OGH 1Ob233/01y

OGH1Ob233/01y22.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Paul Alexander S*****, geboren am *****, infolge Revisionsrekurses des Vaters DI Dr. Gerhard W*****, vertreten durch Dr. Heinz Buchmayr und Dr. Johannes Buchmayr, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 28. Juni 2001, GZ 2 R 178/01p-13, womit der Beschluss des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 5. Juni 2001, GZ 17 P 60/01d-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Am 26. 3. 2001 begehrte der durch einen Unterhaltssachwalter vertretene Minderjährige die Verpflichtung seines Vaters zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrags von S 4.100 ab 9. 8. 2000. Der Vater erziele ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von etwa S 25.700 und habe keine weiteren Sorgepflichten. Die das Kind betreuende Mutter sei als AHS-Lehrerin berufstätig.

Der Vater wendete ein, ohnehin S 2.150 monatlich freiwillig an Unterhalt für das Kind zu bezahlen. Eine weitere Alimentierung lehnte er ab, weil diese nicht dem Kind, sondern der Mutter zugute käme.

Das Erstgericht setzte den vom Vater ab 9. 8. 2000 zu leistenden monatlichen Unterhalt mit S 4.100 fest. Das monatliche Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters betrage etwa S 25.500 und weitere Sorgepflichten bestünden nicht. Durch diese Unterhaltsleistung nehme das Kind an den Lebensverhältnissen seines Vaters angemessen teil.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach letztlich aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Mutter erbringe ihre Unterhaltsleistung in Form der Betreuungstätigkeit, ihr Eigeneinkommen sei nicht von Bedeutung. Die Befürchtung, dass die Mutter die Unterhaltsbeträge nicht widmungsgemäß verwende, könne nur zur Ergreifung pflegschaftsgerichtlicher Maßnahmen führen. Den vom Vater nach dessen Behauptungen auf ein bestimmtes Konto geleisteten Zahlungen komme keine schuldbefreiende Wirkung zu. Mit der Festlegung des Unterhalts in der Höhe etwa des doppelten Regelbedarfs nehme das Kind ausreichend an den Lebensverhältnissen des Vaters teil.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist unzulässig.

Gewiss kommt der Frage, ob die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung der Unterhaltsleistungen an nicht haushaltszugehörige Kinder durch Anrechnung eines Teils der Transferleistungen (Familienbeihilfe) auf den Unterhalt zu erfolgen habe, erhebliche Bedeutung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zu; dazu sind die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs in dessen Erkenntnis vom 27. 6. 2001, B 1285/00, deshalb von Bedeutung, weil dieses Gericht § 12a FamLAG - abweichend von der bisherigen Praxis - in teleologischer Reduktion einer seiner Ansicht nach verfassungskonformen Auslegung unterzog, um jenen Anteil der Transferleistungen zu ermitteln, "in dem die Transferleistungen nicht zum Ausgleich der überhöhten Dauerbelastung benötigt werden". Die vom Revisionsrekurswerber und vom Rekursgericht aufgezeigte erhebliche Rechtsfrage bedarf aber im vorliegenden Fall keiner Lösung:

Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Vater auf Grund seines monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens von etwa S 25.500 und mangels weiterer Sorgepflichten zur Leistung des ihm auferlegten Unterhaltsbeitrags von S 4.100 monatlich (etwa 16 % seines Nettoeinkommens) in der Lage ist. Die vom Verfassungsgerichtshof geforderte Abgeltung der Steuermehrbelastung in Form einer Kürzung der Unterhaltspflicht des Vaters durch teilweise Anrechnung von Transferleistungen ist für dessen Leistungsfähigkeit an und für sich ohne Einfluss. Ist der Vater zur Leistung des ihm auferlegten Unterhaltsbetrags wirtschaftlich in der Lage, so stellt sich die weitere Frage, ob das Kind dadurch "überalimentiert" würde. Dies ist zu verneinen:

In der Judikatur wurde eine Begrenzung der Geldunterhaltsleistungen mit dem Zweieinhalbfachen des "Regelbedarfs" entwickelt, um das Kind zwar an einem überdurchschnittlichen Einkommen des Unterhaltspflichtigen teilhaben zu lassen, aber eine pädagogisch schädliche Überalimentierung zu vermeiden (EFSlg 89.344; 89.346; Schwimann, Unterhaltsrecht2 32 f; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 16). Der Regelbedarf des etwa einjährigen Kindes beträgt zur Zeit S 2.030 (ÖA 2000, 152), das Zweieinhalbfache dieses Betrags demnach S 5.075. Bei Bemessung des monatlichen Unterhalts mit S 4.100 wird die von der Rechtsprechung eingezogene Obergrenze bei weitem nicht erreicht, der festgesetzte Unterhalt liegt vielmehr S 975 unter der "Luxusgrenze". Eine Kürzung des vom Vater zu leistenden Unterhalts aus den vom Verfassungsgerichtshof angestellten Erwägungen schlügen den darauf fußenden Berechnungen des Vaters zufolge nur mit einem Jahresbetrag von maximal S 5.640 (siehe S 5 des Revisionsrekurses), also mit S 470 monatlich, zu Buche. Zählte man diesen - fiktiven - Kürzungsbetrag der auferlegten Unterhaltsleistung hinzu, so ergäbe dies einen Betrag von S 4.570, der noch immer in der von der Rechtsprechung tolerierten Bandbreite einer sachgerechten Unterhaltsbemessung läge. Die von den Vorinstanzen unterlassene teilweise Anrechnung der "Transferleistungen" in Form einer Kürzung der Unterhaltspflicht des Vaters könnte die vorinstanzliche Unterhaltsbemessung daher keiner krassen Fehlbeurteilung zeihen.

Ein Ausspruch über die Anrechnung der vom Vater nach dessen Behauptungen bereits bezahlten Unterhalts(teil)beträge auf den von den Vorinstanzen festgesetzten Unterhalt hat zu unterbleiben. Der nach dessen Ausführungen von ihm monatlich geleistete Unterhalt erreichte jedenfalls nicht die gerichtlich festgesetzte Höhe, sodass die gerichtliche Bemessung des Unterhalts erforderlich war. Selbstverständlich sind bereits geleistete Teilzahlungen anzurechnen und verringern diese die aktuelle Unterhaltsschuld. Die Frage, ob bereits teilweise eine Unterhaltsleistung erbracht wurde, ist nicht im Rahmen der Festsetzung des vom Vater zu leistenden Unterhalts zu klären.

Da keine (relevante) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu lösen ist, ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 14 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen. An den gegenteiligen Ausspruch des Rekursgerichts ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 16 Abs 3 AußStrG nicht gebunden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte