OGH 1Ob255/01h

OGH1Ob255/01h22.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fritz L*****, vertreten durch Dr. Harald Gerl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei U***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Gerhard Delpin und Dr. Hermann Kogler, Rechtsanwälte in Leoben, sowie die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei S*****-Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Kammerlander, Piaty & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 202.178,-- sA infolge "außerordentlicher Revision" der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 22. März 2001, GZ 3 R 23/01d-85, womit das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 24. November 2000, GZ 4 Cg 73/97k-73, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte von der beklagten Partei letztlich die Zahlung von S 230.303 sA.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger S 76.767,67 sA zu bezahlen und wies das Mehrbegehren von S 153.535,33 ab.

Im Berufungsverfahren bekämpfte der Kläger die Abweisung seines Mehrbegehrens von S 153.535,33 sA, wogegen die beklagte Partei den Zuspruch eines Teilbetrags von S 48.642,67 sA und die Nebenintervenientin den Zuspruch von S 39.267,67 sA anfochten. Entscheidungsgegenstand in Ansehung des Klägers war im Berufungsverfahren somit ein Betrag von S 202.178 sA. Die Begehren der vormals weiteren Kläger haben außer Betracht zu bleiben, weil auf Klagsseite keine einheitliche Streitpartei gegeben war.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers nicht Folge, änderte aber das Ersturteil in Stattgebung der Berufungen der beklagten Partei und der Nebenintervenientin dahin ab, dass dem Kläger nur ein Betrag von S 28.125 sA zuerkannt und das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 202.178 abgewiesen wurde. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Dagegen erhob der Kläger "außerordentliche Revision" mit dem Antrag, diese zuzulassen und das Urteil des Berufungsgerichts im Sinne eines Zuspruchs weiterer S 202.178 sA abzuändern.

Das Erstgericht legte die "außerordentliche Revision" unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 (WGN 1997) geltenden Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 52.000 S, nicht aber insgesamt 260.000 S übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Der Streitgegenstand übersteigt zwar 52.000 S, nicht aber 260.000 S. Unter diesen Voraussetzungen kann allerdings die Partei gemäß § 508 Abs 1 ZPO idF WGN 1997 einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; in diesem Antrag sind die Gründe dafür anzuführen, warum - entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts - die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Mit dem selben Schriftsatz ist die ordentliche Revision auszuführen. Ein solcher Antrag, verbunden mit einer ordentlichen Revision, ist gemäß § 508 Abs 2 ZPO idF WGN 1997 beim Prozessgericht erster Instanz binnen vier Wochen ab Zustellung des Berufungserkenntnisses einzubringen.

Im vorliegenden Fall hat der Rechtsmittelwerber das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum er die Revision für zulässig erachte. Soweit er auf § 505 Abs 3 ZPO verweist, was auf einen Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO hindeuten könnte, so bezeichnet er dennoch das von ihm erhobene Rechtsmittel stets als außerordentliche Revision und begehrt deren Zulassung. Damit fehlt es der Revision an einem ausdrücklichen Antrag an das Berufungsgericht im Sinne des § 508 Abs 1 ZPO idF WGN 1997.

Im Hinblick auf die geschilderte Rechtslage war der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, zumal ein Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO idF WGN 1997 gemäß § 507b Abs 2 ZPO idF WGN 1997 dem Berufungsgericht vorzulegen ist. Sollte das Erstgericht der Meinung sein, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar an den Obersten Gerichtshof gerichtet sei, dann wird es einen - mit Fristsetzung verbundenen - Verbesserungsauftrag zu erteilen haben, weil es dem Rechtsmittelschriftsatz an einem Inhaltserfordernis im Sinne des § 84 Abs 3 ZPO mangelte. Das gilt nach § 474 Abs 2 zweiter Satz ZPO auch für das Fehlen eines Rechtsmittelantrags. Sollte der Rechtsmittelwerber die Verbesserung seines Schriftsatzes verweigern, dann wäre die Revision jedenfalls unzulässig (§ 502 Abs 4 ZPO).

Aus diesen Überlegungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

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