OGH 6Ob189/01i

OGH6Ob189/01i13.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der beim Landesgericht Linz zu FN ***** eingetragenen N***** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Linz und der Geschäftsanschrift *****, wegen Eintragung einer Änderung des Gesellschafterstandes über den Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch den Geschäftsführer Hansjörg J*****, dieser vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 27. Juni 2001, GZ 6 R 107/01z-12, womit der Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 24. April 2001, GZ 32 Fr 13/01k-9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz ist zu FN 80071b die N***** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Linz eingetragen. Selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer ist Hansjörg J*****. Als alleinige Gesellschafterin mit einer zur Gänze geleisteten Stammeinlage von 15 Mio S ist die im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz zu FN 91028s eingetragene Hansjörg J***** GesmbH eingetragen. Selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer dieser Gesellschaft ist gleichfalls Hansjörg J*****.

Mit Stiftungsurkunde vom 12. Dezember 2000 samt Änderung/Nachtrag vom 27. 12. 2000 errichteten die Hansjörg J***** GesmbH und die N***** Gesellschaft mbH als Stifterinnen die N***** Privatstiftung mit dem Sitz in Linz. Zweck der Privatstiftung ist es, die Unternehmen der Stifterinnen zu fördern, zu erhalten, für sie Produktionsmittel und Anlagegüter sowie Produktionsstandorte zu beschaffen und zur Verfügung zu stellen, Forschungsprojekte auf dem Gebiet der Kunststoffproduktion und deren Zusatzgebiete zu finanzieren, deren ausschließlicher Vorteil den Unternehmen der Stifterinnen zufällt, sowie alle Handlungen vorzunehmen, die zur Vermögensvermehrung bei den Stifterinnen führen können (§ 2 der Stiftungsurkunde). Begünstigte sind die Stifterinnen, alle Tochterunternehmen und Forschungsprojekte, Forschungsinstitute sowie Wissenschaftler auf dem Gebiet der Kunststofftechnik, welche ihre Arbeitsergebnisse ausschließlich der Stiftung zur Verfügung stellen. Zur Feststellung der Begünstigten im Sinn des § 9 Abs 1 Z 3 PSG ist der Vorstand der Stiftung berufen, wobei Personen und Umfang der Begünstigungen jeweils durch Vorstandsbeschluss festgelegt werden. Über Leistungen an die Begünstigten entscheidet der Vorstand aufgrund von Vorschlägen der Stifterinnen.

Die Stifterinnen brachten jeweils einen Betrag von Euro 37.500 in die Privatstiftung ein. Zu- und Nachstiftungen sind nach § 3 Z 2 der Stiftungsurkunde jederzeit möglich. Dazu stellt § 3 der Stiftungsurkunde im Sinn des § 9 Abs 2 Z 7 PSG fest, dass Stiftungszusatzurkunden errichtet werden können.

Organe der Stiftung sind der Stiftungsvorstand und der Stiftungsprüfer. Der Vorstand besteht aus vier Mitgliedern und wird auf die Dauer von fünf Jahren bestellt. Nach § 6 der Stiftungsurkunde wird die Stiftung jeweils durch den Vorstandsvorsitzenden gemeinsam mit einem zweiten Vorstandsmitglied vertreten. Dem Gründungsvorstand gehören Hansjörg J***** als Vorsitzender, Dr. Walter R***** als Stellvertreter des Vorsitzenden und Dr. Barbara R***** und Mag. Alois H***** als weitere Vorstandsmitglieder an.

Die N***** Privatstiftung wurde am 30. 12. 2000 unter FN 204188b in das Firmenbuch beim Landesgericht Linz eingetragen. Die Errichtung einer Stiftungszusatzurkunde bzw das Datum ihrer Errichtung (§ 13 Abs 3 Z 3 PSG) wurde bisher weder eingetragen noch zur Eintragung angemeldet.

