OGH 13Os71/01

OGH13Os71/016.8.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. August 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Albel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Heinrich Z***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 1. Dezember 2000, GZ 23 Vr 2126/00-19, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 65 Abs 1 OGHGeo) den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftig gewordenen Teilfreispruch enthaltenden Urteil wurde Heinrich Z***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 17. März 2000 in Stubenberg am See Barbara H*****, die sich mit Faustschlägen zur Wehr setzte, durch Einsatz seiner überlegenen Körperkraft mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich zum Einführen eines Fingers in die Scheide, genötigt hat.

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch fehl geht.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich gegen die Abweisung von Beweisanträgen des Angeklagten auf Einholung eines psychologischen Gutachtens zum Beweis der Unglaubwürdigkeit der Zeugin Barbara H***** und eines gynäkologischen Gutachtens "zum Beweis dafür, dass die Tathandlung beim Opfer eine Verletzung des Hymens und eine Blutung aus der Scheide hätte hervorrufen müssen".

Zutreffend ist die Meinung des Erstgerichtes, dass die Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen grundsätzlich den Tatrichtern obliegt und Sachverständige nur dann beizuziehen sind, wenn auf Grund bestimmter Umstände die Aufnahme- und Wiedergabsfähigkeit eines Zeugen in Zweifel zu ziehen sind. Einen solch gravierenden Mangel bringt der bloß eine "gute Phantasie" der Zeugin und deren Wunsch "sich in den Mittelpunkt zu stellen" anführende Beweisantrag nicht vor. Er behauptet zudem nicht die unabdingbar erforderliche (und nach der Aktenlage nicht vorliegende) Zustimmung der Zeugin zu ihrer diesbezüglichen Untersuchung auch ihres Körpers (Mayerhofer StPO4 § 150 E 58, 39). Zielführende Fragen wurden von der Verteidigung nach dem Hauptverhandlungsprotokoll auch nicht gestellt.

Der Mängelrüge (Z 5) ist vorweg zu entgegnen, dass die Beweismittel in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen sind, weshalb Einwendungen, die nur auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, kein Erfolg beschieden sein kann. Es ist nämlich kein Begründungsmangel, wenn das Gericht nicht den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen wie überhaupt aller Verfahrensergebnisse im Einzelnen erörtert und darauf untersucht, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen, und sich nicht mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinandersetzt (EvBl 1972/17). Es genügt vielmehr, wenn der Gerichtshof im Urteil in gedrängter Form die entscheidenden Tatsachen bezeichnet und logisch einwandfrei und zureichend begründet, warum er von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugt ist, ohne dagegen sprechende wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen. Dass aus den (formell einwandfrei) ermittelten Prämissen auch für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen möglich wären, sich die Erkenntnisrichter aber dennoch für die dem Angeklagten ungünstigeren entschieden haben, ist ein Ausfluss der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO), die mit der Mängelrüge unbekämpfbar ist.

Wenn die Beschwerde daher zu isolierten Teilen von Zeugenaussagen selbst Beweiserwägungen anstellt, dabei auch besondere Glaubwürdigkeitserwägungen anstellt (S 168) und wiederholt mit einem mit der Tat des Angeklagten überhaupt nicht in Verbindung stehenden Vorfall mit dem Zeugen Johann F***** argumentiert, zeigt sie keine formalen Begründungsmängel auf, sondern trachtet nur nach Art einer unzulässigen Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung in Zweifel zu ziehen.

Auch die eigenständige, von der Mängelrüge (Z 5) wesensmäßig verschiedene Tatsachenrüge (Z 5a) wird nicht prozessordnungsgemäß dargetan, wenn wie hier auf die "unzureichende Begründung" des Urteils und das "Übergehen von Beweismaterial" in der Beweiswürdigung, sohin im Sinne einer Mängelrüge argumentiert wird. Solcherart werden nämlich nicht sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldspruch stützenden wesentlichen Tatsachenfeststellungen erhoben, wie überhaupt die Rüge nach ihrer eigenen Diktion, nämlich dem wiederholten Hinweis, dass bei richtiger Würdigung von Aussagen der Angeklagte zumindest im Zweifel hätte freigesprochen werden müssen, leicht erkennbar einmal mehr nach Art einer Schuldberufung und somit unzulässig die Beweiswürdigung bekämpft.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodass über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft das Oberlandesgericht Graz zu entscheiden hat (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Stichworte