Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, dass es insgesamt wie folgt zu lauten hat:
"Der Anspruch des Klägers gegenüber der beklagten Partei auf Invaliditätspension besteht dem Grunde nach für den Zeitraum vom 1. 9. 1999 bis 31. 8. 2001 zu Recht. Die Leistung fällt nur an, wenn der Kläger seine Tätigkeit als Kunststoffarbeiter aufgibt. Der beklagten Partei wird aufgetragen, dem Kläger ab Aufgabe seiner Tätigkeit als Kunststoffarbeiter bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheids, längstens jedoch bis 31. 8. 2001, eine vorläufige Zahlung von 400 EUR monatlich jeweils am Monatsersten im Nachhinein zu erbringen."
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid der beklagten Partei vom 2. 11. 1999 wurde der Antrag des Klägers vom 6. 8. 1999 auf Zuerkennung einer Invaliditätspension abgelehnt.
Aufgrund der dagegen erhobenen Klage verpflichtete das Erstgericht die beklagte Partei, dem Kläger die Invaliditätspension für den Zeitraum 1. 9. 1999 bis 31. 8. 2001 in der gesetzlichen Höhe zu gewähren und sprach aus, dass die Pension erst nach Aufgabe der Tätigkeit, aufgrund welcher der Kläger als invalid gelte, anfalle. Dazu traf es - vom Berufungsgericht zusammengefasst - folgende Feststellungen:
Der Kläger sei infolge verschiedener Leidenszustände, deren Schwerpunkt im orthopädischen Bereich liege, seit zumindest 6. 8. 1999 nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Es sei jedoch zu erwarten, dass bei Besserung des Zustandsbildes - speziell von Seiten der Lendenwirbelsäule - eine Verbesserung des Leistungskalküls des Klägers dahingehend eintreten könne, dass dem Kläger zumindest halbtags leichte Arbeiten wieder möglich wären, wobei eine diesbezüglich neuerliche Beurteilung ab Februar 2001 sinnvoll erscheine.
Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz (16. 11. 2000) war der Kläger bei der Firma IMS-Kunststoff GmbH als Hilfsarbeiter mit der Zubereitung von Kunststoffmischungen und der Beschickung von Maschinen mit diesen [Kunststoffmischungen] beschäftigt, wobei die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses auf ein besonderes Entgegenkommen des Dienstgebers zurückzuführen ist. Den Ausspruch, wonach die Pension erst nach Aufgabe der Tätigkeit, aufgrund welcher der Kläger als invalid gelte, anfalle, begründete das Erstgericht mit dem Hinweis auf die Bestimmung des § 86 Abs 3 Z 2 ASVG, wonach für den Fall einer Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit zusätzlich die Aufgabe der Tätigkeit, aufgrund welcher der Versicherte als invalid gelte, erforderlich sei. Es werde daher dem Kläger obliegen, die von ihm zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung ausgeübte Tätigkeit aufzugeben, damit ein Anfall der Invaliditätspension im Sinne der genannten Gesetzesstelle eintreten könne. Mit dem angefochtenen Urteil bestätigte das Berufungsgericht diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass es feststellte, der Anspruch des Klägers gegenüber der beklagten Partei auf Invaliditätspension in der gesetzlichen Höhe bestehe für den Zeitraum vom 1. 9. 1999 bis 31. 8. 2001 zu Recht, und aussprach, dass die Leistungen aus diesen Pensionsansprüchen erst nach Aufgabe des Arbeitsverhältnisses des Klägers bei der Firma "IMS-Kunststoff GmbH" anfielen. Unstrittig sei, dass der Kläger im Stichtagszeitpunkt iSd § 255 Abs 3 ASVG invalide gewesen sei und die allgemeinen, in § 254 Abs 1 ASVG normierten Voraussetzungen für den Anspruch einer Invaliditätspension erfüllt habe. Damit sei der befristete Pensionsanspruch mit 1. 9. 1999 als dem maßgeblichen Stichtag gemäß § 85 ASVG entstanden. § 86 Abs 3 Z 2 dritter Satz sehe jedoch für den Fall einer Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit zusätzlich die Aufgabe der Tätigkeit, aufgrund welcher der (die) Versicherte als invalid (berufsunfähig, dienstunfähig) gelte, vor, es sei denn, der (die) Versicherte beziehe ein Pflegegeld ab Stufe 3 nach § 4 BPGG oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze. Diese besondere Anfallsvoraussetzung beziehe sich nicht nur auf den im Falle des Berufsschutzes zuletzt und überwiegend ausgeübten Beruf, sondern auch auf die in den Invaliditätsfällen nach § 255 Abs 3 ASVG zuletzt ausgeübte Tätigkeit; gelte doch der keinen Berufsschutz genießende Versicherte (auch) aufgrund dieser zuletzt von ihm ausgeübten Tätigkeit, auf die er - wie auf sämtliche am allgemeinen Arbeitsmarkt noch bewertete Tätigkeiten - nicht mehr verwiesen werden könne, als invalide. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten durch diese nach Art 34 Z 52 des StrukturanpassungsG 1996 eingeführte Bestimmung Missbräuche vermieden werden und es sollte verhindert werden, dass neben dem Bezug einer Pension die bisherige Tätigkeit weiterhin ausgeübt werde, wobei erwartet worden sei, dass durch den Wegfall der Möglichkeit des gleichzeitigen Bezuges von Erwerbseinkommen und Pension bei rund einem Drittel der Pensionsneuzugänge im Durchschnitt 3 bis 4 Pensionsauszahlungen, die bisher rückwirkend neben dem Erwerbseinkommen gewährt worden seien, wegfallen. Der Auffassung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger in seinem (keine Rechtsverordnung darstellenden und daher für die Gerichte nicht verbindlichen) Rundschreiben Nr 4/1996 vom 4. 11. 1996, wonach die genannte besondere Anfallsvoraussetzung nur im Falle von Invalidität nach § 255 Abs 1 und 2 ASVG, somit im Falle des Vorliegens eines Berufsschutzes zum Tragen komme, könne sich das Berufungsgericht nicht anschließen. Der Anfall der dem Grunde nach befristet zustehenden Invaliditätspension sei daher zu Recht von der "Aufgabe der Tätigkeit, aufgrund welcher der Kläger als invalid gelte", das sei die von ihm zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit, abhängig gemacht worden. Im Rahmen einer Maßgabebestätigung sei der Urteilstenor jedoch dahin zu verdeutlichen, dass anstelle der auf eine unbedingte Leistungsverpflichtung deutenden und daher insoweit missverständlichen Verpflichtung der beklagten Partei zur Gewährung einer befristeten Invaliditätspension der Ausspruch trete, dass der Anspruch des Klägers auf Invaliditätspension in der gesetzlichen Höhe für den Zeitraum vom 1. 9. 1999 bis 31. 8. 2001 zu Recht bestehe und dass die zur Auslösung des Anfalls der Leistungen aufzugebende Tätigkeit durch Bezeichnung der Arbeitgeberin, mit der der Kläger im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung noch ein Arbeitsverhältnis unterhalten habe, ergänzt werde.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass der Satz, "die Leistungen aus diesen Pensionsansprüchen fallen aber erst nach Aufgabe des Arbeitsverhältnisses des Klägers bei der Firma IMS Kunststoff GmbH an", ersatzlos aus dem Urteilsspruch ausgeschieden werde. Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Revisionswerber meint, dem Wortlaut des § 86 Abs 3 Z 2 dritter Satz und der Systematik des Gesetzes (arg: Versicherungsfall geminderte Arbeitsfähigkeit, nicht "absolute" Arbeitsunfähigkeit - Aufgabe der Tätigkeit, aufgrund welcher der Versicherte als invalid gilt) sei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber auf die in den Fällen des § 255 Abs 1 ASVG typische Voraussetzung der Aufgabe einer mit Berufsschutz stehenden langjährigen Tätigkeit in ein und demselben Beruf abstelle. In den Fällen des § 255 Abs 3 ASVG könnte die Berufsunfähigkeit aber durchaus auf einen zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruches gar nicht mehr ausgeübten Beruf zurückzuführen sein. Es sei daher nur in dem Fall einer "geminderten" [Arbeitsfähigkeit], nicht aber in den Fällen einer "völligen" bzw "absoluten" Arbeitsunfähigkeit (iSd § 255 Abs 3 ASVG) die Aufgabe jener Tätigkeit nötig, aufgrund der der Versicherte als invalid gelte. Nur ein qualifiziert ausgebildeter Dienstnehmer mit Berufsschutz könne nämlich aufgrund dieses Berufes invalid werden, obwohl die Verweisbarkeit auf diverse Hilfsarbeiten gegeben sei. Der "als invalid geltende" Versicherte müsse daher das Beschäftigungsverhältnis auflösen, könnte aber unter Umständen noch andere Berufe ausüben. Der Invalide nach § 255 Abs 2 (gemeint: Abs 3) ASVG sei hingegen absolut arbeitsunfähig und müsse sein Beschäftigungsverhältnis nicht aufgeben. Das diesen Standpunkt vertretende Rundschreiben Nr 4/1996 des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger zum StrukturanpassungsG 1996 und zum SRÄG 1996 (53. Novelle zum ASVG) stelle - wenn auch für die Gerichte unverbindlich - doch jedenfalls eine Richtlinie für die nach rechtsstaatlichen Prinzipien notwendige einheitliche Auslegung und Handhabung der Bestimmung des § 86 Abs 3 Z 2 dritter Satz ASVG in strittigen Fällen dar. Der Argumentation, wonach durch die Bestimmung des § 86 Abs 3 Z 2 Satz 3 ASVG nach dem Willen des Gesetzgebers Missbräuche vermieden und verhindert werden sollte, dass die bisherige Tätigkeit neben dem Bezug einer Pension weiter ausgeübt werde, sei zu erwidern, dass selbst nach Ansicht des BMAGS auch in Fällen der Invalidität nach § 255 Abs 1 ASVG andere Tätigkeiten im gleichen Betrieb (Änderungskündigung) keinen Ausschließungsgrund darstellten und ausgeübt werden dürften; auch eine Karenzierung sei dabei möglich.
Dazu ist vorerst die Entstehungsgeschichte des § 86 Abs 3 Z 2 ASVG, der den Titel "Anfall der Leistungen" trägt, festzuhalten:
Nach § 254 Abs 1 ASVG idF SRÄG 1991 BGBl 1991/157 hatte der Versicherte bei Invalidität Anspruch auf Invaliditätspension, wenn die Wartezeit erfüllt war (§ 236) und er am Stichtag (§ 223 Abs 2) weder in der Pensionsversicherung nach dem ASVG noch in der nach dem GSVG oder BSVG pflichtversichert war, noch Anspruch auf einen der im § 23 Abs 2 des Bezügegesetzes bezeichneten Bezüge hatte. Nach den Gesetzesmaterialien (AB 85 BlgNR 18. GP 3) sollte diese Neuregelung im Zusammenhang mit dem Entfall der Ruhensbestimmungen verhindern, dass unter anderem bei Invalidität neben dem vollen Entgelt aus derselben Erwerbstätigkeit, für die der Versicherte invalid erklärt wurde, eine Pension bezogen wird. War diese Anspruchsvoraussetzung des Fehlens einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nicht erfüllt, war bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz ein Anspruch auf die begehrte Leistung weder entstanden (§§ 85 und 254 Abs 1 ASVG) noch angefallen (§ 86 Abs 3 Z 2 ASVG) und es war deshalb das Leistungsbegehren abzuweisen (vgl SSV-NF 7/9 ua). Durch diese durch das SRÄG 1991 als weitere Anspruchsvoraussetzung der Invaliditätspension eingeführte Notwendigkeit der Aufgabe der versicherungspflichtigen Beschäftigung musste der Versicherte, der diese Leistung anstrebte, das versicherungspflichtige Dienstverhältnis vor dem Stichtag lösen. Die damals ebenfalls neu in das Gesetz aufgenommene Bestimmung des § 255a ASVG schuf daher die Möglichkeit, vor Auflösung des Dienstverhältnisses die besondere Anspruchsvoraussetzung der Invalidität abschließend zu klären (SSV-NF 7/14 ua). Nach dieser Norm war der Versicherte, insoweit in einem Verfahren auf Zuerkennung einer Invaliditätspension nicht entschieden worden war, weil er am Stichtag nach einem der genannten Sozialversicherungsgesetze pflichtversichert war oder Anspruch auf einen der im § 23 Abs 2 Bezügegesetz bezeichneten Bezüge hatte, berechtigt, einen Antrag auf Feststellung der Invalidität zu stellen, über den der Versicherungsträger in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden hatte.
