OGH 6Ob44/01s

OGH6Ob44/01s18.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der Firma F*****, Inhaber Gustav H*****, Pächter Andreas P*****, mit dem Sitz in Wien, über den Revisionsrekurs des Gustav H*****, vertreten durch Dr. Georg Angermaier, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 2. Jänner 2001, AZ 28 R 148/00s, 28 R 323/00a, mit dem dem Rekurs des Endre P*****, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwältin in Wien, gegen die Beschlüsse des Handelsgerichtes Wien vom 2. Dezember 1999, GZ 72 Fr 15357/99h-2, und vom 3. Dezember 1999, GZ 72 Fr 5646/99b-7, Folge gegeben und dem Erstgericht die Einleitung des amtswegigen Verfahrens zur Löschung der mit den angefochtenen Beschlüssen verfügten Eintragungen aufgetragen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Im Jahr 1980 verpachtete Gustav H***** sein seit 1970 unter der Firma "F*****, Inhaber Gustav H*****" registriertes Unternehmen Andreas P*****. Die Firma wurde in "F*****, Inhaber Gustav H*****, Pächter Andreas P*****" geändert. Aufgrund des gemeinsamen Antrages von Gustav H***** und Andreas P***** trug das Registergericht die geänderte Firma, den Übergang des Unternehmens durch Verpachtung auf Andreas P***** und als Geschäftsinhaber den Pächter Andreas P***** in das Handelsregister ein (HG Wien, HRA Nr 5533). Diese Eintragungen wurden in die Datenbank des Firmenbuches übertragen (FN 1483g).

Am 26. 4. 1999 beantragte Gustav H***** als "Inhaber" der Firma deren "Streichung aus dem Handelsregister". Dem Antrag war eine Verständigung der Gewerbebehörde vom 23. 12. 1980 über die Zurücklegung seiner Gewerbeberechtigung mit Wirksamkeit vom 31. 12. 1980 angeschlossen. Das Erstgericht stellte ihm diese Eingabe zur Verbesserung durch beglaubigte Unterfertigung des Antrages durch den Pächter zurück. Mit einem am 10. 6. 1999 namens Gustav H***** von einer ungenannten Person verfassten, mit "i. V. H*****" unterfertigten Schreiben wurden die zurückgestellten Unterlagen unverbessert wieder vorgelegt und abermals um Löschung ersucht. Der Eingabe war eine Kopie einer Todfallsaufnahme des Bezirksgerichtes Hietzing, GZ 2 A 172/97w-7, angeschlossen, aus der hervorgeht, dass Andreas P***** am 27. 10. 1997 verstorben ist und zwei volljährige Kinder, Endre und Juliana P*****, hinterließ.

Am 19. 11. 1999 wurde der Nachlass des Andreas P***** seinem Sohn Endre zur Gänze eingeantwortet.

Am 23. 11. 1999 begehrte der nunmehr anwaltlich vertretene Gustav H***** abermals die Durchführung der beantragten Löschung und brachte vor, dass der Pachtvertrag beendet worden sei. Hiezu legte er die Kopie einer zu 6 C 1278/94s beim Bezirksgericht Hernals eingebrachten Klage gegen Andreas P***** auf Aufhebung des Pachtvertrages, Räumung dort näher beschriebener Fabriksräume und Zahlung rückständiger Pachtzinse sowie eine Vergleichsausfertigung des Bezirksgerichtes Hernals mit der AZ 22 C 87/96i vor, die unter anderem eine Räumungsverpflichtung des Beklagten Andreas P***** bis 30. 9. 1998 enthält. Hiezu führte der Antragsteller aus, dass das Verfahren im Jahr 1996 von der Abteilung 6 C an die Abteilung 22 C des Bezirksgerichtes Hernals abgetreten worden sei. Die Vergleichsausfertigung ist mit 19. 3. 1998 datiert. Darin wird aber einleitend festgehalten, dass die Parteien "am 19. 3. 1999" den Vergleich geschlossen hätten. Sie ist mit einer Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 22. 11. 1999 versehen.

Das Erstgericht verfügte mit Beschluss vom 2. 12. 1999, der am 3. 12. 1999 vollzogen wurde, zu FN 1483g als "amtswegige Berichtigung" die Eintragung des Gustav H***** als Firmeninhaber und bewilligte mit Beschluss vom 3. 12. 1999, der am 4. 12. 1999 vollzogen wurde, die Löschung der Firma.

Das Rekursgericht gab dem gegen beide Beschlüsse erhobenen Rekurs des Endre P***** dahin Folge, dass es dem Erstgericht die Einleitung des amtswegigen Verfahrens zur Löschung der mit den angefochtenen Beschlüssen verfügten Eintragungen auftrug. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es stellte aus dem Verlassenschaftsakt 2 A 173/97b des Bezirksgerichtes Hietzing fest, dass dem Endre P***** mit Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes vom 30. 10. 1998 die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses und mit Beschluss vom 19. 11. 1999 die freie Verfügung über die Firmenanteile überlassen worden sei. Die Einantwortungsurkunde sei ihm am 22. 12. 1999 zugestellt worden und in Rechtskraft erwachsen. Rechtlich erwog das Rekursgericht, dass im Falle eines aufrechten Pachtverhältnisses der Pächter bzw dessen Erbe, im Fall der Beendigung des Pachtverhältnisses der Pächter bzw dessen Erbe und der Verpächter gemeinsam das Erlöschen der Firma zur Eintragung in das Firmenbuch anmelden hätten müssen. Da der am erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligte Rekurswerber als zulässige Neuerung behauptet habe, dass ein Pachtvertrag bestehe und dass er das Handelsgeschäft als Erbe fortführe, stehe auch die materielle Richtigkeit der Eintragung des Erlöschens der Firma nicht eindeutig fest. Allerdings werde die Eintragung des Erlöschens auch dann Bestand haben, wenn das Handelsgeschäft auf Dauer auf das "Niveau" eines Kleingewerbes abgesunken wäre. Eine amtswegige Eintragung des ehemaligen Verpächters als Firmeninhaber sei überhaupt unzulässig. Vielmehr hätten im Fall einer Rückstellung des Handelsgeschäftes der Verpächter und dessen Weiterführung durch diesen beide Beteiligte die Löschung des Pächters und die Wiedereintragung des früheren Geschäftsinhabers als Inhaber der Firma unter Beseitigung des irreführenden Zusatzes "Pächter" zur Eintragung in das Firmenbuch anmelden müssen. Im vorliegenden Fall stehe auch nicht fest, ob der Inhaberwechsel tatsächlich vollzogen worden sei. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle, wer bei der Anmeldung des Erlöschens der Firma und des Inhaberwechsels zur Eintragung in das Firmenbuch im Fall einer Rückgabe des Handelsgeschäftes an den Verpächter mitwirken müsse.

Der Revisionsrekurs des Gustav H***** ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 HGB ist unter anderem eine Änderung der Firma oder ihrer Inhaber (Abs 1) und das Erlöschen der Firma (Abs 2) zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Wie das Rekursgericht in Übereinstimmung mit der einhelligen Lehre ausgeführt hat, ist zur Anmeldung der als Firmeninhaber Eingetragene verpflichtet. Bei einer Verpachtung des Unternehmens mit Firmenfortführung (§ 22 HGB) ist der Pächter Inhaber des Handelsgewerbes. Bei einem Inhaberwechsel durch Rechtsgeschäft unter Lebenden bei Firmenfortführung hat der bisherige Firmeninhaber gemeinsam mit dem Erwerber die in § 31 HGB vorgesehenen Anmeldungen vorzunehmen (Schuhmacher in Straube HGB, § 31 Rz 8, 9, 16; Heymann, dHGB2 § 22 Rz 39, § 31 Rz 6, 10; Münchener Kommentar zum dHGB § 31 Rz 12; Hüffer in Großkommentar HGB § 31 Rz 18; Röhricht/Westphalen, dHGB § 22 Rz 70; OLG Wien, NZ 1970, 37). Bei Erlöschen der Firma nach dem Tod des Firmeninhabers trifft die Anmeldungspflicht seine Erben. War die Firma schon vorher erloschen, ohne dass dies im Firmenbuch eingetragen worden ist, sind die Erben nicht zur Anmeldung des Erlöschens der Firma verpflichtet, weil die Pflicht nicht in ihrer Person entstanden ist und als öffentlich-rechtliche Pflicht des Erblassers nicht auf sie übergeht (Fromherz in Jabornegg, HGB § 31 Rz 19; Schuhmacher in Straube, HGB2 § 31 Rz 16; Münchener Kommentar zum dHGB § 31 Rz 17; Schlegelberger, dHGB § 31 Rz 12; Heymann, dHGB2 § 31 Rz 10a; Ensthaler, Gemeinschaftskommentar zum dHGB6, § 31 Rz 8).

Aus den Grundsatz, dass bei einem Inhaberwechsel unter Lebenden unter Beibehaltung der Firma der bisherige Firmeninhaber gemeinsam mit dem Erwerber die im § 31 HGB vorgesehenen Anmeldungen vorzunehmen hat, ergibt sich, dass auch bei einem Wechsel vom Pächter auf den ursprünglichen Verpächter nach Beendigung des Pachtverhältnisses beide Beteiligte die Anmeldung vorzunehmen haben (Heymann, dHGB2 § 31 Rz 6). Der Verpächter war daher nicht - jedenfalls nicht alleine - legitimiert, einen Löschungsantrag zu stellen. Auch die als "amtswegige Berichtigung" bezeichnete Verfügung des Erstgerichtes, zunächst den Verpächter (anstelle des Pächters) als Unternehmensinhaber einzutragen, somit den Pächter zwangsläufig als Unternehmensinhaber zu löschen, entbehrt schon deshalb jeder Grundlage. Der Löschungsantrag des Verpächters konnte nur als Anregung zur Löschung der Firma des Pächters aufgefasst werden. Die Beschlüsse des Erstgerichtes sind demgemäß als amtswegige Beschlüsse im Sinn des § 10 Abs 2 FBG zu qualifizieren.

Für den Fall, dass die Firma nach dem Tod des Pächters erloschen ist (der Geschäftsbetrieb erst während des Verlassenschaftsverfahrens oder nach Einantwortung eingestellt wurde oder die Vollkaufmannseigenschaft verloren ging, das Unternehmen veräußert wurde oder vom Erben ohne Firmenfortführung weitergeführt wird), wäre der Erbe antragsverpflichtet. Dieser hat aber einen solchen Antrag nicht gestellt. Im Fall des Erlöschens der Firma bereits vor dem Tod des Pächters wäre er hiezu nicht legitimiert und daher auch nicht nach § 31 Abs 2 HGB, § 24 FBG zur Antragstellung zu veranlassen gewesen. In diesem Fall wäre eine amtswegige Löschung zutreffend. Ist die Firma aber nicht erloschen und beabsichtigt der Erbe, das Unternehmen fortzuführen, hätte er als ex lege in das Bestandverhältnis Eintretender (§ 1116a ABGB) den Inhaberwechsel - von seinem Vater auf ihn - gemäß § 31 Abs 1 HGB anzuzeigen gehabt (vgl Schuhmacher in Straube, HGB2 § 31 Rz 9 ff). Richtigerweise wäre er hiezu vom Erstgericht aufzufordern gewesen. Obgleich der Erbe im Firmenbuch nicht selbst eingetragen war und den Inhaberwechsel durch Erwerb von Todes wegen bisher auch nicht angezeigt hat, wäre doch mangels Amtskundigkeit des Gegenteils zu unterstellen gewesen, dass der Firmenname (nunmehr) sein Handelsnahme ist, unter dem er die Handelsgeschäfte betreibt. Er ist daher als Person anzusehen, die gemäß § 18 FBG am Löschungsverfahren zu beteiligen gewesen wären und in deren Rechte durch die Löschung der Firma eingegriffen wurde. Seine Rekurslegitimation war nach § 9 AußStrG zu bejahen. Der Erbe des Pächters hatte im Verfahren erster Instanz keine Möglichkeit zur Stellungnahme, sodass sein Vorbringen im Rahmen des Rekursverfahrens nicht als unzulässige Neuerung angesehen werden kann. Die von ihm bestrittene Behauptung, dass das Pachtverhältnis aufgelöst sei, ist gerade entscheidend dafür, ob die Firma des Pächters zu löschen und allenfalls die ursprüngliche Firma des Verpächters wieder einzutragen ist und dann dessen Löschungsantrag entsprochen werden kann.

