Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 12. 10. 1943 geborene Kläger hat den Beruf des Tischlers erlernt und war bis 1967 als Tischlergeselle und anschließend von 1967 bis 31. 7. 1995, als Maschinist beschäftigt. Anschließend arbeitete er wieder als Tischler. Als Maschinist hatte er Gleisbaumaschinen zu bedienen aber auch Wartungs- und Reparaturarbeiten durchzuführen. Die Hebe- und Trageleistung des Klägers lag im Bereich bis zu 50 kg, wobei auch Feinstmanipulationen im Zusammenhang mit Kleinstteilen zu verrichten waren. Der Kläger kann mittelschwere Arbeiten im Verlauf einer normalen Arbeitszeit und den üblichen Pausen verrichten. Feinmanipulationen mit beiden Händen sind nicht mehr möglich. Der Anmarschweg zur Arbeitsstätte ist nicht eingeschränkt. Mit Krankenständen von mehr als sieben Wochen pro Jahr ist nicht zu rechnen. Bis zum Stichtag 1. 9. 1998 weist der Kläger 486 Leistungsmonate auf.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Invaliditätspension, zunächst zum Stichtag 1. 9. 1998, wobei er vor Schluss der Verhandlung erster Instanz mit 8. 1. 2001 bereits in seinem Schriftsatz vom 14. 11. 2000 auf die mit dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000 novellierte Bestimmung des § 255 Abs 4 ASVG verwies und seinen Anspruch auch auf diese Bestimmung stützte.
Die beklagte Partei beantragte, wie im ablehnenden Bescheid die Abweisung des Klagebegehrens.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Wenn der Kläger auch nicht in der Lage sei, die überwiegend ausgeübte Tätigkeit als Maschinist, die allerdings nicht Berufsschutz begründete, aufgrund seines Gesundheitszustandes weiterhin auszuüben, so sei er jedoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als Lagerarbeiter, als Maschinenarbeiter an halbautomatischen Maschinen, Parkplatzaufseher, Portier oder Punktschweißer verweisbar. Die Voraussetzungen des § 255 Abs 1, 2 bzw 3 ASVG seien daher nicht gegeben.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge.
Die mit 1. 7. 2000 in Kraft getretene Änderung der gesetzlichen Regelungen käme auf den Kläger nicht zur Anwendung. Nach § 587 Abs 4 des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000 seien die nach dem 23. 5. 2000 und vor dem 2. 6. 2000 gestellten Anträge auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit als Anträge auf Invalditätspension zu werten und die sonst erst ab 1. 7. 2000 geltenden Bestimmungen des § 255 Abs 4 ASVG bereits ab 1. 6. 2000 anzuwenden. Damit sei für den Kläger jedoch nichts gewonnen, weil er am 20. 8. 1998 einen Antrag auf Gewährung einer Invaliditätspension gestellt habe. Wenn auch Rechtsänderungen, die erst nach dem Stichtag eintreten grundsätzlich beachtlich seien, so habe der Kläger jedoch niemals einen Anspruch nach § 253d ASVG geltend gemacht. Zum für den Kläger relevanten Stichtag 1. 9. 1998 seien die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invaliditätspension nicht gegeben, zumal hinsichtlich der Invaliditätspension gemäß § 255 Abs 3 ASVG keine Änderung der Rechtslage eingetreten sei. Über ein vom Kläger nicht gestelltes Begehren auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, die nicht eine Invaliditätspension sei, sei nicht zu erkennen. Es handle sich dabei um einen anderen Versicherungsfall. Eine Antragsumdeutung sei nicht vorzunehmen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Soweit sich der Revisionswerber dagegen wendet, dass die Vorinstanzen Berufsschutz des Klägers als Schlosser, oder im Sinne des deutschen Lehrberufes als Gleisbauer verneint haben, so gründen sich die diesbezüglichen Feststellungen auf das Gutachten des Sachverständigen für Berufskunde, dem der Kläger abgesehen davon, dass die Sachverhaltsgrundlage irreversibel ist, ohnehin nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen vermag. Ob der Kläger Arbeiten eines Gleisbaumaschinisten selbst durchgeführt hat, ersetzt die nach den Feststellungen fehlenden nicht weiteren Kenntnisse in wesentlichen Bereichen des Lehrberufes.
