OGH 8Ob302/01x

OGH8Ob302/01x24.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Gunther Nagele, Mag. Christian Pesl, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1.) Dr. Andreas T*****, vertreten durch Mag. Martin Steinlechner, Rechtsanwalt in Innsbruck, und 2.) Walpurga B*****, vertreten durch Dr. Ruth Hörtnagl, Rechtsanwältin in Fulpmes, wegen EUR 72.672,83 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 9. Oktober 2001, GZ 1 R 443/01f-43, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin als Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO relevierte Frage, inwieweit auch auf Pfandbestellungsverträge die Grundsätze der Judikatur zur Sittenwidrigkeit von Angehörigen - Interzessionsgeschäften - (vgl dazu allgemein RIS-Justiz RS0048312; RS0110302, RS0048300, RS0048309 jeweils mit zahlreichen wN insb aber auch auf die grundsätzliche E SZ 68/64; aber auch dazu, dass bei Vorhandensein eines entsprechenden Liegenschaftsbesitzes von einem der Judikatur zugrundeliegenden "Missverhältnis" nicht ausgegangen werden kann OGH 28. 5. 1997, 9 Ob 48/97t sowie OGH 27. 5. 1998, 6 Ob

117/98w = ÖBA 1998, 974 und auch die Grundsatzentscheidung SZ 68/64,

ferner BGH 26. 4. 2001 IX ZR 337/98 = BGH Report 2001, 671) trotz der

mangelnden Erfassung in dem Interzessionsbegriff des § 25c KSchG anwendbar ist, bedarf hier keiner Beantwortung. Die Vorinstanzen haben ohnehin zutreffend die mangelnde Wirksamkeit des Vertrages wegen des listigen Vorgehens des Vertreters der Klägerin gemäß § 870 ABGB bejaht. Die im Zusammenhang mit der von den Vorinstanzen angenommenen Sittenwidrigkeit der "Angehörigen-Interzession" der Zweitbeklagten behandelten Fragen sind daher ohne Relevanz. Die in der Revision aufgeworfene Frage muss aber, um als Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO gelten zu können, zur Lösung des konkreten Falles erforderlich sein (vgl etwa MGA ZPO15 § 502 E 9 mwN = EFSlg 88.155, EFSlg 91.021).

Soweit sich nun die Klägerin gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes wendet, dass der Verpfändungsvertrag wegen des arglistigen Verhaltens des Vertreters der Klägerin gemäß § 870 ABGB unwirksam sei, zeigte sie ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Wurde der Verpfändungsvertrag doch nicht nur für die Geschäftsverbindlichkeiten der Gesellschaft geschlossen, deren Geschäftsführer der Sohn der Zweitbeklagten - der Erstbeklagte - war, sondern auch für die Geschäftsverbindlichkeiten der Schwestergesellschaft in München. Der Vertreter der Klägerin hat nun weder den Erstbeklagten, noch die hier maßgebliche Zweitbeklagte über die wirtschaftlich bedrohliche Entwicklung der Gesellschaften, die aus den aushaftenden Krediten ersichtlich war, informiert, sondern den Erstbeklagten, der keinen Überblick über die Bankverbindlichkeiten hatte, sogar noch in seiner "realitätsfernen Einschätzung der guten und sicheren Situation" der Firmen unterstützt und bestärkt.

Als listig im Sinne des § 870 ABGB ist nun ein Verhalten anzusehen, das auf eine bewusste Täuschung des Vertragspartners hinausläuft. Diese Täuschung kann dabei auch darin liegen, dass jener, der über eine Tatsache Gewissheit hat, diese dem anderen verheimlicht oder eine Aufklärungspflicht verletzt (vgl etwa zuletzt die Entscheidung des erkennenden Senates vom 30. 8. 2001 zu 8 ObA 58/01i mwN, etwa RIS-Justiz RS0014817; Rummel in Rummel ABGB3 § 870 Rz 4). Auch gegenüber dem Pfandbesteller wurde die Aufklärungspflicht dann bejaht, wenn die Bank schon Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder den unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch des Kreditnehmers hat (vgl OGH 11. 1. 2000, 10 Ob 346/99a = ÖBA 2000/901, 811; allg RIS-Justiz RS0026488). Hinzukommen muss noch, dass der Irreführende positive Kenntnis von dem Irrtum hatte und dieser Irrtum einen Einfluss auf den Willensentschluss ausübte (vgl ebenfalls OGH 8 ObA 58/01i mwN etwa RIS-Justiz RS0014829; ebenso RIS-Justiz RS0014816).

Hier ist nun im Ergebnis maßgeblich, dass die Klägerin nicht nur eine Aufklärung über die unrichtigen Annahmen über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unterließ, sondern trotz der ihr ersichtlichen wirtschaftlich bedrohlichen Entwicklung sogar noch die realitätsferne Einschätzung der "guten und sicheren Situation" der Hauptschuldnerinnen durch den seine Liegenschaftshälfte verpfändenden und die Zweitbeklagte zur Verpfändung auch ihrer Liegenschaftshälfte veranlassenden Erstbeklagten unterstützte und bestärkte. Dies ist als listiges Vorgehen im Sinne des § 870 ABGB anzusehen. Die Ausführungen der Klägerin, dass es für die beklagte Partei (offensichtlich die Klägerin) nicht erkennbar gewesen sei, dass der seit eineinhalb Jahren als Geschäftsführer tätige Erstbeklagte aufklärungsbedürftig gewesen wäre, gehen nicht von diesen Feststellungen aus.

Da die Klägerin im Rahmen ihrer Forderungen nach weiteren hypothekarischen Sicherheiten den Erstbeklagten auch dazu bewog, diese von der Zweitbeklagten zu beschaffen und die Klägerin selbst mit der Zweitbeklagten in keinen Kontakt trat, muss sie sich den im Ergebnis durch das arglistige Verhalten ihres Vertreters veranlassten Irrtum der Zweitbeklagten zurechnen lassen (vgl dazu auch Rummel in Rummel ABGB3 § 875 Rz 2).

Auch einen relevanten Verfahrensmangel vermag die Klägerin nicht aufzuzeigen (vgl § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Insgesamt gelingt es daher der Klägerin bezogen auf den konkret festgestellten Sachverhalt nicht, eine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

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