Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der über das Vermögen der klagenden Gesellschaft mbH, die eine Gerberei betrieb, über Antrag des beklagten Bundes am 19. April 1994 eröffnete Konkurs wurde am 1. Dezember 1998 nach Verteilung gemäß § 139 KO aufgehoben; das mit Beschluss vom 7. Jänner 1999 in Ansehung der klagenden Partei eingeleitete amtswegige Löschungsverfahren ist unterbrochen.
Die Wasserrechtsbehörde erster Instanz verfügte mit Bescheid vom 18. Jänner 1993 die amtswegige Löschung eines 1928 begründeten - zu PZ 832 im Wasserbuch eingetragenen - unbegrenzten Einleitungsrechts für ungeklärte Abwässer der klagenden Partei in einen näher genannten Fluß und wies mit Bescheid vom 4. November 1993 den Antrag der klagenden Partei auf "Rückgängigmachung der Löschung der Eintragung" ab. Die Wasserrechtsbehörde zweiter Instanz bestätigte den letztgenannten Bescheid. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hob, einer Bescheidbeschwerde der klagenden Partei Folge gebend, mit Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 95/07/0221, den zweitinstanzlichen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf. Habe nämlich ein Bescheid aus dem Jahre 1928 den Rechtsvorgängern der klagenden Partei - wenn auch rechtswidrigerweise - das betroffene Ableitungsrecht erteilt, dann sei diese Berechtigung sowohl nach § 125 Abs 1 zweiter Satz WRG 1934 als auch nach § 142 Abs 2 WRG 1959 übergeleitet. Dem von der hier klagenden Partei gestellten Antrag nach § 126 Abs 5 WRG 1959 auf Rückgängigmachung der Löschung der Eintragung des Ableitungsrechts hätte schon deshalb Berechtigung nicht abgesprochen werden dürfen. Eine mit der Ausübung des betroffenen Rechts, dessen Ersichtlichmachung im Wasserbuch mit Recht begehrt worden sei, verbundene Verletzung öffentlicher Interessen würde die Wasserrechtsbehörde auf gesetzlich vorgesehenen Wegen hintanzuhalten haben.
Als Folge dieses - der klagenden Partei spätestens Ende 1996 zugestellten - Erkenntnisses des VwGH wurde etwa Mitte Juli 1997 aufgrund des Bescheids des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 18. Juni 1997 der Zustand vor der Amtslöschung im Wasserbuch wiederhergestellt.
Die Vorinstanzen wiesen das auf Amtshaftung gestützte Klagebegehren auf Zahlung von 416,383 Mio S sA als Gesamtschaden (100 % des Substanzwerts des Anlage- sowie Umlaufvermögens der klagenden Partei sowie der Liegenschaften verbundener Unternehmen) durch die rechtswidrige Löschung des Wasserrechts und der verspätet erst 1997 wieder erfolgten Eintragung des Wasserrechts u.a. wegen Verjährung ab, weil die Klage erst am 23. März 2000 bei Gericht eingelangt sei.
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei bringt keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung.
Rechtliche Beurteilung
a) Gemäß § 6 Abs 1 AHG verjähren Ersatzansprüche nach § 1 Abs 1 AHG in drei Jahren nach Ablauf des Tages, an dem der Schaden dem Geschädigten bekanntgeworden ist, keinesfalls aber vor einem Jahr nach Rechtskraft einer rechtsverletzenden Entscheidung oder Verfügung. Ist dem Geschädigten der Schaden nicht bekanntgeworden oder ist der Schaden aus einem Verbrechen entstanden, so verjährt der Ersatzanspruch erst nach zehn Jahren nach der Entstehung des Schadens. Die Verjährung wird durch die Aufforderung gemäß § 8 für die dort bestimmte Frist oder, wenn die Aufforderung innerhalb dieser Frist beantwortet wird, bis zur Zustellung dieser Antwort an den Geschädigten gehemmt.
Die Vorinstanzen legten ihren Entscheidungen zutreffend die durch die stRsp des Obersten Gerichtshofs geprägten Grundsätze der Verjährung im Allgemeinen und der kurzen Verjährungsfrist nach § 6 Abs 1 erster Satz AHG im Besonderen zugrunde. Danach beginnt der Lauf der Verjährungsfrist ab dem Zeitpunkt, in dem der Geschädigte aufgrund ihm bekannter Umstände - neben der Kenntnis des Eintritts (der Wirksamkeit) eines Schadens - ohne nennenswerte Mühe zumutbarerweise auch auf das Verschulden irgendeines Organs des später beklagten Rechtsträgers (hier: Bund) schließen konnte. Der Geschädigte darf mit der Klageführung nicht solange zuwarten, bis er im Rechtsstreit zu gewinnen glaubt. Sobald sein Kenntnisstand über den anspruchsbegründenden Sachverhalt eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erlaubt, beginnt die Verjährungsfrist zu laufen. Auch wenn der Geschädigte die Schadenshöhe noch nicht beziffern kann, ihm noch nicht alle Schadensfolgen bekannt sind bzw. diese auch noch nicht zur Gänze eingetreten sind, beginnt mit der positiven Kenntnis des Schadenseintritts die dreijährige Verjährungsfrist (stRsp, 1 Ob 41, 42/94 = JBl 1996, 315 [Riedler] mwN u.a., zuletzt 1 Ob 199/00x, 1 Ob 134/00p; RIS-Justiz RS0050338; Mader in Schwimann2 § 6 AHG Rz 5). In casu wurde die Verjährungsfrist daher spätestens mit dem Zugang des oben genannten VwGH-Erkenntnisses, das die Rechtswidrigkeit der vorinstanzlichen Bescheide - aus denen die Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden - dokumentierte, somit Ende 1996 und nicht erst mit Wiedereintragung des Wasserrechts im Wasserbuch mit Bescheid vom 18. Juni 1997 in Gang gesetzt; der Schaden war ja schon vorher eingetreten. Insoweit kann auf die zutreffenden Erwägungen der zweiten Instanz verwiesen werden.
b) Die Voraussetzungen für die Annahme einer zehnjährigen Verjährungsfrist (§ 6 Abs 1 zweiter Satz AHG) sind von der klagenden Partei in erster Instanz ausreichend darzutun (1 Ob 151/00p; RIS-Justiz RS0113917). Es kann nicht ernstlich angenommen werden, dass die klagende Partei in dem "Behördenhandeln entgegen eines im Wasserbuch eingetragenen Rechts" (Rechtswidrigkeit hoheitlicher Akte) ein "Verbrechen" iSd § 6 AHG (früher "gerichtlich strafbare Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist"), somit gemäß § 17 Abs 1 StGB vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, erblickt.
c) Da, soweit § 6 AHG nicht Sonderbestimmungen enthält, auch für die Verjährung die allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts gelten, kommen grundsätzlich auch die allgemeinen Hemmungs- und Unterbrechungsgründe der §§ 1494 ff ABGB zur Anwendung (1 Ob 155/97y = SZ 71/5; 1 Ob 59/00h = ZIK 2001, 56 u.a.; RIS-Justiz RS0109755; Schragel, AHG2 Rz 227; Vrba/Zechner, AHG 211; Mader aaO § 6 AHG Rz 8 mwN). Die Aufforderung an den Rechtsträger zur Ersatzleistung gemäß § 8 AHG löst die in § 6 Abs 1 AHG normierte Fortlaufhemmung aus (1 Ob 373/98d = JBl 2000, 307; RIS-Justiz RS0111778; Mader aaO § 6 AHG Rz 9). Soweit sich die klagende Partei im Rechtsmittel aber erstmals auf diese Hemmung der Verjährung beruft, bringt sie eine unzulässige Neuerung ins Spiel (§ 504 Abs 2 ZPO). Zwar verstoßen neue rechtliche Gesichtspunkte nicht gegen das Neuerungsverbot, doch muss das bisherige tatsächliche Vorbringen zugrunde gelegt werden (vgl. Kodek in Rechberger2, § 482 ZPO Rz 9). Die klagende Partei hat in erster Instanz zu einer derartigen Hemmung der Verjährung keinerlei Tatsachenvorbringen erstattet, sodass darauf nicht eingegangen werden kann und dazu auch keine Feststellungen fehlen können.
d) Die Replik der Arglist (replicatio doli; Verstoß gegen Treu und Glauben) muss nicht ausdrücklich erhoben werden, es genügt ein Vorbringen der sie begründenden Tatsachen (1 Ob 2/93 mwN). Die Replik ist nach stRsp dann berechtigt, wenn die Fristversäumnis auf ein Verhalten des Gegners zurückzuführen ist. Dazu zählt nicht nur ein aktives Vorgehen des Schuldners, wenn er etwa den Gläubiger geradezu abhält, der Verjährung durch Klagsführung vorzubeugen, sondern es verstößt auch ein Verhalten des Schuldners gegen die guten Sitten, auf Grund dessen der Gläubiger nach objektiven Maßstäben der Auffassung sein konnte, sein Anspruch werde entweder ohne Rechtsstreit befriedigt oder nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft, sodass er aus diesen Gründen eine rechtzeitige Klagsführung
unterlassen hat (1 Ob 2/93 = ecolex 1993, 521 = ZfRV 1993, 248 mwN; 1
Ob 281/97y = NZ 1999, 86 ua; RIS-Justiz RS0034537, RS0014838;
Schubert in Rummel2 § 1501 ABGB Rz 2; Mader aaO § 1451 ABGB Rz 16 ff mit Fallbeispielen in Rz 17). Aus der Wahrnehmung der Strafrechtspflege durch den beklagten Bund gegenüber dem Geschäftsführer der klagenden Partei kann eine der Arglist gleichzuhaltende Drohung nicht abgeleitet werden. Das gegen den Geschäftsführer der klagenden Partei - nach ihrem Vorbringen wegen § 180 StGB (vorsätzliche Beeinträchtigung der Umwelt) - geführte Strafverfahren stellt jedenfalls keinen rechtswidrigen Zwang dar, durch den die klagende Partei in gegründete und ungerechte Furcht hätte versetzt werden können, von der Geltendmachung von berechtigten Amtshaftungsansprüchen abzusehen. Entgegen den Revisionsausführungen ist ein allfälliger Freispruch des Geschäftsführers der klagenden Partei im Strafverfahren keineswegs präjuzielle Vorfrage für den Zuspruch der hier erhobenen Schadenersatzansprüche aus dem Titel der Amtshaftung.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO). Auf die Frage der Schlüssigkeit des Klagebegehrens und die Vertretbarkeit der Rechtsauffassung der Wasserrechtsbehörden ist nicht mehr einzugehen.
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