenden, sei anerkannt. Bei Eintritt einer neuen Schwangerschaft wären diese Voraussetzungen bei der Klägerin gegeben. In einem solchen Fall mit der Leistungsgewährung zu warten, bis die Krankheit eingetreten sei, obwohl ein früherer ärztlicher Eingriff bessere und weniger aufwendigere Möglichkeiten zur Behandlung böte, wäre weder vom Standpunkt der Versichertengemeinschaft zu verantworten noch dem einzelnen Versicherten zuzumuten. Der Oberste Gerichtshof gelangte bereits damals zur Ansicht, dass eine Sterilisation dann von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sei, wenn sie im Einzelfall erforderlich sei, um die mit einer Schwangerschaft verbundene Gefahr eines schweren gesundheitlichen Nachteils von der Frau abzuwenden (RIS-Justiz RS0083780). Die Entscheidung 10 ObS 269/88 wurde in der Literatur positiv aufgenommen. M. Binder meinte dazu, der Oberste Gerichtshof interpretiere in überzeugender materieller Sicht das Tatbestandserfordernis der Behandlungsbedürftigkeit extensiv und knüpfe an die schon in der Lehre bisher vertretene Ansicht an, dass die ärztliche Behandlung bereits im Stadium der noch schlummernden krankhaften Anlage einsetzen könne. Der Oberste Gerichtshof erkenne somit den hohen Stellenwert der Prophylaxe der Krankenbehandlung ausdrücklich an. Man werde allerdings - um ein Ausufern zu vermeiden - postulieren müssen, dass eine große Wahrscheinlichkeit für die Leidensverwirklichung bestehe; nur dann lasse sich die Maßnahme zur Festigung der Gesundheit dem § 133 Abs 2 ASVG (Umfang der Krankenbehandlung) subsumieren (Binder, Aktuelle Fragen im Leistungsrecht der Krankenversicherung, ZAS 1990, 12 f; derselbe, Die Krankenversicherung und der OGH, in Tomandl [Herausgeber] Der OGH als Sozialversicherungshöchstgericht 10f). Mazal (Krankheitsbegriff und Risikobegrenzung, 88 ff) wies für den deutschen Rechtsbereich ähnliche Entscheidungen betreffend die Verschreibung von Antikonzeptiva nach und hielt sie gleichfalls für sachgerecht. Reif (Gesundheitsförderung aus der Sicht der sozialen Krankenversicherung in Österreich, SozSi 1992, 228 [230]) meinte zutreffend, es dürfe mit der Leistungsgewährung keinesfalls zugewartet werden, bis die Krankheit eingetreten sei, wenn ein früherer ärztlicher Eingriff, auch eine präventive Leistung, etwa eine bestimmte Impfung oder Sterilisation, die Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung des Gesundheitszustandes abwenden könne und somit der Festigung der Gesundheit diene. Der erkennende Senat hat daher auch in einer jüngeren Entscheidung, die eine Sterilisation der dortigen Klägerin betraf (10 ObS 51/96), ausgesprochen, dass er keine Veranlassung sehe, von der dargelegten Rechtsauffassung abzugehen (SSV-NF 10/45). Der Kläger macht nun geltend, es sei nirgends davon die Rede, dass ein die Krankenbehandlung erfordernder regelwidriger Körper- oder Geisteszustand nur in einer einzigen Person bestehen müsse, und dass es sich dabei nicht auch um eine Disharmonie in einer körperlichen Beziehung zu einer anderen Person handeln könne; gehe es doch vorliegend nicht um "irgendeinen beliebigen Geschlechtspartner", sondern um die Ehegattin des Klägers, der er nicht nur aus ethischen Rücksichten, sondern auch nach § 90 Abs 1 ABGB zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft, also auch zu sexueller Begegnung, verpflichtet sei. Der regelwidrige Körperzustand liege in der ständigen, durch ärztliches Attest begründeten Angst, erbkranke Kinder zu zeugen, die einen gewaltigen Störfaktor für die eheliche Harmonie bedeute und "das Wohlbefinden" des Klägers aber auch das seiner Gattin beeinträchtige. Die Überlegung, ob - isoliert betrachtet - beim Mann oder bei der Frau ein regelwidriger Körperzustand vorliege sei (angesichts der Verbindung in der ehelichen Gemeinschaft speziell im sexuellen Bereich) überflüssig, ja sogar "abwegig". Auch das Maß des Notwendigen werde nicht überschritten, weil die beim Kläger durchgeführte Vasektomie nicht mehr als rund EUR 440 gekostet habe. Da die Sterilisation seiner Frau wesentlich komplizierter und teurer wäre, handle es sich um eine Maßnahme, die sowohl im Interesse des Mannes als auch in jenem der Frau liege.

Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden. Eine Sterilisation könnte auch bei der Ehegattin des Klägers - wie bereits ausgeführt - nur dann von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein, wenn sie im Einzelfall erforderlich wäre, um die mit einer Schwangerschaft verbundene Gefahr eines schweren gesundheitlichen Nachteils von der Frau abzuwenden (RIS-Justiz RS0083780; SSV-NF 2/115; 10/45). Was hingegen ihre durch die Fehlgeburten und Kindestode bereits vorhandene psychische Belastung betrifft, entspricht es der Rechtsprechung des erkennenden Senates, dass die bloße Möglichkeit des Umschlagens einer psychischen Belastung in eine psychische Störung mit Krankheitswert, sohin die bloße Gefahr einer psychischen Erkrankung, keine Krankheit ist und daher den Versicherungsfall der Krankheit nicht herstellt (vgl SSV-NF 12/82 = SZ 71/104; RIS-Jusitz RS0110227).

Um so weniger kommt eine Leistungspflicht der beklagten Partei in Bezug auf die Sterilisation des Klägers in Betracht; fehlt es bei ihm doch - wie schon das Berufungsgericht aufzeigt - an dem nach den dargestellten Grundsätzen nötigen Tatbestandserfordernis der Behandlungsbedürftigkeit im Sinn einer (hohen) Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Krankheit und der Notwendigkeit einer späteren ärztlichen Behandlung.

Aber auch die vom Kläger geforderte Gesamtbetrachtung des Ehepaares haben die Vorinstanzen zu Recht abgelehnt, weil im Gesetz nichts Derartiges vorgesehen ist. Anderes könnte nur dann gelten, wenn die Leistungen der Krankenbehandlung - wie etwa in Deutschland bei der künstlichen Befruchtung - auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung der Schwangerschaft (§ 27a Abs 1 SGB V) umfassen (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung Band 1, Gesetzliche Krankenversicherung [117. Lfg. - März 2002], Kap. 2 - 89 f), wobei an die Unfruchtbarkeit des Ehepaares angeknüpft wird, und daher ein regelwidriger Körperzustand des versicherten Ehegatten gar nicht erforderlich ist. Nur dann könnten nämlich derartige Maßnahmen - wie das Bundessozialgericht in Deutschland bereits ausgesprochen hat - bei entsprechender Indikation beiden Ehegatten unabhängig davon zustehen, bei wem die Ursache der Kinderlosigkeit zu suchen ist (Brackmann aaO FN 197c = BSG vom 3. 4. 2001, B 1 KR 40/00R = SGb 2002, 233).

Solche Regelungen sind dem geltenden österreichischen Sozialversicherungsrecht jedoch - (auch) in der hier entscheidungswesentlichen Frage einer Sterilisation (vgl hingegen § 24b Abs 1 SGB V) - nicht zu entnehmen. Die Vorinstanzen haben das Kostenerstattungsbegehren des Klägers somit zu Recht abgewiesen, ohne näher darauf einzugehen, ob bzw unter welchen weiteren Voraussetzungen die Kosten einer Vasektomie überhaupt erstattungsfähig sind.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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