OGH 8Nd515/01

OGH8Nd515/0115.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Judith R*****, und Dinah R*****, infolge Anzeige eines negativen Kompetenzkonfliktes durch das Bezirksgericht Josefstadt (16 P 44/01w), den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Führung des Pflegschaftsverfahrens ist das Bezirksgericht Wels zuständig; der Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom 25. 7. 2001, 16 P 44/01w-13 wird aufgehoben.

Text

Begründung

Die Mutter der Minderjährigen brachte am 18. 5. 2001 beim Bezirksgericht Josefstadt einen Antrag auf einstweilige Obsorgeregelung bzw endgültige Obsorgeregelung ein.

Der Vater der Minderjährigen wandte dazu die Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes Josefstadt ein, da die Kinder bei ihm in Sattledt den Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt hätten. Daraufhin fasste das Bezirksgericht Josefstadt am 20. 7. 2001 einen Beschluss, in dem es feststellte, dass es nicht zuständig ist und überwies das Verfahren gemäß §§ 44 und 109 JN an das Bezirksgericht Wels zur Einbeziehung in das dort zu 17 P 210/01p geführte Verfahren. Dieses Verfahren war am 25. 6. 2001 über Antrag des Vaters auf einstweilige Obsorgeregelung und endgültige Obsorgeregelung eingeleitet worden. In diesem Verfahren hatte die Mutter einen Antrag auf Delegierung des Verfahrens an das Bezirksgericht Josefstadt gestellt (ON 4), wozu aber der Vater auf seine Unzuständigkeitseinrede verwies (ON 5).

Mit Beschluss vom 20. 7. 2001 verfügte das Bezirksgericht Wels die Übertragung der Zuständigkeit zur Besorgung dieser Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Josefstadt. Dieser Beschluss wurde vom Vater mit Rekurs gerichtlich bekämpft und dieser Übertragung der Pflegschaftssache mit Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 30. 10. 2001 zu 3 Nd 514/01 die Genehmigung versagt.

Der Beschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 20. 7. 2001 über die Feststellung seiner Unzuständigkeit und die Überweisung an das Bezirksgericht Wels wurde vom Bezirksgericht Wels zugestellt und ist rechtskräftig. Das Bezirksgericht Wels entschied jedoch am 25. 7. 2001 dazu, dass die Zuständigkeit "nicht übernommen werde" und stellte auch dies den Parteien zu. Eine Bekämpfung ist nicht erfolgt.

Das Bezirksgericht Josefstadt legte den Akt dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zur Entscheidung über den Kompetenzkonflikt vor, das diesen Antrag dem Obersten Gerichtshof weiterleitete.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 47 Abs 1 JN hat bei Streitigkeiten zwischen verschiedenen Gerichten erster Instanz über die Zuständigkeit für eine bestimmte Rechtssache das diesem Gericht zunächst übergeordnete gemeinsame höhere Gericht zu entscheiden, hier der Oberste Gerichtshof.

Die Voraussetzung einer solchen Entscheidung, und zwar, dass rechtskräftige die Zuständigkeit verneinende Beschlüsse vorliegen, ist hier gegeben.

Auch bei der Entscheidung des Zuständigkeitsstreites ist auf die allfällige Bindungswirkung des ersten Beschlusses Bedacht zu nehmen, also hier der rechtskräftigen Feststellung der Unzuständigkeit durch das Bezirksgericht Josefstadt vom 20. 7. 2001 und des Überweisungsbeschlusses nach § 44 JN (vgl RIS-Justiz RS0002439 mit zahlreichen weiteren Nachweisen etwa SZ 68/217). Der Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom gleichen Tag betraf nicht die Feststellung der Zuständigkeit, sondern die - nicht genehmigte - Übertragung nach § 111 JN. Somit hat der Oberste Gerichtshof auszusprechen, dass das Bezirksgericht Wels zur Führung der Pflegschaftssache zuständig ist. Im Übrigen sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Wels nicht gegeben wäre.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte