OGH 8ObA79/02d

OGH8ObA79/02d13.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Krüger und Manfred Gürtler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Nadezda O*****, Verkäuferin, *****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Z***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Lansky & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 56.768,30 sA (Rekursinteresse EUR 22.551,67), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. November 2001, GZ 8 Ra 354/01i-104, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 14. Mai 2001, GZ 32 Cga 59/98z-99, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben und der angefochtene Beschluss mit der Maßgabe bestätigt, dass er zu lauten hat:

"Das angefochtene Urteil, das in der Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von EUR 34.216,63 brutto sA als unangefochten von dieser Entscheidung unberührt bleibt, wird im Übrigen - nämlich hinsichtlich des verbleibenden Klagebegehrens auf Zuspruch von EUR 22.551,67 brutto sA - aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird im Umfang der Aufhebung zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten."

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin war seit 1974 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten als Verkäuferin angestellt. Sie war in einer Filiale in 1060 Wien eingesetzt, in der sie alle vorkommenden Tätigkeiten (Kassieren, Warenübernahme, Nachschlichten von Regalen) zu verrichten hatte. Wegen eines Herzleidens - 1992 wurde ihr erstmals ein Herzschrittmacher eingesetzt - befand sie sich von 13. 3. bis 23. 3. 1991, von 6. 4. bis 8. 4. 1992, von 9. 4. bis 27. 6. 1992, von 19. 3. bis 28. 3. 1993, von 7. 9. bis 5. 10. 1993, von 18. 10. 1993 bis 8. 2. 1994 und seit 18. 3. 1995 durchgehend im Krankenstand. Seit 4. 2. 1997 kommt ihr die Stellung einer begünstigten Behinderten iS des BEinstG zu.

Am 21. 4. 1997 wurde die Klägerin wegen dauernder Dienstunfähigkeit entlassen.

Der Behindertenausschuss hat der am 21. 4. 1997 ausgesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses mit Bescheid vom 16. 4. 1998 die nachträgliche Zustimmung versagt. Einer künftig auszusprechenden Kündigung wurde hingegen zugestimmt. Daraufhin sprach die Beklagte eine Eventualkündigung zum 31. 12. 1999 aus.

Die Klägerin hatte ursprünglich die Feststellung des aufrechten Bestandes ihres Arbeitsverhältnisses sowie die Zahlung restlichen Entgelts von S 58.666,70 brutto sA begehrt. Sie sei nicht dienstunfähig. Die Entlassung sei die Reaktion auf ihre Mitteilung gewesen, wieder arbeitsbereit zu sein.

Im Hinblick auf die während des Verfahrens von der Beklagten mit Zustimmung des Behindertenausschusses ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. 12. 1999 ließ die Klägerin ihr Feststellungsbegehren fallen. Hingegen dehnte sie das Zahlungsbegehren auf S 785.148,84 brutto sA aus.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. So weit im Rekursverfahren von Interesse, brachte sie vor, dass die Klägerin bereits seit 1992 für Arbeiten im Rahmen ihrer Vertragspflicht (Regalbetreuung und Kassiertätigkeit) nicht mehr geeignet gewesen sei und sich erst nach Zugang der Entlassung arbeitsbereit gemeldet habe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Seine Feststellungen zum Gesundheitszustand der Klägerin lassen sich dahin zusammenfassen, dass die Klägerin bereits seit 1991 und auch im Entlassungszeitpunkt wegen ihres Herzleidens, aber auch wegen Spondylose der Lendenwirbelsäule mit eingeschränkter Beugefähigkeit sowie wegen eines 1991 stattgefundenen Bandscheibenvorfalls nur leichte und halbzeitig mittelschwere Arbeiten unter "durchschnittlichem bis max. 50 % besonderem Zeitdruck", überwiegend im Sitzen, teilweise auch im Stehen oder Gehen verrichten konnte. Heben und Tragen war auf 5 kg und fallweise 10 kg beschränkt, Bücken unter Tischhöhe war absolut undurchführbar.

Ferner traf das Erstgericht umfangreiche Feststellungen über Art und Inhalt der von der Klägerin zu erbringenden Tätigkeit. Aus diesen Feststellungen (siehe im Detail S 6 ff des Ersturteils) ergibt sich zusammenfassend, dass die Klägerin etwa in der Hälfte ihrer Arbeitszeit Kassiertätigkeiten durchzuführen hatte, bei denen im Allgemeinen keine Arbeiten zu erledigen sind, die der Klägerin nicht mehr möglich gewesen wären. Ob die Arbeitsfähigkeit der Klägerin im Entlassungszeitpunkt ausreichte, um dem tageweise (abhängig von der Kundenfrequenz) mit dem Kassieren verbundenen besonderen Zeitdruck standzuhalten, erachtete das Erstgericht als nicht feststellbar. Die Tätigkeit des Regalbetreuens ist als leicht bis mittelschwer einzustufen; besonders bei der Warenübernahme muss mit Gewichten bis zu 20 kg (vereinzelt 25 kg) hantiert werden. Ferner ist häufiges Bücken und Gehen sowie gelegentlich Hocken, Knien oder die Einnahme von Überkopfpositionen erforderlich. Die beim Einschlichten von Waren nicht auszuschließende Arbeit im Bücken kann durch eine hockende und knieende Arbeitshaltung nicht vollständig ersetzt werden. Auch bei der Warenübernahme komme es zu Überschreitungen der körperlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin.

Auf dieser Grundlage vertrat das Erstgericht die Rechtsauffassung, dass der Entlassungsgrund des § 27 Z 2 AngG (Dienstunfähigkeit) verwirklicht sei. Die Klägerin habe zwar möglicherweise die Kassiertätigkeit noch verrichten können, nicht aber die Tätigkeit als Regalbetreuerin. Auch die Tätigkeit bei der Warenübernahme sei kalkülsüberschreitend. Die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin sei dauerhaft und derart gravierend, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung der Klägerin unzumutbar sei. Andernfalls käme es zur dauerhaften Überwälzung nicht unerheblicher Tätigkeiten auf die Arbeitskollegen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht das von der Klägerin nur im Umfang der Abweisung von S 310.317,70 brutto angefochtene Ersturteil aufgehoben und die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Aus dem Zusammenhang ist erkennbar, dass sich die Aufhebung nur auf den angefochtenen Teil des Urteils bezieht. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist.

Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und vertrat folgende Rechtsauffassung:

Gemäß § 27 Z 2 AngG bzw § 82 lit b GewO 1859 sei der Arbeitgeber zur Entlassung berechtigt, wenn der Arbeitnehmer nicht bloß vorübergehend dienstunfähig sei. Voraussetzung dafür sei, dass dem Arbeitgeber nach den Umständen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden könne. Auf die Ursache der Dienstunfähigkeit komme es nicht an. Kuderna (Entlassungsrecht² 93) vertrete überdies die Auffassung, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht überdies zu prüfen habe, ob er dem in Ansehung bestimmter Tätigkeiten dienstunfähigen Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit zuweisen könne, zu der der Arbeitnehmer - allenfalls nach einer Einschulung von zumutbarer Dauer - fähig sei.

Da die Klägerin begünstigte Behinderte sei, sei zu beachten, dass seit der Novellierung des BEinstG BGBl Nr 17/1999 angezweifelt werde, ob der Entlassungsgrund der Dienstunfähigkeit für einen begünstigten Behinderten überhaupt noch anwendbar sei. § 8 Abs 4 BEinstG idF der zitierten Novelle normiere insofern nämlich einen Kündigungsgrund, der überdies nur dann zum Tragen komme, wenn der Dienstgeber nachweist, dass der begünstigte Behinderte trotz seiner Zustimmung an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz ohne erheblichen Schaden nicht weiter beschäftigt werden kann. Das Berufungsgericht folge jedoch jener Lehrmeinung, nach der durch die Änderung des § 8 Abs 4 BEinstG kein Entlassungsschutz normiert worden sei, sondern der Arbeitgeber die Wahl habe, den dienstunfähigen Arbeitnehmer zu entlassen - insofern müsse er nachweisen, dass ihm die Weiterbeschäftigung nicht einmal bis zum Ende der Kündigungsfrist zumutbar sei - oder die Zustimmung des Behindertenausschusses zu einer Kündigung einzuholen. Allerdings sei der Entlassungsgrund der Dienstunfähigkeit nur dann verwirklicht, wenn sämtliche für das Vorliegen des Kündigungsgrundes normierten Voraussetzungen gegeben seien, weil sonst die Entlassung leichter möglich wäre, als die Kündigung. Dies bedeute, dass die Entlassung nur dann berechtigt wäre, wenn dem Dienstgeber der Nachweis gelänge, dass der begünstigte Behinderte trotz seiner Zustimmung an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz ohne erheblichen Schaden nicht weiterbeschäftigt werden könne. Bei dieser Beurteilung sei nicht nur auf die Beschäftigungsmöglichkeiten in der Stammfiliale der Klägerin sondern auch auf die Möglichkeiten in anderen Filialen der Beklagten abzustellen.

Damit fehle es aber an den zu einer abschließenden Entscheidung erforderlichen Feststellungen. Nach dem bisher festgestellten Sachverhalt könne die Klägerin die Kassatätigkeit ohne wesentliche Überschreitung ihres Leistungskalküls ausüben. Selten vorkommende Manipulationen von Gewichten über 10 kg wären unschwer mit Hilfe von Kunden und/oder Kollegen bewältigbar. Es fehle aber an Feststellungen darüber, ob die Klägerin - etwa durch überwiegende Kassiertätigkeit - ohne erheblichen Schaden für die Beklagte bis zu ihrer mittlerweile ausgesprochenen Kündigung hätte weiterbeschäftigt werden können. Verfahren und Feststellungen seien daher ergänzungsbedürftig. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob durch die Novellierung des § 8 Abs 4 BEinstG die Möglichkeit, Behinderte wegen dauernder Dienstunfähigkeit zu entlassen, beseitigt wurde.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Klagebegehren abzuweisen. Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig.

Die von der zweiten Instanz zur Begründung des Zulassungsausspruchs aufgeworfene Rechtsfrage stellt sich allerdings nicht, weil die den Überlegungen des Berufungsgerichtes zugrunde liegende, mit der Novelle BGBl I Nr. 17/1999 geschaffene Regelung des § 8 Abs 4 BEinstG auf die lange vor ihrem Inkrafttreten, nämlich bereits am 21. 4. 1997 (!), ausgesprochene Entlassung noch nicht anzuwenden ist und daher Überlegungen, welche Auswirkungen diese Novellierung auf die Möglichkeit des Arbeitgebers hat, begünstigte Behinderte wegen dauernder Dienstunfähigkeit zu entlassen, für den hier zu beurteilenden Fall ohne Relevanz sind.

Dies ändert aber nichts an der Zulässigkeit des Rekurses, weil es sich beim vorliegenden Verfahren um ein Verfahren nach § 46 Abs 3 ASGG handelt, sodass gemäß § 45 Abs 3 ASGG der Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO auch bei Fehlen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 zulässig ist.

Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Die Berechtigung der Entlassung eines begünstigten Behinderten ist nach den allgemeinen Bestimmungen des Entlassungsrechtes zu beurteilen. Durch die unberechtigte Entlassung wird aber - anders als nach dem allgemeinen Entlassungsrecht, in dessen Bereich die unbegründete Entlassung das Arbeitsverhältnis beendet und lediglich Schadenersatzansprüche des unberechtigt Entlassenen auslöst - das Arbeitsverhältnis eines begünstigten Behinderten nicht beendet. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass der erweiterte Kündigungsschutz des BEinstG durch ungerechtfertigte Entlassungen umgangen werden könnte (RdW 1992,121; 9 ObA 26/97g; 9 ObA 108/97s). Nach § 27 Z 2 AngG liegt ein wichtiger Grund, der den Dienstgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtigt, insbesondere vor, wenn der Angestellte unfähig ist, die versprochenen oder die den Umständen nach angemessenen Dienste zu leisten. Nach ständiger Judikatur muss es sich dabei um eine "dauernde", also nicht bloß um eine vorübergehende Dienstunfähigkeit handeln, die von so langer Dauer sein muss, dass dem Arbeitgeber nach den Umständen des Falles eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (RIS-Justiz RS0029336, Arb 10.108, 11.144, DRdA 1994/25 [Binder]; zuletzt 9 ObA 68/02v). Auch eine durch Krankheit oder Unglücksfall bedingte dauernde Arbeitsunfähigkeit verwirklicht den Entlassungstatbestand (DRdA 1994/25).

Unabhängig von seinen Ausführungen zu den Auswirkungen der Novellierung des § 8 Abs 4 BEinstG hat das Berufungsgericht auf die Ausführungen Kudernas (Entlassungsrecht² 93f) verwiesen, der die Auffassung vertritt, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht zu prüfen habe, ob er dem für bestimmte Tätigkeiten dienstunfähigen Angestellten eine andere Tätigkeit zuweisen kann, zu der der Angestellte - allenfalls nach einer Einschulung von zumutbarer Dauer - fähig ist. Eine solche Verpflichtung des Arbeitgebers wird nach Kuderna insbesondere bei einer partiellen Dienstunfähigkeit in Betracht kommen, die den Arbeitgeber nur dann zu zur Entlassung berechtigt, wenn der überwiegende, den Schwerpunkt der Verwendung bildende Teil der Tätigkeiten des Angestellten von der Dienstunfähigkeit umfasst ist. Darüber hinaus sei der Arbeitgeber aber nicht verpflichtet, einem dienstunfähigen Angestellten außerhalb des Gegenstands seines Arbeitsvertrages liegende Tätigkeit anzubieten.

Auch Binder (Das Zusammenspiel arbeits- und sozialrechtlicher Leistungsansprüche 280) vertritt die Auffassung, dass dann, wenn der Arbeitnehmer im Zuge des Arbeitsverhältnisses aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen unfähig wird, weiter seine Arbeitsleistung zu erbringen, in die Überlegungen, wie weit dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist, die aus dem Arbeitsvertrag resultierende Fürsorgepflicht einzubeziehen sei. Er werde daher, bevor er zum Mittel der vorzeitigen Auflösung greife, zu prüfen haben, ob er nicht in seinem Betrieb bzw. Unternehmen eine der verbliebenen Restarbeitsfähigkeit entsprechende Verwendungsmöglichkeit hat. Dies bedeute allerdings nicht, dass der Arbeitgeber zur Umorganisation seines Betriebs zwecks Schaffung eines für den Minderleistungsfähigen adäquaten Arbeitsplatzes verpflichtet sei.

In gleicher Weise betont Krejci (in Rummel, ABGB³ Rz 10 zu § 1157), dass der Arbeitgeber im Rahmen der Fürsorgepflicht verhalten sein kann, dem beschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer leichtere Arbeiten zuzuweisen.

Auch die Rechtsprechung hat diese Gedanken für den Bereich des Vertragsbedienstetengesetzes (die von Kuderna [aaO 93 FN 3] zitierte Entscheidung Arb 10.108 ist zwar zu § 27 Z 2 AngG ergangen, trägt aber den hier interessierenden Rechtssatz nicht) im Zusammenhang mit dem dort normierten Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 lit b aufgegriffen und ebenfalls die aus der Fürsorgepflicht resultierende Verpflichtung des Arbeitgebers betont, dem Dienstnehmer erforderlichenfalls leichtere Arbeit zuzuweisen (Arb 11.025; Arb 7.559 ua). Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn das Dienstverhältnis bereits lange Zeit gedauert habe (Arb 7.559) und wenn der Personalstand des Dienstgebers groß sei (Arb 11.025). Die dem Dienstnehmer zuzuweisende Verwendung müsse aber für beide Teile (also auch für den Arbeitgeber) zumutbar sein (Arb 11.025).

Nichts anderes kann für den Bereich des privaten Arbeitsrechtes gelten. Auch hier muss - umso mehr, je länger das Arbeitsverhältnis bereits dauert - von der Verpflichtung des Arbeitgebers ausgegangen werden, dem nur mehr beschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer nach Möglichkeit Arbeiten zuzuweisen, zu deren Verrichtung er auch weiterhin in der Lage ist. Auch der erkennende Senat ist allerdings der Auffassung, dass nur solche Verweisungstätigkeiten in Betracht kommen, die auch dem Arbeitgeber vernünftigerweise zumutbar sind und dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, seinen Betrieb umzuorganisieren, um eine in Betracht kommende Tätigkeit überhaupt erst zu schaffen.

Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber einen partiell arbeitsunfähigen Arbeitnehmer nur dann iS des § 27 Z 2 AngG entlassen kann, wenn er keine zumutbare Möglichkeit hat, dem Arbeitnehmer eine andere Arbeit zuzuweisen oder wenn der Arbeitnehmer ein entsprechendes Angebot des Arbeitgebers ablehnt.

Im hier zu beurteilenden Fall ist dem Berufungsgericht dahin beizupflichten, dass die Klägerin im fraglichen Zeitraum zur Tätigkeit einer Kassierin noch in der Lage war; die anderen Tätigkeiten, die zu ihrem Aufgabenbereich gehörte, konnte sie hingegen nicht mehr ohne Gesundheitsgefährdung ausüben. Im Sinne der wiedergegebenen Rechtslage ist daher zu prüfen, ob die Beklagte im Rahmen der Grenze des Zumutbaren in der Lage gewesen wäre, der seit 1974 bei ihr beschäftigten Klägerin anstelle der von ihr nicht mehr zu bewältigenden Aufgaben andere Arbeiten zuzuweisen. Dazu fehlt es aber - wie das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat - an Feststellungen.

Auch die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass in die Prüfung, ob der Beklagten im Rahmen des Zumutbaren möglich gewesen wäre, der Klägerin andere Arbeiten anzubieten, nicht nur die Stammfiliale der Beklagten sondern auch die Arbeitsmöglichkeiten in anderen Filialen einzubeziehen sind, wird vom Obersten Gerichtshof geteilt. Die Beweislast dafür, dass keine für die Klägerin geeigneten Ersatztätigkeiten vorhanden waren, trifft den (für das Vorliegen eines Entlassungsgrundes beweispflichtigen) Arbeitgeber. Dieser wird daher im fortgesetzten Verfahren aufzufordern sein, entsprechende Behauptungen aufzustellen und Beweismittel anzubieten. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen und der angefochtene Beschluss - mit der Maßgabe der im Spruch ersichtlichen Klarstellung über den Umfang der Aufhebung des Ersturteils - zu bestätigen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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