OGH 6Ob46/02m

OGH6Ob46/02m14.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Josef F*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Frank, Rechtsanwalt in Liezen, gegen die Antragsgegnerin Danielle Hendrika F*****, vertreten durch Poschinger-Taucher-Berchtold, Rechtsanwaltsgemeinschaft in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 21. November 2001, GZ 2 R 199/01s-10, womit über den Rekurs des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichtes Judenburg vom 23. Juli 2001, GZ 6 F 18/01g-5, aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Eheleute haben an einer Liegenschaft (mit Haus) ihrer Söhne seit 1994 ein unbeschränktes Fruchtgenussrecht. Die Ehe wurde am 15. 6. 2000 gemäß § 55a EheG im Einvernehmen geschieden. In der Scheidungsvereinbarung hielten die Parteien fest, dass die Antragsgegnerin, eine holländische Staatsbürgerin, beabsichtige, künftig ihren Hauptwohnsitz in Holland und daher keinen ständigen Aufenthalt auf der Liegenschaft in Hohentauern zu haben. Die Parteien regelten die Fragen des Unterhalts, der Lebensversicherungen, einer Ausgleichszahlung des Antragstellers und erklärten, dass das eheliche Gebrauchsvermögen außergerichtlich aufgeteilt worden sei und dass keine Verbindlichkeiten bestünden. Nach Belehrung erklärten sie, keine weiteren Anträge nach den §§ 81 ff EheG zu stellen. Es seien sämtliche wechselseitigen vermögensrechtlichen Ansprüche aus der Ehe verglichen.

Am 29. 5. 2001 beantragte der Antragsteller, das Fruchtgenussrecht der Antragsgegnerin aufzuheben. Er sei davon ausgegangen, dass ihm die alleinige Nutzung der Liegenschaft zustehe. Die Antragsgegnerin wolle nun doch auf der Liegenschaft wohnen. Diese stelle die einzige Wohnmöglichkeit für den Antragsteller dar.

Die Antragsgegnerin beantragte die Zurückweisung des Aufteilungsantrages. Die Parteien hätten auf eine Antragstellung nach den §§ 81 ff EheG verzichtet. Beim Fruchtgenussrecht handle es sich um ein höchstpersönliches Recht, das nicht der nachehelichen Aufteilung unterliege.

Das Erstgericht wies den Aufteilungsantrag des Mannes unter Hinweis auf den Verzicht auf eine Antragstellung nach den §§ 81 ff EheG als unzulässig zurück.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die Entscheidung unter Abstandnahme von dem Zurückweisungsgrund auf. Wenn eine Scheidungsvereinbarung über das Aufteilungsvermögen lückenhaft oder unwirksam sei, könne nach dem Scheidungsausspruch eine Vermögensaufteilung stattfinden. Die Vereinbarung über einen Verzicht auf die Einleitung eines Aufteilungsverfahrens umfasse nicht den verfahrensrechtlichen Rechtsschutz. Der Fruchtgenuss sei ein in die Aufteilungsmasse fallendes Vermögensrecht. Der Verzicht der Parteien auf eine Antragstellung im Aufteilungsverfahren könne sich nur auf den materiellen Anspruch beziehen. Hier habe der Scheidungsvergleich keine umfassende Regelung der Nutzungsrechte an der Liegenschaft vorgesehen.

Die Rekursbeantwortung der Antragsgegnerin sei zurückzuweisen, weil ein zweiseitiges Rekursverfahren im Sinne des § 231 Abs 2 AußStrG nur bei Sachentscheidungen vorgesehen sei.

Mit ihrem Rekurs beantragt die Antragsgegnerin, den Beschluss des Rekursgerichtes und das Rekursverfahren als nichtig aufzuheben und den Aufteilungsantrag des Mannes zurückzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag zur Verfahrensergänzung gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig:

1. Die Zurückweisung der Rekursbeantwortung durch das Rekursgericht entspricht der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung, dass die im § 231 AußStrG vorgesehene Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens nur für die Anfechtung von Sachentscheidungen gilt (RS0099340, zuletzt 2 Ob 285/97v).

2. Ein Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens ist selbst dann zulässig, wenn im Scheidungsvergleich auf eine solche Antragstellung verzichtet wurde. Dies wird nach ständiger jüngerer oberstgerichtlicher Judikatur aus Art 6 EMRK abgeleitet. Der generelle Verzicht auf Rechtsschutz ist unzulässig (RS0057588; RS0008577). Wenn in einer Scheidungsvereinbarung gemäß § 55a EheG keine vollständige Aufteilung erfolgt, steht den Eheleuten das Aufteilungsverfahren zur Entscheidung über die noch offenen Ansprüche zur Verfügung (RS0008463; RS0008464; RS0008585).

3. Über die Frage, ob das Fruchtgenussrecht der Eheleute ein in die Aufteilungsmasse fallendes Vermögen ist, wird mit der Sachentscheidung über den Aufteilungsantrag zu entscheiden sein. Im vorliegenden Rechtsmittelverfahren geht es um die Zulässigkeit des Aufteilungsverfahrens. Diese hat das Rekursgericht im Einklang mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung bejaht.

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