Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.436,48 (darin S 406,08 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht hat die Frage der Pfandrechtserstreckung an einer Gehaltsforderung bei Auflösung und Neubegründung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Verpflichteten und demselben Arbeitgeber innerhalb bestimmter Frist (§ 299 EO) zutreffend bejaht, sodass auf die Richtigkeit der Begründung der Berufungsentscheidung hingewiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend und zusammenfassend ist den Ausführungen der Revisionswerberin Folgendes entgegenzuhalten:
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin führte seit 1995 Gehaltsexekution gegen einen bei der Beklagten beschäftigten Verpflichteten. Am 30. 4. 1999 wurde das Arbeitsverhältnis zwischen diesem Verpflichteten und der Beklagten beendet (und zunächst ein neues mit einer anderen Gesellschaft begründet, an der der Geschäftsführer und Gesellschafter der Beklagten beteiligt ist). Am 6. 9. 1999 wurde das Arbeitsverhältnis zwischen dem Verpflichteten und der Beklagten "wieder aufgenommen".
Wird das laufende Einkommen aus einem Arbeitsverhältnis gerichtlich gepfändet, ist für die Wirksamkeit des Pfändungspfandrechts an den laufenden Bezügen insbesondere der aufrechte Bestand des Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. Grundsätzlich müsste daher das Pfändungspfandrecht an den laufenden Bezügen mit Ende der Bezüge erlöschen. Problematisch ist nun der Fall, dass das Arbeitsverhältnis "unterbrochen" wird und damit der Entgeltbezug für eine bestimmte Zeit unterbrochen ist, aber in weiterer Folge wieder Bezüge geleistet werden (Resch, ecolex 2000, 185).
Die Rechtsprechung (DRdA 1990/28 mwN; siehe Zechner, Forderungsexekution § 299 Rz 3) ging im Einklang mit der Lehre (Heller/Berger/Stix III 2175) zu § 299 EO idF vor der EO-Novelle 1991, BGBl 1991/628, zuletzt davon aus, dass die Auflösung eines bestehenden und der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages ein neues Arbeitsverhältnis - wenn auch mit demselben Arbeitgeber - begründen, wodurch das durch die Lohnpfändung erworbene Pfandrecht, auch wenn der Verpflichtete mit demselben Arbeitgeber einen neuen Arbeitsvertrag abschließt, erlösche.
Burgstaller (DRdA 1990, 291) stimmte dieser Rechtsprechung auf Basis der damaligen Rechtslage zwar grundsätzlich zu, verwies aber zutreffend darauf, dass in der Praxis auch Fälle anzutreffen seien, in denen das Arbeitsverhältnis im Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nur scheinbar beendet werde, tatsächlich aber fortbestehe und nur kurzfristig "unterbrochen" werde. Für einen außenstehenden betreibenden Gläubiger sei es oft schwierig, einen solchen Sachverhalt zu beweisen. Deshalb sei eine Neuregelung des § 299 EO laut einem Vorentwurf zu einer EO-Novelle zu begrüßen, worin geplant sei, dass die Unterbrechung eines Arbeitsverhältnisses bis zu drei Monaten einem Pfändungspfandrecht an der Gehaltsforderung nicht schade.
Schumacher (ÖJZ 1991, 692) verwies im Vorfeld der Novellierung des § 299 EO darauf, dass die pfandrechtliche Erfassung von fällig werdenden Bezugsforderungen nach der Wiederaufnahme von bis maximal sechs Monate unterbrochenen Arbeitsverhältnissen einem dringenden Bedürfnis entspreche, gegen gläubigerschädigende Kollusionen des Verpflichteten und seines Arbeitgebers vorzugehen. Die Rechtsprechung, nach der auch kurzfristige Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses ein Fortwirken des Pfandrechtes verhindern, sei nämlich unbefriedigend.
Mit der EO-Novelle 1991, BGBl 1991/628, wurde § 299 EO grundlegend geändert; unter anderem wurde dem Abs 1 ein zweiter Satz hinzugefügt. Mit der ASGG-Novelle 1994, BGBl 1994/624, wurde dieser zweite Satz geändert und noch ein dritter Satz hinzugefügt. Dabei war es ein erklärtes Anliegen der EO-Novelle 1991, der Möglichkeit, dass sich der Verpflichtete der Exekution durch eine kurzfristige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses entziehe, entgegenzuwirken (RV 181 BlgNR 18. GP 41). Mit der ASGG-Novelle 1994 wurde eine Harmonisierung zwischen Arbeitsverhältnissen und anderen Rechtsverhältnissen, die einer in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung zugrundeliegen, herbeigeführt und angeordnet, dass der Umstand, das ein Anspruch auf fortlaufende Bezüge mittels eines Antrages neuerlich geltend gemacht werden muss, als Unterbrechung (iSd § 299 Abs 1 EO) gilt (RV 1654 BlgNR 18. GP 32). § 299 EO lautet seither auszugsweise wie folgt:
"(1) Das Pfandrecht, welches durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer anderen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, erstreckt sich auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Bezüge, das an einer verzinslichen Forderung erwirkte Pfandrecht auf die nach der Pfändung fällig werdenden Zinsen. Wird ein Arbeitsverhältnis oder ein anderes Rechtsverhältnis, das einer in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung zugrunde liegt, nicht mehr als sechs Monate unterbrochen, so erstreckt sich die Wirksamkeit des Pfandrechts auch auf die gegen denselben Drittschuldner nach der Unterbrechung entstehenden und fällig werdenden Forderungen. Es gilt auch als Unterbrechung, wenn der Anspruch neuerlich geltend zu machen ist.
(2) Durch Pfändung eines Diensteinkommens wird insbesondere auch dasjenige Einkommen getroffen, welches der Verpflichtete infolge einer Erhöhung seiner Bezüge, infolge Übertragung eines neuen Amtes, Versetzung in ein anderes Amt oder infolge Versetzung in den Ruhestand erhält. Diese Bestimmung findet jedoch auf den Fall der Änderung des Dienstherrn keine Anwendung. Sinkt das Diensteinkommen unter den unpfändbaren Betrag, erreicht es aber innerhalb von drei Jahren wieder diesen Betrag, so erstreckt sich die Wirksamkeit des Pfandrechts auch auf die erhöhten Bezüge. Diese Bestimmungen gelten hinsichtlich der Erhöhung der Bezüge und des Satzes 3 auch für andere Forderungen, die in fortlaufenden Bezügen bestehen.
(3) ....."
Zechner (Forderungsexekution, § 299 Rz 3) vertritt die Auffassung, dass für die Anwendbarkeit des § 299 Abs 1 EO nicht maßgebend sei, ob die Parteien nur den Leistungsaustausch vorübergehend sistieren und insofern eine bloß (faktische) Unterbrechungswirkung bei weiterbestehendem Grundverhältnis herbeiführen wollten oder dessen endgültige Auflösung beabsichtigten. Wesentlich für eine Pfandrechtserstreckung sei vielmehr nur, ob die Abwicklung des bestehenden Rechtsverhältnisses innerhalb der gesetzlichen Frist (faktisch) wiederaufgenommen bzw ein gleichartiges oder wesensähnliches Rechtsverhältnis zwischen denselben Personen neu begründet werde.
Resch (in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 299 Rz 18 f) kommt auch zum Ergebnis, dass sich mit der EO-Novelle 1991 (und der ASGG-Novelle 1994) die Rechtslage nachhaltig geändert habe. Wesentliches Argument sei § 299 Abs 1 letzter Satz EO, der sich wohl primär auf den Fall beziehe, das ein Leistungsbezug erneut beantragt werden müsse (etwa ein neuerlicher Antrag auf Arbeitslosengeld nach kurzfristiger Beschäftigung), aber doch nahelege, dass es dem Gesetzgeber nunmehr auf die formale Unterscheidung, ob Vollbeendigung oder nur (keine Beendigung bewirkende) Unterbrechung des Rechtsverhältnisses vorliege, nicht mehr ankomme. Soweit die innerhalb der Sechsmonatsfrist neuerlich aufgenommene Beschäftigung im Vergleich zur vorher beendeten Tätigkeit als Änderung iSd § 299 Abs 2 EO qualifiziert werden könne, wenn nicht überhaupt eine idente Tätigkeit vorliege, scheine es dem Gesetzgeber der EO-Novelle 1991 nicht mehr darauf angekommen zu sein, ob das rechtliche Band zwischenzeitig beendet gewesen oder nur eine Art Ruhen vorgelegen sei (vgl hiezu auch den in der RV zur EO-Novelle 1991 zum Ausdruck kommenden Normzweck). Dann liege eine bloße Unterbrechung iSd Abs 1 vor. Der Begriff der Unterbrechung sei daher nicht vertragsrechtlich etwa im Sinn des arbeitsrechtlichen Begriffspaares Karenzierung oder Aussetzung zu verstehen (vgl Resch, ecolex 2000, 185), sondern habe - im Hinblick auf den weiten Anwendungsbereich des Abs 1 auf alle möglichen Forderungen in fortlaufenden Bezügen - eine eigenständige exekutionsrechtliche Bedeutung, die im Kontext der EO selbst zu suchen sei, konkret im Zusammenhalt mit Abs 1 letzter Satz und Abs 2.
Oberhammer (in Angst, EO § 299 Rz 5) vertritt ebenfalls die Auffassung, dass nunmehr auch der Fall der Auflösung des alten und der Abschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber in den Anwendungsbereich von Abs 1 falle. Abs 1 letzter Satz bewirke überall dort, wo die fortlaufenden Bezüge über Antrag zu gewähren seien (also insbesondere beim Arbeitslosengeld) eine Pfandrechtserstreckung auch dann, wenn innerhalb der Sechsmonatsfrist neuerlich Bezüge vom selben Drittschuldner auf Grund eines neuen Antrages gewährt werden. Nichts anderes könne auch für den gleichgelagerten Fall der Eingehung eines neuen Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber innerhalb der Sechsmonatsfrist des Abs 1 gelten, da die Forderung gegenüber demselben Drittschuldner auch hier (zwar) auf einem neuen, aber gleichartigen Rechtsgrund beruhe.
Der Senat schließt sich den überzeugenden Argumenten der Lehre und des Schrifttums zu § 299 EO in der nunmehr geltenden Fassung an. Diese tragen insbesondere auch dem von der EO-Novelle 1991 verfolgten Zweck Rechnung, nämlich der Möglichkeit, dass sich der Verpflichtete der Exekution durch eine kurze, sechs Monate nicht übersteigende Unterbrechung (auch im Sinn der Beendigung) des Arbeitsverhältnisses entzieht, entgegenzuwirken (RV 181 BlgNR 18. GP 41). Die diesem Zweck nicht gerecht werdende Alternative wäre eine wenig befriedigende Prüfung im Einzelfall, ob die Parteien eine Vollbeendigung oder nur Karenzierung wollten, wobei zusätzlich zu prüfen wäre, ob nicht eine nichtige Vertragsgestaltung zulasten des betreibenden Gläubigers vorliegt. Auf diese Prüfung kommt es nun nicht mehr an (Resch in Burgstaller/Deixler-Hübner aaO).
Die Revisionswerberin hält dem im wesentlichen nur entgegen, dass der Gesetzgeber seine Absichten deutlicher zum Ausdruck hätte bringen können (vgl auch Spitzl, ecolex 1990, 629). Dies ist zwar grundsätzlich richtig, ohne dass allerdings hieraus etwas für den Standpunkt der Revisionswerberin zu gewinnen wäre. Ihre Auffassung, es habe trotz Änderung des § 299 EO bei der Rechtsprechung vor der EO-Novelle 1991 zu bleiben, lässt nämlich sowohl den geänderten Wortlaut des § 299 EO als auch den Zweck der EO-Novelle 1991 und der ASGG-Novelle 1994 unbeachtet, der entgegen ihrer Auffassung über eine bloße Harmonisierung von Arbeits- und sonstigen Rechtsverhältnissen hinausging. § 299 Abs 1 EO beschränkt die Wirksamkeit des Pfandrechts nach Unterbrechung ausdrücklich auf "denselben Drittschuldner" (vgl hiezu auch § 299 Abs 2 EO, der ausdrücklich anordnet, dass diese Bestimmung auf den Fall der "Änderung des Dienstherrn" keine Anwendung findet), worauf auch die Revisionsgegnerin zutreffend hinweist. Würden nur Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses erfasst, die keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirken, bedürfte es der Einschränkung auf "denselben Drittschuldner" gar nicht, weil eine Fortsetzung nach einer keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirkenden Unterbrechung stets nur gegen denselben Drittschuldner möglich ist. Dass sich das alte und das neue Arbeitsverhältnis zwischen dem Verpflichteten und der Beklagten "im Wesenskern" unterscheiden (vgl hiezu näher Zechner aaO), ist nicht hervorgekommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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