OGH 9Ob12/02h

OGH9Ob12/02h20.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Elisabeth L*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Günther L*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Erwin Bajc ua, Rechtsanwälte in Bruck a. d. Mur, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 4. Dezember 2001, GZ 3 R 316/01d-95, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, welchem Elternteil bei Gegenüberstellung der Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände die Obsorge für das Kind übertragen werden soll, ist immer eine solche des Einzelfalls, der - von Fällen krasser Fehlbeurteilung durch das Rekursgericht abgesehen - keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 14 Abs 1 AußStrG zukommt (RIS-Justiz RS0007101; zuletzt 9 Ob 268/01d). Von einer krassen, die Zulässigkeit der Revision rechtfertigenden Fehlbeurteilung der zweiten Instanz kann hier nicht die Rede sein.

Das Rekursgericht hat sich bei seiner Beurteilung der Eignung der beiden Elternteile für die Erziehung des Kindes auf die umfangreichen Feststellungen des Erstgerichtes gestützt. Dass in diesen Feststellungen unter anderem davon die Rede ist, dass der Vater weniger gut als die Mutter in der Lage ist, dem Kind Grenzen zu setzen, verleiht der hier zu treffenden Einzelfallentscheidung keine grundsätzliche, über diesen Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Es geht nicht um eine grundsätzliche "rechtliche Würdigung der Problematik des Grenzensetzens" sondern um eine Abwägung der im konkreten Einzelfall für die Beurteilung der Erziehungsfähigkeit der Eltern maßgebenden Umstände. Die Meinung des Rekursgerichts, dass dabei auch die Fähigkeit, dem Kind notwendige Grenzen zu setzen, eine Rolle spielt, ist nicht zu beanstanden.

Auch der Einwand, dass das Kind nicht aus seiner gewohnten Umgebung gerissen werde dürfe, geht hier fehl. Zum einen lebt das Kind nunmehr bereits mehr als eineinhalb Jahre bei der Mutter; zum anderen war der bis zum Auszug der Mutter aus der Ehewohnung bestehende Zustand nicht nur durch den Aufenthalt des Kindes in der Ehewohnung sondern vor allem dadurch gekennzeichnet, dass die Familie damals noch zusammenlebte. Dieser Zustand ist aber nicht mehr wiederherstellbar, weil die Beziehung der Eltern gescheitert und ihre häusliche Gemeinschaft aufgehoben ist. Nunmehr ist primär auf das Kindeswohl und damit darauf abzustellen, welcher Elternteil unter den gegebenen Umständen für die Obsorge besser geeignet ist. Die Bestrebung, dem Kind den Verbleib in der bisherigen Wohnung zu ermöglichen, muss demgegenüber in den Hintergrund treten.

Der Umstand, dass das Kind - soweit es nicht im Kindergarten ist - während der Arbeitszeit der Mutter von der mütterlichen Großmutter betreut wird (so die ausdrückliche Feststellung des Erstgerichts) - steht der Zuteilung der Obsorge an die Mutter nicht entgegen.

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