OGH 3Ob2/02v

OGH3Ob2/02v30.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei J***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Heinz Knoflach und Dr. Eckart Söllner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei S***** SA, ***** vertreten durch Fiebinger, Polak, Leon & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Widerrufs des Abrufs von Bankgarantien und Unterlassung (Streitwert 2,315.126,08 FFR = 352.937,99 EUR) infolge außerordentlicher Revisionsrekurse der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 29. November 2001, GZ 2 R 244/01a, 245/01y-17, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden zurückgewiesen. Der Antrag der klagenden und gefährdeten Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 508a Abs 2 zweiter Satzund § 521a Abs 2 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag der klagenden und gefährdeten Partei (im Folgenden nur klagende Partei), der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei (im Folgenden der beklagte Partei) werde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Widerruf der - wegen behaupteter geheimer Mängel - Inanspruchnahme näher genannnter Bankgarantien jede weitere Verfügung über diese Bankgarantien und insbesondere die gänzliche oder teilweise Einziehung des Garantiebetrags von 2,315.126,08 FFR untersagt, sowie Erlassung eines entsprechenden Drittverbots an die näher genannte Garantieausstellerin ohne Anhörung der beklagten Partei statt (ON 3) und hielt nach Widerspruch der beklagten Partei und Durchführung einer mündlichen Verhandlung über den Widerspruch seine einstweilige Verfügung aufrecht (ON 12). Denn es sei bescheinigt, dass die Bankgarantien als Gewährleistungsgarantien vereinbart worden und der beklagten Partei bei Abruf der Bankgarantien keine Gewährleistungsansprüche zugestünden seien.

Das Rekursgericht gab den gegen beide Beschlüsse erhobenen Rekursen der beklagten Partei in einer gemeinsamen Entscheidung nicht Folge und erachtete den ordentlichen Revisionsrekurs als nicht zulässig. Gegen die Rekursentscheidung richten sich die beiden - nach dem Aktenstand gleichzeitg zur Post gegebenen - außerordentlichen Revisionsrekurse ON 18 und 19 der beklagten Partei, die sich inhaltlich auf die beiden erstinstanzlichen Beschlüsse beziehen.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentlichen Revisionsrekurse sind gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO, somit wegen des Fehlens erheblicher Rechtsfragen zurückzuweisen.

Die Frage, ob Englisch in einem Rechtsstreit vor einem österr. Gericht Gerichtssprache sein kann, stellt sich hier schon deshalb nicht, weil die erste Instanz ihre die beklagte Partei belastenden tatsächlichen Beschlussannahmen keineswegs nur auf die - im Übrigen deutschsprachige - Beilage R, in der lediglich nach dem verwendeten Begriff " ... Gewährleistungsanspüche" der englischsprachige, in Klammer gesetzte Ausdruck warranty reports Verwendung findet, stützte, sondern auch auf die Aussagen von Auskunftspersonen. Die Rechtsauffassung der zweiten Instanz, dass sich in einem solchen Fall die erstinstanzliche Beweiswürdigung einer Überprüfung durch die Rekursinstanz entzieht, entspricht der herrschenden Rechtsprechung (vst Senat 6 Ob 650/93 = SZ 66/164 und die folgende Rsp; RIS-Justiz RS0012391; Kodek in Angst, EO, § 402 Rz 7 mwN). Dass die von den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen vom Obersten Gerichtshof, der auch im Provisorialverfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist, nicht überprüft werden können, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Zur Frage, wann der Abruf einer Bankgarantie als rechtsmissbräuchlich zu beurteilen ist und wann der Nichteintritt des Garantiefalls liquide und eindeutig nachgewiesen ist, besteht eine gesicherte, bereits von der zweiten Instanz wiedergegebene Rechtsprechung. Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, ist aber ganz einzelfallabhängig und entzieht sich schon deshalb einer Beurteilung als erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Von einer auffälligen Fehlbeurteilung des bescheinigten Sachverhalts durch die zweite Instanz, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, kann nicht gesprochen werden.

Ob die beklagte Partei mit der Einbringung zweier Rechtsmittel allenfalls gegen den Grundsatz der sogenannten Einmaligkeit des Rechtsmittels verstieß oder ob beide Rechtsmittel in Wahrheit als Einheit zu verstehen sind, kann hier ungeprüft bleiben. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§§ 78, 402 EO, § 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte