Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
In der zu behandelnden Verlassenschaftssache gaben eine Tochter der Erblasserin zur Hälfte und zwei Enkelinnen derselben je zu einem Viertel bedingte Erbserklärungen ab und beantragten die Inventur und Schätzung des Nachlassvermögens, insbesondere des Liegenschaftsvermögens. Im Protokoll, das der Gerichtskommissär aufnahm, wurde festgehalten: "Zur Kenntnis dient, dass im Falle einer Schätzung insbesondere des Liegenschaftsvermögens beträchtliche Mehrkosten entstehen"; weiters, dass die Schätzung des Liegenschaftsvermögens zum Zwecke der Erbteilung erfolgen solle. In der Folge zogen die Enkelinnen, die nunmehrigen Revisionsrekurswerberinnen, den Antrag auf Schätzung des Liegenschaftsvermögens zurück, während die Tochter der Erblasserin ihren Antrag aufrecht erhielt. Schließlich beantragten die Enkelinnen, das Gericht möge die Umwandlung der bedingten in eine jeweils unbedingte Erbserklärung zu Gericht annehmen. Mit dem Beschluss vom 20. 8. 2001 (ON 10) nahm das Erstgericht unter anderem die von der Tochter auf Grund des Gesetzes zu einer Hälfte des Nachlasses abgegebene bedingte Erbserklärung sowie die von den Enkelinnen und nunmehrigen Revisionsrekurswerberinnen zu je einem Viertel des Nachlasses auf Grund des Gesetzes abgegebenen unbedingten Erbserklärungen zu Gericht an. Weiters wies es zu Punkt 4. den Antrag der Enkelinnen auf Einvernahme des Gerichtskommissärs, der Erbinnen und weiterer Personen zum Beweis für allenfalls anlässlich von Tagsatzungen beim Gerichtskommissär nicht erfolgte Belehrungen, zu Punkt 5. den Antrag, über die Notwendigkeit der Schätzung des Liegenschaftsvermögens der Erblasserin zu entscheiden oder die Parteien zur Klärung der Erbteilung auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, und schließlich zu Punkt 6. den Antrag, den Gerichtskommissär zu weiteren Belehrungen zu veranlassen, ab. Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem gegen die Punkte 4. bis 6. dieser Entscheidung gerichteten Rekurs der Enkelinnen der Erblasserin nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteigt und dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs, welcher keine Anfechtungserklärung enthält, und in dem keine Ausführungen zu den Punkten 4. und 5. des erstgerichtlichen Beschlusses enthalten sind, begehren die Revisionsrekurswerberinnen die Aufhebung der Rekursentscheidung und des erstgerichtlichen Beschlusses in seinen Punkten 4., 5. und 6. und weiters, das Erstgericht anzuweisen, den Akt dem Gerichtskommissär mit dem Auftrag zu übermitteln, die Tochter der Erblasserin ausführlich dahingehend zu belehren, ob sie auf Grund der jetzigen Sachlage weiterhin ihren Antrag auf Schätzung der Liegenschaften durch Sachverständige aufrecht erhalte oder nicht, oder diese Belehrung bzw entsprechende Protokollierung direkt durch das Erstgericht zu veranlassen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Wie dargelegt, enthält der Revisionsrekurs, was die Bestätigung der Punkte 4. und 5. des erstgerichtlichen Beschlusses angeht, keinerlei Ausführungen. Insbesondere auch keine, weshalb die Entscheidung in diesen Punkten von erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG abhängen sollte. Inwieweit die als erheblich angesehene Rechtsfrage, wonach es keine Rechtsprechung zur Frage der Belehrungspflicht des Gerichtskommissärs und dazu, welche Amtshandlungen dieser ohne ausdrückliche Anordnung des Abhandlungsgerichts vornehmen könne, gebe, irgendeinen Zusammenhang mit den Beschlusspunkten 4. und 5. des Erstgerichtes haben könnte, ist nicht ersichtlich.
Soweit allerdings (der Sache nach) die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Hinblick auf Punkt 6. der erstgerichtlichen Entscheidung dahin begehrt wird, es solle eine Belehrung der dritten Miterbin, und zwar offenbar in der Richtung, sie solle zur Rückziehung ihres Schätzungsantrags veranlasst werden, durchgeführt werden, fehlt es den Revisionsrekurswerberinnen an der erforderlichen Beschwer.
Nach herrschender Auffassung muss ein Rechtsmittelwerber durch die angefochtene Entscheidung formell und materiell beschwert sein. Formelle Beschwer liegt vor, wenn die Entscheidung von dem ihr zugrunde liegenden Sachantrag des Rechtsmittelwerbers zu dessen Nachteil abweicht. Materielle Beschwer liegt vor, wenn die (materielle oder prozessuale) Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung beeinträchtigt wird (SZ 67/230 und mehrere weitere Entscheidungen zu RIS-Justiz RS0041868).
Wie sich aus den Rechtsmittelausführungen ergibt, erachten sich diese dadurch beschwert, dass (nicht sie selbst, sondern) die Miterbin vom Gerichtskommissär bzw vom Erstgericht nicht ausreichend über die Folgen einer bedingten Erbserklärung und die mit einer Ermittlung des Schätzwerts der in die Verlassenschaft fallenden Liegenschaften verbundenen Kostenfolgen belehrt wurde. Dadurch wurden sie allerdings in ihrer Rechtsstellung in keiner Weise beeinträchtigt, auch wenn ihnen zuzugestehen ist, dass dadurch bewirkte Kosten die Verlassenschaft auch zu ihren Lasten zu schmälern geeignet sind. Damit sind sie aber nur wirtschaftlich (indirekt) betroffen. Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu 8 Ob 634/88 ausgesprochen, dass die angebliche Verletzung von Anhörungsrechten anderer Verfahrensbeteiligter im Verlassenschaftsverfahren nicht geltend gemacht werden kann. Ähnlich wurde zu EvBl 1970/348 entschieden, dass ein Beklagter nicht beschwert ist, wenn die Klage gegen andere Beklagte abgewiesen wurde. Durch derartige Entscheidungen wird eben in die materielle oder auch verfahrensrechtliche Rechtsstellung des von solchen Entscheidungen oder Unterlassungen nicht Betroffenen nicht eingegriffen.
Im Übrigen sind die Revisionsrekurswerberinnen darauf hinzuweisen, dass sie bei ihren Rechtsausführungen zu § 102 Abs 2 AußStrG von der nicht mehr geltenden Fassung vor dessen Änderung durch das Liegenschaftsbewertungsgesetz aus dem Jahr 1992 ausgehen. Nach § 102 Abs 2 AußStrG idgF ist ua dann der Wert unbeweglicher Sachen nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz zu ermitteln, wenn dies von einer Partei beantragt wird, ohne dass dafür weitere Voraussetzungen erforderlich wären.
Aus all dem ergibt sich, dass der außerordentliche Revisionsrekurs teils mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen, teils mangels materieller Beschwer zurückzuweisen war.
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