OGH 4Ob262/01k

OGH4Ob262/01k13.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** KG, ***** vertreten durch Dr. Gottfried Korn und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S***** Verlagsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Daniel Charim und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Widerruf (Streitwert im Provisorialverfahren 450.000 S), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 21. September 2001, GZ 5 R 143/01p-10, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Sinn und Bedeutungsinhalt einer Äußerung richtet sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung für den unbefangenen Durchschnittsadressaten (MR 1995, 137 - Justizausschussvorsitzender; ÖBl 1996, 134 - Leserverblödung; SZ 71/96 = MR 1998, 269 [Korn] - Schweine-KZ uva). Bei Mehrdeutigkeit von Tatsachenbehauptungen muss der Ankündigende stets die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen (stRsp ÖBl 1993, 161 = ecolex 1993, 760 = WBl 1994, 31 - "Verhundertfachen Sie Ihr Geld"; MR 1994, 111 - Nazijournalismus; ÖBl 1995, 67 - Führerschein auf Anhieb; ÖBl 1995, 219 - Klasse statt Masse; WBl 1997, 309 [Schmidt] - staubfrei mwN). Ist aber der Sinngehalt der beanstandeten Behauptungen nach dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittsbetrachters in einer bestimmten Richtung klar, so kommt schon aus diesem Grund die Anwendung der sogenannten "Unklarheitenregel" nicht mehr in Betracht (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht3 § 24 Rz 23; Aicher in Aicher, Das Recht der Werbung 247 f; Rummel in Koziol, Haftpflichtrecht2 II 283 f; ÖBl 1982, 66 - Stahlgold-Uhren; 4 Ob 51/93; 4 Ob 1072/94; 6 Ob 38/95 = RdU 1996, 202).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die Beklagte einen Artikel veröffentlicht, der sich kritisch mit dem Verhalten des Justizministers im Kartellverfahren betreffend den Medien-Zusammenschluss der Herausgeber ua der Magazine "Format" und "profil" auseinandersetzt. Der Autor vergleicht dabei den Umstand, dass der Minister deswegen kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts erster Instanz angeordnet habe, weil ein "gewisses Risiko" bestanden habe, damit durchzukommen, mit dem Vorgang, dass ein vermutlicher Großbetrüger in erster Instanz freigesprochen wird, der Staatsanwalt aber auf eine Berufung verzichtet, weil es ein "gewisses Risiko" gibt, dass in der zweiten Instanz der ersten Recht gegeben wird.

Abgesehen davon, dass es immer eine Frage der Beurteilung im Einzelfall ist, wie eine Äußerung von den angesprochenen Verkehrskreisen aufgefasst wird (JBl 1986, 192; MR 1995, 233 - Inseraten-Preisliste; 4 Ob 222/97v; 4 Ob 336/97h; 4 Ob 33/98a), ist die Auslegung des Rekursgerichts, der Klägerin werde im beanstandeten Artikel in keiner Weise der Vorwurf strafgesetzwidrigen Verhaltens gemacht, aber auch nicht zu beanstanden: Aus dem Gesamtzusammenhang der Glosse wird nämlich deutlich, dass sich die Kritik des Autors ausschließlich auf das Verhalten des Justizministers bezieht. Die von der Klägerin gewünschte Auslegung, die Beklagte laste ihr betrügerisches Vorgehen an, findet demgegenüber weder im Wortlaut noch im Sinnzusammenhang des gesamten Artikels eine Stütze. Für die Anwendung der Unklarheitenregel bleibt damit kein Raum.

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