OGH 15Os111/01

OGH15Os111/016.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. September 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Emsenhuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johannes K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2, Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, teilweise als Beteiligter nach § 12 zweiter und dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Johannes K*****, ferner über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Februar 2001, GZ 4a Vr 141/01-100, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, teils demgemäß, teils gemäß § 290 Abs 1 StPO auch hinsichtlich des Angeklagten Peter G***** in der rechtlichen Unterstellung der im Schuldspruch festgestellten Tatsachen auch unter die Bestimmung des § 28 Abs 3 erster Fall SMG sowie im gesamten Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte Johannes K***** und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen diesem Angeklagten auch die durch den erfolglos gebliebenen Teil seines Rechtsmittels verursachten Kosten des Verfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unangefochten gebliebenen Teilfreispruch enthält, wurden Johannes K***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2, Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, teilweise als Beteiligter nach § 12 zweiter und dritter Fall StGB und Peter G***** des Verbrechens nach (richtig:) § 28 Abs 2, Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.

Danach haben den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande Suchtgift in einer nicht mehr exakt feststellbaren, insgesamt aber die Grenzmenge des § 28 Abs 6 SMG jedenfalls um das mehr als 25fache übersteigenden Menge Haschisch mit nicht mehr feststellbarem, zumindest aber durchschnittlichem Wirkstoffgehalt ("Straßenqualität") aus- und eingeführt, zur Aus- und Einfuhr beigetragen oder einen anderen hiezu bestimmt, in Verkehr gesetzt, zur Inverkehrsetzung beigetragen oder einen anderen hiezu bestimmt, und zwar

I) Johannes K*****

1) um den 13. August, den 30. August, den 18. September, den 1. Oktober und den 12. November 1998 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Walter A*****, Karl W***** bzw auch Peter G***** oder Leopold L***** insgesamt rund 350 kg Haschisch von Holland aus- und über Deutschland nach Österreich eingeführt;

2) zumindest um den 4. Dezember 1998, im März/April 1999 und Ende September/Anfang Oktober 1999 Peter G***** durch die Aufforderung, nach Holland zu fahren und Haschisch nach Österreich zu schmuggeln, dazu bestimmt, insgesamt rund 155 kg Haschisch von Holland aus- und über Deutschland nach Österreich einzuführen;

3) vom 10. Juni bis 22. Oktober 1998 in fünf Fällen zur Ausfuhr von insgesamt rund 350 kg Haschisch aus Holland und deren Einfuhr über Deutschland nach Österreich durch Walter A*****, teils auch durch Karl W***** und die jeweiligen Fahrer, dadurch beigetragen, dass er sein Fahrzeug der Marke Ford Transit gemeinsam mit Walter A***** für solche Fahrten umbaute, dieses für die Transporte zur Verfügung stellte und sich zu einem Teil an der Finanzierung beteiligte, teils Valuten zum Zwecke des Suchtgiftankaufes wechselte und teils diese Valuten selbst nach Holland brachte;

4) während eines nicht genau feststellbaren Zeitraums in den Jahren 1997 und 1998 durch Leistung von Chauffeurdiensten zur Inverkehrsetzung von rund 50 kg Haschisch durch Walter A***** beigetragen;

5) in der Zeit vom 10. Juni bis 30. Dezember 1998 Walter A***** durch die Aufforderung, das von ihm finanzierte Suchtgift für ihn zu verkaufen, dazu bestimmt, insgesamt 81,25 kg Haschisch in Verkehr zu setzen;

6) in der Zeit vom 10. Juni bis 30. Dezember 1998 in ca elf Fällen dadurch, dass er Walter A***** einen Abstellraum in Wien 20 für die kurzfristige Zwischenlagerung eines Teiles des jeweils zuvor geschmuggelten Haschisch zur Verfügung stellte, zur Inverkehrsetzung von nicht mehr genau feststellbaren Mengen an Haschisch im Kilobereich durch Walter A***** beigetragen;

II. Peter G***** im November oder Dezember 1998, im März/April 1999 und Ende September/Anfang Oktober 1999 insgesamt rund 155 kg Haschisch von Holland aus- und über Deutschland nach Österreich eingeführt.

Während Peter G***** das Urteil in Rechtskraft erwachsen ließ, bekämpft dieses Johannes K***** mit Nichtigkeitsbeschwerde, gestützt auf Z 3, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO. Ihr kommt teilweise Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Beschwerde zum erstangeführten Nichtigkeitsgrund (Z 3) liegt ein Verfahrensmangel nicht vor. Der abgesondert verfolgte Mittäter Walter A***** hat eingangs seiner Vernehmung erklärt, dass er in seinem eigenen Verfahren geständig sei. Nach der ihm trotzdem vom Vorsitzenden ausdrücklich erteilten Belehrung über die allfällige Möglichkeit einer Zeugnisentschlagung gemäß § 152 Abs 1 Z 1 StPO beantwortete der Zeuge spontan sämtliche an ihn gerichtete Fragen im Sinne seines bisher abgelegten Geständnisses (S 217 ff VII). Damit besteht aber kein Zeugenschutz vor Selbstbelastung und damit auch kein Anlass für eine Verzichtserklärung gemäß § 152 Abs 5 letzter Satz StPO (EvBl 1999/133).

Die Mängelrüge (Z 5) ist unbegründet.

Das Schöffengericht stützte seinen Schuldspruch insbesondere auf das vom Angeklagten vor der Polizei und vor Gericht abgelegte Geständnis sowie auf die Aussage des Zeugen Walter A*****. Mit der vom Nichtigkeitswerber stammenden Tabelle über die Suchtgiftmengen und den daraus erzielten Gewinn setzte es sich entgegen der Beschwerde ausreichend auseinander, zog daraus jedoch andere (denkmögliche) Schlüsse als der Beschwerdeführer und untermauerte diese noch mit den Angaben des Zeugen A***** (US 13 und 21). Dessen Glaubwürdigkeit nahm es nicht nur auf Grund des persönlichen Eindruckes, sondern auch wegen Art und Inhalt seiner Aussage an (US 21). Die Beschwerde versucht damit im Ergebnis nur in unzulässiger Weise die freie Beweiswürdigung des Schöffensenates zu bekämpfen.

Nach dem Hauptverhandlungsprotokoll wurde vom Vorsitzenden einverständlich die Anzeige, die Strafregisterauskunft sowie der "gesamte wesentliche Akteninhalt" verlesen (S 237 VII). Der Beschwerdeführer leitet aus dieser Vorgangsweise zwar eine Nichtigkeit nach der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO ab, bezeichnet aber nicht deutlich und bestimmt, welche Aktenteile nicht verlesen wurden oder nicht hätten verlesen werden dürfen, und äußert sich folglich auch nicht über die Relevanz der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften. Damit ist der Nichtigkeitsgrund aber nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl 14 Os 101/98).

Bande ist ein Zusammenschluss von mindestens drei Personen zu dem Zweck, fortgesetzt gleichartige Delikte zu begehen, die von vornherein höchstens der Art nach bestimmt sind. Eine bestimmte Organisationsform ist nicht nötig. Vorausgesetzt ist aber doch, dass sich die Täter ernsthaft dahin einigen, für eine gewisse Dauer zwecks zukünftiger verbrecherischer Betätigung zusammenzubleiben, sich der Einzelne insoweit dem Willen der Gemeinschaft unterwirft und alle Beteiligten durch ihre Zugehörigkeit zur Bande einen entsprechenden Rückhalt bei Ausführung der ins Auge gefassten Straftaten finden. Bandenmitgliedschaft liegt auch vor, wenn jemand erst später (allenfalls auch konkludent) zur Bande stößt, sich in Kenntnis des Umstandes, damit die Ziele der Bande zu fördern, auch nur fallweise an der Bandentätigkeit beteiligt oder nach Begehung der ersten Straftat aus der Bande ausscheidet (Foregger/Litzka/Matzka SMG § 27 Anm VII 3). Eine von Über- und Unterordnung gekennzeichnete arbeitsteilige Arbeitsweise stellt ein für eine Bande geradezu typisches Vorgehen dar.

Eine Beteiligung des Angeklagten an der bereits von abgesondert verfolgten Mittätern gegründeten Bande hat das Tatgericht aus dem Geständnis und der arbeitsteiligen Tatbegehung abgeleitet und ausreichend festgestellt (US 10). Es liegt daher diesbezüglich keine unzureichende Begründung vor und ist durch das Beschwerdevorbringen eine Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil es sowohl die Konstatierungen zur Bandenbildung und die Beteiligung an der Bande als auch das maßgebliche Handeln im Sinne der Ziele der Bande übergeht.

Als undeutlich bezeichnet der Nichtigkeitswerber das Urteil, weil es im Spruch (US 3) unbestimmte Begriffe wie "beigetragen" oder "bestimmt" gebraucht. Er übersieht dabei aber, dass diese Gesetzesbegriffe in den weiteren Ausführungen zu den einzelnen Punkten des Schuldspruches ausreichend konkretisiert werden (US 3 bis 5). Auch die Mengen des Suchtgiftes und ihr Wirkstoffgehalt werden nicht nur im Urteilsspruch, sondern auch in den Gründen in einer der jeweiligen Qualifikation entsprechenden Weise dargestellt (US 3 ff, 20), wobei eine genauere Bestimmung des Suchtstoffanteiles im Hinblick auf die überaus großen importierten Mengen keinen entscheidungswesentlichen Umstand darstellt.

Bei seinen Einwänden gegen die Fakten I 4 und 5 übergeht der Beschwerdeführer die hiezu ausdrücklich getroffenen Feststellungen (US 10 f, 13) und übersieht, dass nach den eindeutigen Konstatierungen des Schöffensenates der Tatbeitrag zum Inverkehrsetzen von Suchtgift durch Walter A***** in der Leistung von Chauffeurdiensten vor Beginn der Schmuggelfahrten bestand. Die Bestimmung zum Inverkehrsetzen von Haschisch umfasst dann jenen Teil des Suchtgiftes, welchen der Angeklagte selbst finanzierte und von ihm und anderen Mitgliedern von Holland nach Österreich gebracht wurde (US 10/11). Insoweit wird der Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt und liegt auch ein formeller Begründungsmangel nicht vor.

Zutreffend sind allerdings die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers in seiner Subsumtionsrüge (Z 10), das Erstgericht habe keine ausreichenden Feststellungen für ein gewerbsmäßiges Handeln getroffen.

Tatsächlich haben die Tatrichter nur konstatiert, Johannes K***** und Peter G***** hätten aus reiner Gewinnsucht mit dem "Vorsatz" gehandelt, sich durch den Schmuggel bzw K***** auch durch die Inverkehrsetzung von Haschisch ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und ihren ernormen Schuldenstand abzubauen (US 20).

Gewerbsmäßig begeht eine strafbare Handlung, wer sie in der Absicht vornimmt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Obwohl auf Grund der Vielzahl der Taten und der geplanten professionellen Vorgangsweise ein Handeln mit der beschriebenen Absicht durchaus indiziert ist, jedoch von vornherein ein jeweils gesonderter Tatentschluss nicht ausgeschlossen werden kann, fehlen für die angenommene Gewerbsmäßigkeit wesentliche Feststellungen.

Das Urteil ist daher tatsächlich mit dem aufgezeigten Nichtigkeitsgrund behaftet, sodass es in der Annahme der Qualifikation des § 28 Abs 3 erster Fall SMG aufzuheben war. Da sich dieser materiellrechtliche Fehler auch zum Nachteil des Mitangeklagten Peter G***** auswirkt, war gemäß § 290 Abs 1 StPO das Urteil auch hinsichtlich dieses Angeklagten im angeführten Umfang aufzuheben.

Im Übrigen war jedoch die Nichtigkeitsbeschwerde teils als unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Entgegen der Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO erfordert der Umstand, dass ziffernmäßig ein materiellrechtlicher Nichtigkeitsgrund geltend gemacht wird, keineswegs immer eine Entscheidung im Gerichtstag, sondern nur dann, wenn ein solcher auch prozessordnungsgemäß ausgeführt wird und ihm nicht bereits in nichtöffentlicher Sitzung Folge gegeben wird.

Im erneuerten Verfahren wird das Gericht anhand der vorliegenden und allenfalls noch zu gewinnenden Indizien ausführliche Feststellungen darüber zu treffen haben, ob die Angeklagten gewerbsmäßig im Sinne von § 70 StGB gehandelt haben.

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte Johannes K***** und die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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