OGH 5Ob87/02h

OGH5Ob87/02h23.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller (sämtliche 8045 Graz) 1.) Mag. Karin H*****, 2.) Ingrid K*****, 3.) Maria *****, 4.) Klaus E*****, 5.) Inge S*****, 6.) Cäcilia G*****,

7.) DI Bernhard M*****, 8.) Hermann M*****, 9.) Maria M*****, beide *****, 10.) Helmut K*****, 11.) Gerald P*****, 12.) Karoline P*****,

13.) Maria Z*****, 14.) Tanja S*****, 15.) Martin S*****, beide *****, 16.) Magda K*****, 17.) Mag. Andrea L*****, 18.) DI Bernhard C*****, 19.) Martina P*****, beide *****, 20.) Franz E*****, 21.) Dieter M*****, 22.) Christa D*****, 23.) Magdalena C*****, 24.) Ernest H*****, 25.) Antonia P*****, 26.) Friedrich P*****, beide *****, 27.) Dr. Franz P*****, und 28.) Ingeborg W*****, 1.)- bis 17.)- und 19.)- bis 21.)-Antragsteller vertreten durch den 18.)-Antragsteller, dieser vertreten Mag. Birgit Götz und Mag. Monika Zwanzger, Funktionäre der Mietervereinigung Österreichs, Bezirksorganisation Graz, 8020 Graz, Südtiroler Platz 13, gegen die Antragsgegnerin L***** GesmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner, Rechtsanwältin, 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 29, wegen § 26 Abs 1 Z 7 WEG infolge Revisionsrekurses der zu 1.) bis 21.) angeführten Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 19. Oktober 2001, GZ 3 R 219/01z-10, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Graz vom 10. April 2001, GZ 7 Msch 38/00y-5, bestätigt wurde, folgenden

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsgegnerin ist Verwalterin der im Alleineigentum der Komfort-Bau-Wohnungsgesellschaft mbH stehenden Liegenschaft EZ ***** mit den Häusern *****; die Antragsteller sind Wohnungseigentumsbewerber. Zu ihren Gunsten ist im Grundbuch die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 24a Abs 2 WEG angemerkt.

Mit der Behauptung, die Antragsgegnerin verletze beharrlich ihre Verwalterpflichten (wozu mehrere Beispiele angeführt wurden), weshalb die "Eigentümer" für 31. August 2000 eine "Eigentümerversammlung" einberufen und dort mehrheitlich die Verwalterin abberufen hätten, begehrten die Antragsteller beim Erstgericht die Feststellung, "dass die von uns per 31. 8. 2000 ausgesprochene Abberufung der Antragsgegnerin aus wichtigen Gründen iSd § 18 Abs 1 Z 3 WEG rechtsgültig und rechtswirksam erfolgt ist".

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung dieses Begehrens, wobei sie ua den Einwand der mangelnden Aktivlegitimation der Antragsteller erhob.

Das Erstgericht wies den Sachantrag ab. Es vertrat die Ansicht, dass die Rechte der Miteigentümer nach §§ 13 bis 20, 22 und 26 WEG, insbesondere die sich aus § 18 WEG ergebenden Rechte, nur solche Wohnungseigentumsbewerber geltend machen können, die bereits schlichte Miteigentümer sind. Die Anmerkung nach § 24a Abs 2 WEG reiche hiefür nicht aus.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

§ 24 Abs 3 WEG, wonach für die Verwaltung der Liegenschaft die §§ 13 bis 20, 22 und 26 WEG gelten, sobald im Grundbuch eine Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum angemerkt ist, sei nach dem AB zur WRN 1999 so zu verstehen, dass diese Rechte nur jenen Wohnungseigentümern zukommen, die bereits schlichtes Miteigentum erworben haben. Die bloße Anmerkung der Zusage von Wohnungseigentum berechtige daher die Wohnungseigentumsbewerber noch nicht zur Antragstellung nach § 18 Abs 1 Z 3 WEG. Der Meinung Würths in WoBl 2000, 134, dass "wohl auch noch" die Anrufung des Gerichts durch einen Wohnungseigentumsbewerber nach dem 2. Fall des § 18 Abs 1 Z 3 WEG zulässig sei, weil es sich dabei um eine von den Anteilen unabhängige Beteiligung an der Verwaltung der Liegenschaft handle, sei nicht zu folgen, da § 23 Abs 4 WEG ohne Differenzierung von Rechten der Miteigentümer spreche. Der Oberste Gerichtshof habe zwar in 5 Ob 38/01a ausgesprochen, dass für Wohnungseigentumsbewerber, die noch nicht schlichte Miteigentümer sind, für die aber die Zusage von Wohnungseigentum angemerkt ist, der außerstreitige Rechtsweg nach § 26 WEG offenstehe, soweit es um Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft geht, doch gehe aus dieser Entscheidung nicht hervor, ob der außerstreitige Rechtsweg nur in dem damals behandelten Fall eines Änderungsrechts nach § 13 WEG ausgeschlossen sein soll. Gegen die Berechtigung von Wohnungseigenumsbewerbern, die nicht schlichte Miteigentümer sind, nach § 18 Abs 1 Z 3 WEG vorzugehen, spreche, dass ihnen damit die Möglichkeit eingeräumt würde, ein Bevollmächtigungsverhältnis aufzulösen, das sie gar nicht begründet haben und in das sie auch nicht eingetreten sind. Es müsse bezweifelt werden, ob der Gesetzgeber mit der Regelung des § 23 Abs 4 WEG einen derart schwerwiegenden Eingriff in Verträge Dritter beabsichtigte. Damit fehle den Antragstellern die Sachlegitimation für das gestellte Begehren.

