OGH 15Os126/01

OGH15Os126/0120.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. September 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Emsenhuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mark Manfred W***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 zweite Fallgrupppe und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. April 2001, GZ 4a Vr 1577/01-43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und es werden das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, teils deshalb, teils aus ihrem Anlass (§ 290 Abs 1 StPO) in der Unterstellung der im Schuldspruch festgestellten Tatsachen auch hinsichtlich der Angeklagten Daniela M***** unter § 130 zweite Fallgruppe StGB und demgemäß auch in den Strafaussprüchen (einschließlich der Anrechnung der Vorhaften) sowie die gemäß § 494a StPO gefassten Beschlüsse aufgehoben und es wird die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Mark Manfred W***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Mark Manfred W***** und Daniela M***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 zweite Fallgruppe und 15 StGB schuldig erkannt.

Danach haben Mark Manfred W***** und Daniela Verena M***** gewerbsmäßig und mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz fremde bewegliche Sachen anderen, und zwar

I. am 14. Februar 2001 in Wien Mark Manfred W***** und Daniela Verena M***** als Mittäter

1. der Firma P***** Bargeld von 5.200 S weggenommen,

2. Josef Gruber und Nihad B***** wegzunehmen versucht;

II. in der Nacht vom 10. zum 11. Februar 2001 in Krems Daniela Verena M***** sieben im Urteil namentlich angeführten Geschäftsinhabern wegzunehmen versucht.

Während Daniela Verena M***** das Urteil in Rechtskraft erwachsen ließ, bekämpft Mark Manfred W***** die Annahme gewerbsmäßiger Begehung der Tat mit Nichtigkeitsbeschwerde, gestützt auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil stellt zum objektiven und subjektiven Sachverhalt lediglich fest: "Nachdem auch ihre Ersparnisse zu Ende gegangen waren, entschlossen sie (gemeint beide Angeklagten) sich, durch Einbrüche ihren Suchtgiftbedarf sowie ihren Lebensunterhalt durch Einbruchsdiebstähle zu finanzieren" (US 7).

Diese Feststellung wird auf ein umfassendes und reumütiges Geständnis der Angeklagten in der Hauptverhandlung gegründet.

Wie die Mängelrüge zutreffend aufzeigt, findet diese Folgerung jedoch in dem über die Hauptverhandlung aufgenommenen Protokoll keine beweismäßige Deckung. Die Verantwortung des Beschwerdeführers lässt vielmehr keinen Schluss auf die zitierten Konstatierungen zu. Lediglich sein Verteidiger erklärte nach dem Anklagevortrag, sein Mandant bekenne sich voll schuldig. Dies mag aus seinen davor erhobenen Informationen hervorgegangen sein, wurde jedoch im Laufe der Hauptverhandlung durch die Verantwortung des Angeklagten nicht bestätigt. Nach dem diesbezüglichen Hinweis des Verteidigers wäre es Pflicht des Gerichtes (§ 3 StPO) gewesen, durch entsprechende Fragestellung (und Protokollierung der Verantwortung) für die umfassende Aufklärung des angeklagten Sachverhaltes (in objektiver und subjektiver Richtung) zu sorgen.

Wie die Beschwerde überdies zutreffend ausführt, lassen sich Sachverhaltsmomente der festgestellten Art aber auch aus den übrigen Verfahrensergebnissen, insbesondere der Verlesung der Verantwortung der Angeklagten vor der Polizei (S 91/II iVm S 71 ff, 83 ff, 91 f, 95 f jeweils I) nicht ableiten.

Der angefochtenen Entscheidung haftet somit der geltend gemachte Begründungsmangel an, weil vom Tatgericht nur offenbar unzureichende Gründe angegeben wurden.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof auch davon überzeugt, dass das Strafgesetz zum Nachteil beider Angeklagter unrichtig angewendet worden ist (§ 290 Abs 1 StPO). Mit dem Schuldspruch wird ihnen auch die gewerbsmäßige Begehung der ihnen angelasteten teils vollendeten, teils versuchten Einbruchsdiebstähle zur Last gelegt.

Gewerbsmäßige Begehung einer strafbaren Handlung erfordert die Absicht, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen; sie setzt somit die qualifizierte Vorsatzform im Sinne von § 5 Abs 2 StGB voraus. Dem gewerbsmäßig Handelnden kommt es darauf an, sich durch die ins Auge gefasste Tatwiederholung eine fortlaufende Einnahmequelle zu öffnen (Jerabek in WK2 § 70 Rz 2). Bei absichtlichem Handeln setzt sich der Täter die Verwirklichung des tatbildmäßigen Unrechts direkt zum Ziel (Mayerhofer StGB5 § 5 E 5).

Die Feststellung, ein Täter habe sich entschlossen, eine strafbare Handlung zu begehen, stellt keine ausreichende Sachverhaltsgrundlage dar, die den Schluss auf absichtliches Handeln im Sinne von § 5 Abs 2 StGB zulässt. Dass er sich zur Tat entschlossen hat, beschreibt lediglich die erforderliche Willensrelation zwischen dem Täterverhalten und der Tatbildverwirklichung (13 Os 65/88), lässt aber die zur absichtlichen Tatverübung erforderliche Zielsetzung noch im Dunkeln.

Auch die zusätzliche Konstatierung, die Täter hätten sich zur Tatbegehung entschieden, weil sie, nachdem ihre Ersparnisse erschöpft waren, ihren Suchtgiftbedarf und ihren Lebensunterhalt finanzieren wollten, stellt keineswegs klar, dass die Zielsetzung der Angeklagten dahin gegangen ist, sich durch wiederkehrende Tatbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, es ihnen also darauf ankam, sich durch die Wiederholung der strafbaren Handlung eine zumindest für einen längeren Zeitraum wirksame Einnahmequelle zu erschließen (Jerabek aaO Rz 7). Daraus geht nämlich lediglich hervor, aus welchem (nicht entscheidungsrelevanten - 15 Os 1/96, 38/97, 13 Os 51/00, 132/00 uva) Motiv sich die Täter für die Tat entschieden haben.

Damit ist das Urteil aber auch mit einem Feststellungsmangel behaftet, der im aufgezeigten Bereich beide Angeklagte betrifft, Nichtigkeit des Schuldspruches im Ausspruch der gewerbsmäßigen Begehung bewirkt und daher in diesem Umfang zur Kassierung des Urteils führen musste. Davon sind auch die Strafaussprüche sowie die damit zusammenhängenden Entscheidungen betroffen.

Da im Urteil jene Tatsachen nicht festgestellt sind, die bei richtiger Anwendung des Gesetzes dem Erkenntnis zugrunde zu legen wären, und die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung somit nicht zu vermeiden ist, war die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Im erneuerten Verfahren werden die Tatrichter durch Vernehmung der Angeklagten deren Zielsetzung bei Tatbegehung zu klären und sodann den Sachverhalt in subjektiver Richtung neu zu beurteilen und mängelfrei zu begründen haben.

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