Ob die vom Antragsteller vorgelegten Urkunden zum Nachweis der Beendigung des Pachtverhältnisses und zur Rückübertragung des Unternehmens an den Verpächter ausreichen, ist vom Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht zu prüfen. Die diesbezügliche Behauptung des Verpächters kann trotz der vorgelegten Vergleichsausfertigung auch nicht als notorisch angesehen werden, sagt diese doch über die Beendigung des Pachtverhältnisses selbst nichts aus und es ist im Übrigen nicht auszuschließen, dass sich die Parteien dennoch auf die Fortsetzung des Pachtvertrages oder auf eine neuerliche Verpachtung geeinigt haben. Darin, dass das Rekursgericht das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels bejaht und dem Erstgericht weitere Erhebungen im Sinne des Vorbringens des Rekurswerbers, der dazu bisher noch keine Gelegenheit hatte, aufgetragen hat, kann eine Fehlbeurteilung nicht erblickt werden. Erfolgte bereits die "Berichtigung" des Namens des Firmeninhabers (und damit die Löschung des Namens des Pächters) zu Unrecht, so ist auch die (gänzliche) Löschung der Firma ohne Verständigung des Pächters - in diesem Fall des Erben als Universalrechtsnachfolger - als Firmeninhaber zu Unrecht erfolgt.

Im Gegensatz zur Ansicht des Revisionsrekurswerbers ist eine Verletzung seines Gehörs mangels Beiziehung zum Rekursverfahren nicht zu erkennen. Es ist zwar richtig, dass die Parteien am Rekursverfahren zu beteiligen sind, wenn das Rekursgericht aufgrund neuer Behauptungen über nicht notorische Tatsachen nach durchgeführten eigenen Erhebungen entscheidet (SZ 69/74; 6 Ob 38/98a = JBl 1999, 60). Die "Erhebungen" des Rekursgerichtes beschränkten sich hier jedoch auf die Einsicht in den Verlassenschaftsakt nach dem Pächter, dessen Inhalt für das vorliegende Verfahren überhaupt nur insoweit von Bedeutung ist, ob seinem Sohn der Nachlass eingeantwortet wurde und diesem Beteiligtenstellung zukommt. Dies wird aber vom Verpächter ohnehin nicht in Abrede gestellt. Im Übrigen bleibt es dem Verpächter unbenommen, sein im Revisionsrekurs enthaltenes Gegenvorbringen in dem nunmehr nach dem Auftrag des Rekursgerichtes einzuleitenden Löschungsverfahren betreffend die vorgenommenen Löschungen vorzubringen. Gelöschte Rechtsträger sind im Löschungsverfahren noch parteifähig (Burgstaller in Jabornegg, HGB, § 10 FBG Rz 15), sodass sowohl dem Verpächter als auch dem Erben des Pächters im einzuleitenden Verfahren Gehör zu gewähren ist. Ob die Firma des Pächters wieder einzutragen ist, wurde im Rekursverfahren noch nicht entschieden. Die Bindungswirkung der Entscheidung ist nur bezüglich der Rechtsansicht gegeben, dass ausreichende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Löschung der Firma des Pächters bestehen (6 Ob 38/98a). Dies ist aus den dargelegten Erwägungen zu bejahen. Der zutreffende Beschluss des Rekursgerichtes ist daher zu bestätigen.

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