OGH 5Ob5/02z

OGH5Ob5/02z29.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jakob T*****, vertreten durch Dr. Bernd Oberhofer und andere Rechtsanwälte in Lienz, gegen die beklagte Partei W***** registrierte Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Michael Michor und Mag. Walter Dorn, Rechtsanwälte in Villach, wegen Feststellung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 9. Oktober 2001, GZ 5 R 38/01z-14, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10. Februar 2001, GZ 23 Cg 163/00w-10, aufgehoben wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichtes wird wiederhergestellt.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit Euro 2.593,46 (darin Euro 255,29 USt und Euro 1.061,75 Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei ist eine eingetragene Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft; der Kläger war deren Mitglied. Am 19. 10. 1999 beschloss der Vorstand seinen Ausschluss; über die von ihm dagegen erhobene Beschwerde entschied der Aufsichtsrat am 19. 6. 2000 dahin, dass die Entscheidung des Vorstandes bestätigt wurde. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit seines Ausschlusses im Wesentlichen mit der Begründung, dass seine Kritik an den Entscheidungen des Vorstandes anlässlich der Aufnahme des Walter L***** als neues Mitglied berechtigt gewesen sei, weil sich der Vorstand an die von der Vollversammlung abgesegnete Vorgangsweise, nämlich der Aufnahme des Genannten unter Abtretung von Anteilen durch ein Altmitglied, nicht gehalten, sondern eine Neubeteiligung des Walter L***** gewählt habe. Der Kläger habe das Recht, eine Maßnahme des Vorstandes, die er als satzungswidrig und den Interessen der Beklagten zuwiderlaufend erachte, aufzuzeigen; damit seien die Interessen der Beklagten nicht geschädigt worden, vielmehr habe er deren Wahrung versucht. Im Übrigen hätten sich weder der Vorstand noch der Aufsichtsrat im Ausschlussverfahren mit seinen Argumenten sachlich auseinandergesetzt.

Die Beklagte wendete ein, der Ausschluss sei zu Recht auf Grund des vom Kläger wiederholt geäußerten Vorwurfs des grob fahrlässigen Handelns des Vorstandes anlässlich der Aufnahme des Mitglieds Walter L***** erfolgt, weil diese Handlungen geeignet seien, die Interessen und das Ansehen der Beklagten zu schädigen. Die Aufnahme des Walter L***** als neues Mitglied sei satzungs- und gesetzeskonform erfolgt, weshalb der Vorwurf des grob fahrlässigen Verhaltens des Vorstandes jeder Grundlage entbehre und den Ausschluss des Klägers rechtfertige. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging hiebei unter anderem von folgenden Feststellungen aus:

Im Jänner 1996 beschloss der Vorstand der Beklagten, dem Walter L*****, Schwiegersohn des damaligen Obmannes, die Mitgliedschaft bei der Beklagten mit fünf neu zu zeichnenden Geschäftsanteilen vorzuschlagen. Die fünf Mitglieder des Vorstandes der Beklagten eröffneten dem Walter L***** diesen Vorschlag Anfang Februar 1996 und boten ihm zugleich an, ihn zur Wahl zum Obmann vorzuschlagen. Walter L***** stimmte dem zu und unterfertigte eine Beitrittserklärung, in der er sich mit den Satzungen und den Beschlüssen der Genossenschaft einverstanden erklärte und fünf neue Geschäftsanteile zeichnete. In der Sitzung vom 11. 2. 1996 beschloss der Vorstand gegen die Stimme des Hermann T***** die Aufnahme des Walter L***** in die beklagte Genossenschaft und die Zuteilung von fünf Geschäftsanteilen an der Beklagten.