Am 29. 12. 2000 meldete Hansjörg J***** als Geschäftsführer der N***** Gesellschaft mbH eine Änderung in den Gesellschafterverhältnissen an: Zufolge Abtretung der Geschäftsanteile der Hansjörg J***** GmbH an die N***** Privatstiftung sei die erstgenannte als Gesellschafterin der N***** Gesellschaft mbH zu löschen und die Privatstiftung als neue Gesellschafterin mit einer übernommenen und eingezahlten Stammeinlage von 15 Mio S einzutragen. Der Abtretung liegt der als "Stiftungszusatzurkunde der N***** Privatstiftung" bezeichnete Notariatsakt vom 12. 12. 2000 zugrunde. Er hat nachstehenden Inhalt:

"§ 1 Die Stifterinnen der N***** Privatstiftung haben mit Stiftungsurkunde vom heutigen Tag die N***** Privatstiftung mit Sitz in 4020 Linz gegründet.

Gleichzeitig errichtet die Stifterin, die Hansjörg J***** GesmbH, eingetragen zu FN 91028s im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz, nachstehende Zusatzstiftung mit den im Folgenden angeführten Vermögenswerten:

§ 2 Die Firma Hansjörg J***** GesmbH... ist mit einer zur Gänze

bezahlten Stammeinlage von S 15 Mio Gesellschafterin der..... N*****

Gesellschaft mbH, deren Stammkapital S 15 Mio beträgt. Die Firma Hansjörg J***** GesmbH widmet diese Beteiligung hiemit der Stiftung zur Erreichung des Stiftungszweckes und tritt daher aufgrund des Widmungsaktes ihren Geschäftsanteil an der Firma N***** Gesellschaft mbH, welcher der zur Gänze bezahlten Stammeinlage von S 15 Mio entspricht, unentgeltlich an die N***** Privatstiftung.... ab und diese erklärt die Vertragsannahme....".

Der Notariatsakt ist von Hansjörg J***** als selbständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer der Hansjörg J***** GmbH und der N***** Gesellschaft mbH sowie von Dr. Walter R***** und Mag. Alois H***** als Vorstandsmitgliedern der N***** Privatstiftung unterfertigt.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Eintragung des Gesellschafterwechsels unter Hinweis auf die Vertretungsregelung des § 6 der Stiftungsurkunde mit der Begründung ab, die Privatstiftung sei bei Abschluss des Rechtsgeschäfts nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen, der Abtretungsvertrag sei daher nicht wirksam zustande gekommen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehle. Die hier gewählte Vorgangsweise der Stifterinnen bringe zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die Übertragung des Geschäftsanteils nicht Bestandteil des ursprünglichen Stiftungsaktes sei und der Stiftung vielmehr nachträglich durch schuldrechtliche Vereinbarung Vermögen zugeführt werden sollte. Dazu bedürfe es aber einer Annahmeerklärung der Privatstiftung. Bei Anwendung der Vorschriften über die Vertretungsregelung auf die im Zeitpunkt der Vermögenszuwendung noch nicht entstandene "Vorstiftung" hätte die Vertragsannahme vom Vorstandsvorsitzenden und einem weiteren Vorstandsmitglied erklärt werden müssen. Die hier gewählte, der Stiftungserklärung insoweit widersprechende Vertretung der Vorstiftung könne die einer Doppelvertretung innewohnende Interessenkollision nicht vermeiden.

Der Revisionsrekurs der Gesellschaft vertreten durch ihren Alleingeschäftsführer ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Revisionsrekurs macht geltend, zugleich mit der Stiftungsurkunde, die der Stiftung Barvermögen gewidmet habe, sei eine Stiftungszusatzurkunde errichtet worden, in welche der Stiftung überdies der Geschäftsanteil an der N***** Gesellschaft mbH gewidmet worden sei. Die Widmung des Barvermögens und der Beteiligung sei wohl in zwei Urkunden, jedoch gleichzeitig (uno actu) erfolgt. Dementsprechend beinhalte die Stiftungszusatzurkunde kein annahmebedürftiges zweiseitiges Rechtsgeschäft, die Beteiligung sei vielmehr durch einseitiges Rechtsgeschäft übergegangen, sodass es einer Unterfertigung durch die Vorstände der Privatstiftung nicht bedürfe.

