OGH 10ObS208/01p

OGH10ObS208/01p30.7.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Fritz Miklau (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Heinz Abel (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franz B*****, Gärtnereiarbeiter, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Kucher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. April 2001, GZ 7 Rs 68/01a-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. Jänner 2001, GZ 35 Cgs 52/00a-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO liegt nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO keiner Begründung. Der Revision sei daher nur entgegengehalten, dass das Berufungsgericht die Beweiswürdigung des Erstgerichtes überprüft hat. Ob die auf die Beweisrüge bezügliche Begründung des Berufungsgerichtes richtig ist, fällt in den Bereich der irrevisiblen Beweiswürdigung. Die Richtigkeit dieser Feststellungen kann vom Obersten Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, nicht überprüft werden (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 1 zu § 503). Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens läge nur dann vor, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht oder so mangelhaft befasst hätte, dass keine nachvollziehbaren Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und im Urteil festgehalten sind (Kodek aaO Rz 3 zu § 503 mwN ua). Davon kann hier jedoch keine Rede sein.

Die vom Berufungsgericht als unbedenklich übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes sind entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht widersprüchlich, da diese Feststellungen zweifelsfrei dahin zu verstehen sind, dass der Kläger ab 1985 an Steinmetzarbeiten nur noch viermal jährlich die näher beschriebene Gräberpflege durchgeführt hat, während er andere Steinmetzarbeiten seit dieser Zeit nicht mehr verrichtet hat. Dass durch die Verrichtung dieser bloß untergeordneten Teiltätigkeiten der Berufsschutz des Klägers im erlernten Beruf als Steinmetz nicht aufrechterhalten werden konnte, wird auch in der Revision nicht in Abrede gestellt.

Strittig ist im Revisionsverfahren lediglich die Frage, ob dem Kläger aufgrund seiner im Beobachtungszeitraum überwiegend ausgeübten Tätigkeit im Gärtnereibetrieb seiner Gattin Berufsschutz im Sinn des § 255 Abs 2 ASVG zukommt.

Ein angelernter Beruf liegt nach dieser Gesetzesstelle vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausübt, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, welche jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist Berufsschutz nicht erst dann zu bejahen, wenn der Versicherte alle Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die nach den Ausbildungsvorschriften zum Berufsbild eines Lehrberufes zählen und daher einem Lehrling während der Lehrzeit zu vermitteln sind. Es kommt vielmehr darauf an, dass er über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die üblicherweise von ausgelernten Facharbeitern des jeweiligen Berufes in dessen auf dem Arbeitsmarkt gefragten Varianten unter Berücksichtigung einer betrieblichen Einschulungszeit verlangt werden. Hingegen reicht es nicht aus, wenn sich die Kenntnisse und Fähigkeiten nur auf ein Teilgebiet oder mehrere Teilgebiete eines Tätigkeitsbereiches beschränken, der von ausgelernten Facharbeitern allgemein in einem viel weiteren Umfang beherrscht wird (vgl SSV-NF 5/122, 7/108, 9/96 jeweils mwN).

Der Kläger wendet sich nicht dagegen, dass seine Kenntnisse und Fähigkeiten an dem Berufsbild des dreijährigen Lehrberufes eines Gärtnerfacharbeiters gemessen werden. Dabei gehört die Feststellung der Kenntnisse und Fähigkeiten, über die der Versicherte verfügt, zur Tatfrage, die Beurteilung, ob er in einem angelernten Beruf tätig war, zur rechtlichen Beurteilung (SSV-NF 4/80 mwN ua). Der Oberste Gerichtshof ist daher an die Feststellung der Tatsacheninstanzen, inwieweit ein Kläger in seiner bisherigen Berufstätigkeit qualifizierte Kenntnisse (eines bestimmten Lehrberufes) erworben habe, grundsätzlich gebunden.

Nach den Feststellungen hat der Kläger durch seine langjährige Arbeit in einem Gärtnereibetrieb zwar Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, die zum Berufsbild eines Gärtnerfacharbeiters gehören; hingegen hat er wesentliche Tätigkeiten, die ein gelernter Gärtnerfacharbeiter beherrschen muss, nicht ausgeübt und auf diesen Teilgebieten keine qualifizierten Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, vor allem auf dem Gebiet des Gemüsebaus, im Baumschulbereich, in der Blumenbinderei und in der Durchführung selbständiger Bodenuntersuchungen. Der Hinweis des Klägers auf weitere Kenntnisse und Fähigkeiten schlägt nicht durch. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates (SSV-NF 2/98, 7/129 uva) würde es nämlich für die Annahme eines angelernten Berufes nicht genügen, dass der Versicherte die Kenntnisse und Fähigkeiten, die jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind, besitzt; diese müssen vielmehr für die von ihm ausgeübte konkrete Berufstätigkeit auch erforderlich, also Voraussetzung hiefür gewesen sein (arg "erforderlich" in § 255 Abs 2 ASVG). Dies ist bei der konkreten Berufstätigkeit des Klägers im Gärtnereibetrieb seiner Gattin, in welchem, wie der Kläger in seiner Berufung selbst ausgeführt hat, keine Baumschule und auch kein Gemüsebau betrieben wurde, nicht anzunehmen. Die Kenntnisse des Klägers gehen auch nicht über Teilbereiche der Lehrberufe des Friedhofs- und Ziergärtners (vgl Ausbildungsvorschrift BGBl 1989/102) und des Gartencenterkaufmanns (vgl Ausbildungsordnung BGBl II 1998/157) hinaus. Die Vorinstanzen sind daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger keinen Berufsschutz beanspruchen kann. Der Kläger würde somit nur unter den in § 255 Abs 3 ASVG genannten Voraussetzungen als invalid gelten, die jedoch wegen der zumutbaren Verweisungstätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unbestritten nicht vorliegen.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch aus Billigkeit wurden weder geltend gemacht, noch ergeben sich Anhaltspunkte für solche Gründe aus dem Akt.

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