Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger bekämpft den Bescheid vom 11. 8. 2000, wonach der am 30. 7. 1998 eingetretene Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit als bis laufend festgestellt und der daraus resultierende Krankengeldanspruch mit 20. 10. 1999 für beendet erklärt wurde. Der Kläger sei am 18. 11. 1999 im Allgemeinen öffentlichen Bezirkskrankenhaus Hall in Tirol aufgenommen und am 27. 11. 1999 wieder entlassen worden. Er habe zwischen dem 23. 3. und 26. 6. 2000 vom Arbeitsmarktservice Tirol Arbeitslosengeld bezogen und sei während dieses Bezuges arbeitsunfähig gewesen. Gemäß § 139 ASVG sei am 27. 6. 2000 ein neuerlicher Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit eingetreten, sodass dem Kläger Krankengeld gebühre.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Erkrankungen des Klägers seien als Fortsetzung seiner Ersterkrankung vom 30. 7. 1998 bis 27. 5. 1999 anzusehen, die Krankengeldanspruchszeiten seien zusammenzurechnen, sodass ein einheitlicher Versicherungsfall vorliege. Die Krankengeldsanspruchshöchstdauer von 52 Wochen sei am 20. 10. 1999 ausgeschöpft gewesen.
Feststeht:
Der Kläger wurde am 30. 7. 1998 mit der Diagnose "Vorkammerflimmern" (Herzerkrankung) für arbeitsunfähig befunden. Der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit wurde mit 27. 5. 1999 festgestellt. Mit 6. 8. 1999 wurde der Kläger neuerlich mit der Diagnose Herzerkrankung vom behandelnden Arzt für arbeitsunfähig erklärt und erhielt bis einschließlich 20. 10. 1999 Krankengeld. Zum Zeitpunkt dieser neuerlichen Erkrankung zum 6. 8. 1999 stand der Kläger im Bezug der Arbeitslosenunterstützung. In der Folge wurde der Kläger vom 18. 11. 1999 bis 27. 11. 1999 und vom 27. 6. 2000 bis 14. 7. 2000 infolge Krankheit für arbeitsunfähig befunden. Die aus einer Herzerkrankung resultierende Ersterkrankung erstreckt sich vom 30. 7. 1998 bis 27. 5. 1999. Auch nach dem 20. 10. 1999 war der Kläger durchgehend herzkrank. Es bestand ein kontinuierliches Vorhofflimmern. Vom 23. 3. 2000 bis 26. 6. 2000 war er nicht arbeitsfähig. Er befand sich zu dieser Zeit in Warteposition für die geplante Herzoperation am 29. 6. 2000. Ab 20. 10. 1999 war der Kläger durchgehend arbeitsunfähig. Die Anträge des Klägers vom 21. 12. 1998 und 23. 11. 2000 auf Gewährung der Invaliditätspension wurden jeweils von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter abgelehnt.
Das Erstgericht wies das Feststellungsbegehren, dass beim Kläger am 27. 6. 2000 ein neuerlicher Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit eingetreten sei und das dasselbe vollständig ausschöpfende und daher darin enthaltene Leistungsbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger aufgrund des Versicherungsfalles der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit vom 27. 6. 2000 Krankengeld in der gesetzlichen Höhe zu gewähren, ab. Da die Feststellung begrifflich und rechtlich notwendig durch die Leistungsklage in vollem Umfang umfasst war, war das Feststellungsbegehren unzulässig (10 ObS 423/98y) und wäre daher schon aus diesem Grunde in jedem Fall abzuweisen gewesen (RIS-Justiz RS0039066).
Gemäß § 139 ASVG seien die Krankengeldanspruchszeiten auch während der Zeit des Anspruches auf Arbeitslosengeld mit den davor liegenden Krankengeldanspruchszeiten zur Feststellung der Höchstdauer zusammenzurechnen, weil sie auf ein und derselben Krankheit beruhten. Es sei von einem einheitlichen Versicherungsfall auszugehen. Die Identität des Versicherungsfalles und damit auch der Leistungsvoraussetzungen blieben gewahrt, wenn es notwendig sei, die bereits im aufrechten Arbeitsverhältnis eingetretene krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nach dem rechtlichen Vertragsende zu bestätigen oder deren Wiedereintritt im nötigen zeitlichen Zusammenhang festzustellen. Am 27. 6. 2000 sei daher kein neuerlicher Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit eingetreten. Sein Krankengeldanspruch aus dem Versicherungsfall sei nach Ausschöpfung von 52 Wochen am 20. 10. 1999 erschöpft gewesen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.
Zum Eintritt des Versicherungsfalles der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit müsse zur Krankheit selbst der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit treten. Habe der Versicherte zunächst Arbeitslosengeld bezogen und sei eine Anspruchsberechtigung aufgrund des § 40 AlVG in der Krankenversicherung gegeben, liege Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit nur vor, wenn der Versicherte nicht auch nur irgendeine Erwerbstätigkeit im Sinne der Vorschriften der §§ 255, 273 und 280 ASVG ausüben könne. Die Anwendung des § 139 Abs 3 ASVG sei auf den Fall beschränkt, dass die grundsätzlichen Voraussetzungen für den Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit auch bezogen auf den Zeitpunkt des neuerlichen Eintrittes der Arbeitsunfähigkeit erfüllt seien. Nach Ausschöpfung der Höchstdauer des Krankengeldanspruches könne ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, für die der weggefallene Krankengeldanspruch bestanden habe, erst wieder entstehen, wenn der Erkrankte in der Zwischenzeit durch mindestens 13 Wochen in einer den Anspruch auf Krankengeld eröffnenden gesetzlichen Krankenversicherung oder durch zumindest 52 Wochen in einer sonstigen gesetzlichen Krankenversicherung versichert gewesen sei. Ein neuer Anspruch sei daher auch nach dieser Bestimmung daran geknüpft, dass sämtliche Voraussetzungen für den Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit vorliegen; so insbesondere der neuerliche Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Ein neuer Versicherungsfall könne nur angenommen werden, wenn nach gegebener Arbeitsfähigkeit neuerlich Arbeitsunfähigkeit eintrete. Der Bezug von Arbeitslosengeld allein vermöge für sich allein die Arbeitsfähigkeit ebensowenig zu begründen wie die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Die im vorliegenden Fall festgestellte durchgehende Arbeitsunfähigkeit über den 20. 10. 1999 hinaus bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz schließe die Definition der Arbeitsunfähigkeit des § 8 Abs 1 AlVG ein. Der Kläger sei nicht einmal in der Lage gewesen, leichte Arbeiten auszuführen und sei damit vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen gewesen. Es liege ein einheitlicher Versicherungsfall beginnend mit 30. 7. 1998 vor. Deshalb habe der Umstand, dass der Kläger für die Zeit vom 28. 5. 1999 bis 5. 8. 1999 nicht arbeitsunfähig befunden war und er Arbeitslosenentgelt bezog, keinen neuen Versicherungsfall mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 6. 8. 1999 begründet, sondern nur zu einer Fortsetzung des ursprünglichen Versicherungsfalles vom 30. 7. 1998 geführt, dessen Krankengeldanspruch gemäß § 139 Abs 1 ASVG aber mit 20. 10. 1999 begrenzt gewesen sei. Es sei nicht die Auffassung des Berufungswerbers zu teilen, dass nicht auf die Arbeitsfähigkeit, sondern darauf abzustellen sei, dass der Versicherte durch mindestens 13 Wochen in einer den Anspruch auf Krankengeld eröffnenden gesetzlichen Krankenversicherung oder durch mindestens 52 Wochen in einer sonstigen gesetzlichen Krankenversicherung versichert gewesen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, in Stattgebung der Revision die Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision des Klägers keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit, der nach § 138 Abs 1 ASVG den Anspruch auf Krankengeld auslöst, erfordert nach § 120 Abs 1 Z 2 ASVG den Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Der Versicherungsfall ist erst beendet, wenn die Arbeitsunfähigkeit wegfällt.
Hier steht fest, dass der Kläger wegen einer bestehenden Herzerkrankung, die auch bereits die Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit ab 30. 7. 1998 bis 27. 5. 1999 und vom 6. 8. 1999 bis 20. 10. 1999 bedingte, während welcher Zeit dem Kläger Krankengeld gewährt wurde, auch nach dem 20. 10. 1999 bis zumindest 27. 6. 2000 außer Stande war, irgendeiner Arbeit nachzugehen. Der Kläger war daher auch in der hier strittigen Zeit vom 23. 3. 2000 bis 26. 6. 2000, während welcher er Arbeitslosengeld bezog, zu keiner geregelten Arbeit in der Lage. Die Tatsache, dass dem Kläger in dieser Zeit Arbeitslosengeld gewährt wurde, begründet für das vorliegende Verfahren keine Bindung an das dort angenommene Vorliegen der Voraussetzungen für diese Leistung nach den Bestimmungen des AlVG; die Frage, ob beim Kläger in der fraglichen Zeit Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit bestand, ist vielmehr im vorliegenden Verfahren unabhängig von den Ergebnissen des nach dem AlVG geführten Verfahrens zu prüfen.
Gemäß § 139 Abs 3 ASVG werden dann, wenn nach Wegfall des Krankengeldanspruches vor Ablauf der Höchstdauer neuerlich, und zwar innerhalb von 13 Wochen infolge der Krankheit, für die der weggefallene Krankengeldanspruch bestanden hat, ein Anspruch auf Krankengeld entsteht, die Anspruchszeiten für diese Krankheitsfälle zur Feststellung der Höchstdauer zusammengerechnet; die neuerliche Erkrankung gilt als Fortsetzung der vorausgegangenen Erkrankung. Gemäß § 139 Abs 4 ASVG entsteht ein neuer Anspruch auf Krankengeld infolge der Krankheit, für die der weggefallene Krankengeldanspruch bestanden hat, nach Ausschöpfung der Höchstdauer des Bezuges erst wieder, wenn der Versicherte die dort genannten Versicherungszeiten erworben hat. Aus § 139 Abs 3 ASVG kann für den Standpunkt des Klägers schon deshalb nichts abgeleitet werden, weil er nur den Fall regelt, dass vor Ablauf der Höchstdauer ein neuer Anspruch auf Krankengeld entsteht, der Kläger die Höchstdauer des Bezuges unstrittig bereits ausgeschöpft hatte.
Das Entstehen eines neuen Krankengeldanspruches im Sinne des § 139 Abs 4 ASVG hat den Eintritt eines neuen Versicherungsfalles der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit zur Voraussetzung. Dazu ist es erforderlich, dass eine zuvor bestandene Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit wegfällt. Hier steht jedoch fest, dass die Arbeitsunfähigkeit des Klägers infolge der identen Erkrankung in der fraglichen Zeit ohne Unterbrechung weiter bestand. Da er in der Zeit ab Ausschöpfung der Höchstdauer des Bezuges (20. 10. 1999) bis 27. 6. 2000 durchgehend außer Stande war irgend einer geregelten Beschäftigung nachzugehen, konnte mit 27. 6. 2000 auch kein neuer Versicherungsfall ausgelöst werden, weil die am 20. 10. 1999 vorliegende Situation unverändert bestand und daher der ursprüngliche Versicherungsfall nicht beendet war. Die bloße Tatsache, dass der Kläger in der Zeit vom 23. 3. 2000 bis 26. 3. 2000 Arbeitslosengeld bezog und für diese Zeit eine aufrechte Krankenversicherung nach dem ASVG bestand, ändert daran nichts.
Da die Voraussetzungen des § 139 Abs 4 ASVG nicht vorliegen, besteht das erhobene Begehren nicht zu Recht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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