Dem ist nicht zu folgen:

Rechtliche Beurteilung

Die Argumentation des Revisionsrekurses widerspricht der Vorgangsweise bei Errichtung und Eintragung der Privatstiftung ins Firmenbuch. Die Stifterinnen brachten die Errichtung der Privatstiftung durch Stiftungsurkunde vom 12. 12. 2000 (mit welcher sie dieser nur Bareinlagen gewidmet hatten) zur Anmeldung. Dass eine Stiftungszusatzurkunde errichtet worden wäre, haben sie - obgleich sie die gleichfalls am 12. 12. 2000 geschlossene Vereinbarung über die Abtretung des Geschäftsanteils an der N***** Gesellschaft mbH formell als solche bezeichneten und obwohl § 13 Abs 3 Z 3 PSG die Eintragung des Vorhandenseins von Stiftungszusatzurkunden zwingend vorsieht ("sind einzutragen") - bisher nicht angemeldet. Dass § 3 der Stiftungsurkunde die Errichtung einer Stiftungszusatzurkunde ermöglicht, kann weder den entsprechenden Vorgang noch seine Anmeldung zum Firmenbuch ersetzen. Die trotz zwingender Eintragungsvorschrift unterlassene Anmeldung des als "Stiftungszusatzurkunde" bezeichneten Notariatsaktes lässt nur den Schluss zu, dass die darin enthaltene Abtretung des Geschäftsanteils schon von den damaligen Vertragsparteien als nachträgliche, das heißt von der Widmung nach § 4 und § 9 Abs 1 Z 1 PSG verschiedene Zuwendung von Vermögen an die Stiftung verstanden wurde. Dafür spricht auch die zweiseitige Gestaltung des Notariatsaktes, der sowohl vom Geschäftsführer der abtretenden Gesellschafterin als auch von zwei Vorstandsmitgliedern der den abgetretenen Geschäftsanteil annehmenden Privatstiftung abgeschlossen und unterfertigt wurde. Wäre - wie der Revisionsrekurswerber nun meint - die Widmung des Geschäftsanteils schon Teil des der Stiftung von Anfang an im Sinn des § 4 PSG gewidmeten Vermögens gewesen, so hätte sich die von den Mitgliedern des Stiftungsvorstandes nach § 12 Abs 2 Z 2 PSG abzugebende Erklärung im Übrigen auch darauf beziehen müssen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Erklärung auch den Geschäftsanteil an der N***** Gesellschaft mbH umfasst hätte, bestehen jedoch nicht. Davon ganz abgesehen, wäre auch bei Abgabe dieser Erklärung nach § 12 Abs 2 Z 2 PSG durch den Vorsitzenden des Stiftungsvorstandes (der zugleich auch Geschäftsführer der abtretenden Gesellschaft ist) jene Interessenkollision verwirklicht worden, die gerade durch die hier gewählte Vorgangsweise vermieden werden sollte.

Die bei Gründung der Privatstiftung gewählte Vorgangsweise macht somit insgesamt deutlich, dass die Zuwendung des Geschäftsanteils von der Widmung in der Stiftungsurkunde nicht umfasst war und somit als Zustiftung im Sinne des § 3 Abs 4 PSG verstanden werden kann. Als zweiseitig verbindlicher Vertrag setzt die Zustiftung jedoch eine Zustimmung der Privatstiftung voraus (Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, Privatstiftungsgesetz Rz 24 zu § 3; Czoklich in Czoklich/Müller/Gröhs/Helbich, Handbuch zum Privatstiftungsgesetz 39, so schon RV 1132 BlgNR 18. GP, 21). Die Zustimmung ist durch die zur Vertretung der Stiftung berufenen Vorstandsmitglieder zu erteilen. Nichts anderes gilt, wenn man von einer "Nachstiftung" ausgeht. Der Stifter kann der Privatstiftung nicht bloß aus Anlass der Errichtung Vermögen widmen, sondern ihr auch nachträglich in Form einer schuldrechtlichen Vereinbarung Vermögen zuführen. Diese "Nachstiftung" stellt eine Form der Zustiftung dar und bedarf daher ebenso wie eine Zustiftung von dritter Seite der Annahme durch die Privatstiftung (Kalss aaO Rz 25; Werkusch aaO 82 jeweils mwN).

Im vorliegenden Fall war die Privatstiftung bei Abschluss der Vereinbarung mit der Stifterin über die Abtretung des Geschäftsanteils noch nicht im Firmenbuch eingetragen, somit nach § 7 Abs 1 PSG noch nicht entstanden. Die Lehre geht - ähnlich wie bei Kapitalgesellschaften (Koppensteiner GmbHG2 Rz 21 ff zu § 2;

Jabornegg in Schiemer/Jabornegg/Strasser, AktG3 Rz 7 f zu § 34;

Reich/Rohrwig, GmbH-Recht I2 Rz 1/521 ff) - von der Existenz einer

rechtsfähigen Vorstiftung im Zeitraum zwischen Errichtung und

Entstehung aus (Czoklich, Handbuch aaO 52; Huber in

Doralt/Nowotny/Kalss, Privatstiftungsgesetz Rz 11 f zu § 7; Werkusch,

Gründung der Privatstiftung, in Doralt/Kalss, Aktuelle Fragen des

Privatstiftungsrechts, 86 f; Karollus in Gassner/Göth/Gröhs/Lang,

Privatstiftungen, 57). So leitet Czoklich (Handbuch 52 ff) aus einer

Reihe von Bestimmungen des Privatstiftungsgesetzes die zum Teil dem

Aktien- und GmbH-Recht nachgebildet sind, zum Teil über diese

Regelungen hinausgehen, überzeugend ab, dass schon die Vorstiftung

Eigentümer, Gläubiger und Schuldner sein kann. Im Sinn der zur

Vorgesellschaft vertretenen Auffassung könne daher auch die

Vorstiftung bereits Verträge abschließen und Schenkungen annehmen.

Mag auch die rechtliche Einordnung der Vorgesellschaft (ihre

Organisationsform) und - damit zusammenhängend - ihre Rechts-,

Partei- und Prozessfähigkeit in Lehre und Rechtsprechung

differenzierend beurteilt werden (zur Rechtsfähigkeit der

Vorgesellschaft siehe Huber aaO Rz 12 zu § 7 mwN; Reich/Rohrwig aaO

Rz 1/521; Jabornegg aaO Rz 8 zu § 34; Koppensteiner aaO Rz 19 zu § 2

je mwN; Geist, DRdA 1999, 293; Ulrich Torggler in FS Krejci, 945

[947, 958, 992]; OGH RdW 1999, 720 = EvBl 1999/210 = ecolex 1999/313;

aA SZ 71/208 = DRdA 1999, 291/37 = RdW 1999, 206 = GesRZ 1999, 48

ua), so besteht doch darin Übereinstimmung, dass die Vorgesellschaft

- wenn überhaupt - so doch nur durch die zur Vertretung berufenen

Organe vertreten und verpflichtet werden kann (Jabornegg aaO Rz 8 zu

§ 21; Koppensteiner aaO Rz 22 zu § 2; ecolex 1999/250 = RdW 1999, 344

= GesRZ 1999, 122 mwN ua).

Die Annahme der im vorliegenden Notariatsakt vorgenommenen Zustiftung oder Nachstiftung kann somit - für die Privatstiftung wirksam - nur durch den Vorstand in der in der Stiftungsurkunde vorgesehenen vertretungsbefugten Zusammensetzung erfolgen. Sie müsste daher durch den Vorstandsvorsitzenden gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied erklärt werden. Die dabei in der Person des Vorstandsvorsitzenden angesichts seiner Funktion als Alleingeschäftsführer der abtretenden Gesellschaft entstehende Interessenkollision kann nicht dadurch vermieden werden, dass zwei andere - nach der Stiftungserklärung gemeinsam nicht vertretungsbefugte Vorstandsmitglieder der Übertragung des Geschäftsanteils zustimmen.

Die Übertragung des Geschäftsanteils an der N***** Gesellschaft mbH an die Privatstiftung ist daher nicht wirksam. Die Unwirksamkeit steht der Eintragung des Gesellschafterwechsels entgegen.

Ob die Übertragung des Geschäftsanteils der Hansjörg J***** GmbH an der N***** GmbH in die N***** Privatstiftung angesichts der in der Stiftungsurkunde vorgesehenen Begünstigtenregelung allenfalls auch gegen § 82 Abs 1 GmbHG verstößt, (was anlässlich der Eintragung zu prüfen wäre; s. Kalss aaO Rz 8 zu § 3 PSG) kann offenbleiben.

Da die Vorinstanzen die Eintragung des Gesellschafterwechsels aus zutreffenden Gründen verweigert haben, ist dem unberechtigten Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

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