European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2002:0050OB00050.02T.0312.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Sachbeschluss wird aufgehoben.
Die Wohnrechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.
Text
Begründung
Der Antragsteller, ein Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft mit dem Haus *****, will gerichtlich festgestellt haben, dass die Antragsgegner, die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft, die Anbringung einer Satellitenantenne (Parabolantenne) bei einem Fenster seiner Wohnung zu dulden haben.
Das Erstgericht hat dieses Begehren (auf Grund sehr ausführlicher Feststellungen, die hier nicht interessieren) abgewiesen, weil die Antenne die äußere Erscheinung des Hauses und damit schutzwürdige Interessen der anderen Mit- und Wohnungseigentümer beeinträchtigen würde (§ 13 Abs 2 Z 1 WEG); das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Begründung, dass wegen der Art der Antennenbefestigung (Montage eines Metallwinkels am Innenrahmen des Fensters, der durch den aufgebogenen Fensterrahmen nach außen geführt wird, ohne die Fassade zu berühren und den Schließmechanismus des Fensters zu beeinträchtigen) gar keine iSd § 13 Abs 2 WEG genehmigungsfähige bzw genehmigungsbedürftige Änderung des Wohnungseigentumsobjekts, sondern eine - dem Hinaushängen von Wäsche udgl vergleichbare - Angelegenheit der Hausordnung vorliege. Der Wert des Entscheidungsgegenstandes wurde mit S 130.000,‑- festgestellt und der Revisionsrekurs für zulässig erklärt, weil zur Frage, ob die besondere Art der Antennenbefestigung den Tatbestand einer Änderung des Wohnungseigentumsobjekts iSd § 13 Abs 2 WEG verwirklicht, keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege.
Mit seinem Revisionsrekurs strebt der Antragsteller die Aufhebung des zweitinstanzlichen Beschlusses an, um das Rekursgericht unter Überbindung des Rechtsansicht, dass doch eine Änderung des Wohnungseigentumsobjekts iSd § 13 Abs 2 WEG vorliegt, zur Behandlung des gegen den erstinstanzlichen Sachbeschluss erhobenen Rekurses (der gegen die erstgerichtliche Annahme einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Mit- und Wohnungseigentümer vorgetragenen Argumente) zu zwingen.
Die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Die vom Rekursgericht versuchte Abgrenzung zwischen einer durch eine gemeinsamen Hausordnung regelbaren Nutzung der Liegenschaft und einer Änderung des Wohnungseigentumsobjekts stellt zu formalistisch darauf ab, ob die Änderung des Wohnungseigentumsobjekts - hier die Befestigung der Tragevorrichtung der Antenne am Innenrahmen des Fensters - die Bagatellgrenze überschreitet. Es ist zwar richtig, dass das Einschlagen von Nägeln oder das Anbohren von Wänden udgl innerhalb eines Wohnungseigentumsobjektes idR keine Verfügung bzw Änderung iSd § 13 Abs 2 WEG darstellt und dass es durchaus Nutzungen von allgemeinen Teilen der Liegenschaft gibt, die im Interesse eines reibungslosen Zusammenlebens der Hausbewohner durch eine Hausordnung geregelt werden können und sollen, doch ist die hier vom Antragsteller angestrebte Nutzung doch von anderer Qualität. Die von ihm gewählte Art der Montage einer Satellitenantenne hat denselben Effekt wie die nach ständiger Rechtsprechung als Veränderung iSd § 13 Abs 2 WEG behandelte Befestigung am äußeren Fensterrahmen oder an der Fassade (vgl Spruzina in Schwimann2, Rz 71 ff zu § 13 WEG; zuletzt WoBl 2001, 60/41 mit Anm von Call). Ausschlaggebend ist nicht so sehr die physische Veränderung am Wohnungseigentumsobjekt (oder der damit einhergehenden Inanspruchnahme allgemeiner Teile des Hauses), sondern das Maß einer (möglichen) Beeinträchtigung von Interessen der anderen Mit- und Wohnungseigentümer. Mit dem Hinaushängen von Wäsche aus dem Fenster einer Wohnung ist die Anbringung einer Satellitenantenne nicht vergleichbar, mag sie auch jederzeit rückgängig gemacht werden können. Die Antennenmontage ist nämlich auf Dauer angelegt und dementsprechend gravierend ist auch der Eingriff in die Interessen der anderen Mit- und Wohnungseigentümer. Schon wegen der notwendigen Ausrichtung und Fixierung einer Satellitenantenne versagt das Argument, die Art der Befestigung ermögliche eine jederzeitige Demontage oder eine jeweils nur vorübergehende Verwendung (etwa zeitlich beschränkt auf den Empfang einer Sportsendung, die der Antragsteller nicht über den vorhandenen Kabelanschluss sehen kann?). Die Ermöglichung des Fernsehempfangs über individuelle, nicht direkt an der Fassade montierte Satellitenantennen gehört auch nicht zum üblichen Regelungsgegenstand einer Hausordnung. Zu Recht macht daher der Antragsteller geltend, dass ein Fall des § 13 Abs 2 WEG vorliegt. Das Rekursgericht wird sich mit den darauf bezüglichen Argumenten im Rekurs gegen den erstinstanzlichen Sachbeschluss zu befassen haben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)