Eine halbe Stunde nach Beendigung der Vorstandssitzung fand am 11. 2. 1996 die ordentliche Vollversammlung der beklagten Partei statt, an der unter zahlreichen Mitgliedern auch der Kläger sowie alle fünf Vorstandsmitglieder und Walter L***** teilnahmen. Unter dem Tagesordnungspunkt "Wahlen" lag ein schriftlicher Antrag vor, Walter L***** zum Obmann zu wählen. Der Kläger und Hermann T***** sprachen sich mit der Begründung, dass durch die Aufnahme des Walter L***** die Anzahl der Geschäftsanteile von 539 auf 544 erhöht werden müsste, dagegen aus. Der Kläger brachte vor, dass - entsprechend der vorangegangenen Beschlussfassung - pro Geschäftsanteil S 227,-- als Gewinn ausgezahlt werde, Walter L***** aber nur S 50,-- pro Anteil bezahlen müsse. Nach hitziger, aber doch sachlicher Diskussion erklärte das Vorstandsmitglied Josef H*****, von seinen 13 Geschäftsanteilen dem Walter L***** fünf Anteile abzutreten. Damit waren alle Teilnehmer der Vollversammlung einverstanden und der damalige Obmann bedankte sich bei Josef H***** für die Abtretung seiner Anteile. Darauf wurde Walter L***** einstimmig - auch mit der Stimme des Klägers - zum Obmann der Beklagten gewählt. Wenn Josef H***** seine fünf Anteile dem Walter L***** nicht abgetreten hätte, wäre dessen Wahl zum Obmann nicht zustande gekommen. Alle Teilnehmer der Versammlung, so auch der Kläger und Walter L*****, waren der Überzeugung, dass Walter L***** mit den von Josef H***** übertragenen fünf Geschäftsanteilen als Mitglied in die Beklagte aufgenommen worden war. Walter L***** hat dem Josef H***** für die fünf Anteile nicht bezahlt und diese Übertragung als Schenkung beurteilt. Im Mitgliederverzeichnis der Beklagten zog Walter L***** fünf Anteile von den 13 Anteilen des Josef H***** ab und trug sich selbst als neues Mitglied mit diesen fünf Anteilen ein.

In der Folge befasste sich Walter L***** mit den Satzungen der Beklagten und entnahm daraus, dass ein Nichtmitglied nicht Anteile von einem anderen Genossenschaftsmitglied erwerben dürfe. Er wandte sich an den Revisionsverband um Auskunft; dieser schlug vor, die Angelegenheit in einer der nächsten Vorstandssitzungen zur Sprache zu bringen, und wies darauf hin, dass das Vorstandssitzungsprotokoll vom 11. 2. 1996 über die Zuteilung von Geschäftsanteilen an Walter L***** keinen Aufschluss gibt.

In der von Walter L***** einberufenen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat am 4. 12. 1996 wurde unter dem Tagesordnungspunkt "Neuaufnahme von Mitgliedern" neben einer anderen Neuaufnahme auch jene des Walter L***** erörtert. Die Sitzungsteilnehmer hielten fest, dass Walter L***** schon in der Vorstandssitzung vom 11. 2. 1996 als Mitglied der Beklagten mit fünf neuen Geschäftsanteilen aufgenommen worden sei. Walter L***** erklärte unter Hinweis auf die Diskussion in der Vollversammlung vom 11. 2. 1996, nur einen neuen Geschäftsanteil zeichnen zu wollen. Die anderen Vorstandsmitglieder schlugen ihm jedoch vor, mehrere Aneile zu zeichnen, worauf Walter L***** erklärte, drei Anteile zeichnen zu wollen, was schließlich auch vom Vorstand - unter Teilnahme des Walter L***** - beschlossen wurde. Im Protokoll über diese Sitzung vom 4. 12. 1996 wurde festgehalten, dass bei Walter L***** die "Statuten der Satzung zum Tragen kommen", wonach der Vorstand über Neuaufnahmen entscheidet, und dass Walter L***** drei neue Anteile an der Beklagten zeichnet. Das Protokoll ist unklar formuliert, jedoch vom Obmann nicht ergänzt oder verbessert worden.

Durch die Zeichnung von drei neuen Anteilen zu den bestehenden 539 Anteilen verminderte sich der Wert eines Geschäftsanteiles bei einem Gesamtwert von S 344.960,-- zum 11. 2. 1996 von S 640,-- auf S 636,50.

Walter L***** berichtigte in der Folge das Mitgliederverzeichnis und zahlte S 150,-- an die Genossenschaft ein. Nachdem in der Folge in der Ortschaft durchsickerte, dass angeblich die Vereinbarung, wonach Josef H***** dem Walter L***** fünf Geschäftsanteile abgetreten habe, nicht mehr gelte, fragte der Kläger in der nächsten Vollversammlung am 21. 12. 1997 unter dem Tagesordnungspunkt "Allfälliges", was es mit diesen Gerüchten auf sich habe. Die Vollversammlung wurde nun darüber unterrichtet, dass mit Beschluss des Vorstandes vom 4. 12. 1996 Walter L***** mit drei neuen Anteilen aufgenommen worden sei. Diese Bekanntgabe wurde nicht protokolliert, wohl aber, dass sich daraus eine rege Diskussion über den Wert eines Anteiles ergeben habe.

