OGH 3Ob69/00v

OGH3Ob69/00v21.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei V*****, vertreten durch Tramposch & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die verpflichtete Partei M***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Friedrich Krall, Rechtsanwalt in Kufstein, wegen 653.362,14 S sA, über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. Jänner 2000, GZ 2 R 18/00m-27, mit dem aus Anlass der Berufung der verpflichteten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 15. Juli (richtig wohl: Oktober) 1999, GZ 6 E 7898/98g-23, sowie das diesem vorangegangene Widerspruchsverfahren als nichtig aufgehoben und der Widerspruch der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Kufstein vom 27. Oktober 1998, GZ 6 E 7898/98g-5, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht erklärte mit Beschluss vom 27. 10. 1998 (ON 5) das Urteil des Bezirksgerichts von und in Luxemburg vom 8. 5. 1998 für Österreich für vollstreckbar und bewilligte der betreibenden Partei gegen die verpflichtete Partei die beantragte Fahrnisexekution. Gegen die Vollstreckbarerklärung erhob die verpflichtete Partei fristgerecht Widerspruch und Rekurs; letzteren richtete sie auch gegen die Bewilligung der Fahrnisexekution. Das Erstgericht legte den Rekurs der zweiten Instanz vor.

Das Rekursgericht gab mit Beschluss vom 1. 3. 1999 (ON 14) dem Rekurs Folge, hob den erstinstanzlichen Beschluss auf und verwies die Exekutionssache zur Ergänzung des Verfahrens an das Erstgericht zurück, ohne den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig zu erklären.

Das Erstgericht führte in der Folge zu den im rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluss dargelegten Verfahrensergänzungsaufträgen mit den Parteien und ihren Vertretern ein förmliches Widerspruchsverfahren (gemäß § 84 Abs 3 EO iVm §§ 431 ff ZPO) mit drei Tagsatzungen zur mündlichen Streitverhandlung (am 15. 7., 3. 9. und 7. 10. 1999) durch und wies sodann mit Urteil vom 15. 7. 1999 (ON 23; richtig wohl: 15. 10. 1999) den Widerspruch der verpflichteten Partei unter Kostenauferlegung an diese ab.

Das Berufungsgericht hob aus Anlass der von der verpflichteten Partei gegen dieses Urteil erhobenen Berufung mit dem angefochtenen Beschluss das Ersturteil sowie das diesem vorangegangene Widerspruchsverfahren als nichtig auf, wies den Widerspruch zurück und hob die Kosten des Widerspruchs- und des Rechtsmittelverfahrens gemäß §§ 84 Abs 3 EO, 51 Abs 2 ZPO gegenseitig auf. Der gemäß § 84 Abs 1 EO vom Verpflichteten gegen die Vollstreckbarerklärung erhobene Widerspruch setze begrifflich eine Vollstreckbarkeitserklärungsentscheidung voraus. Durch den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluss vom 1. 3. 1999 sei dem Widerspruch die Grundlage entzogen worden, weshalb der verpflichteten Partei ab diesem Zeitpunkt die Beschwer als Zulässigkeitsvoraussetzung eines jeglichen Rechtsmittels (Rechtsbehelfs, wozu auch der vorliegende Widerspruch zähle [3 Ob 345/97z]) gefehlt habe. Falle die Beschwer nach dem Einlangen des Rechtsmittels (Rechtsbehelfs) weg, dann sei das ursprünglich zulässige Rechtsmittel zurückzuweisen. Mit Nichtigkeit seien nicht nur die in der ZPO angeführten schweren Verletzungen grundsätzlicher Verfahrensvorschriften bedroht, sondern auch Verstöße, die bei systemgerechter Auslegung des Gesetzes die gleichen Sanktionen zeitigen müssten. Da mit der Aufhebung der bekämpften Vollstreckbarkeitserklärung dem verfahrenseinleitenden Schriftsatz die Grundlage entzogen worden sei, seien das dessenungeachtet durchgeführte Widerspruchsverfahren und das im Anschluss daran gefällte Urteil aus Anlass eines zulässigen Rechtsmittels von Amts wegen als nichtig aufzuheben und der verfahrenseinleitende Schriftsatz, also der Widerspruch der verpflichteten Partei, zurückzuweisen gewesen. Die Durchführung des Widerspruchsverfahrens hätte eine neuerliche Vollstreckbarerklärung vorausgesetzt, die im zweiten Rechtsgang jedoch nicht erfolgt sei. Da beide Parteien ein Verschulden an der Fortsetzung des ohne gesetzliche Grundlage durchgeführten Widerspruchsverfahrens treffe, seien die Kosten des aufgehobenen und des Rechtsmittelverfahrens gegeneinander aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den berufungsgerichtlichen Beschluss gerichtete Rekurs der betreibenden Partei ist zwar in analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO (Zurückweisung des Widerspruchs) - entgegen der in der Rekursbeantwortung vertretenen Auffassung der verpflichteten Partei - grundsätzlich jedenfalls zulässig; er ist jedoch im vorliegenden Fall mangels Beschwer der betreibenden Partei zurückzuweisen:

Der erkennende Senat teilt zwar nicht die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, nach welcher nach Aufhebung der erstinstanzlichen Vollstreckbarerklärung mit dem rekursgerichtlichen Beschluss ON 14 dem Widerspruch der verpflichteten Partei die "Grundlage" (die abzuändernde Vollstreckbarerklärung) mit der Wirkung entzogen sei, dass ein Verfahren über diesen Widerspruch nichtig und der Widerspruch zurückzuweisen sei. Vielmehr ist nach der dargelegten Verfahrenslage nach dem rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluss ON 14 davon auszugehen gewesen, dass der gegen die erstgerichtliche Vollstreckbarerklärung erhobene Widerspruch obsolet geworden ist und im Falle seiner (erst-)gerichtlichen Behandlung jedenfalls abzuweisen ist, wie dies das Erstgericht - allerdings mit anderer Begründung - ohnedies tat. Die verpflichtete Partei hatte den Widerspruch (ON 7) und den Rekurs (ON 8) gegen die erstgerichtliche Entscheidung (ON 5) nicht gereiht; das Rekursgericht hat über den ihm vorgelegten Rekurs den genannten Aufhebungsbeschluss gefasst und damit die erstinstanzliche Entscheidung (wenn auch nicht endgültig) beseitigt. Führt aber bereits der Rekurs zu dem angestrebten Ziel, dann sind weitere mit ihm verbundene Rechtsbehelfe, wie hier der Widerspruch, der wie eine Klage zu erledigen ist (§ 84 Abs 3 EO in der hier anzuwendenden Fassung vor der EO-Nov 2000) ohne weiteres Verfahren abzuweisen, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch die verpflichtete Partei nicht mehr beschwert war (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1689 aE) und die fehlende Beschwer bei Rechtsbehelfen (Anträgen, Klagen, Widersprüchen, ...) - im Gegensatz zu Rechtsmitteln (Rekurs, Berufung, Revision) - nicht zur Zurückweisung, sondern zur Abweisung führt.

Die betreibende Partei ist mit ihrem Rekurs im vorliegenden Fall nicht dadurch beschwert, dass der Widerspruch der verpflichteten Partei gegen die erstinstanzliche Vollstreckbarerklärung nicht ab-, sondern zurückgewiesen wurde, weil der Widerspruch im Sinne ihres Rechtsstandpunkts in jedem Fall erfolglos blieb. Ein Interesse an der Beseitigung der zweitinstanzlichen Kostenentscheidung kann indessen im Hinblick auf die Unanfechtbarkeit solcher Kostenentscheidungen nicht die für ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof erforderliche Beschwer begründen (siehe hiezu die Nachweise bei Kodek in Rechberger2 Rz 9 Vor § 461).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 40 ZPO. Die verpflichtete Partei hat zwar in der Rekursbeantwortung die Zurückweisung des Rekurses beantragt, dies jedoch aus einem unzutreffenden Grund (weil nach ihrer Aufassung die Voraussetzungen für die analoge Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO nicht vorlägen), weshalb der Schriftsatz nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente.

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