OGH 4Ob261/01p

OGH4Ob261/01p13.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A***** GmbH, ***** 2. D***** GmbH, ***** 3. K***** GmbH, ***** 4. Ö***** AG, ***** 5. S*****, 6. T***** AG, ***** sämtliche vertreten durch Schramm & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. E***** GmbH, ***** 2. E***** GmbH, ***** 3. O*****GmbH, ***** beide*****, alle vertreten durch Weiss-Tessbach, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 500.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Klägerinnen gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 24. August 2001, GZ 1 R 136/01d-14, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerinnen wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerinnen machen als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass keine Rechtsprechung zu zahlreichen Fragen des Vergaberechts bestehe, die sie im Einzelnen anführen. Von der Entscheidung über diese Fragen hängt die Entscheidung jedoch nicht ab:

Die Klägerinnen stützen ihren Unterlassungsanspruch auf § 1 UWG. Sie machen geltend, dass die Beklagten an einem dem Bundesvergabegesetz widersprechenden Vergabeverfahren mitgewirkt und einen dem Vergaberecht widersprechenden Vertragsabschluss herbeigeführt hätten und dass sie den rechtswidrig zustandegekommenen Auftrag ausführten. Die Beklagten hätten damit sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG gehandelt.

Ein Gesetzesverstoß bildet nur dann sittenwidriges Handeln im Sinne des § 1 UWG, wenn bei unterschiedlicher Auslegung der verletzten Vorschrift die Auffassung des Beklagten über ihre Bedeutung durch das Gesetz nicht so weit gedeckt ist, dass sie mit gutem Grund vertreten werden kann (stRsp 4 Ob 137/93 = ÖBl 1994, 17 - Contact mwN). Daraus folgt für die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften, dass der Bieter nur dann wettbewerbswidrig handelt, wenn es offenkundig ist, dass sein Angebot gegen das Vergaberecht verstößt, und er daher nicht mit guten Gründen der Auffassung sein kann, ein Angebot abgeben zu dürfen. Bloße Zweifel an der Zulässigkeit seines Angebots verpflichten den Bieter noch nicht zur Selbstbeschränkung (4 Ob 232/00x = ÖBl 2001, 109 - Cook & chill-Produktion). Das Gleiche muss naturgemäß auch dann gelten, wenn es darum geht, ob Handlungen des Mitbieters nach Abgabe des Angebots und nach Ablauf der Angebotsfrist wettbewerbswidrig sind. Auch in diesem Fall kann das Aufrechterhalten des Angebots, eine allfällige Annahme des Zuschlags und die Erbringung von Leistungen aufgrund eines mit dem Auftraggeber zustandegekommenen Vertrags nur dann sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG sein, wenn die Gesetzwidrigkeit des Vergabeverfahrens offenkundig ist.

Davon kann, wie schon die Vorinstanzen dargelegt haben, im vorliegenden Fall keine Rede sein. Sowohl die Auffassung der Beklagten, an ihr Angebot im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung noch gebunden gewesen zu sein, als auch ihr Rechtsstandpunkt, eine Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens stehe keineswegs fest, weil das Bundesvergabeamt nur die Unterlassung eines Widerrufs der Ausschreibung durch den Auftraggeber und nicht auch das Vergabeverfahren selbst für nichtig erklärt habe, sind mit guten Gründen vertretbar.

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