Der Kläger und zwei weitere Mitglieder der Beklagten erhoben nun (am 26. 12. 1997) schriftlich Beschwerde an den Aufsichtsrat über die Aufnahme des Walter L***** als Mitglied. Darin teilen sie mit, dass der Vorstand in der Sitzung vom 4. 12. 1996 die Aufnahme des Walter L***** mit drei Anteilen beschlossen habe; durch die Aufnahme die Anteile sich von 539 auf 542 erhöhten; dadurch die bisherigen Anteile entwertet würden; ein Wert von S 50,-- pro Anteil in krassem Widerspruch zum tatsächlichen Wert der Genossenschaft stünde; man mit gutem Gewissen von einer grob fahrlässigen Entscheidung des Vorstandes sprechen könne, die vom Aufsichtsrat zu behandeln sei; außerdem ein Nichtmitglied, wie es am 11. 2. 1996 geschehen sei, nicht zum Obmann gewählt werde könne und hier die Mitglieder getäuscht worden seien, was ausdrücklich aus dem Protokoll hervorgehe; die Genossenschaft derzeit keinen Obmann habe und nach dem 4. 12. 1996 keine Obmannwahl stattgefunden habe. Die Unterzeichneten ersuchten die Mitglieder des Aufsichtsrates um eine Entscheidung im Interesse der Mitglieder.

Im September 1998 wurde nach Einlangen einer Rechtsauskunft des Revisionsverbandes über diese Beschwerde im Vorstand diskutiert. Am 19. 9. 1998 beantwortete der Aufsichtsrat der Beklagten die Beschwerde dahin, dass Walter L***** am 11. 2. 1996 durch den Vorstand mehrheitlich aufgenommen und in der anschließenden Generalversammlung einstimmig zum Obmann gewählt worden sei und laut Statuten der Beklagten die Aufnahme und die Wahl korrekt gewesen seien; die Äußerung von grob fahrlässigen Entscheidungen des Vorstandes stelle eine Rufschädigung der gesamten Genossenschaft, im Speziellen des Vorstandes dar; für den Fall weiterer derartiger Äußerungen sähen die Satzungen unter § 6 den Ausschluss aus der Genossenschaft vor.

In der ordentlichen Vollversammlung am 20. 12. 1998 wurden unter dem Tagesordnungspunkt "Bericht des Vorstandes" die Beschwerde der drei Genossenschaftsmitglieder und die Antwort des Aufsichtsrates verlesen. Der Kläger meldete sich zu Wort und sagte, dass er als Mitglied in der Generalversammlung seinen Standpunkt vertreten dürfe, gegenüber dem Aufsichtsrat eine Beschwerde äußern dürfe und bei dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit bleibe; diesen Vorwurf wiederholte er in mehren Wortmeldungen. Im Laufe der Sitzung sagte Josef H*****, die nächste Generalversammlung werde mit einem Mitglied weniger stattfinden, womit er den Kläger meinte.

Trotz mehrfacher - vom Erstgericht im Einzelnen festgestellten - Aufforderungen, seine Vorwürfe zu widerrufen, hielt der Kläger seine Kritik aufrecht, worauf er schließlich ausgeschlossen wurde. Nach der Satzung der Beklagten kann ein Ausschluss eines Mitgliedes erfolgen, wenn es Handlungen setzt, die geeignet sind, die Interessen oder das Ansehen der Genossenschaft zu schädigen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Generalversammlung der Beklagten habe schlüssig zum Ausdruck gebracht, dass die Aufnahme des Walter L***** in die Beklagte nicht mit einer Vermehrung der Geschäftsanteile verbunden sein sollte. Darüber habe sich der Vorstand in seiner Sitzung vom 4. 12. 1996 hinweggesetzt, indem er die Aufnahme des Genannten mit drei neuen Anteilen stillschweigend mit Wirkung zum 11. 2. 1996 beschlossen und damit bewirkt habe, dass statt der bisher 539 Anteile 542 bestünden, wodurch sich der Wert jedes einzelnen Anteiles geringfügig vermindert habe. Mit der Genehmigung der Zeichnung von drei neuen Geschäftsanteilen gegen den in der Generalversammlung geäußerten Wunsch habe der Vorstand - vorsätzlich, weil Walter L***** im Hinblick auf die Diskussion in der Generalversammlung nur einen neuen Anteil habe zeichnen wollen und auf Grund einfacher rechnerischer Überlegung klar sein habe müssen, dass bei 542 Anteilen an einem Gesamtvermögen jeder Anteil weniger Wert sein müsse, als dies bei 539 Anteilen der Fall sei - zum Nachteil der Genossenschafter gehandelt. In Anbetracht dieses Sachverhalts sei die vom Kläger geäußerte Kritik als mäßig und zurückhaltend zu werten und sein Auschluss somit rechtswidrig gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000,-- übersteige und dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es führte im Wesentlichen folgendes aus:

Da im vorliegenden Fall der gesetzlich nicht vorgesehene, nach der dem Verfahren zugrunde gelegten Satzung der Beklagten aber zulässige Ausschluss des Klägers darauf gegründet worden sei, er habe dadurch, dass er die Maßnahmen des Vorstandes im Zusammenhang mit dem Beitritt des Walter L***** zu Unrecht als gesetzwidrig und der Satzung widersprechend bezeichnet habe, Handlungen gesetzt, die geeignet seien, die Interessen oder das Ansehen der Genossenschaft zu schädigen, sei primär zu prüfen, ob dem Vorstand tatsächlich die vorgeworfene Verhaltensweise anzulasten sei.

Der vorgelegte Genossenschaftsvertrag enthalte keine Beschränkung der Mitgliederzahl der Beklagten nach oben, weshalb einem Beitritt des Walter L*****, über die der Vorstand endgültig zu entscheiden gehabt habe, nichts im Wege gestanden wäre. Da der Genossenschaftsvertrag vorschreibe, dass jedes Mitglied mindestens einen Geschäftsanteil zu zeichnen und einzuzahlen habe und die Zeichnung weiterer Geschäftsanteile der Zustimmung des Vorstandes bedürfe, bestünde auch Satzungs- und Gesetzeskonformität insoweit, als der Vorstand Walter L***** eingeräumt habe, 5 (in der Folge 3) neue Anteile zu zeichnen, weil die Beteiligung des Genossenschafters am Gesellschaftsvermögen nicht die Voraussetzung für die Mitgliedschaft, sondern deren Folge sei und sich damit das Grundkapital erhöhe und nicht ein feststehendes auf mehr Mitglieder aufteile. Im Übrigen wäre Walter L***** auf Grund des Aufnahmebeschlusses des Vorstandes in seiner Sitzung vom 11. 2. 1996 in der daran anschließenden Generalversammlung der Beklagten schon deren Mitglied und daher jedenfalls für eine Funktion in der Beklagten wählbar gewesen. Außerdem hätten ihm Geschäftsanteile an der Beklagten nach dieser Vorstandssitzung und Beschlussfassung zur Aufnahme nach den Bestimmungen in der Satzung auch durch Rechtsgeschäft unter Lebenden übertragen werden dürfen. Mangels Beschränkung der Mitgliederzahl der Beklagten im vorliegenden Genossenschaftsvertrag und der darin ihm allein übertragenen Entscheidungskompetenz hinsichtlich des Beitritts von neuen Mitgliedern wäre der Vorstand auch nicht verpflichtet gewesen, dem in der Generalversammlung unter anderem vom Kläger geäußerten Ansinnen zu entsprechen, dass die (zuvor schon erfolgte) Aufnahme des Walter L***** in die Beklagte nur ohne Zeichnung neuer Anteile erfolgen dürfe, weil damit sonst der Genossenschaftsvertrag in Form der Beschränkung der Mitgliederzahl nach oben (mangels Ausscheidens eines Genossenschafters könnte bei ausgeschöpfter Mitgliederzahl Walter L***** nicht beitreten) geändert würde, was zwar von der Generalversammlung als obersten Organ der Genossenschaft grundsätzlich erfolgen hätte können, aber wohl nicht ohne ausdrückliche Beschlussfassung und Dokumentation hierüber. Da die dargestellten Überlegungen in erster Instanz nicht erörtert worden seien, brauche derzeit nicht darauf eingegangen werden, ob hier die vom Gericht zu überprüfenden formellen und materiellen Voraussetzungen für den Ausschluss des Klägers aus der Beklagten dh ob ein in der Satzung vorgesehener Ausschlussgrund gegeben sei und ob die Verfahrensbestimmungen der Satzung eingehalten worden seien, vorlägen. Erwähnt werden solle aber, dass wegen der mit dem Verlust der Mitgliedschaft potentiell verbundenen erheblichen Nachteile für den Genossenschafter das Gericht beim Prüfen der Voraussetzungen des Ausschlusses grundsätzlich einen strengen Maßstab anzulegen und dementsprechend statutarische Ausschlussgründe einschränkend auszulegen habe.