Mit 1. 7. 2000 trat gemäß § 587 Abs 1 ASVG in der Fassung SVÄG BGBl 2000/43 die Bestimmung des § 255 Abs 4 ASVG in Kraft. Sie lautet:
"Als invalid gilt auch der Versicherte, der das 57. Lebensjahr vollendet hat, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte außer Stande ist, eine Tätigkeit, die er in den letzten 180 Kalendermonaten vor dem Stichtag mindestens 120 Kalendermonate hindurch ausgeübt hat, nachzugehen. Dabei sind zumutbare Änderungen der Tätigkeit zu berücksichtigen."
Gemäß § 587 Abs 5 ASVG idF SVÄG ist die Bestimmung des § 255 Abs 4 ASVG in der zitierten Fassung nur auf Versicherungsfälle anzuwenden, in denen der Stichtag nach dem 30. 6. 2000 liegt. Für den vorliegenden Stichtag 1. 9. 1998 liegen daher die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch auf Gewährung einer Invaliditätspension nicht vor, weil Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG infolge der Verweisbarkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mangels Vorhandenseins eines Berufsschutzes nicht gegeben ist und die novellierte Bestimmung noch nicht anzuwenden ist.
Gesetzesänderungen wie die des § 255 Abs 4 ASVG idF SVÄG, die erst während des Verfahrens eintreten, sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senates zu berücksichtigen, soferne sie für den erhobenen Anspruch von Bedeutung sein können. Durch diese Änderung wird dann ein neuer Stichtag ausgelöst. Die Anspruchsvoraussetzungen sind zu diesem Stichtag zu prüfen (SSV-NF 3/134; 10 ObS 328/00h).
Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes spielt die Frage der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, die der Kläger nicht beantragt hat, keine Rolle. Der Kläger beantragte eine Invaliditätspension, über diesen Anspruch hat auch die beklagte Partei entschieden. Wenn dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt wird, eine Stichtagsverschiebung vorzunehmen und seinen Anspruch zu einem späteren Stichtag aufgrund der in der Zwischenzeit erfolgten Gesetzesänderung zu prüfen, so liegt kein Austausch des Versicherungsfalles oder der Art der begehrten Leistung im gerichtlichen Verfahren vor (10 ObS 38/00h).
Zum Stichtag 1. 11. 2000 liegen die Anspruchsvoraussetzungen nach der novellierten Bestimmung des § 255 Abs 4 ASVG aber nicht vor.
Der Kläger kann die seit 1967 bis 31. 7. 1995 ausgeübte Tätigkeit als Gleisbauarbeiter bzw Maschinist aufgrund seines Leistungskalküls nicht mehr verrichten. Dieses Versicherungsverhältnis endete am 31. 7. 1995. Die letzten 180 Kalendermonate vor dem neuen Stichtag 1. 11. 2000 reichen bis zum 1. 11. 1985 zurück, sodass der Kläger bis zum 31. 7. 1995 nur in 117, nicht jedoch in den nach § 255 Abs 4 nF ASVG geforderten 120 Monate die Tätigkeit ausgeübt hat, die er nunmehr aufgrund seines Leistungskalküls nicht mehr verrichten kann. Da der Kläger die das Leistungskalkül übersteigende Tätigkeit nicht in den nach § 255 Abs 4 ASVG erforderlichen 120 Versicherungsmonate ausgeübt hat, ist es entbehrlich zu prüfen, ob und auf welche Berufe eine Verweisung in Frage kommt.
Die Revision ist daher im Ergebnis nicht berechtigt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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