Seit dem in Kraft treten der 51. ASVG-Novelle, BGBl 1993/335, mit 1. 7. 1993 ist der Nichtbestand einer Pflichtversicherung am Stichtag keine Anspruchsvoraussetzung für die Invaliditätspension mehr. Es bestand daher auch für die bescheidmäßige Feststellung der Invalidität keine Notwendigkeit mehr, weshalb die Bestimmung des § 255a ASVG ebenfalls durch die 51. ASVG-Nov aufgehoben wurde. Durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 1996/201, wurde der Anfall der Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit) neu geregelt. So wurden dem § 86 Abs 3 Z 2 ASVG folgende Sätze angefügt:
"Für den Anfall einer Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit ist zusätzlich die Aufgabe der Tätigkeit, aufgrund welcher der (die) Versicherte als invalid (berufsunfähig, dienstunfähig) gilt, erforderlich, es sei denn, der (die) Versicherte bezieht ein Pflegegeld ab Stufe 3 nach § 4 des BPGG, BGBl Nr110/1993. Werden dem (der) Versicherten Maßnahmen der Rehabilitation gewährt und sind ihm (ihr) diese Maßnahmen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges seiner (ihrer) Ausbildung sowie der von ihm (ihr) bisher ausgeübten Tätigkeit zumutbar, so fällt die Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit erst dann an, wenn durch die Rehabilitationsmaßnahmen die Wiedereingliederung des (der) Versicherten in das Berufsleben nicht bewirkt werden kann."
Nach den Erläuternden Bemerkungen zur RV 72 Blg NR 20. GP 247 dient die vorgeschlagene Regelung der Vermeidung von Missbräuchen. Es soll
- wie der erkennende Senat bereits festgehalten hat (10 ObS 129/99i =
ARD 5186/31/2001 = infas 2000, S 18) - verhindert werden, dass neben
dem Bezug einer Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit die bisherige Tätigkeit weiterhin ausgeübt wird (Teschner/Widlar MGA ASVG 68. ErgLfg Anm 5b zu § 86). Diese Neuregelung verfolgt somit offenbar den Zweck, Versicherte vom Leistungsbezug auszuschließen, die zwar objektiv nicht mehr in der Lage sind, ihrer versicherten Tätigkeit nachzugehen, aber auf Kosten ihrer Gesundheit oder aus Entgegenkommen ihres Arbeitgebers ihre bisherige Berufstätigkeit fortsetzen. Die Aufgabe der Berufstätigkeit ist vom Gesetzgeber allerdings nicht als besondere Leistungsvoraussetzung (wie etwa bei der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer nach § 253b Abs 1 Z 4 ASVG oder auch nach der bereits erwähnten früheren Regelung des § 254 Abs 1 ASVG idF SRÄG 1991) konzipiert. Die Fortsetzung der bisherigen Berufstätigkeit bewirkt vielmehr eine Hemmung des Leistungsanfalles. Wird diese Erwerbstätigkeit aufgegeben, fällt die Leistung an (Schrammel in Tomandl, System des österreichischen Sozialvericherungsrechts 2.1.2.4.C [8. ErgLfg] 149; Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts5 Rz 271). Wird sie hingegen nicht aufgegeben, ist bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen ein Zuerkennungsbescheid zu erlassen mit der Feststellung, dass die Pension nicht anfällt (vgl Radner ua, BSVG3 Anm 7 zur vergleichbaren Bestimmung des § 51 Abs 2 Z 2 BSVG und Anm 1 zu § 124a BSVG).
Der Zweck des Ausschlusses des Versicherten vom Leistungsbezug im Sinn der dargestellten Grundsätze ist hier erfüllt; steht doch fest, dass die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses zum - arbeitsunfähigen - Kläger auf ein besonderes Entgegenkommen seines Dienstgebers zurückzuführen ist, wobei der Kläger insoweit selbst vorbringt, dass er die Arbeit "zu Lasten seiner Gesundheit" weiter verrichte (AS 103). In diesem Zusammenhang haben die Vorinstanzen daher zu Recht geprüft, ob der Kläger im maßgebenden Zeitraum bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz seine Tätigkeit bei der "I***** GmbH", aufgrund welcher er als invalid gilt, im Sinn des § 86 Abs 2 Z 2 ASVG aufgegeben hat:
Nach den bereits erwähnten Motiven des Gesetzgebers soll durch die zitierte Bestimmung zwecks Vermeidung von Missbräuchen nämlich verhindert werden, dass neben dem Bezug einer Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit) die bisherige Tätigkeit weiterhin ausgeübt wird. Dies bedeutet nach einem in der Lehre vertretenen Standpunkt (Choholka ua, Strukturanpassungsgesetz 1996 Änderungen im Sozialversicherungsrecht, SozSi 1996, 471 ff [478]), dass zB bei einem Angestellten, der als Computertechniker berufsunfähig sei, die Berufsunfähigkeitspension erst ab dem Zeitpunkt anfalle, ab dem er seine Arbeitstätigkeit als Computertechniker vollständig aufgegeben habe; die Ausübung einer anderen Erwerbstätigkeit (zB als Buchhalter) hindere nicht den Anfall der Berufsunfähigkeitspension. Die für den Anfall der Pension erforderliche vollständige Aufgabe der bisherigen Tätigkeit setzt aber (auch nach der in der Revision zitierten Ansicht des BMAGS) eine formale Lösung des Arbeitsverhältnisses (also eine Beendigung des Dienstverhältnisses, der eine bloß faktische Nichtausübung der Tätigkeit zB aufgrund eines längeren, ununterbrochenen Krankenstandes oder Urlaubes nicht gleichzusetzen ist) oder die Ausübung einer anderen Erwerbstätigkeit - wenn auch im gleichen Betrieb (Änderungskündigung) - voraus (vgl Teschner/Widlar, MGA, ASVG 68. ErgLfg Anm 5a zu § 86 ASVG). Das bisherige Beschäftigungsverhältnis darf daher jedenfalls soweit nicht weiterbestehen, als es eine idente Tätigkeit zum Gegenstand hat. Da diese Voraussetzung beim Kläger im maßgebenden Zeitpunkt bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz nicht vorlag, fällt die Invaliditätspension vorerst nicht an.
Dass im Rundschreiben des Hauptverbandes der Sozialversicherungen eine andere Meinung vertreten wird, kann daran nichts ändern; würde es doch einen Wertungswiderspruch darstellen, nur von Arbeitnehmern, denen Berufsschutz zukommt, für den Anfall einer Invaliditätspension zusätzlich die Aufgabe der Tätigkeit, aufgrund welcher sie als invalid gelten" zu verlangen, und sie dadurch schlechter zu behandeln, als ungelernte Arbeiter, deren Invaliditätspension anfiele, ohne dass sie ihre bisher ausgeübte Tätigkeit aufgeben müssten. Da die Bestimmungen zur Differenzierung zwischen gelernten (angelernten) Arbeitern und Hilfsarbeitern offenbar das Ziel verfolgen, einen höheren Ausbildungsstand entsprechend zu berücksichtigen und qualifizierten Arbeitern den Zugang zur Invaliditätspension zu erleichtern, kann nämlich nicht unterstellt werden, dass der Gesetzgeber im Bereich des Anfalls dieser Leistungen die ungelernten Arbeiter gegenüber den qualifizierten Arbeitern privilegieren wollte.
Dies würde im Übrigen auch dem Grundgedanken der Judikatur zur Invaliditätspension widersprechen, wonach bei der Invalidität - in allen Fällen des § 255 ASVG - zunächst zu prüfen ist, ob die bisherige Tätigkeit weiter verrichtet werden kann. Erst wenn der Versicherte seinen bisherigen Beruf nicht mehr weiter ausüben kann, stellt sich nämlich die Frage nach möglichen Verweisungsberufen sowie nach der Zahl der Arbeitsplätze in diesen, der Lohnhälfte etc (RIS-Justiz RS0110071; RS0084408 [T3]). Der bisherigen Tätigkeit kommt daher, auch wenn sie nicht im Rahmen eines Berufsschutzes ausgeübt wird, eine entscheidende Bedeutung zu. Sie ist jedenfalls dann aufzugeben, wenn sie - wie hier - nur auf Kosten der Gesundheit des Klägers und aus Entgegenkommen seines Arbeitgebers fortgesetzt werden kann.
Die Vorinstanzen haben daher zu Recht ausgesprochen, dass der Anspruch des Klägers auf Invaliditätspension für den Zeitraum vom 1. 9. 1999 bis 31. 8. 2001 zu Recht besteht, die Pension aber erst dann anfällt, wenn der Kläger die Tätigkeit, aufgrund welcher er als invalid gilt, aufgibt.
Da das Beschäftigungsverhältnis aber nur insoweit nicht weiterbestehen darf, als es eine idente Tätigkeit zum Gegenstand hat, ist auch im Spruch der Entscheidung nicht auf das "Arbeitsverhältnis", sondern auf die ausgeübte Tätigkeit abzustellen, weshalb die Berufungsentscheidung nur mit der entsprechenden Maßgabe bestätigt werden konnte. Gemäß § 89 Abs 2 ASGG war dem beklagten Versicherungsträger eine ab dem Anfall der Leistung (Aufgabe der Tätigkeit im Sinn des § 86 Abs 3 Z 2 dritter Satz ASVG) bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheids zu erbringende vorläufige, unter sinngemäßer Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO auszumessende Zahlung aufzutragen (10 ObS 30/02p); hier jedoch nur bis 31. 8. 2001, weil der Pensionsanspruch zwar dem Grunde nach zuerkannt wurde aber nur befristet bis zu diesem Zeitpunkt. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.
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