OGH 4Ob78/02b

OGH4Ob78/02b9.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Haslinger, Nagele & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Friedrich W*****, vertreten durch Dr. Hansjörg Mader und Mag. Robert Mader, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung, Rechnungslegung, Zahlung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 43.603,70 EUR) über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 31. Jänner 2002, GZ 2 R 14/02d-13, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Nachahmen eines fremden Produkts, das keinen Sonderrechtsschutz genießt, ist an sich nicht wettbewerbswidrig; ein Verstoß gegen § 1 UWG ist aber dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt. Das trifft auf die "vermeidbare Herkunftstäuschung zu" Nach ständiger Rechtsprechung setzt eine vermeidbare Herkunftstäuschung voraus, dass eine bewusste Nachahmung vorliegt, damit die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt wird und eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre (ÖBl 1998, 225 - Haftgel; ÖBl 2001, 116 - Norwegerpullover uva). Das Berufungsgericht hat die wettbewerbliche Eigenart der von der Klägerin entwickelten Brillenmodelle unter Hinweis auf ihr extravagantes Design ebenso bejaht wie ihre Verkehrsbekanntheit und hat unter Abwägung der optischen Übereinstimmungen gegenüber den geringen funktionalen Unterschieden der von der Klägerin vertriebenen Brillen die Gefahr von Verwechslungen angenommen. Seine Auffassung ist nicht zu beanstanden. Welche Eigenschaften optischer oder funktioneller Art bei Beurteilung der Verwechslungsgefahr den Ausschlag geben, richtet sich nach den Umständen des zu beurteilenden Einzelfalles; dieser Frage kommt somit, solange - wie hier - keine auffallende Fehlbeurteilung vorliegt, keine über diesen Fall hinausgehende Bedeutung zu. Mag auch die Gestaltung von Brillen in gewisser Weise technisch bedingt vorgegeben sein, so besteht doch nach den Feststellungen der Vorinstanzen eine große Bandbreite von Gestaltungsmöglichkeiten, die es einem Hersteller ermöglicht, ausreichend Abstand zu nachgeahmten Produkten zu halten.

Bejaht man aber wie das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer "vermeidbaren Herkunftstäuschung" und damit schon aus diesen Gründen einen Verstoß gegen § 1 UWG, kann offenbleiben, ob der Beklagte auch für eine "unmittelbare Leistungsübernahme" einzustehen hat.

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