OGH 10ObS317/01t

OGH10ObS317/01t30.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Karlheinz Kux und MR Dr. Robert Göstl (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Erika M*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr. Paul Bachmann und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Höhe der Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. Juli 2001, GZ 12 Rs 74/01s-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. November 2000, GZ 16 Cgs 253/00b-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Antrag der klagenden Partei auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend § 139 Abs 6 GSVG gemäß Art 89 Abs 2 B-VG wird zurückgewiesen.

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes richtet, zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der beklagten Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 7. 7. 2000 wurde der Anspruch der am 17. 5. 1940 geborenen Klägerin auf Alterspension ab 1. 6. 2000 in Höhe von monatlich brutto S 11.962,40 anerkannt. Dabei wurden für die Berechnung der Pensionshöhe unbestritten 510 in Österreich erworbene Versicherungsmonate (davon 128 Monate deckende Kindererziehungszeiten), eine Bemessungsgrundlage (§ 122 GSVG) von S 14.953, eine Bemessungsgrundlage für Zeiten der Kindererziehung (§ 123 GSVG) von S 8.312 sowie eine Gesamtbemessungsgrundlage (§ 125 GSVG) von S 17.040 sowie ein mit 80 % begrenzter Steigerungsbetrag zugrunde gelegt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Feststellung, dass der Klägerin ab 1. 6. 2000 eine Alterspension im gesetzlichen Ausmaß zustehe, und auf Zahlung einer monatlichen Alterspension im gesetzlichen Ausmaß gerichtete Klage. Die beklagte Partei hätte der Pensionsberechnung nicht die Bemessungsgrundlage von S 14.953, sondern die Gesamtbemessungsgrundlage in Höhe von S 17.040 zugrunde legen müssen. Daraus ergebe sich ein Pensionsanspruch der Klägerin in Höhe von S 13.632 monatlich (= 80 % von S 17.040). Die Bestimmung des § 139 Abs 6 GSVG beinhalte keine andere Regelung. Diese Bestimmung beziehe sich auf die höchste zur Anwendung kommende Bemessungsgrundlage. Wenn Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen seien, sei dies die Gesamtbemessungsgrundlage, welche sich aus den Bemessungsgrundlagen nach den §§ 122 und 123 GSVG ergebe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass die Pensionshöhe durch die Bestimmung des § 139 Abs 6 GSVG begrenzt sei. Demnach sei der Berechnung der monatlichen Alterspension die höchste zur Anwendung kommende Bemessungsgrundlage (§§ 122 Abs 1, 123 Abs 1, 126) und nicht die Gesamtbemessungsgrundlage (§ 125) zugrundezulegen. Dies ergebe sich eindeutig daraus, dass § 125 GSVG im Klammerausdruck des § 139 Abs 6 GSVG nicht angeführt sei. Die Höhe der Alterspension sei daher richtig berechnet worden.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin ab 1. 6. 2000 eine monatliche Alterspension in der bescheidmäßig zuerkannten Höhe von S 11.962,40 zu bezahlen und wies das Mehrbegehren auf Zahlung einer höheren Pension ab.

In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht auf den Wortlaut des § 139 Abs 6 GSVG, wonach der Steigerungsbetrag 80 % der höchsten zur Anwendung kommenden Bemessungsgrundlage (§§ 122 Abs 1, 123 Abs 1, 126) nicht übersteigen dürfe. Dass die Gesamtbemessungsgrundlage nach § 125 GSVG in dieser Bestimmung nicht erwähnt sei, beruhe nicht auf einem Versehen des Gesetzgebers, sondern zeige vielmehr dessen Absicht, die Gesamtbemessungsgrundlage bei der Ermittlung der maximalen Pensionshöhe nicht zu berücksichtigen. Dies ergebe sich auch aus den vergleichbaren Bestimmungen des § 261 Abs 6 ASVG und des § 130 Abs 6 BSVG, welche ebenfalls nicht auf die - mit § 125 GSVG gleichlautenden - Regelungen der §§ 240 ASVG und 116 BSVG verweisen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es vertrat ebenfalls die Ansicht, dass die auszulegende Bestimmung des § 139 Abs 6 GSVG eindeutig und nicht ergänzungsbedürftig sei. Die in dieser Bestimmung in Klammer angeführten Bemessungsgrundlagen seien abschließend aufgezählt. Dies ergebe sich aus den vergleichbaren Regelungen der §§ 261 Abs 6 ASVG und 130 Abs 6 BSVG. Die Erwähnung des § 125 GSVG sei vom Gesetzgeber offensichtlich bewusst unterlassen worden, sodass bei Zusammenrechnung der angeführten Bemessungsgrundlagen das Gesetz sinnwidrig ausgelegt und dadurch umgangen würde. Der Steigerungsbetrag und damit das Ausmaß der Alterspension solle nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers 80 % der höchsten zur Anwendung kommenden Bemessungsgrundlage nach § 122 Abs 1 oder § 123 Abs 1 oder § 126 GSVG nicht übersteigen. Diese Regelung entspreche im Übrigen auch der "alten" Rechtslage; der frühere Abs 4 des § 139 GSVG sei wortgleich mit dem jetzigen Abs 6.

Der allgemein gehaltene Hinweis der Klägerin auf die Anwendung von Übergangsrecht meine offenbar die Bestimmung des § 266 Abs 18 GSVG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996 (BGBl 1996/201), wonach für Frauen, die am 1. 9. 1996 das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben, die Bestimmungen über die Pensionsberechnung nach der am 31. 8. 1996 geltenden Rechtslage weiterhin anzuwenden sind. Wie sich aus dem Pensionsakt ergebe, habe die beklagte Partei eine Vergleichsberechnung der Pension unter Zugrundelegung der zum 31. 8. 1996 geltenden Bestimmungen angestellt. Da die dabei ermittelten Bemessungsgrundlagen geringer seien als die Bemessungsgrundlagen nach der Rechtslage zum Stichtag, könne sich die Klägerin durch die Nichtanwendung von "Übergangsrecht" nicht beschwert erachten.

Schließlich begründete das Berufungsgericht noch ausführlich, warum es auch die von der Klägerin gegen die Bestimmung des § 139 Abs 6 GSVG geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teile und weshalb es sich daher auch zu der von der Klägerin angeregten Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst sehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Weiters bekämpft die Klägerin die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes mit der Begründung, dass die Voraussetzungen für einen Kostenzuspruch aus Billigkeit nach § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG gegeben seien.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig, soweit damit die Entscheidung des Berufungsgerichtes über den Kostenpunkt bekämpft wird. Nach ständiger Rechtsprechung kann nämlich die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt weder im Rahmen der Revision noch mit Rekurs bekämpft werden; dies gilt auch in Sozialrechtssachen (SSV-NF 12/22 mwN ua). Die unzulässige Revision im Kostenpunkt ist daher zurückzuweisen.

Im Übrigen ist die Revision nicht berechtigt.

Die durch die 19. Novelle zum GSVG (BGBl 1993/336; vgl auch 51. ASVG Nov - BGBl 1993/335 und 18. BSVG Nov - BGBl 1993/337) neu geschaffenen und seither novellierten Bestimmungen zur Anrechnung von Kindererziehungszeiten (§ 116a GSVG) sehen vor, dass bei einer (einem) Versicherten, die (der) ihr (sein) Kind tatsächlich und überwiegend erzogen hat, die Zeit dieser Erziehung im Inland im Ausmaß von höchstens 48 Kalendermonaten, gezählt ab der Geburt des Kindes, als Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung gelten. Darüber hinaus haben Kindererziehungsmonate in der Regel auch Auswirkungen auf die Pensionshöhe. Für die Honorierung von Kindererziehungsmonaten wurde in § 123 Abs 1 GSVG (vgl auch die gleichlautenden Bestimmungen der §§ 239 Abs 1 ASVG und 114 BSVG) eine gesonderte (pauschale) Bemessungsgrundlage vorgesehen. Überschneiden sich Zeiten der Kindererziehung mit anderen Versicherungszeiten, insbesondere Pflichtversicherungszeiten, wird in der Regel gemäß § 123 Abs 3 GSVG für die Honorierung dieser Monate die (normale) Bemessungsgrundlage gemäß § 122 GSVG um die Bemessungsgrundlage gemäß § 123 Abs 1 GSVG erhöht. Es erfolgt somit eine Zusammenzählung der normalen Bemessungsgrundlage und der Bemessungsgrundlage für Zeiten der Kindererziehung.

Für die Berechnung des Steigerungsbetrages (und damit der Pensionshöhe) gemäß den §§ 139 ff GSVG ist gemäß § 125 GSVG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 201, eine Gesamtbemessungsgrundlage zu bilden, welche die Summe der Bemessungsgrundlagen (§§ 122 Abs 1, 123, 126) aller für das Ausmaß der Pension nach dem GSVG, dem ASVG, dem BSVG und dem FSVG zu berücksichtigenden Versicherungsmonate geteilt durch die Summe der Versicherungsmonate ist. Diese Gesamtbemessungsgrundlage ist jedoch nicht alleine ausschlaggebend für die Pensionshöhe. Die Pensionshöhe ist vielmehr nur ein bestimmter Prozentsatz (Steigerungsbetrag gemäß § 139 GSVG) der Gesamtbemessungsgrundlage. Der Steigerungsbetrag darf nach der in ihrer Auslegung hier strittigen Bestimmung des § 139 Abs 6 GSVG grundsätzlich 80 % der höchsten zur Anwendung kommenden Bemessungsgrundlage (§§ 122 Abs 1, 123 Abs 1, 126) nicht übersteigen. Eine mit § 139 Abs 6 GSVG inhaltsgleiche Bestimmung findet sich auch in § 261 Abs 6 ASVG und in § 130 Abs 6 BSVG.

Während § 139 Abs 4 GSVG idF vor der Änderung durch die 20. Novelle zum GSVG (BGBl 1994/21) noch vorsah, dass bei der Bemessung des Steigerungsbetrages höchstens 540 Versicherungsmonate heranzuziehen sind, erhielt diese Bestimmung durch die genannte Novelle ihren nunmehrigen Wortlaut. Diese Neuregelung wurde notwendig, weil es im Zusammenhang mit der bereits erwähnten neuen Art der Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten durch die 53. ASVG-Novelle (bzw 19. GSVG-Novelle) nicht mehr nur eine Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Höhe einer Pension gab, sondern je nachdem, ob Zeiten der Kindererziehung mit anderen Zeiten zusammenfallen oder ausschließlich Kindererziehungszeiten bzw Beschäftigungszeiten vorliegen, den Prozentsätzen für den Steigerungsbetrag verschieden hohe Bemessungsgrundlagen zuzuordnen sind. Es sollte daher durch diese Änderungen eine hinreichend genaue Definition der entsprechenden Berechnungsvorschriften erfolgen (vgl ARD 4514/20/93; Leutner ua, Änderungen im Sozialversicherungsrecht, SozSi 1994, 3 ff [21]). Diese Begrenzung der Pension mit 80 % der (normalen) Bemessungsgrundlage nach § 238 ASVG (§ 122 GSVG) oder 80 % der festen Bemessungsgrundlage für Zeiten der Kindererziehung nach § 239 Abs 1 ASVG (§ 123 Abs 1 GSVG), je nachdem, welche der beiden Bemessungsgrundlagen höher ist, führte dazu, dass Kindererziehungszeiten nicht zu einer Pensionserhöhung führen, wenn eine Mutter die Pension nach Vollendung ihres 60. Lebensjahres in Anspruch nimmt und schon ohne Kindererziehungsmonate mindestens 40 Versicherungsjahre erworben hat (Marek, Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten in der Pensionsversicherung, DRdA 1995, 227 ff [233]).

Die Neugestaltung des Steigerungsbetrages im Rahmen der Pensionsberechnung durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 201, insbesondere auch die Bestimmungen über die für die Berechnung des Steigerungsbetrages gemäß § 261 ASVG (§ 139 GSVG) zu bildende Gesamtbemessungsgrundlage brachte keine Änderung der nunmehr in § 261 Abs 6 ASVG (§ 139 Abs 6 GSVG) vorgesehenen Limitierung des Steigerungsbetrages mit 80 % der höchsten in Frage kommenden Bemessungsgrundlage. Es sollte somit wie bisher die Pension mit 80 % der Bemessungsgrundlage begrenzt bleiben. Die Senkung des Steigerungsbetrages von 1,9 auf 1,83 wurde durch eine Anhebung der Bemessungsgrundlage für Kindererziehung auf monatlich S 6.500 kompensiert (vgl Choholka ua, Strukturanpassungsgesetz 1996, Änderungen im Sozialversicherungsrecht, SozSi 1996, 471 ff [479] ua). Diese Änderungen traten mit 1. 9. 1996 in Kraft. Für Versicherte, die am 1. September 1996 bereits das 55. (Frauen) bzw das 60. (Männer) Lebensjahr vollendet hatten, sollte die Pensionsberechnung weiterhin nach den Bestimmungen zum Stand 31. 8. 1996 vorgenommen werden (vgl § 563 Abs 19 ASVG bzw § 266 Abs 18 GSVG).

Als - teilweise - Kompensation für allfällige Pensionsminderungen infolge der neuerlich geänderten Steigerungsbetragsregelung bzw des längeren Bemessungszeitraumes wurde in § 239 Abs 1 ASVG (§ 123 Abs 1 GSVG) idF des Arbeits- und Sozialrechtsänderungsgesetzes 1997 (BGBl I 1997/139) für Personen mit Kindererziehungszeiten eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage für solche Zeiten auf den Einzelrichtsatz für die Ausgleichszulage vorgenommen. Diese Erhöhung der Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten führte wiederum dazu, dass für die von der erwähnten Übergangsbestimmung des § 563 Abs 19 ASVG bzw § 266 Abs 18 GSVG betroffenen Frauen, die mit Stichtagen ab 1. 1. 2000 in Pension gehen, die ab diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage über die Pensionsberechnung günstiger sein könnte. Da die erwähnten Übergangsbestimmungen betreffend die alleinige Anwendung der alten Rechtslage den alleinigen Zweck hatten, Versicherte vor Verschlechterungen im Leistungsrecht zu schützen, erfolgte durch das Sozialversicherungsänderungsgesetz 1999, BGBl I 2000/2, eine Änderung dahingehend, dass diese Übergangsbestimmungen (§ 563 Abs 19 ASVG bzw § 266 Abs 18 GSVG ua) nur dann anzuwenden sind, wenn die Anwendung der neuen Rechtslage für den (die) Versicherte(n) ungünstiger ist (vgl AB 9 BlgNR 21. GP, 2; Rudda, Neues in der Sozialversicherung ab dem Jahr 2000, SozSi 2000, 2).

Die Revisionswerberin wiederholt in ihrem Rechtsmittel zunächst ihren Prozessstandpunkt, wonach die Gesamtbemessungsgrundlage im Sinne des § 125 GSVG die "höchste zur Anwendung kommende Bemessungsgrundlage" im Sinn des § 139 Abs 6 GSVG sei. Einer solchen Auslegung steht, wie bereits die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, der eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegen, welcher ausdrücklich nur auf die (normale) Bemessungsgrundlage nach § 122 Abs 1 GSVG, die Bemessungsgrundlage für Zeiten der Kindererziehung nach § 123 Abs 1 GSVG und die Bemessungsgrundlage in besonderen Fällen nach § 126 GSVG Bezug nimmt. Auch die oben dargelegte Entstehungsgeschichte sowie die erwähnten Novellierungen dieser Bestimmungen bieten keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer im Wege der Analogie zu schließenden Gesetzeslücke. Zutreffend verweist die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung darauf, dass das GSVG (ebenso die entsprechenden Parallelbestimmungen im ASVG und BSVG) in mehreren Zusammenhängen (§§ 139 Abs 6, 143 Abs 4 letzter Satz und 145 Abs 1 Z 4 letzter Satz) inhaltsgleiche Bestimmungen vorsieht, wonach die jeweils in Betracht kommende (tatsächliche oder fiktive) Pension 80 % der höchsten zur Anwendung kommenden Bemessungsgrundlage (§§ 122 Abs 1, 123 Abs 1, 126) nicht übersteigen darf. Während im Zuge des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 201, in § 143 Abs 4 erster Satz GSVG und in § 143 Abs 6 erster Satz GSVG der Ausdruck "Bemessungsgrundlage" durch den Ausdruck "Gesamtbemessungsgrundlage" ersetzt wurde (vgl Art 35 Z 58 und 59 des Strukturanpassungsgesetzes 1996), erhielt der bisherige Abs 4 des § 139 die Bezeichnung "Abs 6", blieb jedoch inhaltlich unverändert. Gerade die Bestimmung des § 143 Abs 4 GSVG zeigt eindeutig den Willen des Gesetzgebers, dass eine allfällige höhere Gesamtbemessungsgrundlage nicht über die Bemessungsgrundlagen gemäß den §§ 122 Abs 1, 123 Abs 1, und 126 GSVG hinaus zum Tragen kommen soll. Die Bestimmung des § 139 Abs 6 GSVG ist daher dahin zu verstehen, dass auch mit den Kindererziehungszeiten 80 % der höchsten (entweder jener nach der Berechnung nach § 122 Abs 1 bzw § 126 GSVG oder der pauschalen für Zeiten der Kindererziehung) Bemessungsgrundlage nicht überschritten werden dürfen und dabei die Gesamtbemessungsgrundlage nach § 125 GSVG außer Betracht zu bleiben hat (vgl auch Resch, Sozialrecht 118; Radner ua, BSVG3 Anm 5 und 12 zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 130 Abs 6 BSVG). Diese Rechtslage gilt auch für das Übergangsrecht (vgl § 266 Abs 18 GSVG), weil bereits § 139 Abs 4 GSVG idF der 20. GSVG Nov (BGBl 1994/21) eine gleichlautende Limitierungsbestimmung enthält.

Der erkennende Senat teilt auch nicht die von der Revisionswerberin gegen diese Rechtslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Revisionswerberin stellt nicht in Abrede, dass ihr Pensionsanspruch höher ist als jener einer nicht gleichzeitig erwerbstätigen Mutter. Sie erblickt die Verfassungswidrigkeit allerdings darin, dass ihre Kindererziehungszeiten im Hinblick auf die Limitierungsbestimmung des § 139 Abs 6 GSVG im Ergebnis zu keiner Erhöhung der Pension führen. In diesem Zusammenhang erblickt die Revisionswerberin eine angebliche Verfassungswidrigkeit auch darin, dass sie im Hinblick auf ihre zurückgelegten 42 1/2 Versicherungsjahre einen Steigerungsbetrag von 85 vH erreiche, die Höhe ihrer Pension jedoch auf 80 % der Bemessungsgrundlage beschränkt sei.

Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes innerhalb der jeweiligen Riskengemeinschaft der Sozialversicherten der Versorgungsgedanke im Vordergrund steht, während der Versicherungsgedanke in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückgedrängt ist. Es gilt daher in der Sozialversicherung auch nicht der Grundsatz der Äquivalenz von Beitragsleistungen und Versicherungsleistung, sodass in Kauf genommen werden muss, dass es in manchen Fällen trotz Leistung von Pflichtbeiträgen zu keiner Versicherungsleistung kommt bzw nicht die volle Versicherungsleistung bezahlt wird (vgl VfSlg 14.842, 12.739 mwN ua). Im Übrigen kommt dem einfachen Gesetzgeber eine, freilich nicht unbegrenzte, rechtspolitische Gestaltungsfreiheit zu, die außer bei einem Exzess nicht der verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt und insoweit auch nicht mit den aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitbaren Maßstäben zu messen ist. Innerhalb dieser Grenzen ist die Rechtskontrolle nicht zur Beurteilung der Rechtspolitik berufen (VfSlg 9583 mwN). Kindererziehungszeiten wirken sich aufgrund ihrer Anerkennung als Ersatzzeiten in der Regel nicht nur auf die Begründung eines Pensionsanspruchs aus, sondern sie wirken in der Regel auch pensionserhöhend. So führen Kindererziehungszeiten bei nicht gleichzeitig erwerbstätigen Müttern zu einer Erhöhung des Steigerungsbetrages (vgl 10 ObS 146/00v), während es bei gleichzeitig erwerbstätigen Müttern - wie auch im Falle der Klägerin - durch die Zusammenzählung der beiden Bemessungsgrundlagen (§ 123 Abs 3 GSVG) zu einer höheren Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Steigerungsbetrages kommt. Bei der Beurteilung des Umstandes, dass die in § 139 Abs 6 GSVG vorgesehene Begrenzung der Pension mit 80 % der höheren Bemessungsgrundlage in gewissen Fällen - wie beispielsweise bei der Klägerin - dazu führen kann, dass Kindererziehungszeiten im Ergebnis nicht zu einer Pensionserhöhung führen, ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den Zeiten der Kindererziehung um keine Beitragszeiten, sondern um Ersatzzeiten handelt, für die keine Beiträge an die Versichertengemeinschaft geleistet wurden (vgl SSV-NF 9/4 ua). Schließlich ist bei der Beurteilung einer Norm unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen; dass sich vereinzelt Härtefälle ergeben können, muss grundsätzlich unberücksichtigt bleiben (SSV-NF 4/153 mwN ua). Aufgrund dieser Erwägungen sieht sich auch der erkennende Senat zu der von der Revisionswerberin begehrten Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst. Deshalb war der Antrag der Revisionswerberin, beim Verfassungsgerichtshof nach Art 89 Abs 2 B-VG die Aufhebung des § 139 Abs 6 GSVG zu beantragen, zurückzuweisen (vgl SSV-NF 8/88 ua).

Ausgehend von der dargestellten Rechtslage, gegen die keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, kommt der Revision keine Berechtigung zu.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit liegen nicht vor.

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