OGH 10ObS314/01a

OGH10ObS314/01a30.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Karlheinz Kux (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Walter Benesch (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef G*****, vertreten durch Mag. Stefan Meusburger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. Juni 2001, GZ 9 Rs 49/01v-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 24. August 2000, GZ 13 Cgs 54/00a-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie einschließlich des bestätigten Teiles zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 7. 3. 1985 - ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 338.100 -

Familiengeld von täglich S 788,90 vom 6. 9. 1985 bis 27. 9. 1985,

Versehrtenrente, Zusatzrente und drei Kinderzuschüsse von monatlich S

22.470 vom 28. 9. 1985 bis 16. 12. 1985,

Familiengeld von täglich S 788,90 vom 17. 12. 1985 bis 20. 12. 1985,

Versehrtenrente, Zusatzrente und drei Kinderzuschüsse von monatlich S

22.470 vom 21. 12. 1985 bis 31. 12. 1986 und von monatlich S 23.204,20 vom 1. 1. 1987 bis 28. 2. 1987,

Versehrtenrente im Ausmaß von 80 vH, Zusatzrente und drei Kinderzuschüsse von monatlich S 19.193,30 vom 1. 3. 1987 bis 31. 5. 1988,

Versehrtenrente im Ausmaß von 80 vH, Zusatzrente und zwei Kinderzuschüsse

von monatlich S 18.143,30 vom 1. 6. 1988 bis 30. 6. 1988,

von monatlich S 18.512,30 vom 1. 7. 1988 bis 31. 12. 1988,

von monatlich S 18.856,90 vom 1. 1. 1989 bis 31. 12. 1989,

von monatlich S 19.359,60 vom 1. 1. 1990 bis 30. 6. 1990,

von monatlich S 19.532,20 vom 1. 7. 1990 bis 31. 12. 1990,

von monatlich S 20.403,70 vom 1. 1. 1991 bis 31. 12. 1991,

von monatlich S 21.135,80 vom 1. 1. 1992 bis 31. 12. 1992,

von monatlich S 21.897,20 vom 1. 1. 1993 bis 31. 12. 1993,

von monatlich S 22.392,10 vom 1. 1. 1994 bis 31. 10. 1994,

Versehrtenrente im Ausmaß von 80 vH, Zusatzrente und einen Kinderzuschuss von monatlich S 21.342,10 vom 1. 11. 1994 bis 31. 12. 1994 sowie von monatlich S 21.910,30 vom 1. 1. 1995 bis 31. 7. 1995,

Versehrtenrente im Ausmaß von 80 vH und Zusatzrente von monatlich S 20.860,30 vom 1. 8. 1995 bis 31. 12. 1995,

von monatlich S 21.340,10 vom 1. 1. 1996 bis 31. 12. 1997,

von monatlich S 21.623,90 vom 1. 1. 1998 bis 31. 12. 1998,

von monatlich S 21.948,20 vom 1. 1. 1999 bis 31. 12. 1999 und von monatlich S 22.079,90 ab 1. 1. 2000, erhöht gemäß Pensionsanpassungsgesetz, als Dauerrente zu zahlen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung einer höheren Dauerrente und eines höheren Familiengeldes sowie das weitere Begehren auf Zahlung von Zinsen und Kosten werden abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 7.964,16 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten S 1.327,36 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei hat mit Bescheiden vom 8. 1. 1986 und 27. 1. 1987 den Unfall des Klägers vom 7. 3. 1985 als Arbeitsunfall anerkannt und dem Kläger Leistungen aus diesem Arbeitsunfall auf der Basis einer Bemessungsgrundlage von S 310.978 zuerkannt.

Mit Schreiben vom 24. 10. 1993 beantragte der Kläger die Neuberechnung der Bemessungsgrundlage unter Berücksichtigung der Höchstbeitragsgrundlage, da sein Einkommen im Bemessungszeitraum immer über der Höchstbeitragsgrundlage gelegen sei.

In Entsprechung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. 11. 1999, Zl 99/08/0110-6, wurde von der beklagten Partei mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. 3. 2000 der gesetzliche Zustand gemäß § 101 ASVG mit Wirkung ab 6. 9. 1985 in der Weise wiederhergestellt, dass als Bemessungsgrundlage gemäß den §§ 178, 179 Abs 1 ASVG der Betrag von S 338.100 (davon S 48.300 für Sonderzahlungen) festgestellt wurde und dem Kläger auf der Grundlage dieser (erhöhten) Bemessungsgrundlage die oben im Urteilsspruch bezeichneten Leistungen für die jeweils angeführten Zeiträume zuerkannt wurden.

Der gegen diesen Bescheid vom Kläger eingebrachten Klage gab das Erstgericht insoweit statt, als es als Bemessungsgrundlage für die Leistungen der beklagten Partei aus dem Arbeitsunfall des Klägers vom 7. 3. 1985 den bereits im angefochtenen Bescheid festgestellten Betrag von S 338.100 (darin S 48.300 für Sonderzahlungen) feststellte. Das Mehrbegehren auf Feststellung einer den Betrag von S

48.300 übersteigenden Bemessungsgrundlage für Sonderzahlungen sowie das Begehren auf Zinsen und Kosten wies das Erstgericht ab.

Das Berufungsgericht gab der vom Kläger nur gegen die Höhe der festgestellten Bemessungsgrundlage erhobenen Berufung nicht Folge. Es verwies in seiner Entscheidungsbegründung auf die Bestimmung des § 179 ASVG, wonach Bemessungsgrundlage in der Unfallversicherung, soweit sie nicht nach § 181 zu ermitteln sei, die Summe der allgemeinen Beitragsgrundlagen im letzten Jahr vor dem Eintritt des Versicherungsfalles sei. Dieser Summe seien die im letzten Jahr vor dem Eintritt des Versicherungsfalles angefallenen Sonderzahlungen bis zu dem sich aus § 54 Abs 1 ergebenden Höchstbetrag zuzuschlagen, soweit für sie Sonderbeiträge fällig geworden seien. Nach dieser Gesetzesbestimmung könnten daher Sonderzahlungen in keinem größeren Umfang als dies der Dauer der versicherten Tätigkeit in dem vor Eintritt des Versicherungsfalles liegenden letzten Jahr entspreche, berücksichtigt werden. Keinesfalls könnten in der Bemessungsgrundlage Sonderzahlungen für zwei volle Versicherungsjahre Berücksichtigung finden, wie dies vom Kläger angestrebt werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist - im Ergebnis - teilweise berechtigt.

Die Ausführungen des Revisionswerbers sind nicht geeignet, Bedenken gegen die Richtigkeit der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes hervorzurufen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Der Revisionswerber lässt bei seinen Ausführungen vor allem außer Betracht, dass bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Geldleistungen der Unfallversicherung nach dem ASVG der Bemessungszeitraum immer (nur) ein volles Jahr ist. Dieser Grundsatz ergibt sich insbesondere aus § 179 ASVG, nach dessen Abs 1 in der Unfallversicherung Bemessungsgrundlage, soweit sie nicht nach § 181 (nach festen Beträgen im Kalenderjahr) zu ermitteln ist, die Summe der (tatsächlichen) allgemeinen Beitragsgrundlagen im letzten Jahr vor dem Eintritt des Versicherungsfalles ist, aber auch aus den Abs 2 und 3 der erstzitierten Gesetzesstelle, die für den Fall, dass die Versicherung noch nicht ein (ganzes) Jahr, aber mindestens 6 Wochen bzw noch nicht 6 Wochen gedauert hat, eine Hochrechnung der tatsächlichen allgemeinen Beitragsgrundlagen bzw der (fiktiven) Beitragsgrundlagen, die für Versicherte derselben Art mit ähnlicher Ausbildung in derselben Gegend zutreffen, auf ein volles Jahr vorsieht und somit ebenfalls zu einem fiktiven Jahreseinkommen führt (SSV-NF 6/83 mwN ua; RIS-Justiz RS0084400).

Entsprechend den in der Unfallversicherung nach dem ASVG vorgesehenen Höchstbeitragsgrundlagen werden auch für die Bemessung der Geldleistungen aus der Unfallversicherung Einkünfte nur bis zur Höchstbeitragsgrundlage herangezogen. Die Bemessungsgrundlage beträgt jährlich höchstens das 360-fache der täglichen Höchstbeitragsgrundlage in der Unfallversicherung (§ 45 Abs 1) zuzüglich allfälliger nach § 179 ASVG zu berücksichtigender Sonderzahlungen (§ 178 Abs 2 ASVG). Die allgemeine Beitragsgrundlage, die im Durchschnitt des Beitragszeitraumes oder des Teiles des Beitragszeitraumes, in dem Beitragspflicht bestanden hat, auf den Kalendertag entfällt, darf die Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreiten. Als Höchstbeitragsgrundlage galt bzw gilt der früher gemäß § 108b ASVG und nunmehr gemäß § 108 Abs 1 und 3 festgestellte Betrag. Umfasst der Beitragszeitraum einen Kalendermonat und hat für den ganzen Kalendermonat Beitragspflicht bestanden, so ist bei der Anwendung der Höchstbeitragsgrundlage der Beitragszeitraum jedenfalls mit 30 Tagen anzusetzen (§ 45 Abs 1 ASVG).

Es ist zwischen den Parteien nicht strittig, dass das vom Kläger auf Grund seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit für die Firma A***** C*****, Erste Oberösterreichische H***** GmbH tatsächlich erzielte Entgelt im maßgebenden Bemessungszeitraum vom 1. 4. 1984 bis 31. 3. 1985 immer über der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 Abs 1 ASVG lag und sich daher bei einer monatlichen Höchstbeitragsgrundlage von S 24.000,-- für 1984 und von S 24.600,-- für 1985 für den genannten Zeitraum eine allgemeine Beitragsgrundlagensumme von insgesamt S 289.800,--, und zwar S 216.000,-- für den Zeitraum vom 1. 4. 1984 bis 31. 12. 1984 (= S 24.000,-- x 9) und von S 73.800,-- für den Zeitraum vom 1. 1. 1985 bis 31. 3. 1985 (= S 24.600,-- x 3) ergibt.

Dieser Summe sind gemäß § 179 Abs 1 zweiter Satz ASVG die im letzten Jahr vor dem Eintritt des Versicherungsfalles angefallenen Sonderzahlungen bis zu dem sich aus § 54 Abs 1 ergebenden Höchstbetrag zuzuschlagen, soweit für sie Sonderbeiträge fällig geworden sind. Sonderzahlungen werden nicht in den allgemeinen Entgeltbegriff des Sozialversicherungsrechtes (§ 49 Abs 1 ASVG) eingeschlossen. Von Sonderzahlungen sind daher Sonderbeiträge zu leisten, für die gemäß § 54 Abs 1 ASVG allerdings nur Sonderzahlungen bis zum 60-fachen Betrag der für die betreffende Versicherung in Betracht kommenden Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 Abs 1) zu berücksichtigen sind (vgl Brodil/Windisch-Graetz, Sozialrecht in Grundzügen3 53 ua). Es sind somit auch hinsichtlich der Sonderzahlungen nur jene Höchstbeitragsgrundlagen zu berücksichtigen, die im Sinne des § 45 Abs 1 ASVG und des § 108b (nunmehr § 108 Abs 1 und 3) ASVG für den jeweiligen Zeitraum festgesetzt sind.

Es ist zwischen den Parteien ebenfalls nicht strittig, dass die vom Kläger auf Grund seiner bereits erwähnten unselbständigen Erwerbstätigkeit tatsächlich erzielten Sonderzahlungen im maßgebenden Bemessungszeitraum vom 1. 4. 1984 bis 31. 3. 1985 immer über dem sich aus § 54 Abs 1 ASVG ergebenden Höchstausmaß lagen. Die Höchstbeitragsgrundlage betrug pro Kalendertag für das Jahr 1984 S 800,-- und für das Jahr 1985 S 820,--. Es sind daher nach zutreffender Ansicht der Vorinstanzen für den maßgebenden Bemessungszeitraum vom 1. 4. 1984 bis 31. 3. 1985 insgesamt S 48.300,--, und zwar S 36.000,-- für den Zeitraum vom 1. 4. 1984 bis 31. 12. 1984 (= S 800,-- x 60,-- x 9 : 12) und S 12.300,-- für den Zeitraum vom 1. 1. 1985 bis 31. 3. 1985 (= S 820,-- x 60 x 3 : 12), als Sonderzahlungen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Die Bemessungsgrundlage für die Geldleistungen der beklagten Partei aus dem Arbeitsunfall des Klägers vom 7. 3. 1985 beträgt daher nach zutreffender Rechtsansicht der Vorinstanzen insgesamt S 338.100,-- (S 289.800,-- an allgemeiner Beitragsgrundlage und S 48.300,-- an Beitragsgrundlage für Sonderzahlungen).

Die Ansicht des Revisionswerbers, für die Bildung der Bemessungsgrundlage für Sonderzahlungen seien die ungekürzten Jahreshöchstbeitragsgrundlagen für Sonderzahlungen von S 48.000,-- (für das Jahr 1984) und von S 49.800,-- - richtig: S 49.200,-- - (für das Jahr 1985), insgesamt also S 97.800,--, heranzuziehen, würde auf eine mit den zitierten gesetzlichen Bestimmungen im Widerspruch stehende und daher unzulässige Erweiterung des Bemessungszeitraumes für Sonderzahlungen auf zwei volle Versicherungsjahre hinauslaufen. Auch das weitere Argument des Revisionswerbers, dass bei einer Mehrfachversicherung die Beiträge für die Sonderzahlungen aus jeder Beschäftigung bis zum vorgesehenen Höchstbeitrag zu leisten seien, vermag seinen Rechtsstandpunkt schon deshalb nicht zu stützen, weil bei ihm eine solche Mehrfachversicherung nicht vorlag.

Die Revision ist im Ergebnis lediglich insoweit berechtigt, als die Vorinstanzen bei ihrer Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt haben, dass der bekämpfte Bescheid gemäß § 71 Abs 1 ASGG durch die Einbringung der Klage nicht nur im Umfang der nur eine Vorfrage für die Rentenhöhe bildenden Höhe der Bemessungsgrundlage, sondern auch im Umfang der auf der Grundlage dieser festgestellten Bemessungsgrundlage zugesprochenen Leistungen außer Kraft getreten ist. Dies hat zur Folge, dass dem Klagebegehren auch insoweit stattzugeben gewesen wäre, als der Rentenanspruch des Klägers nach dem Inhalt des Bescheides zu Recht besteht, weil das Urteil an die Stelle des Bescheides tritt und andernfalls keine rechtliche Grundlage für die dem Kläger von der beklagten Partei im angefochtenen Bescheid auf der Grundlage der neu festgesetzten Bemessungsgrundlage zugesprochenen Leistungen bestünde (Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen 392, 493 mwN; stRsp seit SSV-NF 1/18).

In diesem Sinne waren die Urteile der Vorinstanzen abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Obzwar der Kläger mit der Klage nicht mehr erreichte, als die beklagte Partei in ihrem Bescheid bereits zuerkannt hatte, war die Einbringung der Berufung und der Revision im Ergebnis notwendig, da auf Grund dieser Rechtsmittel der urteilsmäßige Zuspruch der bereits im Bescheid der beklagten Partei zuerkannten Leistung erfolgte (SSV-NF 7/46, 7/78 ua). Die für die Revision verzeichnete Pauschalgebühr war nicht zuzusprechen, weil eine solche Gebühr nach § 80 ASGG nicht anfällt. Bei der richtig verzeichneten Bemessungsgrundlage von S 50.000 (§ 77 Abs 2 ASGG) beträgt der Honoraransatz für die Revision S

2.387.

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