Die Anrufung des Obersten Gerichtshofes erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil es an einer einschlägigen Judikatur zu § 23 Abs 4 WEG fehle.

Mit ihrem Revisionsrekurs streben die zu 1.) bis 21.) angeführten Antragsteller die Stattgebung ihres Sachantrages an; es soll in Abänderung bzw nach vorheriger Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen ausgesprochen werden, "dass die mehrheitlich ausgesprochene Abberufung der Antragsgegnerin aus wichtigen Gründen gemäß § 18 Abs 1 Z 3 WEG rechtsgültig und rechtswirksam erfolgt ist". Die Antragsgegnerin hat in einer dazu erstatteten Revisionsrekursbeantwortung beantragt, die zweitinstanzliche Entscheidung aus den dort angeführten Gründen zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Anders als das Rekursgericht ist der erkennende Senat nicht der Meinung, dass Wohnungseigentumsbewerber, für die im Grundbuch die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts angemerkt ist, bereits über (zumindest schlichtes) Miteigentum an der Liegenschaft verfügen müssen, um das Individualrecht auf Abberufung des Verwalters wegen grober Vernachlässigung seiner Pflichten nach § 18 Abs 1 Z 3 Fall 2 WEG geltend machen zu können. Es ist in dieser Frage vielmehr Würth (Die Wohnrechtsnovelle 1999 - kritisch betrachtet, WoBl 2000 101 ff und 133 ff) zu folgen, wonach § 23 Abs 4 WEG schlechthin die Verwaltungsvorschriften der §§ 13 bis 20, 22 und 26 WEG für anwendbar erklärt, sobald im Grundbuch eine Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts angemerkt ist, sodass ein "bloßer" Wohnungseigentumsbewerber nach Wortlaut und Zweck des § 23 Abs 4 WEG nur von solchen Verwaltungsagenden ausgeschlossen ist, für die es - wie zB bei mehrheitlich zu beschließenden Maßnahmen - auf Miteigentumsanteile und deren Zählung bzw Größe ankommt. Das trifft auf das Recht jedes einzelnen Wohnungseigentümers bzw Wohnungseigentumsbewerbers, den Verwalter nach Maßgabe des § 18 Abs 1 Z 3 2. Fall WEG abzuberufen, nicht zu. Ein solcher Fall liegt jedoch gar nicht vor.

Die Antragsteller begehren die Feststellung der Rechtswirksamkeit einer mehrheitlich beschlossenen Abberufung der Verwalterin, beziehen sich also eindeutig auf den ersten Fall des § 18 Abs 1 Z 3 WEG, wonach die Mehrheit der Miteigentümer die (vorzeitige) Abberufung des Verwalters aus wichtigen Gründen beschließen kann, was im Streitfall der richterlichen Nachprüfung im Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 7 WEG unterliegt. In einem solchen Fall wird - wie von den Antragstellern beantragt - mit Wirkung ex tunc festgestellt, dass die Abberufung rechtswirksam, während die Abberufung des Verwalters nach § 18 Abs 1 Z 3 2. Fall WEG rechtsgestaltend - mit Wirkung ex nunc - erst durch das Gericht erfolgt (RIS-Justiz RS0083291). Dieser Unterschied schließt angesichts der Eindeutigkeit des Begehrens der Antragsteller die Umdeutung in einem (gebündelten) Individualantrag nach § 18 Abs 1 Z 3 2. Fall WEG aus. Da andererseits für einen Mehrheitsbeschluss nach § 18 Abs 1 Z 3 1. Fall WEG die Kenntnis und Zählung der Miteigentumsanteile unabdingbar ist, war wie im Spruch zu entscheiden, weil den Antragstellern - mangels Miteigentums an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft - die Sachlegitimation fehlt (vgl Würth aaO).

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