Das angefochtene Urteil habe aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen werden müssen, weil das Gericht den Parteien seine Rechtsansicht zwar nicht vor der Urteilsfällung kundtun müsste, sie aber dennoch nicht mit einer Rechtsansicht überraschen dürfe, bei deren Erörterung (weitere) rechtserhebliche Tatsachen vorgebracht worden wären, was hier anzunehmen sei. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen gewesen, weil keine Rechtsprechung des Höchstgerichtes dazu vorliege, ob eine Beschränkung der Mitgliederzahl einer Genossenschaft - eine Beschränkung der Anzahl der Geschäftsanteile und damit die Fixierung des Grundkapitals auf einen bestimmten Betrag erscheine mit dem Wesen einer Genossenschaft unvereinbar - nur durch Festlegung im Genossenschaftsvertrag möglich sei oder doch auch in Form einer als Weisung an den hier hinsichtlich von Beitritten zur Genossenschaft entscheidungsbefugten Vorstand aufzufassenden Äußerung der Gesamtheit der Genossenschafter in der Generalversammlung, und welche Voraussetzungen diese Äußerung zu erfüllen habe, um für den Vorstand verbindlich zu sein.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich der Rekurs des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Urteil erster Instanz wiederherzustellen.

Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber macht im Wesentlichen geltend, der Vorstand hätte den (nicht protokollierten) Generalversammlungsbeschluss vom 11. 2. 1996 beachten müssen. Abgesehen davon könne die genossenschaftsinterne und sachliche Kritik des Klägers, eines juristischen Laien, seine Ausschließung nicht rechtfertigen.

Hiezu wurde erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der gerichtlichen Prüfung der Rechtsmäßigkeit des Ausschlusses eines Genossenschafters wegen der mit dem Verlust der Mitgliedschaftsrechte verbundenen Nachteile grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (7 Ob 734/89 = SZ 63/7; RIS-Justiz RS0045593). Einer solchen rigorosen Prüfung hält der Ausschluss des Klägers aus der beklagten Genossenschaft nicht stand. Der Kläger hat gegenüber den Genossenschaftsorganen die Auffassung vertreten, der Vorstand habe bei Aufnahme eines neuen Mitgliedes seine Pflichten verletzt. Die Frage, ob dieser Vorwurf - wegen Missachtung des Willens der Generalversammlung, des obersten Organs der Genossenschaft - rechtlich begründet ist, wie das Erstgericht meint, oder nicht, wie das Berufungsgericht ausführt, kann hier auf sich beruhen und muss auch die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage nicht gelöst werden: Wie auch immer man diese Frage beantwortet, liegt nämlich ein Ausschlussgrund nicht vor. Die Kritik des Klägers an der Vorgangsweise des Vorstandes war unter den festgestellten Umständen keineswegs von vornherein abwegig, unsachlich oder mutwillig. Eine solche Meinungsäußerung muss - unabhängig davon, wie schlussendlich eine allfällige gerichtliche Nachprüfung der Rechtslage ausfällt - auch in einer Genossenschaft sanktionslos möglich sein (vgl auch Art 10 MRK). Sie ist vom Vorstand und Aufsichtsrat dem Kläger gegenüber auch nicht mit einer für einen juristischen Laien leicht nachvollziehbaren sachlichen Begründung entkräftet, sondern vor allem mit Ausschlussdrohungen beantwortet worden. Ob der Versuch, einen unliebsamen Kritiker, der sich nicht mundtot machen lässt, loszuwerden, dem Ansehen der Genossenschaft dienlich ist, muss hier nicht untersucht werden. Durch das Vorbringen und Aufrechterhalten der Auffassung des Klägers zu den festgestellten Vorgängen in der Genossenschaft wurde der geltend gemachte Ausschlussgrund bei der gebotenen strengen Prüfung jedenfalls nicht verwirklicht.

Das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichtes war daher wiederherzustellen. Der vom Berufungsgericht (wegen der Befürchtung, das "Überraschungsverbot" zu verletzen) angeordneten Verfahrensergänzung bedarf es nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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